LVwG-650136/8/Bi/CG

Linz, 21.08.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde der Frau x, x, vertreten durch die Sachwalterin Frau RAin Dr. x, x, vom 15. Mai 2014 gegen die Vollstreckungsverfügung des Landespolizeidirektors von vom 7. Mai 2014, FE-1580/2013, wegen Verfügung einer Zwangsstrafe wegen Nichtablieferung des rechtskräftig entzogenen Führerscheins, zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 VwGVG  wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde gemäß § 5 VVG die Verhängung der mit Anordnung der belangten Behörde vom 24. März 2014, FE-1580/2013,  für den Fall, dass die Beschwerdeführerin (in Folge: Bf) nicht binnen drei Tagen ab Zustellung der Anordnung den Führerschein der Behörde abliefere, angedrohten Geldstrafe von 363 Euro verfügt und eine Geldstrafe in der Höhe von 726 Euro für den Fall, dass sie wiederum binnen drei Tagen ab Bescheidzustellung den Führerschein der Behörde nicht abliefere, angedroht.

2. Gegen diese Vollstreckungsverfügung hat die Bf, vertreten durch ihre Sachwalterin, fristgerecht Beschwerde erhoben, die seitens der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht vorgelegt wurde, das darüber gemäß Art.131 B-VG das zu entscheiden hat. Die Anberaumung einer (nicht beantragten) öffentlichen mündlichen Verhandlung erübrigte sich (§ 24 VwGVG). 

 

3. Die Bf verweist darauf, dass sie weder geschäftsfähig noch deliktsfähig sei, was aus zahlreichen in verschiedenen Verfahren bislang eingeholten Gutachten hervorgehe. Notfalls müsse ein weiteres Gutachten dazu eingeholt werden.  Vorgelegt wird das psychologische SV-Gutachten Dris x, x, vom 22. März 2013 zur Frage der Erziehungsfähigkeit für ein Kind, sowie das Neurologisch-Psychiatrische SV-Gutachten Dris x, x, vom 26. November 2013 zu Fragen unter welchen Krankheiten bzw Gesundheits­störungen sie leidet und zum Leistungskalkül. Beantragt wird das Gutachten eines gerichtlich beeideten Psychiaters und Neurologen, im übrigen Einstellung des Verwaltungsvollstreckungsverfahrens, zumal wegen fehlender Deliktsfähigkeit keine Strafe verhängt werden könne.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt, insbesondere das Neurologisch-Psychiatrische Gutachten Dris x vom 26.11.2013 und das Psychiatrische Gutachten DDris. x vom 11.3.2013, weiters die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Linz vom 28. Mai 2013, 6 P 121/12h-50, und des Bezirksgerichtes Urfahr vom 28. Mai 2014, 21 P 361/13a-70, über die Bestellung Dris. x zur Sachwalterin für die Einkommens- und Vermögensver­waltung sowie Vertretung vor Ämtern, Behörden, Gerichten und privaten Vertragspartnern.

 

Das Landesverwaltungsgericht hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 5 Abs.1 VVG wird die Verpflichtung zu einer Duldung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen lässt, dadurch vollstreckt, dass der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird. Gemäß Abs.2 dieser Bestimmung hat die Vollstreckung mit der Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Säumnis zur Anwendung kommenden Nachteiles zu beginnen. Das angedrohte Zwangsmittel ist beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. Gleichzeitig ist für den Fall der Wiederholung oder des weiteren Verzuges ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Ein angedrohtes Zwangsmittel ist nicht mehr zu vollziehen, sobald der Verpflichtung entsprochen ist. Gemäß Abs.3 dürfen die Zwangsmittel in jeden einzelnen Fall an Geld den Betrag von 726 Euro, an Haft die Dauer von vier Wochen nicht übersteigen.

 

Nach der Rechtsprechung des VwGH (vgl E 19.6.2007, 2007/11/0025), ist es der Sinn einer Zwangsstrafe, einen den Willen der Behörde entgegenstehenden Willen einer Partei zu brechen (vgl E 9.5.1990, 89/03/0269). Die Verhängung einer Zwangsstrafe nach § 5 Abs.1 VVG setzt daher jedenfalls voraus, dass die Person, gegen die das Zwangsmittel gerichtet ist, überhaupt fähig ist, einen rechtserheblichen Willen zu bilden, der durch die Verhängung des Zwangsmittels beeinflusst werden soll. Im der zitierten Judikatur zugrundeliegenden Fall war der belangten Behörde die Besachwalterung der Bf für die Vertretung vor Gerichten, Behörden, Dienststellen und Sozialversicherungsträgern, für die Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten sowie für die Vertretung bei Rechtsgeschäften, die über Geschäft des täglichen Lebens hinausgehen, bekannt.

 

Aus dem Beschluss des BG Linz vom 28. Mai 2013 geht unter Bezugnahme auf das Gutachten DDris x sowie das Ergebnis einer am 23. Mai 2013 durchgeführten mündlichen Verhandlung hervor, dass bei der Bf eine bipolar-affektive Störung vorliegt: „Sie ist nicht krankheitseinsichtig und nicht bereit,  ärztliche oder psychosoziale Hilfe in Anspruch zu nehmen; sie verkennt die Wirklichkeit; sie hält Vereinbarungen nicht ein und ist für Tage und Wochen nicht erreichbar. Ohne Sachwalterin, die für sie die Mindestsicherung erreicht hat, wäre sie wohnungs- und einkommenslos und hätte keine Krankenversicherung Mit Erledigungen im Zusammenhang mit der Einkommens- und Vermögens­verwaltung sowie bei Ämtern, Behörden, Gerichten und privaten Vertrags­partnern ist sie völlig überfordert und ignoriert diese. Zu einer durchgehenden Bindung an dritte Personen, die sie beauftragen könnte, ist sie nicht in der Lage.“

 

Alle diese Umstände sprechen aus der Sicht des Landesverwaltungsgerichtes dafür, dass die Bf nicht fähig ist, einen rechtserheblichen Willen zu bilden, der durch die Verhängung des Zwangsmittels beeinflusst werden soll. Insbesondere ist auf dieser Grundlage davon auszugehen, dass die Bf den Sinn der Zwangsstrafe nicht versteht und sohin der in Beschwerde gezogene Bescheid seinen Zweck verfehlt.

 

Zu II.:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungs­gerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Bissenberger