LVwG-150244/2/MK
Linz, 18.09.2014
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Markus Kitzberger über die Beschwerde der P W, Werbegesellschaft m.b.H. vertreten durch RA Mag. P R, in L., gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Asten vom 23.04.2014, GZ: 789/3/2013-Dut, den
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Der Beschwerde wird stattgegeben. Der Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Asten, vom 23.04.2014, GZ: 789/3/2013-Dut, wird aufgehoben und die Angelegenheit wird zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 28 Abs.3 Satz 2 VwGVG an den Gemeinderat der Marktgemeinde Asten zurückverwiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Am 10.09.2013 wurde von der P W Werbegesellschaft m.b.H., (in der Folge: Bf), die Erweiterung einer bestehenden Werbeeinrichtung auf Gst.Nr. x, KG x, angezeigt.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Asten vom 16.10.2013 wurde das angezeigte Vorhaben unter Hinweis auf die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen mit der Begründung untersagt, dass in dem seit 23.07.2007 rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Asten die Errichtung und Erweiterung von Werbe- und Ankündigungseinrichtungen aller Art entlang der F Hauptstraße in einer Breite von 50 m beidseits der Straßengrundgrenze untersagt sei.
Gegen diesen Bescheid richtete sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit welcher der Bescheid zur Gänze mit der Begründung angefochten wurde, dass der entscheidungswesentliche Teil des Flächenwidmungsplans gesetzes- und verfassungswidrig sei. Die erstinstanzliche Behörde habe in keinster Weise darauf Bezug genommen, aus welchen Gründen die Errichtung und Erweiterung von Werbe- und Ankündigungseinrichtungen unzulässig sei. Bei der Erlassung einer verfassungskonformen Norm müsse deren sachliche Rechtfertigung auf der Grundlage der Raumordnungsgrundsätze, –ziele der überörtlichen Planung und des örtlichen Entwicklungskonzeptes sachlich differenziert klar hervorkommen, da andernfalls die Basis für behördliche Willkür geschaffen würde. Diese Determiniertheit liege im gegenständlichen Fall nicht vor.
Auch wenn man dies annehmen wollte, stelle das gegenständliche Verbot eine nicht sachgemäße Ungleichbehandlung dar. Zum einen sei nicht ersichtlich, weshalb gerade die im Flächenwidmungsplan angeführten Straßenzüge betroffen sein sollen, zum anderen sei die festgelegte Ausnahme für Werbungen und Ankündigungen von ortsansässigen Vereinen bzw. solchen aus den angrenzenden Nachbargemeinden nicht nachvollziehbar.
Es würde daher – unter Anfügung mehrerer Eventualanträge – die Behebung des bekämpften Bescheides begehrt.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 28.01.2014 wurde die Berufung als unzulässig zurückgewiesen und in der Begründung ergänzend zum erstinstanzlichen Bescheid ausgeführt, dass der gegenständliche Flächenwidmungsplan mit Bescheid des Amtes der Oö. Landesregierung vom 02.07.2007 genehmigt und von derselben Behörde am 27.07.2007 einer Verordnungsprüfung unterzogen worden sei. Dies habe keine Gesetzwidrigkeiten ergeben, weshalb das Berufungsvorbringen als unbegründet zu beurteilen sei.
Im rechtzeitig eingebrachten Vorlageantrag vom 17.02.2014 wurde neben der wegen Fristablaufs bereits eingetretenen Unzulässigkeit der Erlassung einer Berufungsvorentscheidung gerügt, dass die Berufung zurückgewiesen worden sei, obwohl kein Zurückweisungsgrund vorgelegen habe.
Es würde daher die Vorlage der Berufung an die Berufungsbehörde zur Durchführung des Verfahrens und Entscheidung beantragt.
In der Berufungsentscheidung vom 23.04.2014, der ein entsprechender Beschluss des Gemeinderates der Marktgemeinde Asten zu Grunde liegt, wurde das Berufungsvorbringen mit der Begründung abgewiesen und der Bescheid des Bürgermeisters bestätigt, dass in den schriftlichen Ergänzungen des Flächenwidmungsplans Maßnahmen wie die angezeigte untersagt seien.
Die schriftlichen Ergänzungen wären bereits im Zuge der Gesamtüberarbeitung des Flächenwidmungsplans im Jahr 1999 auf Basis einer umfangreichen Grundalgenforschung und inhaltlichen Diskussion in die Bestimmungen aufgenommen worden. Die entsprechende Begründung finde sich im Erläuterungsbericht, der als integrierter Bestandteil des Flächenwidmungsplanes mitbeschlossen worden sei.
Der Gemeinderat sei der Auffassung, dass der Bürgermeister richtig entschieden habe, da das angezeigte Vorhaben auf der Grundlage des gültigen Flächenwidmungsplans unzulässig und daher zu untersagen gewesen sei.
In ihrer Beschwerde vom 22.05.2014 beantragte die Bf die Behebung des bekämpften Bescheides und Stattgabe des Antrages, in eventu die Aufhebung und Zurückverweisung zur neuerlichen Entscheidung.
Begründend wurde das bisherige Vorbringen teilweise vertiefend wiederholt, es sei darüber hinaus aber auf eine in den schriftlichen Ergänzungen zum Flächenwidmungsplan enthaltene Bestimmung hinzuweisen, wonach der Bürgermeister ermächtigt sei, Ausnahmen von diesem Untersagungsgebot zu erteilen. Diese Ermächtigung bedeute vollkommene Willkür und sei daher verfassungswidrig.
Es wäre daher auch die Einleitung eines Verordnungsprüfungsverfahrens bei Verfassungsgerichtshof anzuregen.
II. Für die Beurteilung der hier relevanten Rechtsfragen sind insbesondere nachstehende Bestimmungen zu berücksichtigen:
II.1. In der Sache:
Gemäß § 27 Abs.1 Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994) dürfen Werbe- und Ankündigungseinrichtungen aller Art […] ungeachtet des für den Aufstellungsort geltenden Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans errichtet werden, sofern dieser eine solche Errichtung nicht ausdrücklich ausschließt. Sie müssen so errichtet oder angebracht werden und in Ausmaß, Form, Farbe und Werkstoff so beschaffen sein, dass sie die Sicherheit nicht gefährden und ihr Erscheinungsbild das Orts- und Landschaftsbild nicht stört. […]
Nach Abs.2 dieser Bestimmung ist die beabsichtigte Errichtung, Anbringung oder wesentliche Änderung von Werbe- und Ankündigungseinrichtungen […]
2. mit insgesamt mehr als 4 m² Werbe- oder Anzeigefläche
der Baubehörde vor Ausführung des Vorhabens anzuzeigen.
II.2. Verfahren vor dem Verwaltungsgericht:
Gemäß § 28 Abs.3 Satz 2 VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde die notwendigen Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
III. Das Landesverwaltungsgericht hat erwogen:
Auf Grund der Systematik der hier anzuwendenden baurechtlichen Bestimmung ist davon auszugehen, dass die Errichtung (und Erweiterung) von Werbe- und Ankündigungseinrichtungen grundsätzlich zulässig ist, wenn die in derselben Norm enthaltenen materiellen Vorgaben eingehalten werden. Dieser Grundsatz ist u.a. für den Fall durchbrochen, dass ein Flächenwidmungsplan Errichtungen ausdrücklich ausschließt und – betrachtet man den konkreten Regelungshorizont – soweit er diese ausschließt.
Wird dem Verordnungsgeber ein derartiger Spielraum eingeräumt, bedeutet dies aber unter Berücksichtigung des generell-abstrakten Normcharakters einer Verordnung, dass bei der Festlegung des Regelungsgegenstandes auch abstrakte, d.h. allgemein typisierende räumliche und sachliche Kriterien heranzuziehen sind. Ist dies nicht der Fall, liegt in diesem Zusammenhang eben keine generell-abstrakte Norm vor, was – umgelegt auf den hier zu prüfenden Sachverhalt – bedeuten würde, dass der Flächenwidmungsplan Errichtungen von Werbungen und Ankündigungen eben nicht (kategorisch) untersagt.
Der rechtsgültige Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Asten enthält die nachstehende Passage:
Analysiert man diesen Text, wird schnell klar, dass räumlich bzw. sachlich eindeutig umrissene und generell definierte Bereiche einerseits betroffen und andererseits ausgenommen werden sollen. Es ist in Zusammenschau des gesamten Textes des § 27 Abs.1 und 2 Oö. BauO 1994 daher eindeutig, dass außerhalb der beschriebenen Straßenzüge sämtliche und innerhalb derselben alle ausgenommenen Werbe- und Ankündigungseinrichtungen (mit einer gesamten Fläche von mehr als 4 m²) grundsätzlich errichtet werden dürfen und im Rahmen eines die materiellen Vorgaben abhandelnden Individualverfahrens zu beurteilen sind.
Auf der Grundlage dieses „Normautomatismus“ (wenn nicht von der generellen Norm umfasst, dann Gegenstand eines Individualverfahrens) und aus dem Umstand, dass die Ausnahmeermächtigung zu Gunsten des Bürgermeisters – so wie die Aufzählung der Ausnahmen – einen eigenen Absatz im Text der schriftlichen Ergänzungen des Flächenwidmungsplans darstellt, ist darüber hinaus eindeutig ersichtlich, dass die dort formulierte Befugnis gerade nicht jene Vorhaben betrifft, die ohnehin schon einem gesonderten Verfahren zugewiesen sind, sondern bedeutet, dass der Bürgermeister in die Lage versetzt werden soll, auch innerhalb des Verordnungsregimes Ausnahmen zuzulassen.
Damit aber schließt der Flächenwidmungsplan die Errichtung von Werbe- und Ankündigungseinrichtungen nicht umfassend aus. Konsequenter Weise ist daher der Anzeige der Bf (auch) der Erklärungswille beizumessen, eben eine solche Ausnahme des Bürgermeisters in Anspruch nehmen zu wollen.
Betrachtet man nun die Anforderungen des Gesetzgebers an das abzuführende Individualverfahren, dann kommt man zwangsläufig zum Schluss, dass die Baubehörde den entscheidungswesentlichen Sachverhalt nicht nur in maßgeblichen Punkten nicht, sondern gar nicht beurteilt hat, dies aber – will man dem Flächenwidmungsplan nicht tatsächlich die Ermächtigung zur Willkürübung unterstellen – hätte tun müssen. Dass es sich dabei um einen Anwendungsfall des § 28 Abs.3 Satz 2 VwGVG handelt ist auf der Grundlage der gerade jüngst präzisierten Judikatur des VwGH unstrittig.
IV. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass seitens der Baubehörde das Anzeigeverfahren über das eingereichte Vorhaben der Bf durchzuführen ist. Durch diese Entscheidung wird der Ausgang dieses Verfahrens aber in keiner Weise präjudiziert.
V. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Markus Kitzberger