LVwG-150074/2/MK

Linz, 31.07.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Markus Kitzberger über die Beschwerde der x, x, x, vertreten durch RA Dr. x, gegen den Bescheid des Gemeindesrates der Gemeinde Lochen am See vom 29.10.2013, GZ: 131/9-021/2008-V/An,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Lochen am See vom 22.07.2013, GZ: 131/9-021/2008-V/An, wurde der x  GmbH, x (in der Folge: Bf) die Benützung des (auf einem beiliegenden Lageplan ersichtlich gemachten) Objektes „Pferde-/Eselstall sowie Heu- und Strohlager“ auf Gst.Nr. x, KG x, mit sofortiger Wirkung untersagt.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass gemäß § 44 Abs.2 Z1 Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994) die Benützung baulicher Anlagen, deren Fertigstellung gemäß §§ 42 oder 43 anzuzeigen sei, zu untersagen sei, wenn die Anlage ohne Baufertigstellungsanzeige benützt würde.

 

Mit Eingabe vom 04.10.2008 habe die Bf um Bewilligung des gegenständlichen Bauvorhabens angesucht. Das Bewilligungsverfahren sei aber nach wie vor anhängig.

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 03.04.2007, Pol01.31.17.2006-W, sei der Bf auf der selben Liegenschaft die Bewilligung zum Betrieb eines Tierheimes nach den Bestimmungen des Oö. Tierschutzgesetzes erteilt worden. Dieser Betrieb bestehe auch derzeit noch. Im Zuge von Mediationsgesprächen zur Klärung der Verfahrenssituation sei der Betrieb der Anlage nicht in Abrede gestellt und anlässlich der Ankündigung eines Tages der offenen Tür 2013 am 01.07.2013 sogar explizit angeführt worden.

 

Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass die betreffende Anlage bereits errichtet worden sei und betrieben werde, obwohl keine rechtskräftige Baubewilligung vorliege.

 

Auf der Grundlage der obzitierten Bestimmung sei ein Benützungsverbot auch auszusprechen, wenn – wie im gegenständlichen Fall – eine bauliche Anlage konsenslos benützt würde (Land Oö., BauR-153373/2-2000-Ha/Vi).

 

I.2. In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung führte die Bf aus, dass auf Grund der Unkenntnis der im bekämpften Bescheid angeführten Rechtsauskunft des Landes Oö. diese eingesehen und die Begründung der Berufung gegebenenfalls ergänzt werde.

 

Wie im bekämpften Bescheid zutreffend ausgeführt würde, hätte die Bf bereits im Jahr 2008 um Erteilung der Baubewilligung für dieses Objekt angesucht. Dieses Verfahren sei nach wie vor anhängig.

 

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens habe der Bürgermeister die Bf aufgefordert, ein aktuelles Betriebskonzept vorzulegen, um die Frage der Zulässigkeit der Objekte nach § 30 Abs.5 Oö. ROG 1994 klären zu können, was bedeute, dass die Frage der Bewilligungsfähigkeit des Gebäudes im anhängigen Verfahren geprüft werde.

 

Der der Ausgang dieses Bewilligungsverfahrens von entscheidungswesentlicher Bedeutung für das gegenständliche Verfahren betreffend Untersagung der Benützung sei, würde die Aussetzung des gegenständlichen Verfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Bewilligungsverfahrens sowie die darauf folgende Aufhebung des bekämpften Bescheides und die Einstellung des Verfahrens beantragt.

 

I.3. Mit Bescheid vom 29.10.2013, obige Zahl, wies der Gemeinderat der Gemeinde Lochen am See sowohl die Berufung als auch den Antrag auf Aussetzung des Verfahrens als unbegründet ab und begründete dies im Wesentlichen wie folgt:

 

Im anhängigen Bauverfahren werde – entgegen der Ansicht der Bf – keine Vorfrage geklärt. Zwischen baupolizeilichem Verfahren und Bewilligungsverfahren müsse unterschieden werden. Dass infolge mangelnden Konsenses das baupolizeiliche Verfahren rechtens sei, habe auch die Bf nicht bestritten.

 

Nach Darlegung der im erstinstanzlichen Bescheid und in der Berufung angeführten Rechtsauskunft des Landes Oö. (wonach ausschließliches Element des Untersagungstatbestandes das Vorliegen der Baufertigstellungsanzeige sei und es daher unerheblich wäre, ob eine solche mit oder ohne vorher erteilter Bewilligung nicht vorliege) sei festzustellen, dass der objektive Tatbestand der Benützungsuntersagung vorliege.

 

Baupolizeiliche Maßnahmen könnten nicht ausgesetzt werden, bis deren Voraussetzung weggefallen sei. Die in der Berufung zitierte Aufforderung zur Vorlage eines Betriebskonzeptes habe mit der Untersagung keinen sachlichen Zusammenhang, da es sich dabei lediglich um einen Verbesserungsauftrag zur Fortführung des Bewilligungsverfahrens handle.

 

I.4. In der gegen diesen Berufungsbescheid rechtzeitig eingebrachten Vorstellung führte die Bf aus, dass – was die Abweisung des Antrages auf Aussetzung des Untersagungsverfahrens anbelangt – das Bewilligungsverfahren unmittelbar vor seinem Abschluss stehen würde. Es entspreche den Grundsätzen der Effizienz und Kostenersparnis, bei einer derartigen Konstellation den Ausgang des Bewilligungsverfahrens abzuwarten und dann erst über die Nutzungsuntersagung zu entscheiden, um allfällige Wiederaufnahme- oder Aufhebungsverfahren zu vermeiden.

In der Sache sei vorzubringen, dass das Untersagungsverfahren nicht notwendig gewesen wäre, wenn die belangte Behörde unter Hinweis auf § 73 AVG ihrer Entscheidungspflicht nachgekommen wäre. Der Umstand, dass das Bewilligungsverfahren noch anhängig sei, liege nicht in der Sphäre der Bf.

 

Es würde daher beantragt, der Vorstellung [nunmehr: Beschwerde] mit der Feststellung Folge zu geben, dass die Bf durch die Untersagung der Benützung des verfahrensgegenständlichen Objektes in ihren Rechten verletzt sei, da diese Verfahren auszusetzen gewesen wäre und die Untersagung dem Gesetz nicht entspreche.

Für den Fall einer Entscheidung durch das Landesverwaltungsgericht möge der Beschwerde Folge gegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und das Verfahren eingestellt, in eventu die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen werden.

 

 

II. Das Verwaltungsgericht hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Auf dessen Grundlage konnten weitere Ermittlungsschritte – insbesondere die Durchführung einer mündlichen Verhandlung – unterbleiben, da keine weitere Klärung des Sachverhaltes zu erwarten war. Es waren ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen.

 

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest.

 

 

III. Für die Beurteilung der hier relevanten Rechtsfragen sind insbesondere nachstehende Bestimmungen zu berücksichtigen:

 

III.1. In der Sache:

 

Gemäß § 42 Oö. BauO 1994 ist bei Neu-, Zu- und Umbauten von Wohngebäuden […] mit höchstens drei Wohnungen und Nebengebäuden die Fertigstellung des Bauvorhabens […] vom Bauherrn der Baubehörde schriftlich anzuzeigen.

[…]

 

Nach § 43 leg.cit. gilt § 42 für die Fertigstellung des Neu-, Zu- und Umbaus von Gebäuden, die keine Wohngebäude […] mit höchstens drei Wohnungen und Nebengebäuden sind, sinngemäß.

 

§ 44 Abs.2 leg.cit. ordnet an, dass die Benützung baulicher Anlagen, deren Fertigstellung nach § 42 oder § 43 anzuzeigen ist, zu untersagen ist, wenn

1. die bauliche Anlage ohne Baufertigstellungsanzeige benutzt wird […].

 

 

III.2. Verfahrensrecht:

 

Auf der Grundlage des § 38 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) ist die Behörde, sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfrage von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgeblichen Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde oder beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

 

III.3. Verfahren vor dem Verwaltungsgericht:

 

Gemäß § 24 Abs.4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I. 33/2013, kann das Verwaltungsgericht, sofern durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrages von der Durchführung einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art.6 Abs.1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

 

Nach § 28 Abs.1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

 

IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV.1. Nach stRsp des VwGH ist die Frage des rechtmäßigen Bestandes als Vorfrage vor dem Erlassen eines baupolizeilichen Auftrages zu klären (VwGH vom 21.03.2914, 2012/06/0011). Dies ist aber – dem Grund nach von der Bf im Beschwerdevorbringen auch unbestritten – im Zusammenhang mit dem verfahrensgegenständlichen Objekt hinreichend erfolgt.

 

Was nun die Vorfragenrelevant des anhängigen Bewilligungsverfahrens betrifft, verkennt die Bf das systematische Ineinandergreifen von polizeilichen und administrativen Verfahren grundlegend. Liegt der polizeirechtliche Tatbestand vor, hindert auch ein anhängiges Verfahren auf nachträgliche Bewilligung die Erlassung einer baupolizeiliche Anordnung nicht (VwGH vom 13.11.2012, 2010/05/0111).

Allenfalls kann ein solcher Auftrag – wie der VwGH im selben Erkenntnis ausführt – während der Anhängigkeit eines entsprechenden Verfahrens und nach der Erteilung der nachträglichen Bewilligung nicht (mehr) vollstreckt werden. Das ist aber nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

 

Es handelt sich dabei um eine Frage des rechtsstaatlichen Vorgehens im Rahmen des Legalitätsprinzips und nicht um eine Ermessensbeurteilung im Zusammenhang mit der Abwägung verfahrensökonomischer Grundsätze.

 

IV.2. Aufgrund der besonderen Umstände des hier zu beurteilenden Sachverhaltes scheint es darüber hinaus angebracht, Folgendes festzuhalten:

 

Dass das Bewilligungsverfahren (noch) nicht abgeschlossen ist, liegt mit Sicherheit nicht in der Sphäre der belangten Behörde, wie dies die Bf argumentum e contrario in der Beschwerde vorbringt. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass im Gegenteil gerade von Seiten der Bf wiederholt (jeweils positiv erledigte) Fristerstreckungsanträge im Zusammenhang mit der Vorlage der für die raumordnungsrechtliche Beurteilung notwendigen Unterlagen oder aber der Abgabe von Stellungnahmen zum Beweisergebnis gestellt wurden.

 

Ein unmittelbar bevorstehender Abschluss des Bewilligungsverfahrens – insbesondere wenn er positiv sein sollte – ist  nicht ersichtlich, da nach fachlich erhärteter Ansicht für die Bewilligungsfähigkeit des konkreten Vorhaben die Ausweisung einer Sonderwidmung („Tierheim“ oder ähnlich) erforderlich sein wird. Das dafür notwendige Verfahren wird schon auf Grund der zu erfüllenden Formalvoraussetzung einige Zeit in Anspruch nehmen.

 

Die Umsetzung eines zwar anhängigen aber nicht bewilligten Vorhabens ist nicht die vom Gesetzgeber vorgesehene Form der Reaktion auf die (wenn überhaupt vorliegende) Säumnis der Behörde.

 

 

V. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Voraussetzungen für die Untersagung der Benützung des Objektes „Pferde-/Eselstall sowie Heu- und Strohlager“ vorgelegen haben und der entsprechende baupolizeiliche Auftrag der Untersagung der Gebäudenutzung alternativlos zu erteilen war.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Markus Kitzberger