LVwG-600369/12/Kof/CG
Linz, 25.09.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Josef Kofler über die Beschwerde des Herrn K. M., geb. X,
X, R., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. K. P., X-Straße X, S. gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 08. Mai 2014, VerkR96-6154-2014 wegen Übertretungen der StVO, nach der am
11. August 2014 durchgeführten mündlichen Verhandlung einschließlich Verkündung des Erkenntnisses,
zu Recht e r k a n n t :
I.
Gemäß § 50 VwGVG wird festgestellt, dass Punkt 1. des behördlichen Straferkenntnisses (Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 iVm
§ 99 Abs.1 lit.b StVO) – durch Zurückziehung der Beschwerde – in Rechtskraft erwachsen ist.
II.
Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde gegen die Punkte 2. und 3. des behördlichen Straferkenntnisses als unbegründet abgewiesen.
III.
Gemäß § 52 Abs.1 und Abs.2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von
80 Euro zu leisten.
IV.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Beschwerdeführer (Bf) das in der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:
1) Sie haben am 25.01.2014 um 23:19 Uhr in der PI V. nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl Sie im Verdacht gestanden sind, dass ihr Verhalten als Lenker des angeführten Fahrzeuges, am angeführten Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden ist.
Weiters wurden deutliche Alkoholisierungsmerkmale wie Alkoholgeruch aus dem Mund, unsicherer Gang usw. festgestellt.
Tatort: PI V.
Lenkzeit: 25.01.2014 gegen 22:08 und 22:19 Uhr
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
§ 99 Abs.1 lit.b i.V.m. § 5 Abs.2 2.Satz StVO
2) Sie sind als Lenker des angeführten Fahrzeuges mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden und haben Ihr Fahrzeug nicht sofort angehalten.
Tatort: Gemeinde R., Gemeindestraße F., Adresse
Tatzeit: 25.01.2014, 22:08 Uhr
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt: § 4 Abs.1 lit.a StVO
3) Sie haben weiters nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei-dienststelle verständigt, obwohl Sie mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden sind.
Tatort und Tatzeit: wie Punkt 2)
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt: § 4 Abs.5 StVO
Fahrzeug: Kennzeichen VB-....., PKW, Marke, Type, Farbe
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist,
Ersatzfreiheitsstrafe von gemäß
2000 Euro 18 Tage § 99 Abs.1 lit.b StVO
250 Euro 120 Stunden § 99 Abs.2 lit.a StVO
150 Euro 96 Stunden § 99 Abs.3 lit.b StVO
Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen:
240 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, mindestens jedoch 10,00 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100,00 Euro);
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher ...... 2640 Euro.
Gegen dieses Straferkenntnis – zugestellt am 14. Mai 2014 – hat der Bf innerhalb offener Frist die begründete Beschwerde vom 10. Juni 2014 erhoben.
In der Beschwerde bringt der Bf im Wesentlichen vor, im Zeitpunkt des Verkehrsunfalles habe nicht er selbst, sondern „ein ihm persönlich unbekannter junger Mann“ den PKW gelenkt.
Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter (Art. 135 Abs.1 1.Satz B-VG) erwogen:
Am 11. August 2014 wurde beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher der Rechtsvertreter des Bf, eine Vertreterin der belangten Behörde sowie die Zeugen, Frau M.R., Herr R.D. und Herr Insp. M.B. teilgenommen haben.
Der Bf selbst ist zu dieser mVh – trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung – unentschuldigt nicht erschienen.
Der Rechtsvertreter des Bf hat bei der mVh zwar angegeben, sein Mandant sei erkrankt, eine ärztliche Bestätigung wurde jedoch nicht vorgelegt;
VwGH vom 20.10.2010, 2009/02/0292; vom 16.10.2009, 2009/02/0019;
vom 26.06.2009, 2008/02/0001; vom 20.04.2007, 2007/02/0085.
Ist der Bf - trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung - ohne triftigen Grund und damit unentschuldigt iSd § 19 Abs.3 AVG zur mVh nicht erschienen, erweisen sich sowohl die Durchführung der mVh, als auch die Verkündung (Fällung) des Erkenntnisses in dessen Abwesenheit als zulässig;
siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band II, 2. Auflage, E2, E5, E6, E22 zu § 51f VStG (Seite 1048 und 1051) zitierten Erkenntnisse des VwGH sowie VwGH vom 31.01.2005, 2004/03/0153; vom 20.04.2004, 2003/02/0291;
v. 30.01.2004, 2003/02/0223; v. 03.09.2003, 2001/03/0178; vom 18.11.2003, 2001/03/0151; vom 25.02.2010, 2009/09/0146; v. 20.10.2010, 2009/02/0292;
Es fällt einzig und allein dem Bf – und nicht dem LVwG – zur Last, wenn der Bf von der ihm durch die ordnungsgemäße Ladung zur Verhandlung gebotenen Gelegenheit zur Kenntnisnahme der Beweisergebnisse und Stellungnahme dazu, durch sein Nichterscheinen keinen Gebrauch macht;
VwGH vom 16.10.2009, 2008/02/0391; vom 03.09.2003, 2001/03/0178 unter Verweis auf das Erkenntnis vom 29.01.2003, 2001/03/0194;
vom 29.06.2011, 2007/02/0334; vom 25.06.2013, 2012/08/0031 und
vom 05.09.2013, 2012/09/0131 jeweils mit Vorjudikatur
Betreffend jene „Fallkonstellationen“, an welchen zwar der Rechtsvertreter des Bf, nicht jedoch der Bf selbst bei der mVh anwesend war,
siehe insbesondere die Erkenntnisse des VwGH vom 05.09.2013, 2012/09/0131; vom 16.09.2010, 2010/09/0158; vom 25.02.2010, 2009/09/0146;
vom 16.10.2009, 2009/02/0019; vom 16.10.2009, 2008/02/0391.
Der Rechtsvertreter des Bf hat bei der mVh – siehe Schlussäußerung sowie die schriftliche Erklärung – betreffend Punkt 1. des behördlichen Straferkenntnisses (Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO) die Beschwerde zurückgezogen. – In diesem Punkt ist dadurch das behördliche Straferkenntnis in Rechtskraft erwachsen.
Zu Punkte 2. und 3. des behördlichen Straferkenntnisses ist auszuführen:
Entscheidungswesentlich ist einzig und allein, ob im Zeitpunkt des Verkehrs-unfalles der auf den Bf zugelassene PKW von ihm selbst oder – wie vom Bf behauptet – von einem dem Bf unbekannten jungen Mann gelenkt wurde.
„Feststellung des Verhandlungsleiters:
Herr Rechtsanwalt Dr. K. P. teilt mit, dass sein Mandant, der Bf heute nicht erscheint. Sein Mandant sei erkrankt. Herr Rechtsanwalt Dr. P. verweist auf seine bisherigen Schriftsätze, insbesondere auf die Beschwerden.
Zeugenaussage der Frau M. R.:
Am 25. Jänner 2014 um ca. 22.00 Uhr bzw. nach 22.00 Uhr war ich in meinem Wohnhaus im Erdgeschoss und sah mir etwas im Fernsehen an.
Ich hörte einen lauten Knall und dachte zuerst, es handle sich um eine Explosion außerhalb des Hauses.
Das Haus hat es regelrecht „geschüttelt“.
Mein Sohn D. R., welcher sich gemeinsam mit seiner Freundin im ersten Stock befunden hat, kam zu mir und rief:
„Mama es ist jemand in das Carport gefahren, wir müssen diesen herausholen.“
Mein Sohn, seine Freundin und ich gingen aus dem Haus.
Im ersten Moment konnten wir keine Beschädigungen am Carport bzw. die darin bzw. dahinter abgestellten Fahrzeuge sehen.
Wir gingen um das Carport herum und konnten sehen, dass das Auto der Freundin meines Sohnes völlig beschädigt war.
An den Spuren im Schnee konnten wir erkennen, dass ein anderes Fahrzeug diese Beschädigungen verursacht haben muss.
Weiters sahen wir die Beschädigungen am Carport selbst.
Auch mein Pkw wurde beschädigt, allerdings nur sehr leicht –
ich ließ dies gar nicht reparieren.
Wir fragten uns gegenseitig, wie habe der Unfallverursacher überhaupt noch wegfahren können.
Nach den Schäden müsste ja auch dessen Fahrzeug stark beschädigt sein.
Mir war klar, dass dieser Pkw noch nicht weit gekommen sein konnte.
Ich ersuchte daher meinen Sohn, in sein Auto zu steigen und diesem nachzufahren. Mein Sohn hat den Unfallverursacher jedoch nicht erreichen können.
Die Freundin meines Sohnes holte über mein Ersuchen unseren Nachbarn,
Herrn R. D.
Ich habe zwischenzeitig die Polizei angerufen.
Wir standen anschließend zu dritt bei der Unfallstelle, die Freundin meines Sohnes, Herr R. D. und ich.
Wir sahen ein Fahrzeug, welches in Richtung unseres Hauses fuhr und „schepperte“.
Mein erster Gedanke war: „Dies ist der Unfallverursacher.“
Ich sagte zur Freundin meines Sohnes und zu Herrn R. D.:
„Den halten wir jetzt auf.“
Wir haben quasi zu dritt eine „Straßensperre“ errichtet.
Dieses Auto kam langsam näher.
Wir sahen sofort, dass dieses vorne stark beschädigt war.
Der Lenker blieb unmittelbar vor uns stehen und kurbelte das Fenster herunter.
Ich schrie ihn entsprechend an.
Meine erste Frage war: „Warst du das jetzt?“
Antwort des Fahrzeuglenkers war: „Ja“
Ich schimpfte weiter und sagte: „Du kannst doch nicht einfach wegfahren,
du hast einen erheblichen Schaden verursacht.“
Weiters sagte ich: „Und außerdem bist du angesoffen auch!“
Die Freundin meines Sohnes rief meinen Sohn, er brauche nicht mehr weiter
zu suchen, da der Unfallverursacher bereits da sei.
Ich kann dezidiert angeben, dass in dem Pkw, welcher in beschädigtem Zustand auf uns zugefahren und vor uns stehengeblieben ist, nur der Lenker und keine weitere Person gesessen hat.
Kurz danach kam D. (= Sohn der Frau M.R.) wieder zu uns.
Mein Sohn sagte dem Unfallverursacher ebenfalls die Meinung und weiters,
er möge sein Auto von der Fahrbahn wegstellen.
Der Pkw-Lenker war dazu jedoch nicht in der Lage, sodass D. selbst diesen verunfallten Pkw in unsere Einfahrt gestellt hat.
Ich sagte dem Fahrzeuglenker, dass ich bereits die Polizei angerufen hätte und diese in Kürze kommen werde. Er müsse auf die Polizei warten.
Er hat gejammert und geweint und dann gesagt:
„Wenn du die Polizei anrufst, dann zerstörst du meine Existenz.
Ich hatte bereits einmal einen Führerscheinentzug bzw. Probleme mit Alkohol.“
Die Polizei rief mich zurück.
Die Frage ob der Streifenwagen schon da sei wurde von mir verneint, allerdings sagte ich dem anrufenden Polizeibeamten, der Unfalllenker sei bereits hier.
Ich habe dem anrufenden Polizeibeamten das Kennzeichen sowie den Namen des Lenkers bekanntgegeben. Der Name wurde mir vom Lenker selbst gesagt.
Zum damaligen Zeitpunkt war mir der Lenker persönlich nicht bekannt.
Kurz danach kam die Polizei.
Gegen Mitternacht kamen der Lenker (= der Bf) und seine Eltern zu mir.
Der Bf fragte mich: „Wir tun wir jetzt? Wer ist wirklich gefahren?“
Meine Antwort war: „Ich mache mit Sicherheit keine Falschaussage!“
Weiters habe ich auch aus dem Gespräch des Bf mit der Polizei mitgehört, dass er auch dort seine Lenkereigenschaft zugegeben hat.
Über Befragen des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers gebe ich an:
Als das beschädigte Fahrzeug zu unserem Haus zugefahren ist, habe ich die Scheinwerfer aus einer Entfernung von geschätzt ca. 200 – 300 Meter erstmalig wahrgenommen.
Er fuhr kontinuierlich zu uns her und ist erst stehengeblieben, als er direkt vor uns war. Vorher ist er nicht stehengeblieben.
Wenn der Fahrzeuglenker vorher stehengeblieben wäre, dann hätte ich dies gesehen. Im Zeitraum zwischen dem Zeitpunkt, als wir den Unfall gehört und aus dem Haus gegangen sind bis zu jenem Zeitpunkt, als die Polizei gekommen ist, ist kein einziges weiteres Fahrzeug an unserem Haus vorbeigefahren.
Zeugenaussage des Herrn R. D.:
Am Samstag dem 25. Jänner 2014 kurz nach 22.00 Uhr hörte ich im Nebenhaus einen dumpfen Knall.
Einige Minuten später läutete es bei uns an der Haustür.
Es war die damalige Freundin des Herrn D. R., welche mich ersuchte, aus dem Haus zu kommen. Bei ihnen sei etwas passiert.
Ich zog mich an, ging aus dem Haus und sah beim Nachbarhaus der Familie R., dass das Carport und ein Pkw beschädigt waren.
Kurz danach kam Frau M. R. und sagte mir, jemand sei in das Carport und in das Auto „hineingefahren“.
Ihr Sohn D. R. sei diesem nachgefahren und versuche, ihn zu „erwischen“.
Wieder einige Minuten später kam ein Fahrzeug in unsere Richtung gefahren.
Ich konnte „Streifgeräusche“ wahrnehmen.
Wir versuchten, diesen Pkw aufzuhalten und er fuhr auch in die Einfahrt der Frau R.
Der Lenker sagte, er sei da hineingefahren und sagte oftmals
„Bitte nur keine Polizei“. Er hat die Lenkereigenschaft dezidiert zugegeben.
Kurz danach kam auch schon die Polizei.
Im Fahrzeug konnte ich keine weitere Person wahrnehmen.
Ab der ersten Wahrnehmung dieses Geräusches des offensichtlich beschädigten Fahrzeuges bis zur Anhaltung ist das Fahrzeug nicht stehengeblieben.
Ich habe diese Geräusche ununterbrochen gehört.
Der Lenker – welchen ich zum damaligen Zeitpunkt persönlich nicht gekannt habe – hat dezidiert gesagt, er sei in das Carport hineingefahren.
Schlussäußerung des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers:
Ich verweise auf meine bisherigen Eingaben, insbesondere auf die Beschwerden gegen das Straferkenntnis sowie den Bescheid betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung.
Weiters beantrage ich die Einvernahme des Zeuge M. S. zum Beweis dafür, dass der Beschwerdeführer beim Kino in Regau einer anderen Person seinen Pkw betreffend die Lenkung überlassen hat, um ihn nachhause zu bringen.
Dies passt zeitlich auch zusammen.
Stellungnahme der Vertreterin der belangten Behörde:
Ich verweise auf die Zeugenaussage des Herrn M. S. bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck am 3. April 2014, VerkR96-6154-2014.
Herr M. S. hat dies zwar angegeben, konnte jedoch nicht mehr sagen an welchem Wochenende im Jänner bzw. an welchem Tag dies gewesen ist.
Gegenäußerung des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers:
Diese Stellungnahme der Vertreterin der belangten Behörde
ändert nichts an meinem Fragerecht an den Zeugen M. S.
Ich beantrage daher, diesen einzuvernehmen.
Weiters beantrage ich die neuerliche Ladung des Beschwerdeführers.
Dieser ist erkrankt, ich kann jedoch zum heutigen Zeitpunkt
keine Krankheitsbestätigung vorlegen.
Zeugenaussage des Herrn Insp. M. B., PI V.:
Am 25. Jänner 2014 nach 22.00 Uhr wurde ich – im Wege der Bezirksleitstelle – verständigt, Frau M. R. habe angerufen, es sei jemand in ihr Carport gefahren.
Der Fahrzeuglenker sowie das Fahrzeug selbst seien nicht mehr vor Ort.
Herr Rev.Insp. H. Z. und ich übernahmen diesen Einsatz und
fuhren zur angegebenen Adresse.
Als wir an der angegebenen Adresse angekommen sind, standen dort mehrere Personen. Weiters wurden wir im Wege der Bezirksleitstelle verständigt, Frau R. habe angerufen, der Unfalllenker sei bereits vor Ort.
Nach meiner Erinnerung waren vor dem Haus drei Personen sowie der Bf.
Ein schwer beschädigtes Fahrzeug stand in der Einfahrt.
Ein weiteres schwer beschädigtes Fahrzeug war vor dem Carport.
Ich korrigiere meine Aussage insofern, als der Bf nicht unmittelbar vor Ort war, sondern in einer Nebenstraße, dort hat er telefoniert.
Wir gingen in diese Nebenstraße und sahen jene Person, welche telefonierte.
Ich fragte ihn, ob er der Bf sei.
Dies war vorerst schwierig, da er nicht zu telefonieren aufhörte.
Wir gingen mit ihm zurück zur Unfallstelle.
Es stellte sich heraus, dass es sich um den Bf handelt.
Er hat uns den Zulassungsschein vorgewiesen.
Den Führerschein hat er nicht mitgeführt.
Ich fragte ihn, ob jenes Fahrzeug, welches in der Einfahrt stehe, seines sei und ob er der Unfalllenker sei. Er hat beides bejaht.
Über Aufforderung von mir hat er den Alkovortest durchgeführt.
Dieser hat einen Atemluftalkoholgehalt von 0,88 mg/l ergeben.
Aufgrund dieses Wertes des Alkovortestgerätes habe ich ihn zum Alkotest aufgefordert.
Diesen haben wir im Streifenwagen nicht mitgeführt, sondern der Alkomat befindet sich auf der nächstgelegenen Dienststelle auf der PI V.
Er wurde belehrt, dass eine 15-minütige Wartezeit einzuhalten ist und dass er nichts konsumieren dürfe.
Wir fuhren mit dem Bf – über dessen Ersuchen – zu seinem Wohnhaus um den Vater zu verständigen, damit ihn dieser nach Durchführung des Alkotests von der PI V. abholt.
Das Wohnhaus des Bf war unbeleuchtet.
Der Bf ging in das Haus ganz kurz, danach kamen seine Eltern.
Der Bf wurde im Streifenwagen zur PI V. gebracht,
sein Vater fuhr mit dem Pkw hinten nach.
Auf der Dienststelle wurde der Bf neuerlich belehrt,
dass er den Alkomattest durchzuführen habe.
Der Bf hat dann gesagt, er mache den Alkomattest nicht,
er sei nicht gefahren, sondern sein Vater sei gefahren.
Mein Kollege befragte den Vater des Bf, ob er gefahren sei.
Dies wurde verneint.
Ich habe den Bf nochmals belehrt, dass er den Alkomattest vornehmen müsste.
Er hat es jedoch neuerlich verweigert.
Anschließend wurde die Amtshandlung von mir beendet.
Schlussäußerung des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers:
Betreffend Punkt 1. des behördlichen Straferkenntnisses (Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 iVm § 99 Abs.1 lit.b. StVO) wird die Beschwerde zurückgezogen.
Betreffend die Punkte 2. und 3. des behördlichen Straferkenntnisses (Verwaltungsübertretungen nach § 4 StVO) wird die Beschwerde aufrechterhalten.
Der Beschwerdeführer war nicht der Lenker zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalles.
Betreffend die Beschwerde gegen den Bescheid hinsichtlich der Entziehung
der Lenkberechtigung wird der Antrag, die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung entsprechend herabzusetzen, aufrechterhalten.
Schlussäußerung der Vertreterin der belangten Behörde:
Beantragt wird, die Beschwerden gegen das Straferkenntnis (Punkte 2. und 3.) sowie gegen den Bescheid betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung
als unbegründet abzuweisen und sowohl das Straferkenntnis – Punkt 2. und 3. –, als auch den Bescheid betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung zu bestätigen.
Anmerkung: Der Name des Bf wurde durch die Wendung „Bf“ – in der jeweils grammatikalisch richtigen Form – ersetzt.
Alle Tatsachen, auf die eine behördliche Entscheidung gestützt werden soll, bedürfen eines Beweises. Das LVwG hat alle beweisbedürftigen Tatsachen
von sich aus zum Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens zu machen.
Dabei muss der volle Beweis erbracht werden.
Dies bedeutet, dass sich das LVwG Gewissheit vom Vorliegen der für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente (zB eines tatsächlichen Vorgangs) verschaffen - somit also davon überzeugen - muss.
Nach der Rechtsprechung des VwGH ist für die Annahme einer Tatsache
als erwiesen allerdings keine "absolute Sicherheit" bzw. "kein Nachweis im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn" erforderlich, sondern es genügt, wenn eine Möglichkeit gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.
Das LVwG hat
- nach der Aufnahme von Beweisen zu prüfen, ob ihr diese die erforderliche Überzeugung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen des maßgeblichen Sachverhalts vermitteln (= Beweiswürdigung)
- unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht und
- den Wert der aufgenommenen Beweise nach deren inneren Wahrheitsgehalt
zu beurteilen;
Siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I, 2. Auflage, E10 zu
§ 45 AVG (Seite 645) zitierte Judikatur des VwGH sowie
Hengstschläger-Leeb, AVG-Kommentar, RZ 2 und RZ 8 zu § 45 AVG (Seite 460ff);
Leeb - Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung im Verwaltungsverfahren in Holoubek-Lang: Allgemeine Grundsätze des Verwaltungs- und Abgabenverfahrens, Seite 343 - 348; jeweils mit zahlreichen Literatur- und Judikaturhinweisen.
Wesentlich ist, ob
- der Sachverhalt genügend erhoben wurde und
- die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen;
VwGH vom 26.06.2009, 2008/02/0044; vom 15.05.2009, 2008/09/0088;
vom 21.12.2010, 2007/05/0231; vom 03.10.1985, 85/02/0053 – verstärkter Senat
Die Beweiswürdigung ist ein "Denkprozess nach den Gesetzen der Logik"
bzw. wird auf
die "allgemeinen Denkgesetze der Logik" sowie die "Lebenserfahrung" verwiesen;
VwGH vom 27.04.1972, GZ: 0171/72; vom 21.12.1994, 94/03/0256;
vom 21.12.2010, 2007/05/0231 mit Vorjudikatur
Ein Vorgang tatsächlicher Art ist dann als bewiesen anzusehen, wenn die
Behörde aufgrund einer - aus den zur Verfügung stehenden Beweismitteln
(hier: Zeugenaussagen) nach allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen und den Gesetzen logischen Denkens - gezogenen Schlussfolgerung zur Überzeugung gelangt, dass es sich so abgespielt hat;
VwGH vom 26.05.1993, 90/13/0155; vom 06.12.1990, 90/16/0031.
Der Bf hat wenige Minuten nach dem Verkehrsunfall am Tatort sowohl gegenüber Frau M.R., deren Sohn D.R., Herrn R.D. sowie dem amtshandelnden Polizeibeamten, Herrn Insp. M.B. ausdrücklich zugestanden, als Lenker des auf ihn zugelassenen PKW diesen Verkehrsunfall verursacht zu haben.
Die bei der ersten Vernehmung gemachten Angaben kommen erfahrungsgemäß der Wahrheit am nächsten; ständige Rechtsprechung des VwGH, z.B. Erkenntnisse vom 15.02.2013, 2010/09/0214 mit Vorjudikatur; vom 25.01.2005, 2004/02/0352; vom 10.09.2004, 2001/02/0241; vom 15.11.2000, 99/03/0447; vom 21.04.1999, 98/03/0050 ua.
Der Bf hat auf der PI in V. zuerst angegeben, sein Vater habe im Zeitpunkt des Verkehrsunfalles den PKW gelenkt. Sein Vater hat dies dementiert.
Daraufhin hat der Bf behauptet, ein ihm unbekannter junger Mann – welchen er kurz zuvor beim Kino in R. angesprochen habe – sei der Lenker seines PKW gewesen. –
Hätte im Zeitpunkt des Verkehrsunfalles tatsächlich dieser dem Bf „unbekannte junge Mann“ den Pkw gelenkt, so hätte der Bf dies beim neuerlichen Eintreffen an der Unfallstelle sofort gegenüber Frau M. R., deren Sohn D. R., dem Nachbarn R. D. sowie den amtshandelnden Polizeibeamten angegeben;
VwGH vom 28.03.2006, 2002/03/0220.
Das Vorbringen des Bf betreffend den „ihm unbekannten jungen Mann“, welcher zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalles den auf den Bf zugelassenen Pkw gelenkt haben soll, ist völlig unglaubwürdig und eine bloße Schutzbehauptung des Bf.
VwGH vom 28.11.2008, 2008/02/0201.
Anders ausgedrückt:
Es würde eines hohen Maßes an Leichtgläubigkeit bedürfen, diese Version des Bf zu glauben; Erkenntnis des UVS OÖ. vom 25. Mai 2012, VwSen-166758/10 – diesem folgend VwGH vom 24.05.2013, 2012/02/0174.
Betreffend den Antrag des Rechtsvertreters des Bf in der mVh (Tonbandprotokoll Seite 4) auf Einvernahme des „Zeugen“ M.S. ist auszuführen:
Dieser „Zeuge“ war beim Verkehrsunfall selbst sowie bei der anschließenden Amtshandlung nicht anwesend und kann dadurch keine relevanten Aussagen zum Sachverhalt treffen bzw. hatte keine eigene Wahrnehmung vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt;
VwGH vom 12.09.2007, 2005/03/0154.
Für das LVwG OÖ. steht somit fest, dass der vom Bf angegebene Lenker – der
„ihm unbekannte junge Mann“ – vom Bf frei erfunden wurde und gar nicht existiert.
Lenker des auf den Bf zugelassenen PKW war auch im Zeitpunkt
des Verkehrsunfalles der Bf selbst!
Betreffend die Punkte 2. und 3. des behördlichen Straferkenntnisses war
die Beschwerde somit hinsichtlich des Schuldspruchs abzuweisen.
Hinsichtlich der Strafbemessung wird auf die Erkenntnisse des VwGH
vom 26.01.2007, 2007/02/0013; vom 26.03.2004, 2003/02/0279 verwiesen.
Die Beschwerde war dadurch auch hinsichtlich des Strafausmaßes abzuweisen.
Gemäß § 52 Abs.1 und Abs.2 VwGVG beträgt der Kostenbeitrag
für das Verfahren vor dem LVwG OÖ. 20 % der verhängten Geldstrafen.
Zur „Protokollrüge“ des Rechtsvertreters des Bf ist festzustellen:
Der Rechtsvertreter des Bf behauptet, der unterfertigte Richter habe
in seiner Gegenwart „teils moralisierend klingende Überlegungen und verschiedentlich teils abwertend wirkende Äußerungen in den Raum gestellt“. –
Der Rechtsvertreter des Bf hat jedoch keine einzige konkrete Aussage des unterfertigten Richters angegeben, welche von ihm als „teils moralisierende klingende Überlegung“ bzw. „teils abwertend wirkende Äußerung“ qualifiziert wird.
Bei diesem Vorbringen des Rechtsvertreters des Bf handelt es sich somit um eine nicht begründete, substanzlose abstrakte Spekulation bzw. Behauptung.
In Anwesenheit des Rechtsvertreters wurde klar und eindeutig ausgeführt, das LVwG OÖ. bzw. der unterfertigte Richter ist überzeugt, dass
· der vom Bf angegebene Lenker – ein dem Bf unbekannter junger Mann - frei erfunden wurde und gar nicht existiert sowie
· der Bf selbst im Zeitpunkt des Verkehrsunfalles den PKW gelenkt hat.
II.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag
der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof.
Eine Beschwerde an den VfGH ist unmittelbar bei diesem einzubringen,
eine Revision an den VwGH beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.
Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision
müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen.
Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Josef Kofler