LVwG-600355/9/ZO/JB/MSt
Linz, 11.09.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde des Herrn T. G., vertreten durch Rechtsanwalt M. N., K. vom 02.05.2014, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Wels-Land vom 08.04.2014, Zl: VerkR96-75-2014, wegen einer Übertretung der StVO,
zu Recht e r k a n n t :
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.
II. Für das Beschwerdeverfahren sind keine Kosten zu bezahlen.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. 1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat dem Beschwerdeführer im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 15.12.2013 um 11:46 Uhr auf der A1 bei km 189,350 in Fahrtrichtung Wien als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen ES-.. die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 31 km/h überschritten habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO begangen, weshalb über ihn gem. § 99 Abs. 2d StVO eine Geldstrafe in Höhe von 60 Euro verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 10 Euro verpflichtet.
2. In der dagegen rechtzeitig eigebrachten Beschwerde machte der Beschwerdeführer zusammengefasst geltend, dass er mit dem Fahrzeug nicht selbst gefahren sei. Er habe bisher die Daten der beiden als Fahrer in Frage kommenden Personen, die in Bulgarien leben, noch nicht ausfindig machen können, werde diese aber unverzüglich nachreichen. Er beantragte daher, das Straferkenntnis aufzuheben.
3. Die Verwaltungsbehörde hat den Akt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ohne Beschwerdevorentscheidung vorgelegt. Es ergibt sich daher dessen Zuständigkeit, wobei es durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden hat (§ 2 VwGVG).
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie weitere Erhebungen und Wahrung des Parteiengehörs. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze. Im angefochtenen Bescheid wurde eine Geldstrafe von weniger als 500 Euro verhängt und keine Partei hat die Durchführung einer Verhandlung verlangt, weshalb von dieser gem. § 44 Abs. 3 Z.3 VwGVG abgesehen wird.
4.1 Folgender Sachverhalt steht fest:
Gegen den Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen ES-.. wurde Anzeige erstattet, weil dieser entsprechend einer Radarmessung am 15.12.2013 um 11:46 Uhr in S. auf der A1 bei km 189,350 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 31 km/h überschritten hatte. Der Beschwerdeführer ist Zulassungsbesitzer des gegenständlichen PKW. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat gegen ihn wegen dieser Geschwindigkeitsüberschreitung eine Strafverfügung erlassen, gegen welche er rechtzeitig einen Einspruch erhoben hat. Diesen begründete er damit, dass er die Tat nicht begangen habe.
Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land forderte den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 22.01.2014 auf, sich wegen der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung zu rechtfertigen, woraufhin dieser mitteilte, dass er die Anschrift der als Fahrer in Betracht kommenden Personen noch nicht ermitteln konnte, weil diese im osteuropäischen Ausland wohnhaft sind.
In weiterer Folge erging das in Punkt 1 angeführte Straferkenntnis, gegen welches der Beschwerdeführer die in Punkt 2 dargestellte Beschwerde eingebracht hat. Mit Schreiben von 20.06.2014 teilte der Beschwerdeführer mit, dass das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt von Herrn M. M., wohnhaft in A., Bulgarien, gelenkt worden sei. Auf Nachfrage ergänzte er noch das Geburtsdatum des Herrn M. mit 1979. Eine Überprüfung dieser Angaben im Wege der Österreichischen Botschaft in Sofia ergab, dass die als Lenker genannte Person tatsächlich an der angeführten Adresse wohnhaft ist und im August 2014 nach Deutschland abgereist ist.
Aufgrund dieser Information steht für das Landesverwaltungsgericht fest, dass Herr M. als Lenker zumindest auch in Frage kommt, wobei es nicht möglich ist, ihn diesbezüglich konkret zu befragen.
5. Darüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:
5.1 Gemäß § 20 Abs.2 leg.cit. darf der Lenker eines Fahrzeuges, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren.
§ 45 Abs. 1 VStG lautet (auszugsweise) wie folgt:
Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn
1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet
...
…
…
6. die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.
5.2 Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat im Straferkenntnis grundsätzlich zutreffend auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach den Zulassungsbesitzer in derartigen Fällen eine Mitwirkungspflicht trifft. Im konkreten Fall hat der Beschwerdeführer – wenn auch erst in einem sehr späten Verfahrensstadium – eine andere Person als möglichen Lenker bekannt gegeben. Eine Überprüfung dieser Angaben ergab, dass der genannte Fahrzeuglenker an der angegebenen Adresse grundsätzlich wohnhaft ist, sich jedoch derzeit für längere Zeit nicht dort aufhält. Es war daher nicht möglich, diese Person zum Vorfall zu befragen. Noch weiter gehende Erhebungen hätten einen erheblichen Verfahrensaufwand bedeutet. Dem steht gegenüber, dass die Geschwindigkeit zwar in einem erheblichen Ausmaß überschritten wurde, die Überschreitung aber auch nicht außergewöhnlich gravierend war. Die Intensität der Rechtsgutverletzung im Sinne des § 45 Abs.1 Z. 6 VStG ist daher nicht als besonders hoch einzustufen.
Weitere Erhebungen würden daher einen unangemessenen Aufwand verursachen und auf Basis der bisherigen Beweisergebnisse kann nicht bewiesen werden, dass tatsächlich der Beschwerdeführer die Geschwindigkeitsüberschreitung begangen hätte.
Es war daher der Beschwerde stattzugeben und das Verfahren gem. § 45 Abs. 1 VStG einzustellen.
Zu II.
Die Entscheidung über die Kosten für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 52 VwGVG.
Zu III.
Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Für den Beschwerdeführer ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG keine Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.
Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde / der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Gottfried Zöbl