LVwG-000036/2/Gf/Eg

Linz, 18.06.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K !

 

 

 

Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat durch seinen Einzelrichter Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des Mag. E W, vertreten durch RA Dr. S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 11. April 2014, Zl. SanRB96-2014, wegen einer Übertretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes

 

 

z u  R e c h t  e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

 

II.         Der Beschwerdeführer hat weder einen Beitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde (§ 66 Abs. 1 VStG) noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich (§ 52 Abs. 9 VwGVG) zu leisten.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs. 4 Z. 2 VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 letzter Satz B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

 

I.

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 11. April 2014, Zl. SanRB96-2014, wurden über den Beschwerdeführer zwei Geldstrafe in einer Höhe von jeweils 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 36 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 60 Euro) verhängt, weil er es als verantwortlicher Beauftragter einer Genossenschaft zu vertreten habe, dass in deren Betrieb am 11. Juni 2013 Lebensmittel produziert worden seien, obwohl einerseits Bodenfliesen angebrochen, die Bodenfugen stark ausgewaschen und Pfützenbildungen erkennbar und andererseits Schimmelbildungen vorhanden gewesen seien. Da somit eine Kontamination der Lebensmittel nicht auszuschließen gewesen sei, habe der Rechtsmittelwerber eine Übertretung des Anhanges II Kapitel II Z. 1 lit. a bzw. des Anhanges II Kapitel V Z. 1 lit. a der Verordnung (EG) 852/2004 (im Folgenden: VO 852/2004) begangen, weshalb er jeweils nach § 90 Abs. 3 Z. 1 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 13/2006 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. II 39/2013 (im Folgenden: LMSVG), zu bestrafen gewesen sei.

 

Im angefochtenen Straferkenntnis geht die belangte Behörde (offenbar) davon aus, dass das dem Beschwerdeführer angelastete Tatverhalten auf Grund einer am 11. Juni 2013 in den Betriebsräumlichkeiten der Genossenschaft erfolgten Kontrolle eines Lebensmittelaufsichtsorganes als erwiesen und der Rechtsmittelwerber als verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Person anzusehen sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung seien die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen (durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen; kein Vermögen; Sorgepflicht für Ehegattin und drei minderjährige Kinder).

 

2. Gegen dieses ihm am 7. Mai 2014 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 27. Mai 2014 – und damit rechtzeitig – unmittelbar bei der belangten Behörde eingebrachte Beschwerde.

 

Darin wird eingewendet, dass der Rechtsmittelwerber zwar als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH fungiere, die ihrerseits wiederum persönlich haftende Gesellschafterin einer KG sei; allerdings komme ihm deshalb noch nicht die Stellung eines verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen für die verfahrensgegenständliche Genossenschaft zu. Derartiges lasse sich zudem auch nicht daraus ableiten, dass er gemäß seiner Visitenkarte als Geschäftsführer dieser Genossenschaft firmiere, denn für die Vertretungsbefugnis nach § 9 VStG komme es ausschließlich auf die entsprechenden Regelungen des Genossenschaftsgesetzes an.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des gegen den Rechtsmittelwerber geführten Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

 

II.

 

1. Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden zu Zl. SanRB96-2014.

 

Da sich bereits aus diesem in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 44 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2. Weil im LMSVG Abweichendes nicht angeordnet ist, hatte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich im vorliegenden Fall gemäß Art. 135 Abs. 1 B VG durch einen Einzelrichter zu entscheiden.

 

 

III.

 

In der Sache selbst hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich über die vorliegende Beschwerde erwogen:

 

1. Gemäß § 90 Abs. 3 Z. 1 i.V.m. Anlage 2 Z. 1 LMSVG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und war hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der der VO 852/2004 zuwiderhandelte.

 

Nach § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften – sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind – verwaltungsstrafrechtlich jene natürliche Person verantwortlich, die zu deren Vertretung nach außen berufen ist.

 

Gemäß § 17 Abs. 1 des Genossenschaftsgesetzes, RGBl. 70/1873 i.d.g.F. BGBl.Nr. I 70/2008 (im Folgenden: GenG), wird eine Genossenschaft durch den Vorstand gerichtlich und außergerichtlich vertreten.

 

2. Im vorliegenden Fall ist ausschließlich die Rechtsfrage strittig, ob der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt im Sinne des § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche (natürliche) Person der verfahrensgegenständlichen Genossenschaft war.

 

2.1. Hierzu ist vorweg festzustellen, dass sich das angefochtene Straferkenntnis nach dessen Spruch explizit gegen den Verantwortlichen der „G Molkerei reg. GenmbH“, also einer Genossenschaft, richtet.

 

Da zum Vorfallszeitpunkt allseits unbestritten weder eine Bestellung eines Verantwortlichen gemäß § 9 Abs. 2 VStG vorlag noch diesbezüglich im LMSVG eine „abweichende Regelung“ i.S.d. § 9 Abs. 1 VStG enthalten ist, bestimmt sich die Außenvertretungsbefugnis sohin nach den entsprechenden Anordnungen des GenG.

 

2.2. Wie bereits zuvor unter 1. ausgeführt, ist als i.S.d. § 9 Abs. 1 VStG außenvertretungsbefugtes Organ einer Genossenschaft deren Vorstand anzusehen (§ 17 Abs. 1 GenG). Besteht dieser Vorstand aus mehreren Personen, so sind nach § 17 Abs. 2 GenG sämtliche Vorstandsmitglieder nur gemeinschaftlich zur Abgabe von Willenserklärungen und zur Zeichnung für die Genossenschaft befugt, es sei denn, dass der Genossenschaftsvertrag diesbezüglich anderes bestimmt; insbesondere kann in einem solchen Fall vertraglich vorgesehen werden, dass einzelne Vorstandsmitglieder allein oder in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung der Genossenschaft befugt sind (§ 17 Abs. 3 GenG).

 

2.3. In diesem Zusammenhang ergibt sich aus dem mit der Beschwerde vorgelegten Firmenbuchauszug (Stand: 21. Mai 2014) zum einen, dass die verfahrensgegenständliche Genossenschaft entweder durch den Obmann oder durch den Obmann-Stellvertreter, und zwar jeweils gemeinsam mit einem weiteren Vorstandsmitglied, vertreten wird, und zum anderen, dass der Rechtsmittelwerber selbst zum Tatzeitpunkt (aber auch nicht vorher oder nachher) weder Obmann noch Obmann-Stellvertreter noch ein Vorstandsmitglied dieser Genossenschaft war.

 

Die belangte Behörde ist diesem Sachvorbringen bzw. dieser evidenten Sachlage nicht – und zwar insbesondere weder im Wege der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung nach § 14 VwGVG noch im Zuge der Vorlage der gegenständlichen Bescheidbeschwerde – entgegengetreten.

 

2.4. Im Ergebnis resultiert damit aber, dass der Rechtsmittelwerber nicht als i.S.d. § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der verfahrensgegenständlichen Genossenschaft angesehen werden kann.

 

3. Der vorliegenden Beschwerde war daher gemäß § 50 VwGVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren im Hinblick auf die zwischenzeitlich bereits abgelaufene Verfolgungsverjährungsfrist nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde (§ 66 Abs. 1 VStG) noch ein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich (§ 52 Abs. 9 VwGVG) vorzuschreiben.

 

 

IV.

 

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist für den Beschwerdeführer gemäß § 25a Abs. 4 Z. 2 VwGG i.V.m. Art. 133 Abs. 4 letzter Satz B-VG nicht zulässig.

 

Für die belangte Behörde ist eine ordentliche Revision deshalb unzulässig, weil im Zuge des vorliegenden Verfahrens keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

 

Weder weicht nämlich die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer solchen; zudem ist die dazu vorliegende Rechtsprechung auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

 

Schließlich liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 Z. 2 VwGG eine ordentliche Revision wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z. 1 B-VG) ausgeschlossen ist, den Verfahrensparteien die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Verwaltungsgerichtshof zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich

Dr.  G r o f