LVwG-650223/2/KLE/KR

Linz, 30.09.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Lederer über die Beschwerde des H. L. aus G., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 5.9.2014, VerkR21-340-2013,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.              Mit Bescheid vom 5.9.2014, VerkR21-340-2013, hat die Bezirkshauptmannschaft Freistadt folgenden Spruch erlassen:

„Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt

- fordert Sie auf, für die Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens innerhalb von 6 Wochen, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, eine psychiatrische Stellungnahme gem. FSG-GV beizubringen,

- fordert Sie weiters auf, für die Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens innerhalb von 6 Wochen, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, eine verkehrspsychologische Stellungnahme gem. FSG-GV beizubringen.“

 

Als Rechtsgrundlagen wurden § 24 Abs. 4 und § 8 Abs. 1 und Abs. 2 Führerscheingesetz (FSG) und § 14 Abs. 5 und § 5 Abs. 2 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (FSG-GV) angeführt.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, mit der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsverfahren einzustellen.

 

Begründend wurde Folgendes ausgeführt:

„Um einen Bescheid auf § 24 Abs. 4 FSG stützen zu können, muss die Behörde ausreichend begründete Bedenken hinsichtlich meiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen haben. Die Behörde führt begründend in ihrem Bescheid aus, dass bei mir eine diagnostizierte Alkoholabhängigkeit besteht. Richtig ist in diesem Zusammenhang, dass ich mich einer stationären Behandlung im Wagner-Jauregg Krankenhaus unterzogen habe. Seit dem Jahr 2011 lebe ich wieder völlig alkoholabstinent. Das bedeutet, dass diese Erkrankung derzeit nicht besteht bzw. jedenfalls nicht aktiv ist. Auch ist in diesem Zusammenhang auszuführen, dass ich in meinem ganzen Leben zwischen Alkohol trinken und Lenken von Kraftfahrzeugen unterscheiden und dieses auch entsprechend trennen konnte. Ich habe nämlich noch nie im alkoholisierten Zustand ein Kraftfahrzeug gelenkt. Das bedeutet, dass ich noch nie einen Führerscheinentzug hatte. Ferner habe ich noch nie einen Verkehrsunfall verursacht oder war an einem solchen beteiligt. Zu meiner gesundheitlichen Eignung führe ich aus, dass ich insgesamt 24 Mal Blutspenden war und es gab nie Bedenken bzgl. meiner Gesundheit. Auch die jährlichen Gesundenuntersuchungen bei meinem Hausarzt Dr. D. ergaben nie irgendwelche Krankheitsbilder.

Als weiteren Punkt für meine gesundheitliche Eignung führe ich aus, dass ich im Jahr 2009 ein Steinleger-Gewerbe behördlich angemeldet habe und auch ausübe. Diesen Betrieb führe ich seit diesem Jahr erfolgreich. Sollte ich tatsächlich alkoholabhängig sein, wäre ich wohl nicht im Stande über einen derartig langen Zeitraum ein derartiges Gewerbe erfolgreich auszuüben.

Somit erscheinen die von der Behörde angeführten Bedenken als haltlos.

 

Insoweit die Behörde ihren Bescheid auf § 14 Abs. 5 stützt, ist auszuführen, dass hier wohl normiert ist, dass bei einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneiabhängigkeit oder wenn jemand gehäuften Missbrauch damit begangen hat, mit einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme unter Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 erteilt oder wieder erteilt werden darf. Dieser betreffende Absatz ist zwar im Perfekt geschrieben und ich verwehre mich auch nicht dagegen, dass ich früher einen Alkoholmissbrauch begangen habe. Inwieweit tatsächlich eine Alkoholabhängigkeit vorliegt, vermag ich nicht zu sagen. Jedenfalls ist es mir sehr leicht gefallen und fällt es mir bis dato sehr leicht, auf Alkohol zu verzichten. Alkohol zu trinken stellt in meinem Leben keinen Bestandteil mehr dar.

Daraus ergibt sich, dass § 14 Abs. 5 FSG-GV wenn überhaupt nur bedingt anwendbar ist, da ich mich derzeit nicht alkoholabhängig fühle und wie sich aufgrund meiner langjährigen Alkoholabstinenz ergibt, auch keinen Alkoholmissbrauch begehe.

Insoweit die Behörde den angefochtenen Bescheid auf § 5 Abs. 2 FSG-GV stützt, ist dies völlig haltlos. Bezieht sich dieser Absatz zwar auf die Vorgeschichte, nimmt aber Bezug darauf, dass eine Erkrankung noch aktiv bestehen muss. Wie oben bereits ausgeführt, besteht bei mir keine aktive Alkoholerkrankung und ist daher auch keine fachärztliche Stellungnahme einzuholen. Klar spricht der Gesetzgeber davon, dass bei einer Erkrankung nach Abs. 1 Z. 2, 3, 4 (beinhaltet die Alkoholabhängigkeit) eine fachärztliche Stellungnahme, die die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit mitbeurteilt und zusätzlich bei einer Erkrankung gemäß Abs. 1 Z. 4 lit. a und b eine verkehrspsychologische Stellungnahme einzuholen ist. Somit ist eigentlich eindeutig gesagt, dass § 5 Abs. 2 im ggst. Verfahren keine Anwendung zu finden hat, da derzeit bei mir keinerlei Erkrankung besteht.“

 

Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Beschwerdeschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Vorlageschreiben vom 16.9.2014, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels gesonderten Antrages und der Tatsache, dass in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird, abgesehen werden.

 

Die Amtsärztin hielt im Aktenvermerk vom 13.8.2014 Nachstehendes fest:

„Bei Hrn. L. ergibt sich aufgrund der vorliegenden Arztbriefe (siehe auch Aktenvermerk an die Amtsleitung im Hause vom 02. Juli 2014) die Diagnose der Alkoholabhängigkeit.

In einem ausführlichen Gespräch war erkennbar, dass Hr. L. mit seiner Alkoholabhängigkeitserkrankung umgehen kann, eine Krankheitseinsicht besteht und er auch sehr bemüht ist, bei etwaigen auftretenden Rückfällen Hilfe anzunehmen und insgesamt eben wieder zurechtzukommen.

Die aktuell vorgelegten alkoholrelevanten Laborwerte vom Februar 2014 waren völlig unauffällig und sprachen mit einem CDT-Wert im unteren Normbereich auch für die Einhaltung der Abstinenz.

Lt. bekannten Leitlinien zur medizinischen Begutachtung von KFZ-Lenkern sind bei einer Alkoholabhängigkeitserkrankung - bei günstigem Verlauf - gestaffelte Befristungen über einen Zeitraum von 5 Jahren vorgesehen. Ein Alkoholvergehen im Straßenverkehr war nicht zu erheben und so schien es – nachdem Hr. L. angab, den letzten stationären Aufenthalt (Entwöhnung) im Jahre 2005 gehabt zu haben, vorerst bei dieser günstigen Befundsituation aus aä. Sicht denkbar ohne weitere abklärende Maßnahmen das aä. Gutachten mit geeignet abzuschließen.

Es ergab sich allerdings nach Vorlage der Arztbriefe, dass Hr. L. im Jahre 2011 stationär im LKH Freistadt gewesen war, anlässlich eines Trinkrückfalles und dass es auch zu einer Entzugssymptomatik gekommen war.

Bei dieser Befundsituation besteht nun laut FSG-GV die Erfordernis der Einholung einer psychiatrischen und verkehrspsychologischen Stellungnahme.“

 

Folgender Sachverhalt steht fest:

Die Amtsärztin diagnostizierte aufgrund der vom Beschwerdeführer vorgelegten Arztbriefe eine Alkoholabhängigkeit. In den Jahren 2005 und 2011 war der Beschwerdeführer deswegen in stationärer Behandlung. Grund für die stationäre Aufnahme war ein Trinkrückfall bei bekanntem chronischem Alkoholabusus, weiters ist es zu einer Entzugssymptomatik gekommen. Die alkoholrelevanten Laborwerte vom Februar 2014 waren unauffällig und sprachen mit einem CDT-Wert im unteren Normbereich auch für die Einhaltung der Abstinenz.

Nach der gegebenen Aktenlage ist vom oben geschilderten Krankheitsbild beim Beschwerdeführer auszugehen und wird dieses von ihm grundsätzlich auch nicht in Abrede gestellt. Er verwies darauf, dass derzeit der Alkohol in seinem Leben keine Rolle mehr spiele und er abstinent sei.

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

§ 24 Abs. 4 FSG:

Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

§ 8 Abs. 1 FSG:

Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Gruppe(n) von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen […].

 

§ 8 Abs. 2 FSG:

Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. Wenn im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, so ist erforderlichenfalls eine Beobachtungsfahrt anzuordnen.

 

§ 14 Abs. 5 FSG-GV lautet:

Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, ist nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

§ 5 Abs. 1 Z. 4 lit. a FSG-GV lautet:

Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund gilt eine Person, bei der keine der folgenden Krankheiten festgestellt wurde:

schwere psychische Erkrankungen gemäß § 13 sowie Alkoholabhängigkeit.

 

Wenn sich gemäß § 5 Abs. 2 FSG-GV aus der Vorgeschichte oder bei der Untersuchung zur Feststellung der Gesundheit gemäß Abs. 1 Z 1 ein krankhafter Zustand ergibt, der die Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einschränken oder ausschließen würde, ist gegebenenfalls eine fachärztliche Stellungnahme einzuholen; bei Erkrankungen gemäß Abs. 1 Z 2, 3 und 4 ist eine entsprechende fachärztliche Stellungnahme einzuholen, die die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit mitzubeurteilen hat. Bei Erkrankungen gemäß Abs. 1 Z 4 lit. a und b ist zusätzlich eine verkehrspsychologische Stellungnahme einzuholen.

 

Für die Erlassung einer Aufforderung nach § 24 Abs. 4 FSG 1997 genügen begründete Bedenken gegen die gesundheitliche Eignung der betreffenden Person zum Lenken von Kraftfahrzeugen (VwGH 14.3.2000, 99/11/0330; VwGH 17.3.2005, 2004/11/0014).

 

Da sich beim Beschwerdeführer aus seiner Vorgeschichte zweifelsfrei ein Zustand ergibt, der die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen einschränken würde, ist jedenfalls eine fachärztliche (psychiatrische) und eine verkehrspsychologische Stellungnahme einzuholen. Es bestehen begründete Bedenken gegen die gesundheitliche Eignung des Beschwerdeführers.

 

Nach der ständigen Judikatur des VwGH ist eine „absolute Alkoholabstinenz“ nicht Voraussetzung für die Bejahung des Vorliegens der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung, sondern vielmehr kommt es darauf an, ob die Ergebnisse der verkehrspsychologischen Untersuchung darauf schließen lassen, dass der Betreffende willens und in der Lage wäre, sein Verhalten in Bezug auf Alkoholkonsum an die Erfordernisse des Straßenverkehrs anzupassen (vgl zB VwGH 24.9.2003, 2002/11/0231; VwGH 24.11.2005, 2005/11/0148; VwGH 25.4.2006, 2006/11/0042).

 

Auch wenn sich der Beschwerdeführer im Gespräch mit der Amtsärztin krankheitseinsichtig zeigt und er auch offensichtlich sehr bemüht ist, bei etwaigen auftretenden Rückfällen Hilfe anzunehmen, so führt dies aber konkret nunmehr zu keiner anderen Beurteilung und keinem Absehen von der Vorschreibung der beizubringenden Stellungnahmen. Die genannten Stellungnahmen sind – wie schon oben dargestellt – gesetzlich zwingend vorgesehen. Der Behörde wie auch dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich kommt hier kein Ermessensspielraum zu.

 

Es war daher wie im Spruch angeführt zu entscheiden.

 

 

 

II.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Karin Lederer