LVwG-050019/2/KÜ/KHu/SA
Linz, 03.09.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde von Frau Dr. N. S., vertreten durch RA Mag. G. E., x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 13. Februar 2014, GZ SanRB01-109-2013, mit dem die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke in der Gruppenpraxis mit Dr. Ü. in W. Nr. x befristet bis 31. März 2022 erteilt wurde,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und in Spruchpunkt I. der angefochtenen Entscheidung die Wendung „befristet bis 31. März 2022“ gestrichen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. 1. Mit Spruchpunkt I des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Freistadt wurde der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke in der Gruppenpraxis mit Dr. Ü. in W. Nr. x befristet bis 31. März 2022 erteilt. Begründend stellte die Behörde die Rechtsgrundlagen sowie die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens dar und hielt in rechtlicher Hinsicht betreffend die Befristung fest:
„Da die Antragstellerin lediglich über einen befristeten Kassenvertrag verfügt, wurde die Bewilligung befristet erteilt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“
2. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf durch ihren bevollmächtigten Vertreter fristgerecht Beschwerde an das Oö. LVwG. Darin wurde beantragt, 1. den angefochtenen Bescheid, allenfalls nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens abzuändern und zu erkennen, dass der Bf die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke in der Gruppenpraxis mit Dr. Ü. in W. Nr. x – ohne Befristung – erteilt wird; 2. in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und allenfalls die Verwaltungssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Fällung eines Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen; und schließlich 3. eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Begründend brachte die Bf insbes. vor, dass § 29 Apothekengesetz keinen Ermessensspielraum für die Behörde vorsehe und eine zeitliche Befristung einer Hausapotheke weder im Apothekengesetz vorgesehen sei noch anderweitig eine gesetzliche Deckung finde. Auch der VwGH habe judiziert, dass eine Befristung im Apothekengesetz nicht vorgesehen sei. Zwar sei eine Beifügung von Nebenbestimmungen (gerade bei älteren Gesetzen) auch möglich, wenn sie nicht expressis verbis vorgesehen, aber inhaltlich gedeckt seien; dies sei jedoch gerade nicht der Fall, weil das öffentliche Interesse des Apothekengesetzes nur in der umfassenden und ununterbrochenen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung liege. Auch sei ein Entzugstatbestand im Apothekengesetz nicht vorgesehen, was die ausschließliche Zulässigkeit einer unbefristeten Bewilligung einer Hausapotheke unterstreiche. Es bestehe daher kein Rechtsgrund, die Bewilligung einer ärztlichen Hausapotheke zeitlich befristet zu erteilen.
3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt legte die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 13. März 2014 dem Oö. LVwG zur Entscheidungsfindung vor, das gemäß § 2 VwGVG durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden hat.
4. Das Oö. LVwG hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gem § 24 Abs 4 VwGVG verzichtet werden, weil sich der entscheidungserhebliche und von Seiten der Bf unbestritten gebliebene Sachverhalt aus dem Verfahrensakt ergibt und daher eine weitere Klärung der Rechtssache durch eine mündliche Verhandlung nicht zu erwarten war, zumal sich die Bf in ihrem Beschwerdevorbringen nur gegen die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde wendet.
II. 1. Das Oö. LVwG geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:
Die Bf hat ihre ärztliche Tätigkeit in einer Gruppenpraxis mit Herrn Dr. Ü. in W. aufgenommen und steht in einem Vertragsverhältnis nach § 342 Abs 1 ASVG. Der Gruppenpraxisvertrag ist bis 31. März 2022 befristet. In W. befindet sich keine öffentliche Apotheke und die Entfernung zwischen dem Berufssitz der Antragstellerin und der Betriebsstätte der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke in F. beträgt ca. 7,3 km.
2. Der festgestellte Sachverhalt ergab sich widerspruchsfrei aus dem Verfahrensakt. Der Sachverhalt wird von keiner Seite bestritten.
III. Gem § 29 Abs 1 des Apothekengesetzes ist die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke einem Arzt für Allgemeinmedizin auf Antrag zu erteilen, wenn
1. dieser in einem dem § 342 Abs 1 ASVG entsprechenden Vertragsverhältnis steht, oder als Arzt für Allgemeinmedizin an einer Gruppenpraxis, die in einem Vertragsverhältnis nach § 342 Abs 1 ASVG steht, beteiligt ist,
2. sich in der Gemeinde, in welcher der Arzt seinen Berufssitz hat, keine öffentliche Apotheke befindet, und
3. der Berufssitz des Arztes von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke mehr als sechs Straßenkilometer entfernt ist.
Gem § 29 Abs 2 Apothekengesetz erlischt die für den vorherigen Berufssitz erteilte Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke, wenn ein Arzt für Allgemeinmedizin seinen Berufssitz in eine andere Gemeinde verlegt.
Gem § 29 Abs 3 Apothekengesetz ist die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke ist nach Maßgabe des Abs 4 bei Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke zurückzunehmen, wenn
1. die Wegstrecke zwischen dem Berufssitz des Arztes und der Betriebsstätte der neu errichteten öffentlichen Apotheke vier Straßenkilometer nicht überschreitet, und
2. sich die ärztliche Hausapotheke weder in einer Gemeinde gemäß § 10 Abs 2 Z 1 noch in einer Gemeinde gemäß § 10 Abs 3 befindet.
IV. Das Oö. LVwG hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:
Gegenstand der vorliegenden Beschwerde ist die Frage, ob die Befristung der Bewilligung zum Halten einer ärztlichen Hausapotheke rechtlich zulässig ist. Diesbezüglich ist zunächst festzuhalten, dass das österreichische Apothekengesetz in der Tat keine explizite Bestimmung enthält, die die Befristung einer Bewilligung zum Gegenstand hat.
Zwar nimmt die hA an, dass Nebenbestimmungen – etwa Befristungen – in Bescheiden auch ohne gesonderte gesetzliche Ermächtigung zulässig sind, wenn sie vom Inhalt des Gesetzes gedeckt sind. Voraussetzung dafür ist, dass der Behörde die Wahrung bestimmter Interessen übertragen wird und die Nebenbestimmung der Wahrung dieser Interessen dient. An die gesetzliche Deckung rechtsvernichtender Nebenbestimmungen sind hingegen relativ hohe Anforderungen zu stellen (vgl etwa nur Hengstschläger/Leeb, AVG III § 59 Rz 16, 19 und 45 mwN).
Dementsprechend kam der VwGH in seinem Judikat VwSlg 3510/1954 zum Ergebnis, dass „[d]em Apothekengesetz [...] die zeitliche Beschränkung einer Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke unbekannt [ist]“.
Durch BGBl I 41/2006 wurde zwar der zweite Abschnitt des Apothekengesetzes betreffend Hausapotheken novelliert und in § 29 Apothekengesetz die Anforderung eingefügt, dass der antragstellende Arzt in einem dem § 342 Abs 1 ASVG entsprechenden Vertragsverhältnis stehen, oder als Arzt für Allgemeinmedizin an einer Gruppenpraxis, die in einem Vertragsverhältnis nach § 342 Abs 1 ASVG steht, beteiligt sein muss. Die Erläuterungen zur diesbezüglichen Novellierung des Apothekengesetzes – diese ergaben sich erst durch einen Änderungsantrag in der Plenumssitzung – tragen hingegen nichts zur Klärung der ggst. Frage der Befristung bei, kann ihnen doch bloß entnommen werden, dass „die Bewilligung für eine ärztliche Hausapotheke zu erteilen [ist], wenn es sich bei dem antragstellenden Arzt um einen Kassenvertragsarzt für Allgemeinmedizin handelt und sich in der Gemeinde keine öffentliche Apotheke befindet oder diese mehr als sechs Kilometer entfernt ist.“ Festgehalten wurde ferner: „Durch den Verweis auf § 342 Abs. 1 ASVG wird zum Ausdruck gebracht, dass es sich um Kassenvertragsärzte handeln muss, die eine im Stellenplan vorgesehene Planstelle innehaben“ (vgl StProt 139. Sitzung 22. GP 242 ff, insbes. S. 247).
Auffällig ist, dass der Gesetzgeber mit der ggst. Novelle keine neuen Entzugstatbestände eingefügt hat, wie sie etwa im ersten oder dritten Abschnitt des Apothekengesetzes für öffentliche Apotheken bzw. Anstaltsapotheken normiert sind: So ist dort die Bewilligung zurückzunehmen, wenn Vorschriften in Bezug auf persönliche Voraussetzungen oder die Rechtsform nicht (mehr) eingehalten werden.
Im hier relevanten zweiten Abschnitt des Apothekengesetzes wird eine Zurücknahme einer Konzession hingegen nur in § 29 Abs 2 (Verlegung des Berufssitzes) und 3 leg cit (Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke) thematisiert. Damit besitzt auch die im o.g. VwGH-Erk VwSlg 3510/1954 getroffene Feststellung, dass das Apothekengesetz „neben dem sich schon aus dem Wesen einer personellen Berechtigung ergebenden Erlöschen der Berechtigung im Ablebensfalle desjenigen, dem sie erteilt wurde, nur das Erlöschen bei Verlegung des Wohnsitzes in eine andere Ortschaft (§ 29 Abs. 2 ApG.) und die Zurücknahme der Berechtigung unter den im § 29 Abs. 3 leg. cit. vorgesehenen Voraussetzungen [kennt]“, weiterhin seine Gültigkeit.
In Anbetracht der Fülle an Erlöschenstatbeständen von Kassenverträgen in § 343 Abs 2 ASVG sowie dem sich aus § 343 Abs 4 ASVG ergebenden beiderseitigen Kündigungsrecht für Kassenverträge erscheint es zweifelhaft, eine Konzession nach dem Apothekengesetz unter Befristung zu erteilen, weil damit einzig und allein auf das Erlöschen des Vertrages durch Zeitablauf abgestellt wird. Insbesondere wird damit auch die apothekenrechtliche Bewilligung vom allenfalls fortdauernden Bestand eines Kassenvertrages gelöst: So würde die apothekenrechtliche Bewilligung etwa auch dann per 31. März 2022 erlöschen, wenn sich die Bf erfolgreich um eine Verlängerung des Kassenvertrages bemüht hat, womit die Bf – unabhängig vom Bestand oder Nichtbestand eines solchen Vertrages – jedenfalls gezwungen wäre, um eine neue Konzession anzusuchen.
V. Eine Befristung erweist sich unter diesen Überlegungen nicht als rechtmäßig. Damit war der Bf die beantragte Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke ohne zeitliche Befristung zu erteilen. Im Übrigen bleibt der Bescheid aufrecht.
VI. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu der geltenden Fassung von § 29 Apothekengesetz zu der Frage fehlt, ob die Bewilligung zum Halten einer ärztlichen Hausapotheke befristet erteilt werden kann, wenn auch der Kassenvertrag befristet ist.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Thomas Kühberger