LVwG-750171/5/BP/JW
Linz, 04.08.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des Herrn S. K., geb. x, türkischer Staatsangehöriger, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 10. März 2014, GZ: Sich40-27957-2010, mit dem ein Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung - Angehöriger“ abgewiesen wurde,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm. § 47 Abs. 3 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 40/2014, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Bescheid vom 10. März 2014, GZ: Sich40-27957-2010, wies die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (im Folgenden: belangte Behörde) den Antrag des Beschwerdeführers (im Folgenden: Bf) auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung - Angehöriger“ gem. §§ 11 Abs. 2 Z 1 iVm. Abs. 4 und Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 NAG und § 47 Abs. 3 NAG ab.
Begründend führt die belangte Behörde zunächst Folgendes aus:
x Straße Nr. x. in Ihrem Zuwanderungsantrag haben Sie Erwerbsabsicht bekundet.
€ 1.500,- ohne im Besitz eines nationalen Reisedokumentes zu sein, in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist.
€ 335,94,-. Daraus resultiert ein monatlich verfügbares Nettoeinkommen in der Höhe von
€ 347,16,-.
€ 1.286,06,- und für eine erwachsene Person monatlich netto € 857,73,-. Das monatliche Mindesteinkommen Ihres Vaters müsste € 2.143,76,- betragen. Dies ist jedoch nicht der Fall und es entsteht ein monatlicher Differenzbetrag in der Höhe von € 1.896,60,-.
15. November 2011 in der Rechtsache C-256/11, M. DE. u.a., zu berücksichtigen, ob eine öster. Ankerperson eines drittstaatsangehörigen Antragsstellers bei Nichtgewährung des von diesem begehrten Aufenthaltstitels de facto gezwungen wäre, Österreich und das Gebiet der Europäischen Union zu verlassen.
€ 1.286,06,- und für eine erwachsene Person monatlich netto € 857,73,-. Das monatliche Mindesteinkommen Ihres Vaters müsste € 2.143,76,- betragen. Dies ist jedoch nicht der Fall und es entsteht ein monatlicher Differenzbetrag in der Höhe von € 1.896,60,-.
15. November 2011 sind sie von der damaligen Fremdenpolizeibehörde in Ihren Heimatstaat abgeschoben worden. Seit diesem Zeitpunkt sind Sie in Ihrem Heimatstaat wieder aufhältig. Ihr illegaler Aufenthalt beträgt somit mehr als 2,5 Jahre. Ihr vorläufiger Aufenthalt begründet sich ausschließlich aufgrund Ihres Asylverfahrens, das in weiterer Folge negativ rechtskräftig beschieden worden ist. Sie haben für das Bundesgebiet der Republik Österreich weder einen Aufenthaltstitel noch eine Niederlassungsbewilligung noch eine andere Aufenthaltsberechtigung nach § 31 FPG 2005 besessen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde des Bf vom 31. März 2014:
Begründet wird die gegenständliche Beschwerde wie folgt:
geb. x
3. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den mit Schreiben vom 15. Mai 2014 von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vorgelegten Verwaltungsakt. Aus dem Verwaltungsakt ließ sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt widerspruchsfrei feststellen.
Die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 NAG entfallen, da der entscheidungsrelevante Sachverhalt völlig unbestritten feststeht, lediglich eine Rechtsfrage zu klären war und im Übrigen die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung auch nicht beantragt wurde.
Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen.
4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von dem unter den Punkten I. 1. und I. 2. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus.
II.
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt und insbesondere auch aus der Beschwerde, weshalb eine detaillierte Beweiswürdigung unterbleiben konnte.
III.
1.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B VG erkennen ab 1. Jänner 2014 die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
1.2. Gemäß § 47 Abs. 2 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes 2005 – NAG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 40/2014, ist Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige von Zusammenführenden sind, ein Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen.
Gemäß § 47 Abs. 3 NAG kann Angehörigen von Zusammenführenden auf Antrag eine „Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und
1. Verwandte des Zusammenführenden, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen tatsächlich Unterhalt geleistet wird,
2. Lebenspartner sind, die das Bestehen einer dauerhaften Beziehung im Herkunftsstaat nachweisen und ihnen tatsächlich Unterhalt geleistet wird oder
3. sonstige Angehörige des Zusammenführenden sind,
a) die vom Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen haben,
b) die mit dem Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben oder
c) bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege durch den Zusammenführenden zwingend erforderlich machen.
Unbeschadet eigener Unterhaltsmittel hat der Zusammenführende jedenfalls auch eine Haftungserklärung abzugeben.
2. Im vorliegenden Fall wies die belangte Behörde den in Rede stehenden Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels Angehöriger gemäß § 47 Abs. 3 NAG als unbegründet ab; dies im Wesentlichen deshalb, weil der Bf mangels eigener Mittel für die Existenzgrundlage weder eine tragbare Einstellungszusage noch eine tragbare Haftungserklärung seines Vaters vorweisen konnte. Es ist nun vorweg anzuführen, dass unabhängig vom Zustandekommen der umstrittenen Einstellungszusage, der Bf nunmehr selbst nicht mehr auf diese reflektiert, weshalb sie in der Erörterung außer Betracht bleiben kann. Weiters akzeptiert der Bf auch den Umstand, dass das Einkommen seines Vaters eine tragbare Haftungserklärung nicht zulässt. Im Gegenzug dazu legt er aber eine Haftungserklärung (nicht notariell beglaubigt) seines Bruders vor, die auf 5 Jahre gelten soll, wobei aber keine näheren Details über das monatliche Einkommen des Bruders angeführt sind.
3.1. Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG ist Familienangehöriger, wer Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind, ist (Kernfamilie). (...)
3.2. Es ist nun unbestritten, dass der Bf nicht unter diese Legaldefinition fällt, weshalb § 47 Abs. 2 NAG, der ja die Eigenschaft eines „Familienangehörigen“ fordert, nicht zur Anwendung gebracht werden kann.
4.1. Es wäre also – der belangten Behörde folgend - § 47 Abs. 3 NAG einschlägig.
Von den besonderen Voraussetzungen dieser Bestimmung scheiden – ohne vorerst auf das Vorliegen der Voraussetzungen des 1. Teiles einzugehen – Z. 1 und 2 per se aus, da der Bf weder mit seinem Vater noch mit seinem Bruder als in Frage kommende Zusammenführende in gerader aufsteigender Linie verwandt und auch nicht Lebenspartner derselben ist.
Z. 3 wiederum sieht 3 in Frage kommende alternativen für sonstige Angehörige vor. Es sind dies Personen, die
a) die vom Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen haben,
b) die mit dem Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben oder
c) bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege durch den Zusammenführenden zwingend erforderlich machen.
Unbeschadet eigener Unterhaltsmittel hat der Zusammenführende jedenfalls auch eine Haftungserklärung abzugeben.
4.2. Der Vater des Bf, der schon bisher als Zusammenführender angegeben wurde, ist – wie dargestellt – nicht in der Lage für eine entsprechende finanzielle Absicherung des Aufenthalts seines Sohnes im Bundesgebiet zu sorgen. Nach dem letzten Satz des § 47 Abs. 3 NAG muss es aber der Zusammenführende sein, der die Haftungserklärung notariell beglaubigt abzugeben hat. Der Vater des Bf kommt sohin nicht zielführend in Frage.
Man könnte die Beschwerdeausführungen dahingehend interpretieren, dass der Bf nunmehr seinen Bruder (nach seinen Angaben ebenfalls österreichischer Staatsbürger) als Zusammenführenden betrachtet haben will. Damit wäre aber für ihn nichts gewonnen. Der Bruder hat ihn nämlich bisher nicht im Herkunftsland unterstützt (dahingehend finden sich keinerlei Hinweise im Sachverhalt). Auch lebt der Bruder in Österreich und nicht – wie der Bf – in der Türkei. Ferner liegen keine Hinweise auf eine wie immer geartete Pflegebedürftigkeit des Bf im Sinne des § 47 ABs. 3 Z. 3 lit. c NAG vor.
5. Es ist nun aber laut herrschender Rechtsprechung nicht zulässig, das Fehlen der besonderen Voraussetzungen durch eine Interessensabwägung im Sinne des § 11 Abs. 3 NAG zu kompensieren, weshalb eine solche hier auch nicht vorzunehmen ist. Auch eine Erörterung des Vorliegens der Voraussetzungen nach dem 1. Teil des NAG, das kumulativ zu dem der besonderen Voraussetzungen gefordert ist, konnte entfallen.
6. Es war daher im Ergebnis die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Bernhard Pree