LVwG-350087/3/GS/TO/SH
Linz, 23.09.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Gabriele Saxinger über die Beschwerde des Herrn L.H., x,
vom 9. September 2014, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 4. September 2014, GZ: SH10-5297, betreffend Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes gemäß Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG)
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der in Beschwerde gezogene Bescheid wird bestätigt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 4. September 2014,
GZ: SH10-5297, wurde dem Antrag des Herrn L.H. vom 17. Juni 2014 betreffend die Zuerkennung von Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes gemäß Oö. BMSG in Anwendung der Bestimmungen der §§ 4 ff iVm 27 und 31 Oö. BMSG keine Folge gegeben.
Begründend wurde festgehalten, dass sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung einer Suchtmittelentwöhnungstherapie beim Verein „x“ in J/S unterziehe und laut Auszug aus dem Melderegister habe er mit 17.6.2014 in J. einen Nebenwohnsitz angemeldet. Bedarfsorientierte Mindestsicherung könne gemäß § 4 Oö. BMSG jedoch nur Personen geleistet werden, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Oberösterreich haben und die Voraussetzungen des
§ 19 oder des § 19a Meldegesetz erfüllen. Der Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes ruhe gemäß § 16 Abs. 1 Z 2 für die Dauer einer Freiheitsstrafe oder für die Dauer des Vollzuges einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme. Da der Beschwerdeführer seinen gewöhnlichen Aufenthalt seit 17.06.2014 nicht im Land Oberösterreich habe, sei der Antrag auf Zuerkennung der bedarfsorientierten Mindestsicherung mangels Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen abzuweisen gewesen. Zudem unterziehe sich der Beschwerdeführer aufgrund einer Weisung des Landesgerichtes Linz einer Therapie beim Verein „x“, weshalb der Anspruch auf bedarfsorientierte Mindestsicherung ruhe.
I.2. In der dagegen von Herrn H. rechtzeitig eingebrachten Beschwerde vom
9. September 2014 hält der Beschwerdeführer fest, dass er seit 16.6.2014 in J. mit Nebenwohnsitz gemeldet sei.
Sein Hauptwohnsitz befinde sich noch immer in W., daher sei die Bezirkshauptmannschaft Freistadt zuständig. Den gewöhnlichen Aufenthalt habe er auch weiterhin in Oberösterreich und er werde auch seine Ausgänge bei seinen Eltern in W. – hier sei er auch gemeldet – verbringen.
Er bitte um Überprüfung seiner Situation, da eine Krankenversicherung für ihn dringend notwendig sei, er ärztliche Behandlung benötige, sowie Taschengeld für seine Ausgänge und diversen Einkäufe.
I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Beschwerde samt bezug-habendem Verwaltungsakt mit Schreiben vom 11. September 2014 dem
Oö. Landesverwaltungsgericht (LVwG) vorgelegt.
Das LVwG entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.
I.4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 und Abs. 4 VwGVG unterbleiben, zumal sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus dem Verfahrensakt ergibt, nicht bestritten wird, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt wurde und die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
I.5. Das Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:
Herr L.H. ist österreichischer Staatsbürger, ledig und hat seit 9.8.2005 (laut Auskunft des Zentralen Melderegisters) seinen Hauptwohnsitz bei seinen Eltern in W. angemeldet.
Der Beschwerdeführer (Bf) unterzieht sich aufgrund eines Beschlusses des Landesgerichtes Linz vom 2.5.2014, 33Hv 15/14y-26, einer stationären gesundheitsbezogenen Maßnahme zur Suchtmittelentwöhnung im Verein zur Rehabilitation und Integration suchtkranker Personen in J. (x). Der Bf hielt sich zum Zeitpunkt der Antragstellung bis laufend in dieser stationären Einrichtung in der S. auf. In dieser stationären Einrichtung des „x“ in J., ist Herr H. seit 17.6.2014 mit Nebenwohnsitz gemeldet.
Laut Auskunft des „Rehabilitationszentrums J.“ finden Ausgänge des Bf zu Besuchszwecken im 2-Wochen-Intervall an Wochenenden statt.
Datiert mit 20. Juni 2014 stellte der Bf bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt den gegenständlichen Antrag auf Zuerkennung bedarfsorientierter Mindest-sicherung nach dem Oö. Mindestsicherungsgesetz.
II. Beweiswürdigung:
Diese Sachverhaltsdarstellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes, der die vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten Dokumente sowie behördliche Erhebungen beinhaltet und sind in dieser Form unstrittig.
Die vom Bf angeführten Ausgänge, die er in Oberösterreich bei seinen Eltern absolvieren möchte, finden laut Auskunft der stationären Einrichtung „Rehabilitationszentrum J.“ erst nach einer 3-monatigen „Ausgangssperre“ im
2-Wochen-Intervall an Wochenenden statt.
Strittig ist, ob auf Grund dieser unstrittigen faktischen Gegebenheiten ein „gewöhnlicher Aufenthalt im Land Oberösterreich“ (vgl. § 4 Abs. 1 Z.1
Oö. BMSG) vorliegt.
III. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat darüber rechtlich erwogen:
Aufgabe bedarfsorientierter Mindestsicherung ist gemäß § 1 Abs. 1 des Landesgesetzes, mit dem das Gesetz über die bedarfsorientierte Mindestsicherung in Oberösterreich erlassen wird (Oö. Mindestsicherungsgesetz - Oö. BMSG),
LGBl. 74/2011 idgF, die Ermöglichung und Sicherstellung eines menschwürdigen Lebens sowie die damit verbundene Einbeziehung in die Gesellschaft für jene, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.
Gemäß § 1 Abs. 2 Oö. BMSG soll(en) durch bedarfsorientierte Mindestsicherung
1. soziale Notlagen verhindert werden (präventive Hilfe),
2. Personen befähigt werden, soziale Notlagen aus eigener Kraft abzuwenden und dauerhaft zu überwinden (Hilfe zur Selbsthilfe),
3. die notwendigen Bedürfnisse von Personen, die sich in sozialen Notlagen befinden, gedeckt werden (Hilfe zur Bedarfsdeckung),
4. eine nachhaltige soziale Stabilisierung angestrebt werden.
Gemäß § 2 Abs. 1 Oö. BMSG ist bei der Leistung bedarfsorientierter Mindest-sicherung auf die besonderen Umstände des Einzelfalles Bedacht zu nehmen. Dazu gehören insbesondere Eigenart und Ursache der drohenden, bestehenden oder noch nicht dauerhaft überwundenen sozialen Notlage, weiters der körperliche, geistige und psychische Zustand der hilfebedürftigen Person sowie deren Fähigkeiten, Beeinträchtigungen und das Ausmaß ihrer sozialen Integration.
Gemäß § 4 Abs. 1 Oö. BMSG kann bedarfsorientierte Mindestsicherung, sofern dieses Landesgesetz nicht anderes bestimmt, nur Personen geleistet werden, die
1. ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Oberösterreich haben und die Voraussetzung des § 19 oder des § 19a Meldegesetz, BGBl. Nr. 9/1992, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, erfüllen und
2.
a) österreichische Staatsbürgerinnen oder –bürger oder deren Familienangehörige,
b) Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte,
c) EU-/EWR-Bürgerinnen oder –bürger, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familienangehörige, jeweils soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,
d) Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EG“ oder „Daueraufenthalt-Familienangehörige“ oder mit einem Niederlassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung,
e) Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland, soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,
sind.
Gemäß § 5 Oö. BMSG ist die Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung, dass eine Person im Sinne des § 4
1. von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist und
2. bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§7).
Eine soziale Notlage gemäß § 6 Abs. 1 Oö. BMSG liegt bei Personen vor,
1. die ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf oder
2. den Lebensunterhalt und Wohnbedarf von unterhaltsberechtigten Ange-hörigen, die mit ihnen in Haushaltsgemeinschaften leben,
nicht decken oder im Zusammenhang damit den erforderlichen Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung nicht gewährleisten können.
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 2 Oö. BMSG ruht der Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes gemäß § 13 Abs. 3 Z 1 bis 3, sofern nicht eine Einstellung gemäß § 34 zu erfolgen hat, für die Dauer einer Freiheits-strafe oder für die Dauer des Vollzuges einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme.
§ 19 Meldegesetz sieht vor:
(1) Die Meldebehörde hat auf Grund der im Melderegister enthaltenen Meldedaten auf Antrag zu bestätigen, dass, seit wann und wo der Antragsteller oder ein Mensch, für den die Meldepflicht trifft, angemeldet ist (Meldebestätigung)
(2) Auf begründeten Antrag hat sich eine Meldebestätigung auf frühere Anmeldungen einschließlich der zugehörigen Abmeldungen innerhalb einer Ortsgemeinde zu beziehen. Meldebestätigungen auf Grund der im zentralen Melderegister enthaltenen Daten beziehen sich stets auf alle aufrechten Anmeldungen im Bundesgebiet oder die letzte Abmeldung; die dafür zu entrichtenden Verwaltungsabgaben sind in der gemäß § 16a Abs. 8 zu erlassenden Verordnung festzusetzen.
Den Erläuterungen zu den Bestimmungen des § 4 Oö. BMSG (vgl. AB 434/2011 BlgLT XXVIII.GP) ist zu entnehmen, dass die persönlichen Voraussetzungen für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung im Wesentlichen jenen nach § 6 Abs. 1 Z 1 sowie Abs. 2 und 3 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 entsprechen. Allerdings wird zur Erleichterung des Vollzuges eine nähere Umschreibung des rechtmäßigen Aufenthaltes vorgenommen. Die konkreten Antragserfordernisse bestimmen sich nach § 28 Oö. BMSG und den darin zitierten melderechtlichen Vorschriften.
Mit dem Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes (vgl. VwGH 16.6.1992, 92/11/0031) im Abs. 1 Z 1 ist nicht bloß ein vorübergehender Aufenthalt gemeint. Als Aufenthaltsort wird sohin der Ort anzusehen sein, wo sich jemand die meiste Zeit aufhält. Die Absicht, sich dauernd an diesem Ort niederzulassen, ist nicht erforderlich. Ein bloß kurzfristiger Aufenthalt an einem Ort ohne die Absicht, dort Wohnung zu nehmen oder längere Zeit zu bleiben, wie z.B. ein Aufenthalt während einer Reise oder zu Besuchszwecken, reicht zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes im Regelfall nicht aus.
Der gewöhnliche Aufenthalt ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einerseits vom vorübergehenden Aufenthalt und andererseits vom ordentlichen Wohnsitz abzugrenzen. Unter dem gewöhnlichen Aufenthalt ist jener Ort zu verstehen, in dem in der bestimmten und erkennbaren Absicht Aufenthalt genommen wird, ihn bis auf weiteres zum Mittelpunkt der Lebensbeziehungen zu machen. Für die Begründung des gewöhnlichen Aufenthaltes ist eine gewisse Dauer erforderlich und, dass dort auch tatsächlich der Mittelpunkt des Lebens liegt. Als gewöhnlicher Aufenthaltsort ist nur der Ort anzusehen, wo sich jemand die meiste Zeit aufhält.
Auf Grund der Tatsache, dass der Bf seit 17.6.2014 in der stationären Einrichtung „Rehabilitationszentrum J.“ in der S. untergebracht ist, liegt sein Lebensmittelpunkt seit diesem Zeitpunkt bis laufend in der S. Die vom Bf eingewendeten „Ausgänge“ (d.h. zu Besuchszwecken an Wochenenden), die in
2-Wochen-Intervallen stattfinden und die er für Besuche bei seinen Eltern in Oberösterreich nutzen möchte, begründen mangels der geforderten Dauer keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Oberösterreich.
Bezeichnend dafür, dass sich der Lebensmittelpunkt des Bf nunmehr in der S. befindet, ist die vom Bf auf seiner Beschwerde angegebene steirische Adresse.
Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Bf die persönlichen Voraussetzungen des § 4 Oö. BMSG nicht erfüllt hat, da der gewöhnliche Aufenthalt des Bf derzeit nicht in Oberösterreich ist. Die belangte Behörde hat daher zu Recht seinen Antrag abgewiesen. In diesem Sinne war auch die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und der Bescheid der belangten Behörde zu bestätigen.
Der Bf wird aber darauf hingewiesen, dass eine neuerliche Antragstellung mög-lich ist, sofern sich seine Lebensumstände ändern.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Maga. Gabriele Saxinger