LVwG-150088/3/AL

Linz, 29.08.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Astrid Lukas über den Antrag auf Wiedereinsetzung und die Beschwerde der R GmbH, vertreten durch J Rechtsanwälte D. & Partner OG, in A., gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Vöcklabruck vom 8. Februar 2011, Z Re 01/11 rh, betreffend einen baubehördlichen Auftrag zur Erhaltung und baulichen Mängelbehebung des Objektes in V., EZ x, Grundbuch x V, den

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I.             Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs 4 iVm § 31 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.

 

II.           Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 33 VwGVG abgewiesen.

 

III.         Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Vöcklabruck vom 10.8.2010 wurde bei dem Objekt auf der Liegenschaft EZ x, Grundbuch x V., eine Verletzung der Erhaltungspflicht festgestellt und der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) ein entsprechender baubehördlicher Auftrag zur Erhaltung und baulichen Mängelbehebung unter Vorschreibung näher genannter Maßnahmen erteilt.

 

Die dagegen erhobene Berufung der Bf wurde seitens des Gemeinderates der Stadtgemeinde Vöcklabruck (im Folgenden: belangte Behörde) mit Bescheid vom 8.2.2011, zugestellt am 9.2.2011, als unbegründet abgewiesen und der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides bestätigt.

 

I.2.1. Mit Eingabe vom 5.11.2012 stellte die Bf durch ihre rechtsfreundliche Vertretung einen Antrag auf Wiedereinsetzung gem § 71 AVG. In diesem wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bf mit Schreiben an das Stadtamt Vöcklabruck vom 14.02.2011 „Einspruch" gegen den Bescheid vom 08.02.2011, GZ Re 01/11 rh, erhoben habe. Inhaltlich sei dieser Einspruch als „Vorstellung" zu qualifizieren. Erstmals mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 18.10.2012, zugestellt am 29.10.2012, sei dem ausgewiesenen Rechtsvertreter und mithin auch der Bf bekannt gegeben worden, dass das genannte Schreiben vom 14.02.2011 im Akt der belangten Behörde nicht einliege. Möglicherweise sei dies damit zu begründen, dass eine Geschäftszahl im Schreiben vom 14.02.2011 von der Bf nicht angegeben worden sei.

 

Wie auch hinsichtlich der Vorkorrespondenz habe die Bf das Schreiben vom 14.02.2011 postalisch an das Stadtamt Vöcklabruck gesandt und davon ausgehen können, dass das Schreiben auch fristgerecht bearbeitet werde, zumal es auch innerhalb der Rechtsmittelfrist (14.02.2011) zur Post gegeben worden sei. Als Beweis wird seitens der rechtsfreundlichen Vertretung weiters auf die Einvernahme des Ing. G R bzw. eine von diesem vorzulegende eidesstattliche Erklärung verwiesen.

 

Die Bf gehe nach wie vor davon aus, dass der genannte Einspruch vom 14.02.2011 auch bei der belangten Behörde eingelangt sei, möglicherweise dort allerdings einem falschen Akt zugeordnet worden sei, weil eben eine Geschäftszahl nicht angegeben gewesen sei.

Insofern das Schreiben nicht bei der belangten Behörde eingelangt sei, könne dies nach Auffassung der rechtsfreundlichen Vertretung der Bf nur durch ein Versehen bei der Post als Beförderer des Schreibens geschehen sein. In letzterem Fall sei mithin die Bf durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne ihr Verschulden verhindert gewesen, die Frist einzuhalten.

 

Die Bf stellt daher die Anträge:

 

-      auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter gleichzeitiger nochmaliger Übermittlung des Einspruchs vom 14.02.2011

 

sowie

 

-      dass der Akt Z Re01/11rh der „Vorstellungsbehörde (Land )“ vorgelegt, der Vorstellung Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben sowie zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen werde.

 

 

I.2.2. Gleichzeitig wurde – wie im Schriftsatz angemerkt – ein „Einspruch“ der Bf an die belangte Behörde, der mit 14.2.2011 datiert ist und der rechtsfreundlichen Vertretung der Bf mit Fax vom 27.4.2011 übermittelt wurde, dem Antrag auf Wiedereinsetzung angeschlossen.

 

I.3.1. Der Wiedereinsetzungsantrag wurde bereits mit Schreiben der belangten Behörde vom 6.11.2012 der Oö. Landesregierung als Vorstellungsbehörde – mit kurzen Anmerkungen zum bisherigen Verfahren – zur Entscheidung übermittelt.

 

I.3.2. Mit Schreiben vom 8.1.2014 übermittelte das Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Inneres und Kommunales, den gegenständlichen Verfahrensakt schließlich dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

 

 

I.4. Zum bisherigen, für den gegenständlichen Fall relevanten Verfahren ist – wie dem vorliegenden Verfahrensakt zu entnehmen ist – chronologisch geordnet zusammenfassend Folgendes festzuhalten:

 

-      10.8.2010: Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Vöcklabruck über die Verletzung der in Rede stehenden Erhaltungspflicht und den baubehördlichen Auftrag zur Erhaltung und baulichen Mängelbehebung

 

-      8.2.2011, zugestellt am 9.2.2011: Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Vöcklabruck, mit dem die Berufung der Bf über den erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters als unbegründet abgewiesen wird

 

-      21.2.2011: Aktenvermerk über ein Telefonat zwischen dem Sachbearbeiter der belangten Behörde und dem Vertreter der Bf, in dem dieser mitteilt, einen – im Bescheid des Bürgermeisters vorgeschriebenen – Sachverständigen der belangten Behörde schriftlich mitzuteilen

 

-      21.2.2011: Schreiben der Bf an die belangte Behörde, in der darauf hingewiesen wird, dass am 18.2.2011 eine Besichtigung des Objekts durch einen Sachverständigen erfolgte, der auch den Auftrag für die Erstellung eines Gutachtens erhalten habe, welches der belangten Behörde bei Vorliegen übermittelt werde

 

-      18.3.2011: Übersendung des bescheidmäßig geforderten Sachverständigengutachtens an die belangte Behörde durch die Bf

 

-      29.3.2011: Schreiben der belangten Behörde, mit dem der Bf ua mitgeteilt wird, dass der gemeindebehördliche Bescheid vom 8.2.2011 „in Rechtskraft erwachsen ist

 

-      20.4.2011: Schreiben der rechtsfreundlichen Vertretung der Bf an die belangte Behörde, in der das Vertretungsverhältnis bekanntgegeben wird und darauf hingewiesen wird, dass die Bf der rechtsfreundlichen Vertretung ein Konvolut an Urkunden und Bescheiden ausgefolgt habe

 

-      27.4.2011: Übermittlung des mit 14.2.2011 datierten „Einspruchs“ der Bf gegen den Bescheid vom 8.2.2011 an deren rechtsfreundliche Vertretung

 

-      4.5.2011: Stellungnahme der rechtsfreundlichen Vertretung der Bf an die belangte Behörde, in der von der Rechtskraft des in Rede stehenden gemeindebehördlichen Bescheides ausgegangen wird (vgl. unter Punkt 2. „Mit Bescheid vom 10.08.2010, welcher durch Abweisung der Berufung in Rechtskraft erwachsen ist...“; sowie unter Punkt 2.b aE: „Aus diesem Grund ist aus Sicht des Bescheidadressaten davon auszugehen, dass eine Verletzung der behördlichen Anordnungen nach dem rechtskräftigen Bescheid keinesfalls vorliegt.“)

 

-      16.6.2011, zugestellt am 28.6.2011: Schreiben der belangten Behörde an die rechtsfreundliche Vertretung der Bf, in dem diese ua darauf hingewiesen wird, dass „in der vorliegenden Rechtssache ... bereits ein rechtskräftiger Bescheid des Gemeinderats vor[liegt].

 

-      4.11.2011: Schreiben der rechtsfreundlichen Vertretung der belangten Behörde an die rechtsfreundliche Vertretung der Bf, in dem diese ausführt, dass das in Rede stehende gemeindebehördliche Verfahren „mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Vöcklabruck als Baubehörde 2. Instanz vom 08.02.2011 [endete]. Gegen den Bescheid wurde kein weiteres Rechtsmittel erhoben und ist er in Rechtskraft erwachsen.

 

-      4.4.2012: Schreiben der belangten Behörde an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, in dem unter Hinweis auf die Rechtskraft des in Rede stehenden Bescheides um dessen Vollstreckung ersucht wird

 

-      30.5.2012: Androhung einer Zwangsstrafe seitens der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck gegenüber der Bf unter Hinweis darauf, dass dem baubehördlichen Auftrag nicht in den nach Rechtskraft des in Rede stehenden Bescheides abgelaufenen Fristen nachgekommen worden ist

 

-      18.6.2012: Schreiben der rechtsfreundlichen Vertretung der Bf an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, in dem neben der Bekanntgabe des Vertretungsverhältnisses darauf hingewiesen wird, dass eine Entscheidung über das mit vom 14.2.2011 datierte Schreiben erhobene Rechtsmittel der Bf gegen den gemeindebehördlichen Bescheid noch nicht vorliege. „Offenkundig hat die Stadtgemeinde Vöcklabruck das gegenständliche Rechtsmittel samt dem Verfahrensakt gar nicht dem Land zur Entscheidung vorgelegt.

 

-      5.7.2012: Stellungnahme der belangten Behörde gegenüber der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, in der ua ausgeführt wird, dass das mit 14.2.2011 datierte Schreiben über den Einspruch der Bf im behördlichen Akt nicht vorliege. Auch in der behördlichen Posteingangsstelle sei rund um den 14.2.2011 kein Eingang eines solchen Schriftstückes vermerkt worden.

 

-      18.10.2012, zugestellt am 29.10.2012: Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck an die Bf, mit dem diese Stellungnahme der belangten Behörde vom 5.7.2012 übermittelt wird

 

-      5.11.2012: Antrag der Bf auf Wiedereinsetzung gem § 71 AVG

 

 

III.1. Gemäß Art 151 Abs 51 Z 8 iVm Art 131 Abs 1 B-VG ist die Zuständigkeit zur Weiterführung des gegenständlichen Verfahrens auf das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übergegangen, das gemäß § 2 VwGVG in der verfahrensgegenständlichen Rechtssache durch eine Einzelrichterin zu entscheiden hat.

 

III.2. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und Einholung ergänzender Unterlagen der Vollstreckungsbehörde.

 

Zur Frage, ob der mit 14.2.2011 datierte „Einspruch“ der Bf gegen den gemeindebehördlichen Bescheid vom 8.2.2011 von dieser tatsächlich zur Post gegeben wurde, ist Folgendes festzuhalten:

 

Die Bf behauptet, dass sie den genannten Einspruch zur Post gegeben habe, dass dieser aber bei der belangten Behörde in Verstoß geraten sei. Als Argument führt sie dabei aus, dass dies eventuell auf die Nichtanführung einer bezugnehmenden Aktenzahl zurückzuführen sein könnte. Weiters stellt sie fest, dass die anderen von ihr in diesem Verfahren per Post übermittelten Schreiben sehr wohl bei der belangten Behörde angekommen wären. Auch könne ein Fehler bei der Beförderung durch die Post dazu geführt haben, dass das Schriftstück bei der belangten Behörde nie angekommen sei. Einen Nachweis über die tatsächliche Postaufgabe – insbesondere mittels Einschreibbestätigung – kann sie freilich nicht erbringen. So stellt sie als Beweismittel lediglich eine eidesstattliche Erklärung über die tatsächliche Aufgabe bei der Post in Aussicht.

 

Diese Argumentation vermag nicht zu überzeugen. Gerade die Tatsache, dass andere im Verfahren von der Bf postalisch übermittelte Schreiben – die, wie sich aus dem vorliegenden Verfahrensakt ergibt, ebenfalls zumeist keine bezugnehmende Aktenzahl enthielten – bei der belangten Behörde angekommen und – trotz fehlender Aktenbezugszahlen – dennoch kanzleimäßig richtig erfasst wurden, indiziert, dass das in Rede stehende Einspruchschreiben von der Bf gar nicht erst zur Post gegeben worden ist. Des Weiteren ist davon auszugehen, dass die belangte Behörde gerade bei der Einbringung eines Rechtsmittels aufgrund der daran geknüpften Rechtswirkungen besonders achtsam in der kanzleimäßigen Erfassung vorgegangen wäre; dies wird im Übrigen auch durch die bisherige, aus dem vorliegenden Verfahrensakt ersichtliche konkrete Verfahrensführung und –dokumentation entsprechend bestätigt. Dass aber die belangte Behörde das gegenständliche Schreiben trotz Einlangens bewusst nicht erfasst hätte, scheint für die erkennende Richterin schon allein aufgrund der damit verbundenen rechtlichen Sanktionen ausgeschlossen und wird im Übrigen auch von der Bf selbst nicht vorgebracht.

 

Bei einem Unternehmen wie dem der Bf, das ganz offenkundig mit Immobilien- und Wohnungswesen befasst ist, ist davon auszugehen, dass dieses regelmäßig mit staatlichen Behörden in Kontakt steht und schon allein aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung erkannt hätte, dass die besondere Wichtigkeit und entscheidende Nachweisbarkeit der Einbringung eines Rechtsmittels jedenfalls die postalische Aufgabe solcher Schreiben mittels „Einschreiben“ nahelegt. So ist schon allein aufgrund der allgemein – und im Besonderen bei einem Unternehmen wie dem vorliegenden – zu erwartenden prozessualen Vorsicht davon auszugehen, dass eine fristgebundene Eingabe bei einer Behörde „eingeschrieben“ zur Post gegeben wird. Aufgrund des geschäftlichen Tätigkeitsfeldes der Bf ist daher jedenfalls davon auszugehen, dass die Einbringung eines Rechtsmittels mittels nachweisbarer postalisch eingeschriebener Aufgabe erfolgt wäre. Auch daraus ergibt sich für die erkennende Richterin, dass eine postalische Einbringung des in Rede stehenden Einspruchs nicht erfolgt ist.

 

Darüber hinaus vermag die Bf in keiner Weise glaubhaft zu machen, dass bei der Post ein Fehler unterlaufen wäre. Schließlich ist auch diesbezüglich anzumerken, dass andere postalisch übermittelte Schreiben der Bf sehr wohl bei der belangten Behörde als Adressatin angekommen sind.

 

Ferner ist auch darauf hinzuweisen, dass die Bf selbst von der Verpflichtung zur Erfüllung der bescheidmäßigen Vorschreibungen ausgegangen sein dürfte. So hat sie nicht nur in einem Telefonat sowie einem Schreiben vom 21.2.2011 an die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass sie den bescheidmäßig vorgeschriebenen Sachverständigen bereits beigezogen habe und dessen Gutachten am 18.3.2011 bei der belangten Behörde sogar vorgelegt. Dies deutet ebenfalls darauf hin, dass ein entsprechendes Rechtsmittel nicht eingebracht worden sein dürfte, da dies andernfalls seitens der Bf wohl entsprechend vermerkt worden wäre.

 

Auch die Ausführungen der – bei der Behörde mit 20.4.2011 als bevollmächtigter Vertreterin namhaft gemachten – rechtsfreundlichen Vertretung der Bf in ihrer Stellungnahme an die Behörde vom 4.5.2011 weisen darauf hin, dass ein Rechtsmittel zu diesem Zeitpunkt postalisch nicht aufgegeben worden war. So geht diese selbst in ihrem Schreiben wiederholt von der Rechtskraft des in Rede stehenden Gemeindebescheides aus. Dazu bringt die rechtsfreundliche Vertretung in ihrer Mitteilung an die Vollstreckungsbehörde vom 5.11.2012 vor, dass die Erhebung des Einspruchs erst nach Sichtung der Gesamtkorrespondenz anwaltlicherseits festgestellt worden sei. Zwar mag es zutreffen, dass bei einer erst in einem fortgeschrittenen Verfahrensstadium erfolgten Betrauung mit der anwaltlichen Vertretung die Durchsicht des gesamten Aktenkonvoluts entsprechend zeitaufwändig ist; allerdings ist davon auszugehen, dass eine rechtsfreundliche Vertretung sehr wohl umgehend die Anhängigkeit eines noch unerledigten Rechtsmittels überprüfen wird. Darüber hinaus wurde der rechtsfreundlichen Vertretung der „Einspruch“ der Bf mit Fax vom 27.4.2011 übermittelt. Die zitierte Stellungnahme der rechtsfreundlichen Vertretung gegenüber der Vollstreckungsbehörde erfolgte allerdings erst zeitlich nachfolgend am 4.5.2011. Wenn auch das Rechtsmittel der Vorstellung die formelle Rechtskraft des gemeindebehördlichen Bescheides nicht hemmt (vgl anstelle vieler Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht³ [2005] Rz 558 [insbes FN 1078]), so ist dennoch davon auszugehen, dass die rechtsfreundliche Vertretung, wäre sie von der tatsächlich erfolgten postalischen Übermittlung dieses Einspruch-Schreibens durch die Bf ausgegangen, in ihrer Stellungnahme anders argumentiert hätte bzw zumindest auf die noch unerledigte Vorstellung hingewiesen hätte.

 

Zusammengefasst geht die erkennende Richterin daher im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung sämtlicher Umstände des vorliegenden Einzelfalles davon aus, dass eine postalische Übergabe des mit 14.2.2011 datierten „Einspruchs“ der Bf nicht erfolgt ist.

 

 

IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat im Rahmen des durch §§ 27 und 9 Abs 1 Z 3 und Z 4 VwGVG normierten Prüfungsumfangs durch seine gemäß § 2 VwGVG zuständige Einzelrichterin erwogen:

 

IV.1.1. Die Vorstellung ist nach § 3 Abs 4 iVm Abs 1 letzter Satz VwGbk-ÜG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2013/122, als Beschwerde gem Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG zu werten und gem § 28 Abs 1 iVm § 31 Abs 1 VwGVG, sofern sie nicht zurückzuweisen oder einzustellen ist, mit Erkenntnis, ansonsten mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichts zu erledigen.

 

IV.1.2. Gemäß § 102 Oö. Gemeindeordnung, LGBl 1990/91 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl 2009/102, konnte, wer durch den Bescheid eines Gemeindeorganes in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges dagegen Vorstellung erheben. Gem Abs 2 leg cit war die Vorstellung innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides schriftlich bei der Gemeinde einzubringen. Die Gemeinde hatte die Vorstellung unter Anschluss der Verwaltungsakten und ihrer Stellungnahme unverzüglich, spätestens aber vier Wochen nach dem Einlangen der Aufsichtsbehörde vorzulegen.

 

Der Bescheid der belangten Behörde wurde der Bf am 9.2.2011 zugestellt. Wie unter Punkt III.2. dargelegt, wurde der mit 14.2.2011 datierte „Einspruch“ der Bf entgegen der im Wiedereinsetzungsantrag behaupteten Ausführungen ihrer rechtsfreundlichen Vertretung nicht zur Post gegeben. Eine Vorstellung wurde somit innerhalb der in § 102 Abs 2 Oö. Gemeindeordnung normierten zweiwöchigen Frist nicht eingebracht.

 

Die Bf argumentiert weiters damit, dass das postalisch aufgegebene Schreiben aufgrund eines Fehlers bei der Post der belangten Behörde nicht zugegangen sein könnte. Selbst wenn aber das in Rede stehende Schreiben von der Bf tatsächlich zur Post gegeben worden sein sollte, ist es bei der belangten Behörde – wie unter Punkt III.2. dargelegt – jedenfalls niemals eingelangt. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung konstatiert, liegt aber ein Anbringen iSd § 13 AVG „erst dann vor, wenn eine Eingabe tatsächlich bei der Behörde einlangt; die Gefahr des Verlustes einer übersandten Eingabe trifft daher den Einschreiter“ (Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht – Verfahren vor den Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichten5 [2014] Rz 252 uHa VwGH 31.1.1995, 94/08/0277).

 

Das in Rede stehende Schreiben, datiert mit 14.2.2011, ist daher nicht innerhalb der in § 102 Abs 2 Oö. Gemeindeordnung normierten zweiwöchigen Frist bei der belangten Behörde eingelangt. Die spätere Einbringung des mit 14.2.2011 datierten „Einspruchs“ mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung am 5.11.2012 war aber jedenfalls verspätet.

 

Dabei geht der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die Frage der Verspätung eines Rechtsmittels unabhängig von einem anhängigen Wiedereinsetzungsantrag sogleich auf Grund der Aktenlage zu entscheiden ist (vgl mit zahlreichen Nachweisen aus der Rspr Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, Anm 3b ff zu § 71 AVG).

 

Der als Beschwerde zu wertende, mit 14.2.2011 datierte „Einspruch“ der Bf war daher als unzulässig zurückzuweisen.

 

 

IV.2.1. Es ist daher in weiterer Folge zu prüfen, ob der vorliegende Wiedereinsetzungsantrag die Wiedereinsetzung der Bf in den vorigen Stand bewirkt.

 

Der im gegenständlichen Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich anzuwendende § 33 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 122/2013 lautet auszugsweise wie folgt:

 

„(1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

...

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. ...

 

(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

 

(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

 

(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags findet keine Wiedereinsetzung statt.“

 

Diese Bestimmung ist in ihren wesentlichen Elementen der Regelung des § 71 AVG bzw des § 46 VwGG nachgebildet, weshalb die diesbezügliche umfassende höchstgerichtliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Anwendung findet.

 

IV.2.2. Vorweg ist festzuhalten, dass hinsichtlich der zum Zeitpunkt der Einbringung des Wiedereinsetzungsantrags durch die Bf geltenden Rechtslage der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung die Auffassung vertrat, dass – da die Vorstellung an die Gemeindeaufsichtsbehörde bei der Gemeinde einzubringen war (§ 102 Abs 2 Oö. Gemeindeordnung 1990, LGBl 1990/91, idF LGBl 2001/152) – auch der Wiedereinsetzungsantrag bei der Gemeinde zu stellen war. Über den Antrag zu entscheiden hatte allerdings die Gemeindeaufsichtsbehörde (mN aus der Rspr Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, Anm 2 f zu § 71 AVG).

 

Die Bf brachte ihren Antrag auf Wiedereinsetzung daher richtigerweise beim Stadtamt Vöcklabruck ein. Die daraufhin erfolgte Vorlage an die Landesregierung als Aufsichtsbehörde war ebenfalls rechtmäßig, da diese nach ständiger Rspr des Verwaltungsgerichtshofes zur Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag berufen war.

 

Wie bereits unter Punkt III.1. ausgeführt, ist die Zuständigkeit zur Weiterführung des gegenständlichen Verfahrens aufgrund der einschlägigen verfassungsrechtlichen Grundlagen auf das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übergegangen. Dieses ist nunmehr zur Entscheidung über den Antrag gem § 33 VwGVG berufen.

 

IV.2.3. Gem § 33 Abs 1 VwGVG setzt die Bewilligung eines Wiedereinsetzungsantrags ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis voraus, wobei auf Verschuldensebene ein minderer Grad des Versehens der Partei die Bewilligung nicht hindert.

 

Wie bereits unter Punkte II.2. und IV.1. dargelegt, geht die erkennende Richterin des Oö. Landesverwaltungsgerichts davon aus, dass der mit 14.2.2011 datierte „Einspruch“ von der Bf nicht zur Post gegeben worden ist. Die Bf behauptet im vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag ausschließlich, dass das in Rede stehende Schreiben entweder bei der Behörde selbst in Verstoß geraten oder aufgrund eines Fehlers bei der Post nicht bei der Behörde eingelangt sei. Diese Argumentation geht nach Auffassung des Oö. Landesverwaltungsgerichts aber insofern ins Leere, als eine postalische Aufgabe erst gar nicht erfolgt sein dürfte. Da schon aufgrund dieser Behauptungen der Bf kein konkretes Hindernis dargelegt wird, das die Bf an der Aufgabe des Schreibens bei der Post oder sonstigen Einbringung bei der Behörde gehindert hätte, ist schon mangels Vorliegens eines zulässigen Wiedereinsetzungsgrundes iSd § 33 Abs 1 VwGVG eine Bewilligung des gegenständlichen Wiedereinsetzungsantrages ausgeschlossen.

 

Selbst wenn aber das in Rede stehende Schreiben von der Bf tatsächlich zur Post gegeben worden sein sollte, läge ein tauglicher Wiedereinsetzungsgrund nach § 33 Abs 1 VwGVG dennoch nicht vor. So setzt die Bewilligung eines Wiedereinsetzungsantrages ein „unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis“ voraus.

Mangels entsprechenden Beleges seitens der Post kann die Bf die Rechtzeitigkeit ihres „Einspruches“, datiert mit 14.2.2011, nicht belegen. So weist auch der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 27.1.1995, 94/02/0400, darauf hin, „daß eine Partei, die entgegen der allgemein zu erwartenden prozessualen Vorsicht eine fristgebundene Eingabe nicht ‚eingeschrieben‘ zur Post gibt, ... das Risiko auf sich nimmt, den von ihr ... geforderten Gegenbeweis in Hinsicht auf die Rechtzeitigkeit der Postaufgabe nicht erbringen zu können.“ Werden fristgebundene Postsendungen aber nicht eingeschrieben aufgegeben, so ist die Rechtzeitigkeit der erfolgten Postaufgabe naturgemäß nicht nachzuweisen. Es kann – wie in VwGH vom 21.11.2001, 2001/08/0148 ausgeführt – weder gesagt werden, dass diese Unkenntnis unvorhersehbar, geschweige denn, dass sie unabwendbar gewesen ist. Darüber hinaus vermochte die Bf auch keine konkreten Anhaltspunkte für einen im Bereich der Post unterlaufenen Fehler im Zusammenhang mit der Behandlung der in Rede stehenden Sendung aufzuzeigen.

 

Im Übrigen ist bei einem Unternehmen wie dem der Bf, das als im Immobilien- und Wohnungswesen tätig ist und daher schon naturgemäß mit dem Umgang mit Behörden vertraut ist, davon auszugehen, dass die Wichtigkeit fristgebundener Rechtsmitteleingaben und die damit verbundenen Rechtswirkungen bekannt sind, weshalb diese schon der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechend üblicherweise „eingeschrieben“ zur Post gegeben werden. Diesbezüglich liegt daher auch ein über einen minderen Grad des Versehens hinausreichendes Verschulden an der Fristversäumung vor.

 

Schließlich ist auch noch darauf hinzuweisen, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung – sowohl nach § 33 Abs 3 VwGVG als auch nach § 71 Abs 2 AVG – binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen gewesen wäre. Schon mit per E-Mail übermitteltem Schreiben der rechtsfreundlichen Vertretung der belangten Behörde vom 4.11.2011 im – mit dem vorliegenden Verfahren in Zusammenhang stehenden – Amtshaftungsverfahren erlangte die Bf im Wege ihrer Vertretung Kenntnis vom Nichteinlangen des in Rede stehenden „Einspruchs“, wird in diesem doch eingangs ausdrücklich darauf hingewiesen, dass gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 8.2.2011 „kein weiteres Rechtsmittel erhoben“ wurde. In ihrem Schreiben an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 18.6.2012 wird von der rechtsfreundlichen Vertreterin der Bf sogar selbst ausgeführt, dass die Stadtgemeinde Vöcklabruck das gegenständliche Rechtsmittel dem Land Oberösterreich gar nicht vorgelegt habe.

Damit wäre ein allfälliges Hindernis aber jedenfalls mit diesem Zeitpunkt weggefallen, weshalb der erst viel später im November 2012 erhobene Wiedereinsetzungsantrag auch außerhalb der gesetzlich normierten Frist von zwei Wochen eingebracht und damit ohnehin auch verspätet gewesen ist.

 

IV.3. Der Antrag der Bf auf Wiedereinsetzung war daher als unbegründet abzuweisen.

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl die in der vorliegenden Entscheidung zitierte höchstgerichtliche Judikatur). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. L u k a s