LVwG-300400/2/Kü/TO/SH

Linz, 11.09.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde des N. K., xstraße x, x, vom 4. Juli 2014, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 10. Juni 2014, GZ: SV96-08-2014, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) eingestellt.

 

 

II.      Der Beschwerdeführer hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde (§ 66 Abs. 1 VStG) noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (§ 52 Abs. 9 VwGVG) zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom
10. Juni 2014, GZ: SV96-8-2014, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 111 Abs.1 Z 1 iVm § 33 Abs.1 ASVG eine Geldstrafe iHv 730 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Tagen verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag iHv insgesamt 73 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zugrunde:

„Sie haben als Verantwortlicher der Firma x KG in x, xstraße x, zu verantworten, dass die genannte Firma als Dienstgeberin nachstehende Person, bei welcher es sich um eine in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person handelt, am 20.01.2014 um 15:00 Uhr beschäftigt hat, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse zur Pflichtversicherung als vollversicherte Person angemeldet wurde. Die genannte Firma wäre als Dienstgeber verpflichtet gewesen, die Beschäftigte vor Arbeitsantritt anzumelden und wurde die Meldung erst am 19.08.2013 um 15:14 Uhr und damit nicht rechtzeitig erstattet.

Name: H. G., geb. 24.08.1977

Arbeitsantritt: 19.08.2013, 08:00 Uhr

Beschäftigungsort: xstraße x, x

Tatort: Gemeinde x, xstraße x

Tatzeit: 20.01.2014, 15:00 Uhr“

 

2.         Dagegen richtet sich die am 4. Juli 2014 vom Bf eingebrachte Berufung, in der beantragt wird, die Verwaltungsstrafe aufzuheben oder zumindest zu reduzieren. Begründend wird Folgendes festgehalten:

“Am 20. Jänner 2014 wurde im Betrieb der x KG eine Arbeitnehmerkontrolle durchgeführt. Dabei wurde ermittelt, dass am
19. August 2013 die Mitarbeiterin H. G. um 7 ¼ Stunden - wohl am selben Tag - zu spät zur Sozialversicherung angemeldet worden ist. Bei ihrem Arbeitsantritt um 8.00 Uhr war vorerst nicht sicher, ob sie den Job annimmt bzw. von mir aufgenommen wird, sodass durch diesen Umstand in weiterer Folge irrtümlich auf die rechtzeitige Anmeldung nicht geachtet wurde. Erst nach diesen 7 Stunden wurde ich meiner gesetzlichen Verpflichtung bewusst, dass die Anmeldung sofort durchgeführt werden müsste, was dann auch geschah. Ich habe somit schon damals meinen Fehler eingesehen und in keinster Weise versucht, das Dienstverhältnis an der Behörde „vorbeizuschleusen", noch habe ich dafür Abgaben hinterzogen. Sämtliche Steuern und Abgaben wurden immer pünktlich bezahlt.

Ich bitte daher die Behörde um Aufhebung oder zumindest um Reduktion der Strafe für diese verspätete Anmeldung, weil ich ohnehin alles richtig machen wollte, zumal die Situation am Anmeldungstag für mich eine besondere war und ich irrtümlich annahm, dass die noch am selben Tage, jedoch um Stunden später erfolgte Anmeldung noch rechtens wäre.“

 

3.         Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat die Beschwerde samt bezug-habenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 14. Juli 2014 dem Landes-verwaltungsgericht Oö. zur Entscheidungsfindung vorgelegt. Das LVwG ent-scheidet gemäß § 2 VwGVG durch einen Einzelrichter.

 

4.         Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat Beweis erhoben durch Akten-einsichtnahme.

 

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs.2 VwGVG entfallen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist.

 

5.         Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat erwogen:

 

Im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses (gleichlautend wie in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11. Februar 2014) wird dem Bf angelastet, zur Tatzeit 20.1.2014 eine näher genannte Person ohne entsprechende Meldung bei der Gebietskrankenkasse in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit beschäftigt zu haben. Gleichzeitig wird dem Bf als Dienstgeber vorgehalten, dass er verpflichtet gewesen wäre, die Beschäftigte vor Arbeitsantritt anzumelden und die Meldung erst am 19.8.2013 um 15:14 Uhr und damit nicht rechtzeitig erstattet worden sei.

 

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Sie bildet den den Deliktstatbestand erfüllenden Sachverhalt. Es bedarf daher im Bescheidspruch der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift erforderlich sind. Wesentlich für die Bezeichnung der Tat ist der Ausspruch über Zeit und Ort der Begehung (vgl. VwGH vom 24. Mai 2013, Zl. 2012/02/0174). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes kommt es beim Erfordernis einer genauen Tatumschreibung iSd § 44a Z 1 VStG darauf an, den Beschuldigten in die Lage zu versetzen, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und ihn rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den erwähnten Rechtsschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis sein (vgl.  VwGH vom 17. April 2012, Zl. 2010/04/0057).

 

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

 

Diesen Anforderungen entspricht der Tatvorwurf des angefochtenen Straferkenntnisses – wie vom Bf in seinem Beschwerdevorbringen zutreffend ausgeführt – nicht. Dem Bf wird im Spruch der angefochtenen Entscheidung angelastet, am 20.1.2014 die näher bezeichnete Person in wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt und die Meldung zur Sozialversicherung erst am 19.8.2013 und damit nicht rechtzeitig erstattet zu haben. Dem Grunde nach stellt daher dieser Tatvorwurf im Straferkenntnis rein wegen der Zeitangaben keine Verwaltungs­übertretung dar. Zur angeführten Tatzeit war Frau Güler jedenfalls zur Sozialversicherung gemeldet. Festzuhalten ist, dass zwischenzeitig die gesetzliche Verfolgungsverjährungsfrist von einem Jahr überschritten ist, weshalb dem Bf ein geänderter Tatvorwurf nicht angelastet werden kann. Es ist daher Verfolgungsverjährung (Tatzeit: 19.8.2013) eingetreten. Aus diesem Grund war der Beschwerde stattzugeben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

II.            Die Entscheidung über die Verfahrenskosten ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

 

 

III.           Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Thomas Kühberger