LVwG-150226/2/AL/WP
Linz, 11.08.2014
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Astrid Lukas über die Beschwerde des x, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Lichtenberg vom 19. März 2014, GZ: 810/3-2013/2014 hem, betreffend Ausnahme vom Anschlusszwang, den
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Der Beschwerde wird stattgegeben. Der Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Lichtenberg vom 19. März 2014, GZ: 810/3-2013/2014 hem, wird aufgehoben und die Angelegenheit wird gemäß § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der Gemeinde Lichtenberg zurückverwiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Schriftsatz vom 21. November 2011 beantragte der nunmehrige Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) die Ausnahme vom Anschlusszwang. Dieser – in der Berufung gegen die Feststellung des Anschlusszwangs eingebrachte – Antrag wurde vom Gemeinderat der Gemeinde Lichtenberg gem § 6 AVG an die zuständige Behörde, die Bürgermeisterin der Gemeinde Lichtenberg, weitergeleitet. Diese trug dem Bf mit Schreiben vom 16. Februar 2012 auf, einen Kostenvoranschlag über die Höhe der Anschlusskosten iSd § 3 Abs 2 Z 3 Oö. Wasserversorgungsgesetz bis 19. März 2012 beizubringen. Mit Schreiben vom 14. März 2012 ersuchte die Bürgermeisterin der Gemeinde Lichtenberg unter Bezugnahme auf ein – dem Akt nicht beiliegendes – Schreiben des Bf vom 7. März 2012 neuerlich um Beibringung eines Kostenvoranschlages bis 30. März 2012.
2. Mit Schreiben vom 22. März 2012 ersuchte der Bf um Fristerstreckung zur Beibringung des Kostenvoranschlages bis Mitte April 2012.
3. Mit Schreiben vom 2. Mai 2012 übermittelte der Bf einen Kostenvoranschlag der x Baugesellschaft m.b.H. Das Kostenanbot belief sich auf € 5.277,20.
4. Mit Schreiben vom 16. Mai 2012 forderte die Bürgermeisterin der Gemeinde Lichtenberg den Bf auf, iSd § 3 Abs 2 Z 1 und 2 Oö. Wasserversorgungsgesetz bis 15. Juni 2012 einen positiven Trinkwasserbefund sowie einen Nachweis über die Schüttmenge seiner eigenen Wasserversorgungsanlage beizubringen.
5. Mit Schreiben vom 29. Mai 2012 ersuchte der Bf die Bürgermeisterin der Gemeinde Lichtenberg um Bekanntgabe der Rechtsgrundlage für die Pflicht zur Beibringung eines Trinkwasserbefundes und um Bekanntgabe der durchschnittlichen Anschlusskosten im Gemeindegebiet der Gemeinde Lichtenberg.
6. Mit Schreiben vom 6. Juni 2012 verwies die Bürgermeisterin hinsichtlich des Trinkwasserbefundes und der Schüttmenge auf § 3 Abs 2 Oö. Wasserversorgungsgesetz. Zu den Anschlusskosten teilte die Bürgermeisterin mit, dass
diese Gegenstand des laufenden Verfahrens seien.
7. Mit Schreiben vom 13. Juni 2012 teilte der Bf im Hinblick auf die Kapazität der eigenen Wasserversorgungsanlage mit, dass das Objekt x seit November 2010 von zumindest 4 Personen bewohnt werde und stets ausreichend Wasser vorhanden gewesen sei. Seines Erachtens sei daher die Kapazität ausreichend belegt. Abschließend forderte der Bf die Bürgermeisterin wiederholt auf, die durchschnittlichen Anschlusskosten im Gemeindegebiet bekannt zu geben. Mit Schreiben vom 2. Juli 2012 urgierte der Bf nochmals im Hinblick auf die Bekanntgabe der durchschnittlichen Anschlusskosten im Gemeindegebiet.
8. Mit Schreiben vom 21. März 2013 forderte die Bürgermeisterin – unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 16. Mai 2012 – den Bf nochmals auf, einen positiven Trinkwasserbefund beizubringen. Dem Bf wurde dazu eine Frist bis zum 15. April 2013 eingeräumt. Dieses Schreiben wurde dem Bf am 26. März 2013 zugestellt.
9. Mit Schreiben vom 15. April 2013 übermittelte der Bf einen Trinkwasserbefund mit dem Ersuchen bekannt zu geben, ob die Übermittlung des Ergebnisses der Kontrolluntersuchung erforderlich ist.
10. Mit E-Mail vom 5. Juni 2013 wendete sich die Gemeinde Lichtenberg an das Amt der Oö. Landesregierung (Direktion Inneres und Kommunales) mit der Frage, wie hinsichtlich der durchschnittlichen Anschlusskosten im Gemeindegebiet vorzugehen sei. Seitens des Amtes der Oö. Landesregierung wurde mitgeteilt, dass „[i]n einem Verfahren zur Erlangung einer derartigen Ausnahme [...] grundsätzlich der Antragsteller [...] darzulegen [hat], dass die Anschlusskosten unverhältnismäßig hoch sind. Zur Überprüfung der Nachvollziehbarkeit eines dazu in der Regel vorzulegenden Kostenvoranschlages kann die Gemeinde auch selbst solche einholen und zumindest das Ergebnis im Rahmen des Parteiengehörs bekanntgeben“.
11. Mit Schreiben vom 10. September 2013 gab die x Ziviltechniker GmbH eine Stellungnahme zu den durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde Lichtenberg ab. Im Ergebnis seien „im Vergleich zu den durchschnittlichen Kosten eines Hausanschlusses in der Gemeinde Lichtenberg jedenfalls keine unverhältnismäßig höheren Kosten zu erwarten“.
12. Mit Schreiben vom 16. September 2013 teilte die Bürgermeisterin dem Bf mit, das Ergebnis der Kontrolluntersuchung des Trinkwasser sei noch ausständig und informierte den Bf gleichzeitig darüber, dass laut einer Stellungnahme der x Ziviltechniker GmbH im Vergleich zu den durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde jedenfalls keine unverhältnismäßig höheren Kosten zu erwarten seien. Dieses Schreiben wurde dem Bf am 18. September 2013 zugestellt.
13. Mit Schreiben vom 30. September 2013 forderte der Bf die Bürgermeisterin letztmalig auf, die durchschnittlichen Anschlusskosten im Gemeindegebiet der Gemeinde Lichtenberg bekannt zu geben.
14. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2013, dem Bf am 9. Oktober 2013 im Wege der Hinterlegung zugestellt, verständigte die Bürgermeisterin den Bf über das Ergebnis von der Beweisaufnahme im Verfahren über die Gewährung einer Ausnahme vom Anschlusszwang. In Bezug auf die durchschnittlichen Anschlusskosten übermittelte die Bürgermeisterin in der Beilage die Stellungnahme der x x GmbH sowie eine tabellarische Übersicht über drei Kostenvoranschläge betreffend die Errichtung des Anschlusses auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft, aus der ein Durchschnitt errechnet wurde. Diese „Durchschnittskosten“ wurden von der Bürgermeisterin als durchschnittliche Anschlusskosten bezeichnet. Die jeweiligen Kostenvoranschläge (wobei einer davon vom Bf beigebracht wurde) wurden dem Bf nicht übermittelt.
15. Mit Schreiben vom 18. Oktober 2013 nahm der Bf zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung. Er wiederholte darin die bis dahin erhobenen Kritikpunkte und ersuchte um Klarstellung, ob die durchschnittlichen Anschlusskosten als „durchschnittliche Anschlusskosten im Gemeindegebiet“ zu verstehen seien.
16. Mit Schreiben vom 19. November 2013 wurde der Bf darüber informiert, dass aufgrund eines neuen Kostenvoranschlages die durchschnittlichen Anschlusskosten im Gemeindegebiet bei € 4056,64 liegen würden. Gleichzeitig übermittelte die Bürgermeisterin die von der Gemeinde eingeholten Kostenvoranschläge zur Kenntnisnahme und Stellungnahme binnen 2 Wochen ab Zustellung. Dieses Schreiben wurde dem Bf am 22. November 2013 zugestellt.
17. Mit Bescheid der Bürgermeisterin der Gemeinde Lichtenberg vom 10. Dezember 2013, GZ: 810/3-2013 hem, wurde der Antrag des Bf auf Ausnahme vom Anschlusszwang gem § 3 Abs 2 Oö. Wasserversorgungsgesetz abgewiesen. Begründend führte die Bürgermeisterin aus, es sei ein negativer Trinkwasserbefund vorgelegt worden. Da das Ergebnis der Kontrolluntersuchung trotz Aufforderung nicht beigebracht wurde, könne die Eignung des Wassers als Trinkwasser nicht nachgewiesen werden. Bezüglich der Höhe der Anschlusskosten habe die Gemeinde zwei Kostenvoranschläge eingeholt und daraus die durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde ermittelt. Die Kosten für den Anschluss des Bf seien – gemessen an den durchschnittlichen Anschlusskosten – keinesfalls unverhältnismäßig hoch. Es seien daher nicht alle Ausnahmetatbestände erfüllt und könne daher die Ausnahme vom Anschlusszwang nicht gewährt werden. Der Bescheid wurde dem Bf am 12. Dezember 2013 zugestellt.
18. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2013 Berufung.
19. Mit Bescheid vom 19. März 2014 wurde die Berufung des Bf vom Gemeinderat der Gemeinde Lichtenberg (im Folgenden: belangte Behörde) als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich § 3 Abs 2 Z 1 Oö. Wasserversorgungsgesetz verweist die belangte Behörde auf die Nichtbeibringung eines positiven Trinkwasserbefundes durch den Bf trotz mehrmaliger Aufforderung. Die durchschnittlichen Anschlusskosten betreffend führt die belangte Behörde aus, seitens der Gemeinde würden keine Hausanschlüsse hergestellt und seien auf Empfehlung der Aufsichtsbehörde zwei Kostenvoranschläge eingeholt worden, aus denen die durchschnittlichen Anschlusskosten ermittelt worden seien. Da die (konkreten, durch einen vom Bf beigebrachten Kostenvoranschlag ermittelten) Anschlusskosten die durchschnittlichen Anschlusskosten nicht um mehr als 50% übersteigen würden, seien diese nicht unverhältnismäßig hoch. Dieser Bescheid wurde dem Bf am 24. März 2014 zugestellt.
20. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf mit Schriftsatz vom 18. April 2014 (Poststempel: 18. April 2014) Beschwerde. Der Bf legt in seinem Schriftsatz den bisherigen Verfahrensverlauf ausführlich dar. Im Wesentlichen bringt er vor, die belangte Behörde sei bei der Berechnung des Verhältnisses zwischen den Kosten des Anschlusses (des Bf) und der durchschnittlichen Kosten in der Gemeinde von fiktiven Durchschnittskosten ausgegangen. Die belangte Behörde hätte nämlich nicht die tatsächlichen Anschlusskosten in der Gemeinde ermittelt, sondern den Durchschnittswert auf Basis zweier Kostenvoranschläge gebildet. Darüber hinaus sei nicht nachvollziehbar, ab welcher Überschreitung die belangte Behörde von einer „Unverhältnismäßigkeit“ ausgehe.
21. Mit Beschluss vom 6. Mai 2014 wurde seitens der belangten Behörde von der Erhebung eines Widerspruches iSd § 28 Abs 3 VwGVG und von einer Beschwerdevorentscheidung iSd § 14 Abs 2 VWGVG abgesehen.
22. Mit Schreiben vom 16. Mai 2014 legte die belangte Behörde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerde zur Entscheidung vor.
II.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Behörde (einschließlich der Schriftsätze des Bf). Der unter I. dargelegte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Akt der belangten Behörde.
Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits nach der Aktenlage hinreichend geklärt war, konnte gem § 24 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
III.
1. Gem Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich ergibt sich aus Art 131 Abs 1 B-VG und dem Nichtvorliegen von abweichenden Regelungen in den Abs 2 und 3 leg cit.
Die Beschwerde ist daher zulässig.
2. Gem § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gem Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Gem § 12 VwGVG sind die Schriftsätze bis zur Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht bei der belangten Behörde einzubringen. Der Bescheid der belangten Behörde wurde dem Bf am 24. März 2014 zugestellt. Dagegen erhob der Bf am 18. April 2014 (Poststempel) Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.
Die Beschwerde ist daher auch rechtzeitig.
3. Gem § 3 Abs 2 Oö. Wasserversorgungsgesetz, LGBl 1997/24 (WV) idF LGBl 2013/90, hat die Gemeinde auf Antrag für Objekte mit eigener Wasserversorgungsanlage bei Vorliegen näher genannter Umstände eine Ausnahme vom Anschlusszwang zu gewähren. Die maßgeblichen Rechtsvorschriften lauten auszugsweise:
„§ 3
(1) [...]
(2) Die Gemeinde hat für Objekte mit eigener Wasserversorgungsanlage auf Antrag eine Ausnahme vom Anschlußzwang zu gewähren, wenn
1. gesundheitliche Interessen nicht gefährdet werden,
2. Trink- bzw. Nutzwasser in bedarfsdeckender Menge zur Verfügung steht und
3. die Kosten für den Anschluß - gemessen an den durchschnittlichen Anschlußkosten in der Gemeinde - unverhältnismäßig hoch wären.
(3) [...]
§ 7
(1) [...]
(2) Die in diesem Landesgesetz geregelten Aufgaben der Gemeinde sind solche des eigenen Wirkungsbereiches.“
IV.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat im Rahmen des durch §§ 27 und 9 Abs 1 Z 3 und Z 4 VwGVG normierten Prüfungsumfangs durch seine gem § 2 VwGVG zuständige Einzelrichterin erwogen:
1. Gemäß § 28 Abs 2 Z 1 und 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gem § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde die notwendigen Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
2. Gem § 3 Abs 2 Oö. Wasserversorgungsgesetz hat die Gemeinde bei Vorliegen näher genannter Voraussetzungen auf Antrag für Objekte mit eigener Wasserversorgungsanlage eine Ausnahme vom Anschlusszwang zu gewähren. Auf Aufforderung der Bürgermeisterin der Gemeinde Lichtenberg brachte der Bf einen Kostenvoranschlag zur Herstellung eines Wasseranschlusses beim verfahrensgegenständlichen Objekt sowie einen Trinkwasserbefund bei. Die ausreichende Versorgungskapazität der eigenen Wasserversorgungsanlage belegte der Bf mit Verweis auf die bisher ausreichende Kapazität.
3. Die belangte Behörde hat im vorangegangen Verwaltungsverfahren – entgegen der in § 39 Abs 2 AVG verankerten Offizialmaxime – keinerlei nachvollziehbar dargelegte Ermittlungsschritte zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen in Bezug auf § 3 Abs 2 Oö. Wasserversorgungsgesetz gesetzt. Während die belangte Behörde kein hinreichendes – nach außen in Erscheinung tretendes – Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, erübrigte sich das Ermittlungsverfahren der erstinstanzlichen Behörde in der bloßen Aufforderung an den Bf, die in § 3 Abs 2 leg cit normierten Voraussetzungen entsprechend zu belegen. Zwar bedarf es – insbesondere in antragsbedürftigen Verwaltungsverfahren – nach stRspr des VwGH (vgl 19.12.2001, 2000/20/0318) auch der Mitwirkung der Partei. Allerdings geht diese Mitwirkungspflicht nicht so weit, „dass sich die Behörde die Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens ersparen kann, zu der sie gem § 39 AVG von Amts wegen verpflichtet ist“ (Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 302 und die dort zitierte Rsp). Im vorliegenden Fall hätte die belangte Behörde beim Bestehen eines Verdachtes der Gefährdung der gesundheitlichen Interessen eigenständige Ermittlungsschritte einzuleiten gehabt. Jedenfalls keine Mitwirkungspflicht konnte den Bf hinsichtlich der durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde treffen, an denen die tatsächlichen Kosten des Anschlusses zur Feststellung der Verhältnismäßigkeit zu messen wären. Die Erhebung dieser Kosten obliegt allein der belangten Behörde, verfügt doch nur sie über jenes Wissen, das zur Bildung eines Durchschnittswertes erforderlich ist. Gerade hinsichtlich dieses Tatbestandsmerkmals wurden im vorangegangen Verwaltungsverfahrens allerdings keine geeigneten Ermittlungsschritte gesetzt: Gem § 3 Abs 2 Z 3 Oö. Wasserversorgungsgesetz sind die Kosten für den Anschluss (des verfahrensgegenständlichen Objektes) an den durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde zu messen. Ausweislich der Materialien (BlgLT AB 637/1995, 24. GP 6) dienen als Maßstab die „ortsüblichen durchschnittlichen Anschlußkosten an die öffentliche Wasserversorgung“. Hinter dieser Regelung steht offensichtlich der Gedanke, eine Ausnahme von der Anschlussverpflichtung sei ua dann zu gewähren, würde der Antragsteller durch die Kosten des Anschlusses – im Vergleich zu anderen Anschlusspflichtigen im Versorgungsgebiet der öffentlichen Wasserversorgungsanlage – wirtschaftlich unverhältnismäßig belastet. Vor diesem Hintergrund erscheint die Ermittlung von „durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde“ durch Einholung von zwei (beliebigen) Kostenvoranschlägen – wobei einer davon sogar auf das konkrete Objekt des Bf Bezug nimmt – als völlig ungeeignet, den Maßstab für das Verhältnis zu den (konkreten) Anschlusskosten des verfahrensgegenständlichen Objektes zu bilden. Darüber hinaus hat es die belangte Behörde auch vermissen lassen näher darzulegen, ob im konkreten Fall ein Missverhältnis zwischen den jeweiligen Kosten besteht (vgl dazu BlgLT AB 637/1995, 24. GP 6).
4. Wie der Verwaltungsgerichtshof jüngst ausgeführt hat (VwGH vom 26. Juni 2014, 2014/03/0063), wird „[e]ine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen [...] daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer ‚Delegierung‘ der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f)“.
Die belangte Behörde hat – wie in Punkt IV.3. ausführlich dargelegt – insbesondere hinsichtlich der Ermittlung der durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde und damit bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt. Die Heranziehung (beliebiger) Kostenvoranschläge zur Bestimmung der durchschnittlichen Anschlusskosten ist für die erkennende Richterin des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich iSd jüngsten Rsp des Verwaltungsgerichtshofes nicht geeignet, den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen. Ähnliches hat für die Annahme der belangten Behörde zu gelten, die gesundheitlichen Interessen seien gefährdet. Auch diesbezüglich hat die belangte Behörde jegliche erforderliche (weitere) Ermittlungstätigkeit unterlassen.
5. Für eine Anwendung des § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG bleibt daher weiters zu prüfen, ob die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zusammenfassend waren – wie bereits ausführlich dargelegt – für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich iSd jüngsten Rsp des Verwaltungsgerichtshofes die bisherigen Verfahrensschritte der belangten Behörde nicht geeignet, den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen.
Im gegenständlichen Fall ist für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zudem nicht ersichtlich, inwieweit die eigene Sachverhaltsermittlung eine Kostenersparnis in welche Richtung auch immer (konkrete Amtshandlung/Gesamtverfahren) bewirken könnte. Vielmehr ist im Rahmen des vorliegenden Verfahrens zu berücksichtigen, dass die Gemeinde vor Ort wesentlich schneller den maßgeblichen Sachverhalt feststellen kann. Dies gilt im Besonderen auch für die Ermittlung der durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde, verfügt doch allein sie über das notwendige Wissen, das zur Bildung eines solchen Durchschnittswertes notwendig ist.
Weiters ist im Rahmen des vorliegenden Verfahrens zu berücksichtigen, dass die in Rede stehende Ausnahme vom Anschlusszwang im bisherigen Verfahren zu keinem Zeitpunkt in Bezug auf die durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde sowie die Gefährdung gesundheitlicher Interessen durch die belangte Behörde vollständig und nachvollziehbar dargelegt und anhand eines hinreichend schlüssigen und umfassenden Ermittlungsverfahrens geprüft wurde. Schon aus rechtsstaatlichen Erwägungen heraus schiene die erstmalige – und gleichzeitig endgültige – umfassende Ermittlung und Entscheidung durch das Oö. Landesverwaltungsgericht und die damit verbundene Quasi-Verkürzung des Instanzenzuges auch verfassungsrechtlich bedenklich.
6. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung sämtlicher Umstände des vorliegenden Einzelfalles ist somit der neuerlichen Prüfung und Entscheidung durch die Gemeindebehörde selbst jedenfalls der Vorzug einzuräumen.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten:
Die belangte Behörde wird bei der neuerlichen Entscheidung über die Berufung des Bf zur Feststellung der Verhältnismäßigkeit der (tatsächlichen) Kosten des Anschlusses (vgl § 3 Abs 2 Z 3 Oö. Wasserversorgungsgesetz) die durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde zu ermitteln und nachvollziehbar darzulegen haben. Zudem hat die belangte Behörde – allenfalls durch Einholung eines Sachverständigengutachtens – aktuelle Feststellungen zum (Nicht-)Vorliegen der Gefährdung der gesundheitlichen Interessen (vgl § 3 Abs 2 Z 1 Oö. Wasserversorgungsgesetz) zu treffen.
6. Im Ergebnis hat die belangte Behörde in maßgeblichen Punkten jegliche nachvollziehbar dargelegten Ermittlungsschritte unterlassen, die zur Beurteilung der Frage der Gewährung einer Ausnahme vom Anschlusszwang iSd § 3 Abs 2 Oö. Wasserversorgungsgesetz notwendig sind.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
V.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl zur Zulässigkeit der Zurückverweisung gem § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG das jüngste Erk des VwGH vom 26. Juni 2014, 2014/03/0063), noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Astrid Lukas