LVwG-550143/2/Wim/SB/SH
Linz, 10.06.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Leopold Wimmer über die Beschwerde der N GmbH, A, F gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 26. November 2013, GZ: Wa10-2140/18-2012/Wa, betreffend der ergänzend zum Bewilligungsbescheid zusätzlich vorgeschriebenen Bescheidauflage nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959)
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I.:
1.1. Mit Bescheid vom 7. Juni 2010, GZ: Wa10-2037/27-2009/RO, des Bezirkshauptmannes von Gmunden wurde der N GmbH die wasserrechtliche Bewilligung zur Versickerung der bei der neu zu errichtenden Villenanlage "R S" auf dem Grundstück Nr. x, Kat. Gem. Ort-A, Gemeinde A, anfallenden Oberflächenwässer aus Park- und Verkehrsflächen in das Grundwasser sowie zur Errichtung und zum Betrieb aller hiezu dienenden Anlagen erteilt.
Die Bauvollendungsfrist wurde mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 18. Dezember 2012, GZ: Wa10-2140/03-2012/RO, bis zum
30. Juni 2014 verlängert.
1.2. Im Schreiben vom 29. April 2013 wendete die G für W ein, "dass ein Streifen der Grünanlage - auch ohne Starkregenereignisse - extreme Nässe aufweist und dies auch bei mehreren Sonnentagen nicht auftrocknet". Bei der Besichtigung war der Rest der Grünanlage staubtrocken. Im Winter wurde festgestellt, "dass genau in diesem Bereich - bei dem offensichtlich laufend Wasser fließt - der Schnee durchwegs geschmolzen ist. Weiters bricht ein Teil der Grünanlage ein, weil diese laufend unterschwemmt ist." Es wurde die Vermutung dargelegt, "dass der Kanal, in dem die neu errichteten Häuser oberhalb der M eingeleitet wurden, nicht ausreicht". Es wurde auf die bereits im Vorjahr eingebrachte Stellungnahme und die Bedenken der Eigentümer, die bereits im Vorhinein geäußert wurden, verwiesen.
1.3. Nach Aufforderung zur Stellungnahme führte ein Vertreter der Marktgemeinde A im Mail vom 20. Juni 2013 aus, dass am 18. Juni 2013 der Regenwasserkanal überprüft wurde und lediglich kleine unwesentliche Schäden festgestellt werden konnten.
1.4. Am 29. Oktober 2013 wurde ein Lokalaugenschein mit Besprechung durchgeführt, wobei der Amtssachverständige für Hydrologie in der Niederschrift festgehalten hat, dass die starken Vernässungen augenscheinlich anlässlich des Lokalaugenscheins festgestellt wurden und diese mit Baubeginn eintraten. Beim Lokalaugenschein wurde die Befürchtung geäußert, "dass durch die Sickerschächte der Dacheinzugsflächen 10, 11 und auch möglicherweise 12 diese Vernässungen ausgelöst werden". Angemerkt wurde, dass an diesem Tag die Dacheinzugsfläche 9 augenscheinlich noch nicht errichtet war. Es erfolgte mit dem Vertreter des Ingenieurbüros M/J (im Auftrag der N GmbH), der Vertreterin der Oö. Wohnbau und den Eigentumsvertretern eine Vereinbarung, dass "bezüglich der Dachwässer der oben genannten Einzugsflächen ein entsprechender Versuch, zum Nachweis ob die Sickerschächte die Vernässung auslösen, durchgeführt wird". Der Vertreter der N GmbH, DI L, fertigte eine Fotodokumentation an, gab aber zum Sachverhalt keine Stellungnahme ab.
1.5. Mit Schreiben des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom
30. Oktober 2013, GZ: Wa10-2140/17-2012/Wa, wurde der N GmbH nachweislich die Möglichkeit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Vorschreibung der Maßnahme (des Versuchs) eingeräumt. Diese Möglichkeit zur Stellungnahme wurde von der Bf nicht wahrgenommen.
1.6. Daraufhin wurde vom Bezirkshauptmann von Gmunden der Bescheid vom 26. November 2013, GZ: Wa10-2140/18-2012/Wa, erlassen, womit der N GmbH folgende zusätzliche Bescheidauflage gemäß §§ 21a, 98, 105 und 121 WRG 1959, BGBl. Nr. 215, idgF vorgeschrieben wurde:
"Bezüglich der Dachwässer der Dacheinzugsflächen 10, 11 und gegebenenfalls 12 ist ein entsprechender Versuch durchzuführen, durch den der Nachweis erbracht werden kann, dass keine Vernässungen auf Grundstück Nr. x, Kat. Gemeinde Ort-A, durch die betreffenden Sickerschächte ausgelöst werden.
Dieser Versuch ist von einem entsprechenden geeigneten technischen Büro durchzuführen."
Für die Vorlage des entsprechenden Berichts/Nachweises wurde eine Frist bis längstens 31. Dezember 2013 eingeräumt.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Berufung (nunmehr Beschwerde) der N GmbH vom 11. Dezember 2013. Darin wird ausgeführt, dass der Bescheid nicht begründen würde, welches in § 105 WRG 1959 angeführte öffentliche Interesse nicht hinreichend geschützt sei sowie, dass weder der Sinn der Auflage noch dessen wasserrechtliche Relevanz begründet sei. Es gäbe keine gesetzliche Grundlage, Auflagen "auf Verdacht" vorzuschreiben und die Behörde hätte den Sachverhalt vollständig von Amts wegen ermitteln müssen. Dies hätte sie durch die Vorschreibung an den Rechtsunterworfenen unterlassen und es auch unterlassen zu prüfen, ob es nicht auch bereits vor Errichtung der Villenanlage zu Vernässungen gekommen sei.
3.1. Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich zur Entscheidungsfindung ergibt sich aus Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG. Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.
Die vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Berufung gilt als rechtzeitig erhobene Bescheidbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG.
3.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Bezug habenden Verfahrensakt.
Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, die Bf im Übrigen auch keinen entsprechenden Antrag gestellt hat, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
3.3. Auf Grund der Aktenlage steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:
Der N GmbH wurde mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 7. Juni 2010, GZ: Wa10-2037/27-2009/RO, die Bewilligung zur Versickerung der bei der neu zu errichtenden Villenanlage "R S" auf dem Grundstück Nr. x, Kat. Gem. Ort-A, anfallenden Oberflächenwässer aus Park- und Verkehrsflächen in das Grundwasser sowie zur Errichtung und zum Betrieb aller hiezu dienenden Anlagen erteilt. Der Bescheid enthält Auflagen und als ergänzende Bestandteile die Verhandlungsschriften über die mündlichen Verhandlungen vom 10. November 2009 sowie vom 11. Mai 2010 und das klausulierte Projekt.
Unstrittig steht fest, dass in regelmäßigen Abständen Vernässungen bei der unten liegenden Wohnanlage der Oö. Wohnbau im Bereich der an der neuen Geländekante liegenden Böschungen auftreten und sich darüber mehrmals die Vertreterin der Oö. Wohnbau und die Eigentümer beschwert haben.
Von der Marktgemeinde A wurden bereits einige Maßnahmen gesetzt, wobei dadurch die Vernässungen nicht beseitigt werden konnten. Auch bei der neuerlichen Überprüfung am 18. Juni 2013 konnten lediglich kleine aber unwesentliche Schäden festgestellt werden.
Eine konkrete Feststellung, wodurch die Vernässungen entstehen und ob diese durch das genehmigte Projekt verursacht werden oder nicht, ist nicht erfolgt.
Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 26. November 2013, GZ: Wa10-2140/18-2012/Wa, wurde der Bf aufgetragen, "bezüglich der Dachwässer der Dacheinzugsflächen 10, 11 und gegebenenfalls 12 einen entsprechenden Versuch durchzuführen, durch den der Nachweis erbracht werden kann, dass keine Vernässungen auf Grundstück Nr. x, Kat. Gemeinde Ort-A, durch die betreffenden Sickerschächte ausgelöst werden. Dieser Versuch ist von einem entsprechenden geeigneten technischen Büro durchzuführen."
3.4. Der festgestellte Sachverhalt ergab sich für den erkennenden Richter des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zweifels- und widerspruchsfrei aus dem Verwaltungsakt.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
Gemäß § 21a Abs. 1 WRG 1959 hat die Behörde vorbehaltlich § 52 Abs. 2 zweiter Satz, wenn sich nach Erteilung der Bewilligung insbesondere unter Beachtung der Ergebnisse der Bestandsaufnahme (§ 55d) ergibt, dass öffentliche Interessen (§ 105) trotz Einhaltung der im Bewilligungsbescheid oder in sonstigen Bestimmungen enthaltenen Auflagen und Vorschriften nicht hinreichend geschützt sind, die nach dem nunmehrigen Stand der Technik (§ 12a) zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzliche Auflagen vorzuschreiben, Anpassungsziele festzulegen und die Vorlage entsprechender Projektsunterlagen über die Anpassung aufzutragen, Art und Ausmaß der Wasserbenutzung vorübergehend oder auf Dauer einzuschränken oder die Wasserbenutzung vorübergehend oder auf Dauer zu untersagen.
Nach dem Wortlaut des § 21a Abs. 1 WRG 1959 ist ein Vorgehen mit den genannten Maßnahmen nur dann zulässig, wenn feststeht, dass öffentliche Interessen nicht hinreichend geschützt sind. Es ist im gegenständlichen Fall nicht geklärt, ob Beeinträchtigungen öffentlicher Interessen von dem genehmigten Projekt ausgehen oder nicht. Erst "wenn festgestellt wird, dass der vorhandene konsensgemäße Zustand den öffentlichen Interessen widerspricht und welche Anpassungsziele demnach anzustreben oder welche Anpassungsmaßnahmen vorzunehmen sind", kann dann die Vorlage von Urkunden (Projektsunterlagen) Gegenstand eines Auftrags nach § 21a WRG 1959 sein. (sh VwGH vom 17.10.2007, 2006/07/0158)
Der Auftrag an den Bf diente im oben zitierten Fall der Ermittlung, ob öffentliche Interessen gefährdet sind. Hiezu stellte der VwGH fest, dass die Behörde von Amts wegen zu ermitteln hat, ob öffentliche Interessen hinreichend geschützt sind - "eine Überwälzung der Ermittlungspflicht auf den Konsensinhaber" darf nicht erfolgen.
Im gegenständlichen Fall wurde nicht amtswegig ermittelt, ob durch den konsensgemäßen Zustand öffentliche Interessen beeinträchtigt werden und somit ein Vorgehen gemäß § 21a WRG 1959 zulässig ist.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu II.: Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Leopold Wimmer