LVwG-300063/23/Py/BD
Linz, 25.09.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Drin. Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn W.H., vertreten durch RA H, U, M, L und F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 31. Oktober 2013, SV96-54-2013, wegen Verwaltungsübertretung nach dem Arbeitskräfteüber-lassungsgesetz (AÜG), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am
21. August 2014
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 und 9 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I.
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom
31. Oktober 2013, SV96-54-2013, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) wegen Verwaltungsübertretung nach § 22 Abs. 1 Z2 iVm § 17 Abs. 2 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG), BGBl. Nr. 196/1988 idgF eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheits-strafe in Höhe von 100 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrens-kostenbeitrag in Höhe von 150 Euro vorgeschrieben.
Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:
Z 1 BVG. Die Zuständigkeit der erkennenden Richterin ergibt sich aus § 3 Abs. 7 VwGBK-ÜG).
21. August 2014, die aufgrund des sachlichen Zusammenhanges der den Verfahren zugrunde liegenden Verwaltungsübertretungen gemeinsam mit der Verhandlung in den Beschwerdeverfahren des Herrn K. zu LVwG-300082-2014, LVwG-300083-2014 sowie LVwG-300063-2014 durchgeführt wurde.
Anlässlich von Kontrollen am 7. März und 10. April 2013 durch Organe
der Finanzpolizei Team 46 auf der Baustelle „Ö.H.“ in B.S. wurden die tschechischen Staatsangehörigen
V.K.
M.D. und
M.U.,
bei Fliesenverlegearbeiten angetroffen.
Bei diesem Bauvorhaben war die Firma W.H. (in der Folge: Firma H.), einem Steinmetzbetrieb, der zwischen 6 und 10 Personen beschäftigt, mit der Verlegung von Natursteinen im Hallenbad, den Stiegenhäusern und in den Räumen beauftragt. Der Gesamtumfang des Auftrages an die Firma H. belief sich auf rund € 100.000, wobei mit Fortentwicklung der Baustelle laufend Zusatzaufträge an das Unternehmen herangetragen wurden. Aufgrund von Personalknappheit in der Ausführungsphase kontaktierte der Bf als Inhaber der Firma H. Herr V.K., der bereits auf einer Baustelle in M.E. für ihn Bodenplatten verlegt hatte. Der Bf fragte Herrn K., ob er Zeit hätte, übermittelte ihm ein Leistungsverzeichnis, teilte ihm den Umfang mit und gab einen Quadratmeterpreis vor. Die Gespräche fanden in deutscher Sprache statt, da der Bf kein Tschechisch spricht. Regiestunden wurden aufgeschrieben und nach Stunden entlohnt. Ein Haftrücklass wurde nicht einbehalten, hinsichtlich der Gewährleistung wurden die Arbeiten Schritt um Schritt abgenommen, danach gelangte die vereinbarte Entlohnung nach Ermittlung des Naturmaßes entsprechend der Fertigstellung zur Auszahlung. Für den Bf stand von vornherein fest, dass Herr K. die Arbeiten aufgrund des Umfanges und des Fertigstellungstermines nicht alleine durchführen kann, sondern – wie bereits auf der vorigen Baustelle – mit weiteren Fliesenlegern tätig sein wird. Tatsächlich kontaktierte Herr K. den tschechischen Staatsangehörigen M.D. und fragte diesen, ob er bei Arbeiten von rund einem Monat aushelfen möchte. Über Ersuchen des Herrn D. wurde daraufhin zwischen ihm und dem Bf ein Vertrag mit denselben Bedingungen, wie sie Herr K. mit der Firma H. vereinbart hatte, abgeschlossen. Zudem wurde Herr M.U. als Dritter in der Partie tätig. Hinsichtlich der Bezahlung war vereinbart, dass die Rechnungslegung und Auszahlung über Herrn K. erfolgen soll und dieser dann jeweils ein Drittel des von der Firma H. übermittelten Betrages an die beiden anderen tschechischen Staatsangehörigen weitergibt. Neben dem Leistungsverzeichnis wurde von der Firma H. ein Verlegeplan, das erforderliche Material (Fliesen, Fugenmaterial etc.), sowie Werkzeug (Nassschneidemaschine, großer Winkelschleifer) zur Verfügung gestellt, Kleinwerkzeug stellen die tschechischen Staatsangehörigen selbst.
Der Bf kam zu Beginn zur Baustelle, erklärte, was zu tun ist und besuchte anschließend regelmäßig die Baustelle und führte Kontrollen durch. Herr K. hatte kein Weisungsrecht gegenüber Herrn D. und Herrn U., die tschechischen Staatsangehörigen waren untereinander gleichrangig und sahen den Bf als ihren „Chef“ auf der Baustelle an.
Während der Ausführungsarbeiten durch die drei tschechischen Staatsangehörigen führten auch Dienstnehmer der Firma H. Arbeiten auf der Baustelle durch, jedoch arbeiteten die beiden Partien jeweils getrennt voneinander.
4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 21. August 2014. Die Feststellungen über den Auftragsumfang sowie die Hereinnahme des Herrn K. durch den Bf in der Abwicklungsphase gehen auf dessen diesbezügliche Angaben in der mündlichen Verhandlung zurück. Entgegen dem Beschwerdevorbringen trat in der mündlichen Verhandlung auch hervor, dass Herr K. durchaus über ausreichende Deutschkenntnisse verfügte, zumal sich auch der Bf mit ihm offenbar ausschließlich auf Deutsch verständigen konnte und der Zeuge S. bestätigte, dass eine ausreichende Konversation mit Herrn K. möglich war. Die in der Niederschrift vom 10. April 2013 festgehaltenen Angaben des - zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen – Beschwerdeführers K. gegenüber den Kontrollorganen können daher ebenfalls dem gegenständlichen Sachverhalt zugrunde gelegt werden, zumal sie auch in zeitlicher Nähe zum tatsächlichen Geschehen erfolgten und in den wesentlichen Punkten mit der Aussage des ebenfalls auf der Baustelle tätigen Zeugen D. übereinstimmen. So steht fest, dass die tschechischen Arbeiter nicht selbst über die bei ihrer Arbeit verwendeten Großwerkzeuge verfügten, sondern dass sie nur für Handwerker übliches Kleinwerkzeug zur Baustelle brachten und darüber hinaus Werkzeug der Firma H. bei der Verrichtung ihrer Arbeit verwendeten. Somit steht fest, dass sowohl das gesamte Material als auch die erforderlichen Großwerkzeuge für die von den tschechischen Staatangehörigen ausgeführten Arbeiten von der Firma H. zur Verfügung gestellt wurden. Bei der Einvernahme des Zeugen D. in der mündlichen Verhandlung zeigte sich zudem, dass er selbst nicht über eine ausreichende Verständigungsmöglichkeit in der deutschen Sprache verfügt, was auch die Einschaltung des Herrn K. als Vermittler zwischen ihm und der Firma H. erklärt. Gleichzeitig trat jedoch eindeutig hervor, dass es sich bei den beiden tschechischen Staatsangehörigen M.U. und M.D. nicht um Dienstnehmer des Herrn K. handelte, sondern dass sie vielmehr unter denselben Bedingungen wie dieser von der Firma H. zur Erfüllung eines übernommenen Auftrages eingesetzt wurden. Dies geht nicht nur aus der mit Herrn K. bei der Kontrolle am 10. April 2013 aufgenommenen Niederschrift hervor, sondern auch aus den Aussagen des Zeugen D. in der mündlichen Verhandlung, der bei seiner Einvernahme einen sehr glaubwürdigen und schlüssigen Eindruck vermittelte. Es ist daher – insbesondere aufgrund der Angaben des Herrn K. in der mit ihm bei der Kontrolle aufgenommenen Niederschrift als auch aufgrund der Aussagen des Zeugen D. über das tatsächliche Geschehen auf der Baustelle davon auszugehen, dass die drei tschechischen Staatsangehörigen untereinander in keinem Abhängigkeitsverhältnis standen, sondern gleichwertig als Fliesenleger tätig wurden und den Bf als ihren Vorgesetzten auf der Baustelle ansahen.
5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht erwogen:
5.1. Gemäß § 3 Abs. 1 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG), BGBl. 196/1988 idgF ist Überlassung von Arbeitskräften die zur Verfügung Stellung von Arbeits-kräften zur Arbeitsleistung an Dritte.
Gemäß § 3 Abs. 2 AÜG ist Überlasser, wer Arbeitskräfte zur Arbeitsleistung an Dritte vertraglich verpflichtet.
Gemäß § 3 Abs. 3 AÜG ist Beschäftiger, wer Arbeitskräfte eines Überlassers zur Arbeitsleistung für betriebseigene Aufgaben einsetzt.
Gemäß § 3 Abs. 4 sind Arbeitskräfte Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Personen. Arbeitnehmerähnlich sind Personen, die, ohne in einem Arbeits-verhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisten und wirtschaftlich unselbständig sind.
Gemäß § 4 Abs. 1 AÜG ist für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeits-kräften vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Er-scheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
Gemäß § 4 Abs. 2 AÜG liegt Arbeitskräfteüberlassung insbesondere auch vor, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen, aber
1. kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des
Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares und dem Werkunternehmer
zurechenbares Werk herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder
2. die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werk- unternehmers leisten oder
3. organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und
dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen oder
4. der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der Werkleistung haftet.
Gemäß § 17 Abs. 2 AÜG hat der Überlasser bei bewilligungsfreier Überlassung
von Arbeitskräften vom Ausland nach Österreich die grenzüberschreitende Über-lassung spätestens eine Woche vor der Arbeitsaufnahme in Österreich der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung (nach dem AuslBG und dem AVRAG) des Bundesministeriums für Finanzen zu melden. In Katastrophenfällen, bei unaufschiebbaren Arbeiten und bei kurzfristig zu er-ledigenden Aufträgen ist die Meldung unverzüglich vor Arbeitsaufnahme zu erstatten.
Gemäß § 22 Abs. 1 Z2 AÜG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Ver-waltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 5.000 Euro, im Wiederholungsfall von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro zu bestrafen, wer Meldungen gemäß § 17 Abs. 2 nicht rechtzeitig erstattet oder die erforderlichen Unterlagen entgegen § 17 Abs. 7 nicht bereit hält.
5.2. Dem Bf wird im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses zur Last gelegt, er habe als Beschäftiger die vom Subauftragnehmer Bauunternehmen K.V. mit Betriebsstandort in Tschechien überlassenen tschechischen Staatsangehörigen zur Arbeitsleistung für betriebseigene Aufgaben eingesetzt, ohne die Voraussetzungen nach § 17 AÜG erfüllt zu haben.
Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass aufgrund des festgestellten Sachver-haltes eine Werkleistung nicht vorliegt und Herr K. weder als Arbeitgeber noch als Überlasser der gegenständlichen ausländischen Staatsangehörigen anzusehen ist. Unter Betrachtung des gegenständlichen Sachverhaltes nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt im Sinn des § 4 Abs. 1 AÜG hat Herr K. lediglich als Übersetzer fungiert. Sowohl die Tätigkeit selbst als auch die Entlohnung wurde zwischen der Firma H. und den im Spruch angeführten tschechischen Staatsangehörigen vereinbart. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist maßgebend für die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Aufgrund des konkret erhobenen Sachverhaltes und des daraus sich ergebenden Gesamtbildes liegt jedoch eine unselbständige Tätigkeit der angeführten tschechischen Staatsangehörigen gegenüber dem Bauunternehmen K. und damit eine Überlassung von diesem an den Bf nicht vor, weshalb der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses dem Bf zur Last gelegte objektive Tatbestand vom Bf nicht erfüllt wurde.
5.3. Gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Drin. Andrea Panny