LVwG-600489/2/BR/BD

Linz, 04.09.2014

IM   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Bleier, über die Beschwerde des S K, geb. x, x, vertreten durch Ing. Mag. K H,  x, gegen das Strafausmaß des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, vom 20.3.2014,  Zl: S-5.933/14-1 gerichtete, 

 

zu Recht  e r k a n n t:

 

 

 

I.     Gemäß § 50 VwGVG wird der gegen das Strafausmaß gerichteten  Beschwerde mit der Maßgabe statt gegeben, als die Geldstrafe auf 1.800 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf sechzehn Tage ermäßigt wird.

                                                     

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8VwGVG hat der Beschwerdeführer keine Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten. Gemäß § 64 Abs.1 VStG ermäßigen sich demnach die Erstinstanzlichen Verfahrenskosten auf 180 Euro.

 

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem Straferkenntnis vom  12.8.2014  über den Beschwerdeführer, wegen einer Übertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960, eine Geldstrafe in Höhe von 2.600 € und im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 18 Tagen verhängt.

Es wurde ihm zur Last gelegt, er habe  am 5. Juli 2014 um 02.55 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen x im Gemeindegebiet von Weißkirchen an der Traun, auf der L534 in bis O gelenkt, obwohl er sich bei dieser Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, weil die Atemluft einen Alkoholgehalt von 1,36 mq/l betragen habe.

 

 

I.1. Die Behörde legte ihrer Strafbegründung ein Monatseinkommen des Beschwerdeführers von 1.500 Euro, keine Sorgepflichten und kein Vermögen zu Grunde. Mit Bezug auf  § 5 Abs. 1 StVO und den im § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 zwischen 1.600 bis 5.900 € festgelegten Strafsatz  wurde unter Bezugnahme auf

die Strafzumessungsgründe gemäß § 19 Abs. 1 VStG unter Hinweis auf die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat verwiesen. Hervorgehoben wurde, dass dem Schutz der Allgemeinheit vor alkoholisierten Verkehrsteilnehmer eine zentrale Bedeutung im System des Verkehrsrechtes zukomme, wobei es sich bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung um einen schweren Verstoß handle. Mit der Mindeststrafe des § 99 Abs. 1 StVO 1960 habe aufgrund der doch sehr weit über dem Grenzwert von 1,6 Promille liegenden Alkoholisierungsgrad nicht das Auslangen gefunden werden können.

Mildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit, erschwerend wurde kein Umstand gewertet. Abschließend gelangte unter Hinweis auch auf den generalpräventiven Strafzweck in der Begründung zum Ausdruck, dass die verhängte Geldstrafe schuld- und unrechtsangemessen erschiene und diese ausreichen sollte, um den Beschwerdeführer  in Hinkunft von der Übertretung dieser Normen abzuhalten Da der Beschwerdeführer der die entsprechenden Belehrungen über die Säumnisfolgen beinhaltende Vorladung zur Behörde (Aufforderung zur Rechtfertigung vom 14.7.2014, die ihm am 16.7.2014 zugestellt wurde) am 7.8.2014 nicht Folge leistete und sich auch sonst gegenüber der Behörde nicht äußerte, wurde mangels von ihm getätigter Angaben von den oben angeführten Einkommensverhältnissen ausgegangen.

 

 

 

 

II. Mit der dagegen durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht gegen Strafausmaß gerichteten Beschwerde wird folgendes ausgeführt:

In umseits näher bezeichneter Verwaltungsstrafsache gebe ich bekannt, Herrn Ing. Mag. K H, Rechtsanwalt, x, mit meiner rechtsfreundlichen Vertre­tung beauftragt zu haben. Dieser beruft sich auf die ihm erteilte Vollmacht.

 

I.

 

Gegen das Straferkenntnis der BH Wels-Land erhebe ich durch meinen ausgewiesenen Rechtsvertreter binnen offener Frist

 

Beschwerde

 

an das zuständige Landesverwaltungsgericht und fechte das Straferkenntnis vom 12.08.2014 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes insofern an, als eine die Mindeststrafe von € 1.600,00 übersteigende Geldstrafe und eine 7 Tage übersteigende Ersatzfreiheitsstrafe verhängt wurde.

Die BH Wels-Land hat mildernd meine bisherige Unbescholtenheit, erschwerend keinen Um­stand gewertet. Sie ist von einem monatlichen Einkommen von € 1.500,00 bei keinem Ver­mögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen.

Ich bin derzeit arbeitslos und beim AMS als arbeitssuchend gemeldet, wobei ich derzeit keine finanzielle Unterstützung erhalte. Ab 28.08.2018 werde ich vom AMS eine Unterstützung von € 36,65 täglich erhalten. Ich bin sorgepflichtig für zwei mj. Kinder im Alter von 6 und 12 Jahren, für die ich lt. Beschluss des BG Wels vom 13.08.2014 monatlich € 320,00 bzw. € 270,00, insgesamt daher € 590,00 bezahlen muss.

Bei richtiger Abwägung der Erschwerungs- und Milderungsgründe unter Berücksichtigung meiner Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sowie unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die mir zur Last gelegte Tat keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen hat, ist die über mich verhängte Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe zu hoch bemessen und wäre sowohl aus general- als auch aus spezialpräventiven Erwägungen mit der Verhängung der Mindeststrafe das Auslangen gefunden.

 

 

II.

 

Ich stelle daher den

 

Antrag,

 

das zuständige Landesverwaltungsgericht möge meiner Beschwerde gegen die Strafhöhe Fol­ge geben und das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abändern, dass lediglich eine Geldstrafe in Höhe von € 1.600,00 und im Falle der Uneinbringlichkeit eine an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe von max. 7 Tagen verhängt wird.

 

L, am 25.8.2014                                                  K S

 

*Beschluss des BG Wels vom 13.08.2014

*Bescheid des AMS vom 18.08.2014

*Mitteilung des AMS vom 18.08.2014

III. Die Behörde hat den Verfahrensakt unter Anschluss eines Aktenverzeichnisses mit dem Hinweis vorgelegt, eine Beschwerdevorentscheidung nicht in Erwägung gezogen zu haben da die in der Beschwerde vorgebrachten Gründe zu keiner anderen Entscheidung geführt hätten.

Gemäß § 44 Abs.3 Z2 VwGVG konnte die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage hinreichend und erschöpfend.

 

III.1. Der  Beschwerde wurde ein Bescheid und eine Mitteilung des Arbeitsmarktservices (AMS) an den Beschwerdeführer vom 18.8.2014 beigeschlossen. Damit wurde dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf die von ihm übermittelten Unterlagen die Zuerkennung eines Arbeitslosengeldes bis zum 15.1.2015 von täglich 36,65 Euro zuerkannt.

Ebenso wurde im Rahmen der Beschwerdevorlage auch ein Beschluss des Bezirksgerichtes Wels vom 13.8.2014, GZ: 4PU 165/14b – 6d angeschlossen. Aus diesem geht wiederum hervor, dass der Beschwerdeführer für zwei mj. Kinder (L und F K) insgesamt 590 Euro (320 + 270 Euro) an Unterhalt zu leisten habe.

 

IV.  Sachverhalt.

Der Beschwerdeführer begründet seinen offenbar ihm nicht mehr in der Quantität bewusst gewesenen und wohl als exzessiv zu vermutenden Alkoholkonsum mit der ihm an diesem Tag von seiner Ehefrau angekündigten Scheidung. Die Alkofahrt dürfte letztlich  wie aus der in der Sachverhaltsdarstellung äußerst knapp gehaltenen VStV-Anzeige hervorleuchtet, nur in der kurzen Wegstrecke  des Nachhauseweges zur verkehrsarmen Nachtzeit motiviert gewesen sein. Dennoch hat der Beschwerdeführer trotz seiner hochgradigen Alkoholisierung, die noch weit über den vom Gesetzgeber mit 0,8 mg/l gelegen ist, sich hinreißen lassen sein Fahrzeug auch noch mit einer offenkundig überhöhten Geschwindigkeit zu lenken, wobei er laut Anzeige konkret eine gefährliche Situation durch ein drohendes Auffahren auf ein Vorderfahrzeug herbeigeführt hat.

 

V. Zur Strafzumessung hat das Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen (Abs.2 leg.cit).

 

 

V.1. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass Umstände, die für den Tatbestand oder den Strafsatz relevant sind, nicht auch noch zusätzlich als Strafzumessungsgründe berücksichtigt werden dürfen (vgl. Walter-Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts8, Rz 806, mit Hinweis auf VwGH 21.5.1992, Zl. 92/09/0015).

Es müssen zusätzliche Aspekte zutreffen, die über den abstrakt vertypten Unwertgehalt hinausgehen, um unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse und sonstigen Strafzumessungsgründe eine über die Mindeststrafe hinausgehende Straffestlegung im Rahmen des gesetzlichen Ermessensrahmens zu  rechtfertigen.

Das Verhalten des Beschwerdeführers, insbesondere die trotz seiner höchstgradigen Alkoholisierung auch noch riskante Fahrweise, kann daher in der Beurteilung des Tatunwertes und der Tatschuld  nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben.

Der bloße Ausspruch der Mindeststrafe scheint daher vor diesem Hintergrund – trotz der sonst für die Mindeststrafe sprechenden Faktoren - schon mit Blick auf das Sachlichkeitsgebot (Ungleiches in der Strafsanktion nicht gleich zu behandeln)  nicht gerechtfertigt.

So hat etwa der Verfassungsgerichtshofes in dessen Erkenntnis vom 9.3.2011, G53/10 u.a., eine Gleichheitswidrigkeit betreffend Bestimmungen über Mindeststrafen (im Fremdenpolizeigesetz) sinngemäß festgestellt, dass es zwischen Verstößen unterschiedlicher Gravität zu differenzieren gilt, und ein Gesetz welches keine Berücksichtigung von Unterschieden ermöglicht als verfassungswidrig erkannt (Hinweis auf VfSlg 19083).

Dieser Grundsatz hat in der Gesetzesvollziehung je im Einzelfall umgesetzt zu werden.

Vor diesem Hintergrund ist bei dem hier von 1.600 Euro bis 5.900 Euro vorgesehene Strafrahmen, für den Fall der Uneinbringlichkeit von einer  Ersatzfreiheitsstrafe von vierzehn Tagen bis zu sechs Wochen normiert ist, ein sachbezogenes Verhältnis zu finden.

 

Die Behörde hat vorerst mangels Mitwirkung des Beschwerdeführers in ihrem Verfahren  in der Ausschöpfung  des Strafrahmens etwas unter der Hälfte und mit der Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen die Strafe durchaus noch im sachgerechten und nachvollziehbaren Rahmen festgelegt.

Angesichts der mit der Beschwerdevorlage nachgewiesenen, sich nachhaltig schlechter gestaltenden Einkommensverhältnisse des Beschwerdeführers  und dessen mit 590 Euro monatlich belegten Sorgepflichten, liegt eine doch grundsätzlich  andere Ausgangslage für die Strafzumessung zu Grunde.

Dies unbeachtet zu lassen führte zur weitgehenden Aushöhlung der Intentionen des § 19 Abs.2 letzter Satz VStG, wonach die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen sind. Dies obwohl diese (zwingende) Bestimmung von der belangten Behörde selbst zitiert wurde (vgl. VwGH 26.3.2004, 2004/02/0037).

Unter Bedachtnahme auf die in der Ausnahmesituation des bislang noch nie negativ in Erscheinung getretenen Beschwerdeführers, kann trotz des mit höherem Schuldgehalt zu bewertenden Regelverstoßes mit einer nur geringfügig über der Mindeststrafe liegenden Geld- u. Ersatzfreiheitsstrafe das Auslangen gefunden werden.  Nicht übersehen werden sollte ferner, dass auf den Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem Entzug der Lenkberechtigung noch weitere und durchaus erhebliche Kosten zukommen, die er trotz seiner prekären Lage, in die er sich mit dieser Alkofahrt brachte aufzubringen haben wird.

Angesichts der ausschließlich in den wirtschaftlichen Verhältnissen liegenden Begründung der Strafreduzierung, war die Ersatzfreiheitsstrafe im Verhältnis dazu im geringeren Umfang zu ermäßigen.

 

Der Beschwerde kam im Grunde daher weitgehende Berechtigung zu, wobei jedoch im Antrag die Ersatzfreiheitsstrafe auf sieben Tage zu ermäßigen der gesetzliche Mindeststrafsatz offenbar übersehen wurde.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr. B l e i e r