LVwG-300039/15/Py/PP

Linz, 29.08.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr.in Andrea Panny über die Beschwerde des Arbeitsinspektorates Vöcklabruck, Ferdinand-Öttl-Straße 12, 4840 Vöcklabruck, gegen den Bescheid der Bezirks­hauptmannschaft Vöcklabruck vom 17. September 2013, Ge96-4062-2012, mit dem das gegen Herrn x, vertreten durch Rechtsanwalt x, x eingeleitete Verwaltungs­strafverfahren wegen Übertretung nach dem Arbeitnehmer­Innenschutzgesetz (ASchG) eingestellt wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22. August 2014

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der behördliche Einstellungsbescheid bestätigt.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 17. September 2013, Ge96-4062-2012, wurden die gegen Herrn x, vertreten durch Rechtsanwalt x, x als Arbeitgeber sowie als handelsrechtlicher Geschäftsführer der x GmbH wegen Verwaltungsübertretung nach § 130 Abs. 5 Z 1 iVm §§ 118 Abs. 3 ASchG und 87 Abs. 2 BauV eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen zusammengefasst aus, dass den Angaben des Herrn x als Zeuge vor der belangten Behörde Glauben geschenkt wird und ein Beschäftigungsverhältnis zwischen ihm und der x GmbH bzw. dem Beschuldigten persönlich nicht verifiziert werden konnte. Da im gegenständlichen Fall somit der Beschuldigte nicht Arbeitgeber des Herrn x war und somit auch nicht für die Einhaltung der Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutz­gesetzes in Verbindung mit der Bauarbeiterschutzverordnung verantwortlich war, waren die eingeleiteten Ver­waltungsstrafverfahren einzustellen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde (vorm. Berufung) des Arbeitsinspektorates Vöcklabruck vom 3. Oktober 2013. Darin wird zusammengefasst vorgebracht, dass der vom Beschuldigten behauptete Freundschaftsdienst für den Bauherrn seitens des Arbeitsinspektorates in Frage gestellt wird, weil es sich nach Ansicht des Arbeitsinspektorates eher um einen solchen für den späteren offiziellen Arbeitgeber, nämlich dem Beschuldigten x gehandelt hat, wozu auf das Auskunftsverfahren der Sozial­versicherung bezüglich Herrn x verwiesen wird. Nachdem es für gewerbliche Tätigkeiten keinen Freundschaftsdienst gibt sei von einem Dienstverhältnis auszugehen. Zudem wird darauf hingewiesen, dass das Arbeit­nehmerInnenschutzgesetz den Arbeitnehmerbegriff weiter fasst als das Arbeits­vertragsrecht den Begriff Dienstnehmer und das Arbeitnehmerschutzgesetz für alle Arbeitnehmer unabhängig von der vertragsrechtlichen Grundlage gilt und somit auch mögliche illegale Beschäftigungsverhältnisse umfasst. Es wird daher beantragt, den angefochtenen Bescheid dahin abzuändern, dass gegen den Beschuldigten wegen Übertretung der Bestimmungen der Bauarbeiter­schutzverordnung, wie es in der Anzeige angeführt wurde, eine Ver­waltungsstrafe in Höhe von 1.500 Euro verhängt wird.

 

3. Mit Schreiben vom 7. Oktober 2013 legte die belangte Behörde die Berufung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Ent­scheidung vor. Mit 1. Jänner 2014 trat das Oö. Landesverwaltungsgericht (LVwG) an die Stelle des unabhängigen Verwaltungssenates. Das LVwG entscheidet gemäß § 2 Verwaltungsgerichts-Verfahrensgesetz (VwGVG) durch einen Einzel­richter. Die Berufung gilt gemäß § 3 Abs. 1 letzter Satz Verwaltungs­gerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) als Beschwerde im Sinn des
Art. 130 Abs. 1 Zi 1 B-VG. Die Zuständigkeit der erkennenden Richterin ergibt sich aus § 3 Abs. 7 VwGbk-ÜG.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am
22. August 2014. An dieser nahm der Beschuldigte mit seinem Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des beschwerdeführenden Arbeitsinspektorates Vöcklabruck als Parteien teil. Als Zeugen wurden Herr x, Herr x und Herr x einvernommen.

 

4.1. Das Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Am 23. März 2012 führten Herr x, Inhaber einer Gewerbe­berechtigung für „Spengler“ und handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma x GmbH mit Sitz in x, dessen Sohn Herr x sowie der Hauseigentümer Herr x arbeiten am Objekt x, durch. Herr x ist mit Herrn x und dessen Sohn seit Jahren persönlich befreundet. Herr x wurde vom Beschuldigten mit der Eindeckung einer Seite des Wohnhausdaches beauftragt, wobei vereinbart war, dass die Arbeiten gemeinsam unter Mithilfe des Bauherrn x verrichtet werden. Zudem bot Herr x, der zu dieser Zeit arbeitslos war, Herrn x an, ihm auf der Baustelle einige Stunden unentgeltlich zu helfen.

 

Laut Auskunft der Sozialversicherung vom 2. Oktober 2013, war Herr x in der Zeit von 1. August 2012 bis 15. Jänner 2013 und vom 9. April 2013 bis laufend vom Dienstgeber x GmbH zur Sozialversicherung gemeldet.

 

Im Verfahren konnte nicht erwiesen werden, dass Herr x am 23. März 2012 auf der gegenständlichen Baustelle vom Beschuldigten als zumindest arbeit­nehmerähnlich beschäftigt wurde nicht im Rahmen eines Freundschaftsdienstes für Herrn x tätig war.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 22. August 2014. In dieser gab nicht nur der Beschuldigte, sondern auch die beiden unter Wahrheitspflicht einvernommen Zeugen x und x ausdrücklich an, dass die Tätigkeit des Herrn x am Kontrolltag nur wenige Stunden anderen sollte, sich Herr x gegenüber Herrn x aufgrund des gemeinsamen Freundschaftsverhältnisses freiwillig dazu bereiterklärte eine Entlohnung nicht vereinbart war und auch nicht bezahlt wurde. Unzweifelhafte Beweisergebnisse, wonach Herr x bereits am Kontrolltag – und nicht erst ab seiner Anmeldung zur Sozialversicherung - im Rahmen des Gewerbegetriebes des Beschuldigten zur Arbeitsleistung auf der Baustelle herangezogen wurde liegen dem Landesverwaltungsgericht nicht vor.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

Gemäß § 2 Abs. 1 1. Satz ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), BGBl. Nr. 450/1994 sind Arbeitnehmer im Sinn dieses Bundesgesetzes alle Personen, die im Rahmen eines Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnisses tätig sind.

 

Gemäß § 130 Abs. 5 Zi 1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 bis 8.324 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von
333 bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitergeber/in den nach dem
9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwider handelt.

 

Gemäß § 118 Abs. 3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl.
Nr. 340/1994 (BauV), nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Ver­ordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 87 Abs. 2 BauV müssen bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis zu 20 Grad und einer Absturzhöhe von mehr als 3 m Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7 bis 10 vorhanden sein.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Zi 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Die beschwerdeführende Organpartei bringt vor, dass die Tätigkeit des Herrn x am Kontrolltag auf der Baustelle im Rahmen eines Beschäftigungs­verhältnisses zum Beschuldigten ausgeübt wurde. Der Nachweis, dass Herr x auf der gegenständlichen Baustelle vom Beschuldigten – wenn auch nur arbeitnehmerähnlich – beschäftigt wurde, konnte im Beweisverfahren jedoch nicht erbracht werden. Aufgrund der übereinstimmenden Aussagen sowohl des Beschuldigten als auch der einvernommenen Zeugen x und x wurde die Tätigkeit von Herrn x auf der Baustelle freiwillig für wenige Stunden ohne Entlohnung aufgrund seiner Freundschaft zum Bauherrn verrichtet. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind kurzfristige, frei­willige und unentgeltliche Dienste, die vom Leistenden aufgrund bestehender spezifischer Bindungen zum Leistungsempfänger erbracht werden, als Gefällig­keitsdienste anzusehen. Zwar sind Bedenken dort angebracht, wo die Tätigkeit in einem Gewerbebetrieb erfolgen soll, selbst damit ist aber nicht gesagt, dass Bedenken dieser Art nicht durch spezifische Umstände in einzelnen Fällen ausgeräumt werden könnten. Wesentlich ist in einem solchen Fall die Frei­willigkeit der Leistung (vgl. VwGH vom 30.1.2006, Zl. 2004/09/0217). Alleine der Umstand, dass Herr x im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Erfüllung einer Werkvertragsleistung durch den Beschuldigten mitwirkte, vermag im Hinblick auf den Umstand, dass es sich dabei aufgrund des Beweisergebnisses um eine Tätigkeit für den Bauherrn – und nicht für den Beschuldigten – handelte, das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses bzw. arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses des Herrn x zum Beschuldigten nicht darzulegen. So wurde auch zwischen dem Bauherrn selbst, der gemeinsam und unter Anleitung des Beschwerde­führers Tätigkeiten in Form von Eigenleistungen auf der Baustelle verrichtete, mangels Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen nicht zum Dienstnehmer des Beschuldigten. Ein eindeutiger Nachweis, dass Herr x am Kontrolltag als Arbeitnehmer des Beschuldigten tätig wurde, dessen Weisungen unterlag, in dessen Betrieb organisatorisch eingegliedert war, von diesem entlohnt wurde oder ihm gegenüber einen Entlohnungsanspruch hatte, trat im Beweisverfahren nicht zu Tage.

 

Es verbleiben somit trotz eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täter­schaft des Beschuldigten. Im Hinblick auf die Unschulds­vermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, erfolgte daher mangels ausreichender Beweise für einen Schuldspruch des Beschuldigten die Verfahrenseinstellung durch die belangte Behörde zu recht.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 Dr.in Andrea Panny

Hinweis:

Dieses Dokument wurde amtssigniert. Informationen zur Prüfung der elektronischen Signatur und des Ausdrucks finden Sie unter: „https://www.lvwg-ooe.gv.at/Das Gericht/Amtssignatur des OÖ. LVWG“.