LVwG-550293/6/KH/IH
Linz, 05.09.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Katja Hörzing über die Beschwerde von Frau Mag. x, Rechtsanwälte x und x KG, xplatz x, x als bestellte Insolvenzverwalterin der x GmbH, x, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 28. Mai 2014, UR01-16-2014, betreffend einen Behandlungsauftrag gemäß § 73 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002)
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 28. Mai 2014, UR01-16-2014, mit der Maßgabe bestätigt, dass die im Spruch genannte Entsorgungsfrist von 30. Juli 2014 auf 1. Dezember 2014 abgeändert wird.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 28. Mai 2014, UR01-16-2014, wurde der x GmbH, x, x, aufgetragen, auf dem Grst. x, KG x, Stadtgemeinde Braunau am Inn, eine im Folgenden näher beschriebene Anzahl an Abfällen zu entfernen und einer fachgerechten Entsorgung zuzuführen (weiters wird im Spruch vorgeschrieben, wie und bis wann die Abfälle zu entsorgen sind):
„
27. 1 Stück Kunststoffbehälter; stark beschädigt,
Aus dem Bereich nördlich des Betriebsgebäudes:
30. Juli 2014
2. Der Bescheid wurde dem damaligen Rechtsvertreter der x GmbH, Dr. x, x Straße x, x, laut Rückschein am 3. Juni 2014 zugestellt. Mit Beschluss des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 26. Juni 2014, 17 S 24/14g, wurde über das Vermögen der x GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und Frau Mag. x, Rechtsanwälte x und x KG, xplatz x, x, zur Insolvenzverwalterin bestellt. Diese erhob als nunmehrige Insolvenzverwalterin der x GmbH am 1. Juli 2014 binnen offener Frist Beschwerde gegen den oben zitierten Bescheid.
Die Bezirkshauptmannschaft Braunau hat den gegenständlichen Verfahrensakt mit Schreiben vom 7. Juli 2014 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt (Einlangen am 14. Juli 2014).
II.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den gegenständlichen Verfahrensakt sowie durch Einholung einer ergänzenden fachlichen Stellungnahme des Amtssachverständigen für Abfallchemie und Abfalltechnik. Diese wurde den Verfahrensparteien zur Wahrung des Parteiengehörs übermittelt.
Da die Sachlage bereits aufgrund des Inhalts des vorgelegten Verwaltungsaktes ausreichend klar war und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht auch von der Beschwerdeführerin nicht beantragt worden war, konnte von einer Durchführung derselben abgesehen werden.
III. Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt steht fest:
Im Rahmen eines Lokalaugenscheines am 1. April 2014 wurde vom Amtssachverständigen für Abfallchemie und Abfalltechnik auf dem Grundstück der ehemaligen x GmbH, x, x, Grst.Nr. x, KG x festgestellt, dass auf diesem Gelände eine größere, in dem von ihm am 1. April 2014 aufgenommenen Befund näher beschriebene Anzahl an Gegenständen bzw. Teilen gelagert wurde. Das Grundstück war dabei frei zugänglich.
Die Gegenstände wurden im Befund mit Hinweisen auf die für jeden Gegenstand angefertigten Lichtbilder genau beschrieben, samt örtlicher Lage auf dem Gelände und Beschreibung der Fläche, auf der die Gegenstände gelagert wurden (befestigt, witterungsgeschützt/witterungsungeschützt). Weiters wurde ausgeführt, dass bei den aufgelisteten Gegenständen Zweifel an der bestimmungsgemäßen Verwendbarkeit bestehen und durch deren Lagerung eine mögliche Gefährdung der Umwelt hervorgerufen werden könne.
Im Gutachten wurden der Behörde verschiedene Maßnahmen vorgeschlagen, die sich insbesondere auf die abgestellten Behältnisse mit Öl, auf die Gasentladungslampen und auf den angefallenen Bauschutt beziehen.
Ursprünglich hatte die x GmbH, x, x, auf dem Betriebsgelände am selben Standort eine Glasproduktion betrieben. Über die x GmbH wurde laut Firmenbuch im Juni 2011 ein Sanierungsverfahren eröffnet, das im Oktober desselben Jahres in ein Konkursverfahren abgeändert wurde. Das Konkursverfahren wurde schließlich mit Gerichtsbeschluss vom 27. Februar 2013 mangels Kostendeckung aufgehoben und die Firma wurde gemäß § 40 Firmenbuchgesetz wegen Vermögenslosigkeit gelöscht. Gemäß § 40 Firmenbuchgesetz kann eine Kapitalgesellschaft, die kein Vermögen besitzt, auf Antrag der nach dem Sitz der Gesellschaft zuständigen gesetzlichen Interessenvertretung oder der Steuerbehörde oder von Amts wegen gelöscht werden; mit der Löschung gilt die Gesellschaft als aufgelöst. Im Insolvenzverfahren betreffend die x GmbH wurde auch die Schließung des Produktionsbetriebes in Braunau mit Ausnahme der Lohnverrechnung angeordnet. Geschäftsführer der x GmbH war Herr Dkfm. x.
Laut Firmenbuchauszug war Herr Dkfm. x auch Geschäftsführer der x GmbH, x, x. Über die x GmbH wurde mit Beschluss des Landesgerichtes Ried vom 26. Juni 2014 der Konkurs eröffnet und die Gesellschaft infolge der Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst sowie Frau Mag. x zur Insolvenzverwalterin im laufenden Insolvenzverfahren bestellt. Als Insolvenzverwalterin der x GmbH brachte sie auch die gegenständliche Beschwerde ein.
Am 28. Mai 2014 erließ der Bezirkshauptmann von Braunau den angefochtenen Bescheid, UR01-16-2014, mit dem der x GmbH aufgetragen wurde, die im Spruch näher bezeichneten Gegenstände zu entfernen und fachgerecht zu entsorgen. Betreffend die Metallölfässer und die Leuchtstofflampen wurde eine sofortige Entsorgung aufgetragen, betreffend die übrigen Gegenstände eine Entsorgung bis 30. Juli 2014.
Begründend wurde im gegenständlichen Bescheid ausgeführt, dass es sich um die ehemalige Betriebsanlage der x GmbH handle, auf der seit der Betriebseinstellung und dem Abschluss des Konkursverfahrens über deren Vermögen diverse Gegenstände gelagert werden, die nicht mehr bestimmungsgemäß verwendet werden und deren Lagerung möglicherweise Gefährdungen der Umwelt hervorrufen können. Das Betriebsgelände stehe nunmehr im Eigentum der x GmbH, welche die Lagerung der Abfälle nicht nur dulde, sondern ihr auch allem Anschein nach zugestimmt habe.
Bei der Beurteilung der Erfüllung des objektiven Abfallbegriffs werden eine mögliche Beeinträchtigung der nachhaltigen Nutzung von Wasser und Boden, eine Verunreinigung der Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus sowie eine mögliche Gefährdung der Gesundheit von Menschen als gegeben angenommen, was zur Bejahung der Erfüllung des objektiven Abfallbegriffs im angefochtenen Bescheid führt. Weiters stelle das Betriebsgelände auch keinen geeigneten Ort zum Sammeln oder Lagern von Abfällen dar.
Gegen diesen Bescheid hat die zwischenzeitig zur Insolvenzverwalterin der x GmbH bestellte Rechtsanwältin Frau Mag. x, Rechtsanwälte x und Partner KG, xplatz x, am 1. Juli 2014 binnen offener Frist Beschwerde erhoben.
Darin wird beantragt, den Bescheid ersatzlos aufzuheben. Begründend wird ausgeführt, dass die vorgefundenen Gegenstände im Eigentum der x GmbH stünden und die Bescheidadressatin Liegenschaftseigentümerin sei. Die Gegenstände würden auch den Abfallbegriff nicht erfüllen – in subjektiver Hinsicht nicht, da sich die Bescheidadressatin der Gegenstände nicht entledigt habe und sich ihrer auch nicht entledigen wolle und in objektiver Hinsicht nicht, da durch die Ablagerung von Siedlungsabfall (Gips, Karton, Kartonboxen, Gewebefilterschläuche, Schreibtischsesseln, Kartonagen, Glasbruchstücke, etc.) auf einem 30.000 m² großen Betriebsareal keine öffentlichen Interessen gefährdet seien.
Weiters sei die für die Entsorgung festgesetzte Frist bis 30. Juli 2014 bei weitem zu kurz und daher nicht angemessen, da der Bescheid mit 1. Juli 2014 in Rechtskraft erwachse und die Insolvenzverwalterin erst mit Beschluss vom
26. Juni 2014 bestellt wurde und es unabhängig von der Masseinsuffizienz auch aus zeitlichen Gründen unmöglich wäre, innerhalb einer Frist von nicht einmal einem Monat entsprechende Entsorgungsarbeiten zu veranlassen.
Das Landesverwaltungsgericht hat vom Amtssachverständigen für Abfallchemie und Abfalltechnik eine ergänzende Stellungnahme zur Frage eingeholt, ob es sich beim Inhalt der vorgefundenen Fässer um ölhaltige Flüssigkeiten gehandelt hat, wovon aufgrund der Etikettierungen der Fässer auszugehen ist. Die Beschwerdeführerin hat dazu keine Äußerung abgegeben.
Im Behördenakt findet sich weiters eine von der Firma x Schrotthandel und Containerverleih, x, per e-mail vom 28. Mai 2014 der Behörde übermittelte, am 23. April 2014 abgeschlossene Vereinbarung zwischen der x GmbH, unterzeichnet von Herrn x und der x Schrotthandel und Containerverleih, unterzeichnet von Herrn x, in der die x GmbH (im Text genannt: x) bestätigt, dass sie über die Liegenschaft x, samt Inventar frei verfügen kann und berechtigt ist, Teile davon zu veräußern. Der Geschäftsführer der x, Herr x, erteilt der Firma x darin den Auftrag, Anlagen und Gebäudeteile wie Gemengehaus und Schornstein sowie Inventar aus den Betriebsgebäuden und dem Betriebsgeländer der x zu demontieren und abzutransportieren. Die Vergütung der anfallenden Metalle erfolgt laut Vereinbarung in bar oder per Überweisung zum monatsüblichen Preis an die x, sofern nach Endabrechnung ein entsprechendes Guthaben übrig bleibt. Nach weiteren Ausführungen betreffend die Kostentragung und Haftung für weitere Beschädigungen endet die Vereinbarung mit dem Satz „Nicht metallische Abfälle verbleiben auf dem Betriebsgelände, es sei denn, dass diese über die Vermittlung von x frei von jedweden Lasten von dritten Partnern entsorgt werden können.“
Weiters liegt dem Behördenakt ein Aktenvermerk vom 27. Juni 2014 bei, in dem festgehalten wurde, dass die Insolvenzverwalterin der x GmbH am selben Tag vor der Behörde erschienen sei und mitgeteilt habe, dass das Konkursverfahren über die x GmbH eröffnet und sie zur Masseverwalterin bestellt worden sei. Weiters berichtete sie der Behörde, dass sie die notwendigsten Sicherungsmaßnahmen des Betriebsgeländes veranlasst habe und dabei sei, die Abfälle zu räumen.
IV. Rechtsgrundlagen:
Gemäß § 2 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) sind Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes bewegliche Sachen,
1. deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder
2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.
§ 2 Abs. 2 und 3 AWG 2002 lauten:
„(2) Als Abfälle gelten Sachen, deren ordnungsgemäße Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich ist, auch dann, wenn sie eine die Umwelt beeinträchtigende Verbindung mit dem Boden eingegangen sind. Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse kann auch dann erforderlich sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann.
(3) Eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist jedenfalls so lange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, solange
1. eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder
2. sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungs-gemäßen Verwendung steht.
Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung von Mist, Jauche, Gülle und organisch kompostiertierbarem Material als Abfall ist dann nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, wenn diese im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes anfallen und im unmittelbaren Bereich eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes einer zulässigen Verwendung zugeführt werden.“
Gemäß § 15 Abs. 1 leg.cit. sind bei der Sammlung, Beförderung, Lagerung und Behandlung von Abfällen und beim sonstigen Umgang mit Abfällen
1. die Ziele und Grundsätze gemäß § 1 Abs. 1 und 2 zu beachten,
2. Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) zu vermeiden.
§ 15 Abs. 3 leg.cit. normiert, dass Abfälle außerhalb von
1. hierfür genehmigten Anlagen oder
2. für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden dürfen. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hierfür genehmigten Deponien erfolgen.
Gemäß § 1 Abs. 3 AWG 2002 ist im öffentlichen Interesse die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls
1. die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,
2. Gefahren für Wasser, Luft, Boden, Tiere oder Pflanzen und deren natürlichen Lebensbedingungen verursacht werden können,
3. die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,
4. die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,
5. Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,
6. Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,
7. das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,
8. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder
9. Orts- und Landschaftsbild sowie Kulturgüter erheblich beeinträchtigt werden können.
§ 1 Abs. 1 und 2 leg.cit. lauten wie folgt:
„(1) Die Abfallwirtschaft ist im Sinne des Vorsorgeprinzips und der Nachhaltigkeit danach auszurichten, dass
1. schädliche oder nachteilige Einwirkungen auf Mensch, Tier und Pflanze, deren Lebensgrundlagen und deren natürliche Umwelt vermieden oder sonst das allgemeine menschliche Wohlbefinden beeinträchtigende Einwirkungen so gering wie möglich gehalten werden,
2. die Emissionen von Luftschadstoffen und klimarelevanten Gasen so gering wie möglich gehalten werden,
3. Ressourcen (Rohstoffe, Wasser, Energie, Landschaft, Flächen, Deponievolumen) geschont werden,
4. bei der stofflichen Verwertung die Abfälle oder die aus ihnen gewonnenen Stoffe kein höheres Gefährdungspotenzial aufweisen als vergleichbare Primärrohstoffe oder Produkte aus Primärrohstoffen und
5. nur solche Abfälle zurückbleiben, deren Ablagerung keine Gefährdung für nachfolgende Generationen darstellt.
(2) Diesem Bundesgesetz liegt folgende Hierarchie zugrunde:
1. Abfallvermeidung;
2. Vorbereitung zur Wiederverwendung;
3. Recycling;
4. sonstige Verwertung, z.B. energetische Verwertung;
5. Beseitigung.“
Gemäß § 73 Abs. 1 leg.cit. hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen dem Verpflichteten mit Bescheid aufzutragen oder das rechtswidrige Handeln zu untersagen, wenn
1. Abfälle nicht gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnungen, nach EG-VerbringungsV oder nach EG-POP-V gesammelt, gelagert, befördert, verbracht oder behandelt werden oder
2. die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) geboten ist.
§ 74 Abs. 1 und 2 AWG 2002 lauten:
„(1) Ist der gemäß § 73 Verpflichtete nicht feststellbar, ist er zur Erfüllung des Auftrags rechtlich nicht imstande oder kann er aus sonstigen Gründen nicht beauftragt werden, so ist der Auftrag nach Maßgabe der folgenden Absätze dem Eigentümer der Liegenschaft, auf der sich die Abfälle befinden, zu erteilen. Ersatzansprüche des Liegenschaftseigentümers an den gemäß § 73 Verpflichteten bleiben unberührt.
(2) Eine Haftung des Liegenschaftseigentümers besteht, wenn er der Lagerung oder Ablagerung entweder zugestimmt oder diese geduldet und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat. Die Rechtsnachfolger des Liegenschaftseigentümers haften, wenn sie von der Lagerung oder Ablagerung Kenntnis hatten oder bei gehöriger Aufmerksamkeit Kenntnis haben mussten. Die Haftung des Liegenschaftseigentümers und der Rechtsnachfolger besteht nicht bei gesetzlichen Duldungspflichten.“
V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
1. Zuerst ist der Frage nach dem Adressaten des von der Behörde erteilten Behandlungsauftrags gemäß § 73 AWG 2002 nachzugehen: Im angefochtenen Bescheid wird die x GmbH als Liegenschaftseigentümerin zur Entsorgung der vorgefundenen Gegenstände verpflichtet. Die Insolvenzverwalterin führt in ihrer Beschwerde begründend aus, dass die x GmbH nicht Eigentümerin der vom Behandlungsauftrag umfassten Gegenstände sei, sondern dass diese im Eigentum der x GmbH stünden. Mangels Eigentümerschaft und da sich die Gegenstände nicht in ihrem Gewahrsam befänden, könne sich die x GmbH auch nicht der Gegenstände entledigen, daher sei der subjektive Abfallbegriff auch nicht erfüllt.
Laut Firmenbuch wurde das über die x GmbH, x, verhängte Konkursverfahren mit Gerichtsbeschluss vom 27. Februar 2013 mangels Kostendeckung aufgehoben und die Firma wurde gemäß § 40 Firmenbuchgesetz wegen Vermögenslosigkeit gelöscht. Mit der Löschung gilt die Gesellschaft als aufgelöst. Im Rahmen des Konkursverfahrens wurde auch die Schließung des Produktionsbetriebes in Braunau mit Ausnahme der Lohnverrechnung angeordnet. Geschäftsführer der x GmbH war Herr Dkfm. x.
Herr Dkfm. x war auch Geschäftsführer der x GmbH, x, x, über die mit Beschluss des Landesgerichtes Ried vom 26. Juni 2014 ebenfalls der Konkurs eröffnet und die Gesellschaft infolge der Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst sowie Frau Mag. x zur Insolvenzverwalterin im laufenden Insolvenzverfahren bestellt wurde.
Dies bedeutet, dass die x GmbH aufgrund der verfügten Löschung gemäß § 40 Firmenbuchgesetz nicht mehr als Adressatin des behördlichen Behandlungsauftrages betreffend die am Betriebsgelände x, x, befindlichen Gegenstände in Frage kommt.
In der dem Behördenakt beiliegenden Vereinbarung vom 23. April 2014 zwischen der x GmbH, vertreten durch Herrn x, mit der Firma x Schrotthandel und Containerverleih bestätigt die x GmbH, dass sie über die Liegenschaft x, x, samt Inventar frei verfügen kann und berechtigt ist, Teile davon zu veräußern.
Der Verpflichtete gemäß § 73 Abs. 1 ist in der Regel derjenige, der einen Abfall ordnungswidrig sammelt, lagert, befördert oder behandelt oder diese ordnungswidrige Vorgangsweise veranlasst (VwGH 27.5.1997, 94/05/0087). Dieser muss nicht Eigentümer der vom Behandlungsauftrag umfassten Gegenstände sein (siehe VwGH 27.2.1996, 94/05/0325). Verpflichteter ist derjenige, der die Gefahr einer Beeinträchtigung verursacht hat oder dem sie aus anderen Gründen zuzurechnen ist (VwGH 23.1.1996, 93/05/0137).
Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Behandlungsauftrages war die x GmbH verfügungsberechtigt über die gelagerten, vom Behandlungsauftrag umfassten Gegenstände, somit ist ihr die Gefahr einer Beeinträchtigung auch zuzurechnen und sie kommt als Verpflichtete im Sinn des § 73 Abs. 1 Z. 2 AWG 2002 in Frage.
Selbst wenn man die direkte Verpflichtung der x GmbH als Adressatin des gegenständlichen Behandlungsauftrages verneinen würde, käme darüber hinaus die subsidiäre Verpflichtung als Liegenschaftseigentümerin gemäß § 74 AWG 2002 in Betracht:
Es handelt sich dabei um einen Anwendungsfall des § 74 Abs. 1 2. Variante („ist der gemäß § 73 Verpflichtete zur Erfüllung des Auftrags rechtlich nicht imstande“). Somit ist zu prüfen, ob die Subsidiärhaftung des Liegenschaftseigentümers gemäß § 74 Abs. 2 vorliegt. Diese besteht dann, wenn der Liegenschaftseigentümer der Lagerung oder Ablagerung entweder zugestimmt oder diese geduldet und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat.
Herr Dkfm. x war sowohl Geschäftsführer der x GmbH als auch der x GmbH. Als solcher ist er mit den relevanten Vorgängen betreffend die Betriebsführung bzw. jenen rechtlicher Natur in den von ihm geführten Gesellschaften vertraut und es ist aus diesem Grund davon auszugehen, dass die x GmbH die Lagerungen der Gegenstände zumindest geduldet hat und folglich auch zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat, da diese Gegenstände im Produktionsbetrieb der ebenfalls von Herrn Dkfm. x geführten x GmbH angefallen bzw. verwendet worden sind.
Darüber hinaus hat die x GmbH in der mit der Firma x am 23. April 2014 abgeschlossenen Vereinbarung sogar bestätigt, sowohl über die Liegenschaft, als auch über das Inventar der Liegenschaft x, verfügungsberechtigt zu sein.
Somit würde auch die Prüfung der Subsidiärhaftung gemäß § 74 AWG 2002 zur x GmbH als Bescheidadressatin führen.
2. Entscheidend für die Erteilung eines Behandlungsauftrages gemäß § 73
AWG 2002 ist die Beurteilung der Abfallqualität der vom Spruch des angefochtenen Bescheides umfassten Gegenstände: Um eine Sache als Abfall im Sinn des AWG 2002 einzustufen, muss gemäß § 2 Abs. 1 AWG 2002 entweder der subjektive (= Entledigung bzw. Entledigungsabsicht) oder der objektive Abfallbegriff (= mögliche Beeinträchtigung von öffentlichen Interessen im Sinn des § 1 Abs. 3 AWG 2002) erfüllt sein.
Es kommt dabei nicht darauf an, dass eine konkrete Gefahrensituation nachweisbar ist (ständige Judikatur des VwGH; vgl. z.B. VwGH 2010/07/0144 vom 28.11.2013).
Zum subjektiven Abfallbegriff:
Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 AWG 2002 sind Abfälle bewegliche Sachen, deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat. Als Entlediger ist derjenige anzusehen, der die tatsächliche Sachherrschaft über die Sache inne hat (VwGH 27.11.2012, 2009/10/0088).
In der bereits mehrfach zitierten Vereinbarung zwischen der x GmbH und der Firma x vom 23. April 2014 bestätigt die x GmbH, sowohl über die Liegenschaft, als auch über das Inventar der Liegenschaft x, verfügungsberechtigt zu sein.
Im letzten Satz der Vereinbarung vom 23. April 2014 zwischen der x GmbH und der Firma x wird erwähnt, dass nicht metallische Abfälle auf dem Betriebsgelände verbleiben, es sei denn, dass diese über die Vermittlung der Firma x frei von jedweden Lasten von dritten Partnern entsorgt werden können. Damit wird klar, dass grundsätzlich auch eine Entledigungsabsicht betreffend nicht metallische Abfälle (und nicht nur bezüglich der Metallabfälle, bei deren „Entsorgung“ ein Preis zu erzielen ist) besteht, dass die Abfälle jedoch aufgrund der prekären finanziellen Situation der x GmbH bei deren Entsorgung keine Kosten verursachen sollten. Es ist somit bereits in subjektiver Hinsicht anzunehmen, dass eine Entledigungsabsicht seitens der x GmbH besteht, dass die Entledigung allerdings aus finanziellen Gründen nur dann stattfinden soll, wenn sie kostenfrei ist.
Im Behördenakt befindet sich weiters ein Aktenvermerk vom 27. Juni 2014 darüber, dass die Insolvenzverwalterin der Seven Stars Vermögensverwaltung GmbH der Behörde berichtet hat, dass sie die notwendigsten Sicherungsmaßnahmen des Betriebsgeländes veranlasst hat und dabei sei, die Abfälle zu räumen. Es besteht also kein Zweifel daran, dass auch nach der Absicht der Insolvenzverwalterin die vom Behandlungsauftrag umfassten Gegenstände keiner weiteren Verwendung zugeführt, sondern entsorgt werden sollen.
Es wurde also weder vom Geschäftsführer der x GmbH, noch von der Insolvenzverwalterin derselben im Rahmen des Verfahrens jemals behauptet, dass die vom Behandlungsauftrag umfassten Gegenstände noch weiter verwendet werden sollen. Im Gegenteil sollen sowohl nach dem Inhalt der Vereinbarung vom 23. April 2014 zwischen der x GmbH und der Firma x die Abfälle – soweit kostenfrei möglich –, als auch nach Aussage der Insolvenzverwalterin gegenüber der Behörde am 27. Juni 2014 geräumt und entsorgt werden.
Somit kann bereits der subjektive Abfallbegriff als erfüllt angenommen werden.
Obwohl bereits die Erfüllung des subjektiven Abfallbegriffs für die Beurteilung von Gegenständen als Abfall ausreicht, wird darüber hinaus noch die Abfalleigenschaft der vom Behandlungsauftrag umfassten Gegenstände im objektiven Sinn geprüft:
Die vom Amtssachverständigen für Abfallchemie und Abfalltechnik im Rahmen des Lokalaugenscheins am 1. April 2014 aufgenommene Fotodokumentation zeigt die vom Behandlungsauftrag umfassten Gegenstände in eindeutiger und unverwechselbarer Weise und ermöglicht Schlüsse über den Zustand der vorgefundenen Gegenstände.
Der Amtssachverständige hat in seinem Befund festgehalten, dass das Betriebsgelände frei zugänglich war, d.h. jedermann hat Zutritt zu dem Gelände, das nicht gegen unberechtigtes Betreten geschützt ist. Dies ermöglicht z.B. vor allem spielenden Kindern, das Gelände zu betreten, ohne ein Hindernis überwinden zu müssen, und sich darin frei zu bewegen. Ein Hantieren mit den vorgefundenen Gegenständen ist ebenso möglich wie ein Hinaufklettern. Besondere Verletzungsgefahr geht z.B. von den großen Mengen an vorgefundenem Glasbruch oder auch von den Gasentladungslampen (Leuchtstoffröhren) aus, bei deren Bruch zusätzlich gesundheitsschädliche Dämpfe entströmen. Aber auch ein Herumklettern auf den Holzpaletten, dem angehäuften Bauschutt, dem verunreinigten Quarzsandhaufen, den stark verwitterten Holzboxen oder ein Hantieren mit den herumliegenden Filterschläuchen mit Filterstaub, dem Dämmmaterial, den flüssigkeitsgefüllten Fässern bzw. Behältern birgt eine Verletzungsgefahr bzw. Gesundheitsgefährdung beim eventuellen Einatmen von austretenden Dämpfen bzw. Stäuben. Somit ist das öffentliche Interesse gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 AWG 2002 betreffend die mögliche Gefährdung der Gesundheit von Menschen durch die vorgefundenen Gegenstände jedenfalls beeinträchtigt.
Darüber hinaus sind verschiedene Gegenstände auf dem Betriebsareal gelagert, die nicht witterungsgeschützt sind und bezüglich derer es im Fall von Niederschlägen zur Verunreinigung der Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus im Sinn des § 1 Abs. 3 Z. 4 AWG 2002 bzw. auch zu einer Beeinträchtigung der nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden im Sinn des § 1 Abs. 3 Z. 3 leg. cit. kommen kann. Hier sind insbesondere die vorgefundenen Fässer mit zum Teil nicht erkennbaren, meist ölhaltigen Flüssigkeiten, aber auch die großen Mengen an Gasentladungslampen (Leuchtstoffröhren), metallhaltigen Gegenstände (zB. Alteisenteile) und das Dämmmaterial zu erwähnen.
Die großen Mengen an vorgefundenen Lebensmittelverpackungen können aufgrund von Restinhalten an Lebensmitteln vermehrt Schadnager und Ungeziefer anlocken, was ein Auftreten bzw. eine Vermehrung von Krankheitserregern im Sinn des § 1 Abs. 3 Z. 7 leg. cit. begünstigen kann.
Insgesamt liegt bei den vorgefundenen Gegenständen keinerlei bestimmungsgemäße Verwendung (mehr) vor bzw. ist diese in den meisten Fällen auch gar nicht mehr möglich, da die Gegenstände durchwegs so stark beschädigt sind, dass eine solche auszuschließen ist.
Aufgrund der möglichen Beeinträchtigung der oben angeführten öffentlichen Interessen im Sinn des § 1 Abs. 3 AWG 2002 ist somit auch der objektive Abfallbegriff hinsichtlich der vom angefochtenen Behandlungsauftrag umfassten Gegenstände als erfüllt anzusehen.
Somit war die Beschwerde abzuweisen und der Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 28. Mai 2014, UR01-16-2014, zu bestätigen.
Die im angefochtenen Bescheid vorgeschriebene Entsorgungsfrist ist bereits abgelaufen und wird aufgrund des Zeitpunktes der Erlassung des vorliegenden Erkenntnisses auf 1. Dezember 2014 erstreckt.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Maga. Katja Hörzing