LVwG-250022/2/SCH/TK/MSt

Linz, 28.08.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Gustav Schön über die Beschwerde x vom 8. Juli 2014, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 8. Juli 2014, BHPE-2014-63076/7-MU, betreffend Abweisung des Antrages der Frau x, vom 5. Mai 2014 auf Bewilligung des sprengelfremden Besuches des x, an der Polytechnischen Schule x

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und der behördliche Bescheid bestätigt.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I. 1. Mit Bescheid vom 8. Juli 2014, BHPE-2014-63076/7-MU, hat die Bezirkshauptmannschaft Perg den Antrag der Frau x vom 24. März 2014 bzw. 5. Mai 2014 auf sprengelfremden Schulbesuch ihres Sohnes x, wohnhaft x, in der Polytechnischen Schule x ab dem Schuljahr 2014/2015 gemäß § 47 Oö. Pflichtschulorganisationsgesetz 1992 (Oö. POG 1992), LGBl. Nr. 35/1992, idgF, abgewiesen.

 

Die Entscheidung durch die Behörde war gemäß § 47 Abs.1 Oö. POG 1992 geboten, zumal es zu keiner Einigung zwischen den beteiligten Gemeinden, nämlich der x als Schulerhalterin der sprengelmäßig auch für den Wohnsitz des betroffenen Schülers in x zuständige Gemeinde und der x, gekommen war.

In der entsprechenden Stellungnahme der x vom 10. Juni 2014 heißt es begründend, dass die Schüler für die Aufrechterhaltung der Organisationsform (drohende Verminderung der Klassenzahlen der Polytechnischen Schule x) notwendig sind. Weiters biete die Polytechnische Schule x erstmals im Herbst eine Nachmittagsbetreuung in der Schule an. Laut Umschulungsansuchen sei dies in der gewünschten Schule x nicht gegeben.

Seitens der x könne daher diesem Umschulungsansuchen nicht zugestimmt werden.

 

2. Gegen den eingangs angeführten Bescheid hat die x rechtzeitig eine begründete Beschwerde erhoben.

Diese wurde von der belangten Behörde samt dem Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Dieses hat gemäß § 2 VwGVG durch den zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs.4 VwGVG abgesehen werden.

 

3. Gemäß § 47 Abs.1 Oö. POG 1992 ist der Besuch einer öffentlichen Pflichtschule durch einen dem Schulsprengel nicht angehörigen Schulpflichtigen (sprengelfremder Schulbesuch), von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen, nur aufgrund einer spätestens 2 Monate vor dem beabsichtigten sprengelfremden Schulbesuch bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bereich die sprengelmäßig zuständige Schule liegt, zu beantragenden Bewilligung zulässig.

§ 47 Abs.4 Oö. POG normiert zwingende Versagungsgründe, die gegenständlich nach der Aktenlage von Vornherein nicht in Betracht kommen.

Relevant im gegenständlichen Fall ist dem gegenüber der Versagungsgrund des § 47 Abs. 5 Z 2 Oö. POG 1992.

Dort heißt es, dass die Bewilligung versagt werden kann, wenn die mit dem sprengelfremden Schulbesuch für den Schulpflichtigen verbundenen Vorteile die bei der Schulsprengelfestsetzung zu berücksichtigenden Interessen nicht überwiegen.

Von der Antragstellerin wurde im Antrag auf Bewilligung des sprengelfremden Schulbesuches begründend Folgendes ausgeführt:

„Wir haben unseren Lebensmittelpunkt in x bzw. in der näheren Umgebung. Einige Verwandte und Bekannte von uns wohnen in x, wo dann auch für unser Kind x eine Nachmittagsbetreuung nach der Schule gesichert ist. Weiters wohnen auch einige Freunde von x in x“.

Im Rahmen des von der Behörde gewährten Rechtes auf Parteienverkehr hat Herr x – ganz offenkundig als Vertreter der Antragstellerin im Sinne des § 10 Abs. 4 AVG – der zitierten Begründung nach Folgendes hinzugefügt:

„Mein Arbeitsplatz ist in x und ich pendle täglich von x zur Arbeitsstätte. Mein Arbeitsbeginn passt sehr gut mit dem Beginn der Unterrichtszeit zusammen, sodass ich meinen Sohn mit zur Schule nehmen kann. Es wird auch möglich sein ihn des Öfteren beim Heimweg mitzunehmen. Mein Sohn möchte wieder dem Kletterverein x beitreten und  dort klettern. Der Vollständigkeit halber führe ich an, dass mein Sohn nächste Woche bei einer Baufirma in x schnuppern wird und er sich in diese Richtung hin ausbilden wird.

 

Ich möchte noch anführen, dass mein älterer Sohn bereits die PTS x besucht hat und ich mit dieser Schule gute Erfahrungen gemacht habe.“

 

4. In seinem Erkenntnis vom 27.11.1995, GZ. 93/10/0209, hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits mit den Versagungsgründen des § 47 Abs. 5 Oö. POG auseinandergesetzt. Demnach ist der Behörde bei dieser Bestimmung Ermessen eingeräumt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt das Wesen einer Ermessungsentscheidung (Ausübung des Ermessens) darin, dass zwei oder mehrere Lösungen dem Gesetz entsprechen, das Verwaltungsorgan also die Wahl zwischen mindestens zwei gesetzmäßigen Entscheidungsvarianten hat. Ermessen ist stets im Sinne des Gesetzes (Art. 130 Abs. 2 BVG) zu üben. Zu ermitteln und letztlich zu würdigen ist sohin aufgrund der gesetzlichen Vorgabe des § 47 Abs. 5 Z2 Oö. POG 1992 der Sachverhalt dahingehend, ob die für den Schulpflichtigen verbundenen Vorteile die bei der Schulsprengelfestsetzung zu berücksichtigenden Interessen überwiegen oder nicht.

Gemäß § 44 Abs. 1 Oö. POG 1992 gilt für die öffentlichen Polytechnischen Schulen § 40 sinngemäß.

Damit umfasst der Schulsprengel einer Polytechnischen Schule das Gebiet, in dem die für die Schule in Betracht kommenden schulpflichtigen Kinder, denen der Schulweg zumutbar ist, wohnen.

Gemäß § 46 Abs. 1 Oö. POG 1992 sind sprengelzugehörig jene Schulpflichtigen, die im Schulsprengel wohnen.

Somit knüpft das Gesetz im Hinblick auf die Vorschriften zum Schulsprengel an das Territorialitätsprinzip an. Wohnt ein Schulkind im entsprechenden Schulsprengel, dann hat es die vorgesehene Sprengelschule zu besuchen und ist gemäß § 46 Abs. 2 Oö. POG 1992 auch dort aufzunehmen. Bei der Festsetzung des Schulsprengels hat die Behörde zu bedenken, dass der Schulweg für die dort wohnenden Schüler auch zumutbar ist. Hat die Behörde unter Bedachtnahme auf diese Grundsätze einen Schulsprengel festgesetzt, dann ist der Schulbesuch in diesem Sprengel der Regelfall und der sprengelfremde Schulbesuch die Ausnahme.

In diesem Sinne ist die ablehnende Stellungnahme der sprengelzuständigen Stadtgemeinde x durchaus nachvollziehbar, wenn sie bei – offenkundig mehreren gegenständlich vorliegenden – Umschulungsansuchen, wenn diese bewilligt werden, die Aufrechterhaltung der Organisationsform der Polytechnischen Schule x bedroht sieht.

Unbeschadet dieser Erwägungen ist naturgemäß zu prüfen, wie relevant die Gründe sind, den beantragten sprengelfremden Schulbesuch dennoch zu bewilligen. Im (1.) Antrag vom 24. März 2014 führt die Antragstellerin aus, „wir“, offenkundig gemeint die Familie x, hätte ihren Lebensmittelpunkt in x bzw. in der näheren Umgebung. Diesem Umstand kann aber in rechtlicher Hinsicht nur äußerst geringe Relevanz zukommen. Jeder Person steht es naturgemäß frei, seinen Freundeskreis in der Wohnsitzgemeinde oder in der Nachbargemeinde zu suchen und Kontakte zu pflegen. Daraus abzuleiten, dass dadurch auch der sprengelfremde Schulbesuch wesentliche Vorteile für einen Schüler bringen würde, erscheint doch weit herbeigeholt. Die von der Antragstellerin angesprochene Frage der Nachmittagsbetreuung für ihren Sohn ist gleichfalls nicht von jener Gewichtung, die einen sprengelfremden Schulbesuch rechtfertigen könnte. Abgesehen davon, dass bei einem Kind im 15. Lebensjahr diese Frage von Vornherein nicht mehr jene Rolle spielen kann wie etwa bei einem Volksschüler, wäre für eine Nachmittagsbetreuung auch in der sprengelzuständigen Polytechnischen Schule x – erstmals im Herbst dieses Jahres – gesorgt.

Der Vollständigkeit halber soll an dieser Stelle erwähnt werden, dass die belangte Behörde in ihrem Vorlageschreiben vom 21. Juli 2014 die unrichtige Feststellung im angefochtenen Bescheid, dass es in x keine Nachmittagsbetreuung gebe, richtig gestellt hat.

Im Ergebnis wäre also an beiden Schulen für eine Nachmittagsbetreuung gesorgt.

 

5. Zu den Einwendungen der Marktgemeinde x als Schulerhalterin der sprengelfremden Polytechnischen Schule in der Beschwerde ist zu bemerken:

In formeller Hinsicht ist es nach der Aktenlage unzutreffend, wenn behauptet wird, die Behörde habe das Verfahren nicht mit Frau X, sondern mit Herrn X geführt. Zur Erörterung des Sachverhaltes auf der Behörde am 3. Juli 2014 ist zwar Herr X erschienen, dies aber ganz offenkundig als Vertreter der Antragstellerin. Im Übrigen wäre es dieser ja frei gestanden, auch zu diesem Termin zu erscheinen bzw. allenfalls in anderer Form noch eine ergänzende Stellungnahme abzugeben.

Letzten Endes wäre es ihr auch möglich gewesen, allfällige weitere Gründe in einer Beschwerde gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid darzulegen.

In der erwähnten Niederschrift vom 3. Juli 2014 hat, wie schon oben ausgeführt, eine Ergänzung der Begründung des Ansuchens stattgefunden. Besonders wurde hingewiesen darauf, dass die Möglichkeit bestünde, den Schulpflichtigen vom Vater auf seinem Weg zum Arbeitsplatz zur Schule mitzunehmen und fallweise auch nach Unterrichtsschluss wiederum nach Hause zu befördern, was durchaus nachvollziehbar ist, wenn von x zum Arbeitsplatz nach x gefahren wird, also die Gemeinde x tangiert wird.

Angesichts der Tatsache, dass nach Kenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich allerdings auch die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zwischen x und x durchaus zumutbar möglich ist - es gibt Bus- und Bahnverbindungen –, kann auch diese Tatsache nicht in relevantem Ausmaß für eine allfällige Bewilligung des Ansuchens ins Gewicht fallen.

Schließlich ist der Hinweis auf die Vorliebe des Schulpflichtigen für den Klettersport, den er bevorzugt in x ausüben möchte, zwar für die Antragstellerin aus ihrer Sicht möglicherweise ein relevanter Grund, für eine Rechtsentscheidung, bei der es um einen sprengelfremden Schulbesuch geht, kann dies aber keine Rolle spielen. Nicht nur, dass solche sportlichen Aktivitäten ohnehin nur in der Freizeit ausgeübt werden können, also mit dem Schulbesuch an sich gar nichts zu tun haben, kann es wohl nicht angehen, dass solche sehr subjektiven Interessen Auswirkungen auf die Frage, welche Schule zu besuchen ist, haben können.

 

6. Im Sinne der obigen Ausführungen ist daher eine Abwägung dahingehend vorzunehmen, ob die Bewilligung versagt werden kann, da die mit dem sprengelfremden Schulbesuch für den Schulpflichtigen verbunden Vorteile die bei der Schulsprengelfestsetzung zu berücksichtigende Interessen nicht überwiegen.

Die entsprechende Ermessensübung im Sinne des Gesetzes hat im Behördenverfahren durch die Behörde, im Beschwerdeverfahren durch das Verwaltungsgericht (Eder/Matschin/Schmied, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, K21 zu § 28 Abs. 4 VWGVG) zu erfolgen.

Aus der Begründungspflicht bei Ermessensentscheidungen (vgl. VwGH 11.6.1969, 1067/68) folgt, dass sich die Behörde – und das Verwaltungsgericht – begründet damit auseinanderzusetzen hat, weshalb das Ermessen in die eine oder andere Richtung geübt wurde.

Angesichts des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens kann die Annahme des Nichtvorliegens des obenzitierten Versagungsgrundes nicht mit dieser Begründungspflicht entsprechenden Entscheidung vertreten werden. Eine gesetzeskonforme Ermessenübung musste also im gegenständlichen Fall dazu führen, dass mangels Vorliegens gleichwertiger Entscheidungsalternativen nur in der Weise entschieden werden konnte, dass die Interessen der Schulsprengelfestsetzung bei ihrer Gewichtung der beantragten Bewilligung entgegen standen.

Im Ergebnis hat die belangte Behörde mit ihrer Entscheidung sohin rechtsrichtig gehandelt, sodass der Beschwerde dagegen keine Folge zu geben war.

 

 

 

Zu II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 


 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr. Gustav Schön