LVwG-450022/13/HW/TK
Linz, 07.08.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Wiesinger über die Beschwerde der x GmbH, x, x, vertreten durch x, x, x, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Münzbach vom 23.12.2013, GZ 920/0-2013/Sch/St,
zu Recht e r k a n n t :
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Münzbach vom 23.9.2013 wurden für die x GmbH (in der Folge „Bf“) Wassergebühren für den Zeitraum 2007 bis 2012 festgesetzt und nachverrechnet, wobei für das Jahr 2007 die Wasserbenützungsgebühr mit € 106.225,20, für das Jahr 2008 mit € 118.768,75, für das Jahr 2009 mit € 98.225,00, für das Jahr 2010 mit € 93.601,28, für das Jahr 2011 mit € 119.549,29 und für das Jahr 2012 mit € 126.725,85 festgesetzt wurde und unter Berücksichtigung der bereits bezahlten Beträge eine nachzuverrechnende Wasserbenützungsgebühr in einer Gesamthöhe von € 355.990,21 (inkl. UST.) vorgeschrieben wurde. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Marktgemeinde Münzbach Betreiber einer Wasserversorgunganlage sei. Die Festsetzung der Wassergebühr sei erforderlich, da bisher eine Festsetzung in Bescheidform nicht vorgelegen sei und die Gebühr nur teilweise entrichtet worden wäre. Laut § 3 Abs. 5 der (jeweils geltenden) Wassergebührenordnung gebe es bei der Berechnung der Wasserbezugsgebühr Nachlässe, welche auch bei den einzelnen Vorschreibungen berücksichtigt worden wären. Diese Nachlässe würden aber nur dann gelten, wenn die Wasserversorgung zur Gänze aus dem Netz der öffentlichen Wasserversorgungsanlage der Gemeinde erfolge. Die Bf versorge sich seit 2006 teilweise selbst mit Nutzwasser aus einem firmeneigenen Brunnen. Nach Auffassung des Marktgemeindeamtes habe sich die Regelung der Nachlässe nur auf Trinkwasser bezogen. Im Zuge der Gebarungsprüfung durch die BH Perg sei im Prüfbericht die Ansicht vertreten worden, dass ab dem Zeitpunkt der Eigenwasserversorgung die Grundlage für die Nachlassgewährung nicht mehr erfüllt werde. Der Gemeinderat habe einstimmig beschlossen, die zu Unrecht gewährten Nachlässe nachzuverrechnen. Daher seien die ausständigen Wassergebühren zu verrechnen.
1.2. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Münzbach (in der Folge „belangte Behörde“) vom 23.12.2013 als unbegründet abgewiesen. Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde der Bf, in der die Aufhebung des Bescheides beantragt wird. Begründend bringt die Bf vor, dass die fünfjährige Verjährungsfrist für die Einhebung eines Abgabenanspruchs nur durch nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Anspruchs oder zur Feststellung des Abgabenpflichtigen um ein Jahr verlängert werde. Aus dem Schreiben der Marktgemeinde Münzbach vom 27.11.2012 lasse sich nicht entnehmen, wie sich der darin angeführte Betrag von „rund € 320.000,00“ errechne. Es sei daher kein ausreichend bestimmter Abgabenanspruch geltend gemacht worden. Die geforderte Nachzahlung sei für die Bf nicht in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise nachvollziehbar. Die Abgabenbehörde habe daher keine taugliche, die Verjährungsfrist unterbrechende Handlung gesetzt, weswegen die Gebühren für das Jahr 2007 jedenfalls verjährt seien. Die in § 3 Abs. 5 der Wassergebührenordnung geregelten Nachlässe seien nur für den Fall zu gewähren, dass die Wasserversorgung zur Gänze aus dem Netz der öffentlichen Wasserversorgungsanlage der Gemeinde stamme. Darunter sei die Wasserversorgung mit Trinkwasser zu verstehen. Dieses Verständnis bestand auch bei der Gemeinde seit 2006, was sich daran zeige, dass die jährlichen Gebührenvorschreibungen die Nachlässe beinhalteten. Zudem gelte im Steuerrecht der Grundsatz von Treu und Glauben. Eine Gebührenvorschreibung komme einer Auskunft gleich. Die Bf vertraute auf die Richtigkeit der Gebührenvorschreibung und es würde die immense Nachforderung einen erheblichen wirtschaftlichen Nachteil für die Bf begründen. In der Eingabe vom 24.3.2014 wird ergänzend vorgebracht, dass der Bf am 14.6.2005 eine Bewilligung für die Nutzwasserversorgung aus einem Bohrbrunnen erteilt worden sei und seit diesem Zeitpunkt das Nutzwasser nicht mehr von der Gemeinde bezogen werde. In Kenntnis dieser Umstände habe die Gemeinde die Gebühren unter Einräumung des Nachlasses vorgeschrieben. Ab dem Jahr 2011 habe die Bf umfangreiche Investitionen getätigt, wobei ein wesentlicher Beweggrund hierfür gewesen sei, dass für die Wassergebühren ein Nachlass gewährt werde. Wäre der Nachlass nicht eingeräumt worden, wäre der Betrieb nicht ausgebaut worden. Weiters wird vorgebracht, dass von Seiten der Gemeinde eine neue Wassergebührenordnung erlassen worden sei, wonach der Nachlass unabhängig davon gewährt werde, ob der gesamte Wasserbezug von der Gemeinde erfolgt.
2.1. Am 5.6.2014 fand eine mündliche Verhandlung statt, bei der es zur Dartuung des Akteninhaltes, inklusive der vorgelegten Urkunden, sowie zu Befragungen kam. Danach geht das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich – in Ergänzung zu Punkt 1 – von folgendem Sachverhalt aus:
2.2. Die Bf bezog in den Jahren 2007 bis inklusive 2012 aus einer von der Marktgemeinde Münzbach betriebenen Wasserversorgunganlage Wasser und zwar im Jahr 2007 88.521 m3, im Jahr 2008 95.015 m3, im Jahr 2009 78.580 m3, im Jahr 2010 73.126 m3, im Jahr 2011 91.259 m3 und im Jahr 2012 93.871 m3. An die Bf wurden jährlich mit „Wasser- u. Kanalgebührenvorschreibung Jahresabrechnung“ bezeichnete und jeweils am Ende mit der Klausel „Für den Bürgermeister“ versehene Gebührenvorschreibungen übermittelt, die von der Bf auch bezahlt wurden. In diesen Gebührenvorschreibungen wurde bei Berechnung der Wassergebühren entsprechend § 3 Abs. 5 der in diesen Jahren geltenden Fassung der Wassergebührenordnung der Marktgemeinde Münzbach ein Nachlass von 30% bzw. 47% gewährt (Gebührenvorschreibungen; Bescheid des Bürgermeisters).
Die Bf versorgt sich seit 2006 mit Nutzwasser aus einem betriebseigenen Brunnen. Dies ist der Marktgemeinde Münzbach auch bereits seit dem Jahr 2006 bekannt. Für die Nutzung des Nutzwasserbrunnens gab es ein wasserbehördliches Verfahren, wobei die Marktgemeinde Münzbach hierzu ausdrücklich die Zustimmung erteilte. Der Antrag auf Nutzung des Brunnens als Trinkwasserbrunnen wurde von der Marktgemeinde Münzbach allerdings abgelehnt (Schreiben des Bürgermeisters an das LVwG vom 24.3.2014; Angaben des Vertreters der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung; Vorbringen der Bf).
Die Bf bezog in den Jahren 2007 bis 2012 das gesamte Trinkwasser aus dem Netz der öffentlichen Wasserversorgungsanlage der Marktgemeinde Münzbach. Von Seiten der Marktgemeinde Münzbach wurden bis ins Jahr 2012 dann, wenn ein Abnehmer das gesamte Trinkwasser von der Marktgemeinde Münzbach bezog, Nachlässe gemäß § 3 Abs. 5 der Wassergebührenordnung der Marktgemeinde Münzbach gewährt. Diese Praxis wurde bis ins Jahr 2012 von der Aufsichtsbehörde auch nicht beanstandet (Angaben des Vertreters der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung; Vorbringen der Bf).
Mit vom Bürgermeister der Marktgemeinde Münzbach unterschriebenen Schreiben vom 27.11.2012, von der Bf übernommen am 29.11.2012, wurde der Bf unter anderem folgendes mitgeteilt (Schreiben vom 27.11.2012 samt Zustellnachweis):
„Bei einer Gebarungseinschau der Aufsichtsbehörde wurde festgestellt, dass die Wassergebührenvorschreibung ab dem Jahr 2006 nicht der Wassergebührenordnung entsprechend erfolgte und daher die ausständigen Gebühren [...] nachzuverrechnen sind.
Die Nachforderung wurde auch vom Gemeinderat [...] beschlossen [...].
Der Wasserbedarf hätte mit dem Normaltarif – ohne Nachlässe – abgerechnet werden müssen. Bei einer Aufrollung der Wassergebühren ab dem Jahr 2007 ergibt sich zum heutigen Tag eine nachzuverrechnende Wassergebühr in der Höhe von rund € 320.000, netto [...]. Vor bescheidmäßiger Festsetzung der tatsächlichen Wassergebühren für die Jahre 2007 bis 2012 wird Ihnen im Rahmen des Parteiengehörs [...] die Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme [...] eingeräumt.“
Ab dem Jahr 2011 tätigte die Bf umfangreiche Investitionen zur Erweiterung ihres Produktionsbetriebs in Höhe von mehr € 5.000.000,00 brutto, wobei ein wesentlicher Beweggrund hierfür war, dass für die Wassergebühren ein Nachlass gewährt wurde. Wäre der Nachlass nicht eingeräumt worden, wäre der Betrieb in der Marktgemeinde Münzbach nicht in dieser Form ausgebaut worden und möglicherweise der Betrieb in eine andere Gemeinde verlegt worden (Vorbringen der Bf; Baubewilligung; Schlussrechnung betreffend Produktionsbetriebserweiterung).
2.3. Der Sachverhalt ergibt widerspruchfrei aus dem Akt bzw. den Verhandlungsergebnissen, wobei die Feststellungen vor allem auf den jeweils in Klammer angeführten Beweisergebnissen beruhen. Soweit Feststellungen auch auf Angaben der Bf beruhen, erscheinen diese Angaben nachvollziehbar und stehen sie auch nicht mit den anderen Beweisergebnissen in Widerspruch. Insbesondere im Hinblick auf die Äußerungen des Vertreters der Bf in der mündlichen Verhandlung und die vorgelegten Urkunden erscheint für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich auch glaubhaft, dass umfangreiche Investitionen zur Erweiterung des Produktionsbetriebs getätigt wurden, wobei ein wesentlicher Beweggrund hierfür war, dass für die Wassergebühren ein Nachlass gewährt wurde sowie, dass mangels Nachlasseinräumung der Betrieb in der Marktgemeinde Münzbach nicht ausgebaut worden wäre. Die Wasserverbrauchszahlen ergeben sich bereits aus den Jahresabrechnungen und dem erstinstanzlichen Bescheid, wobei von der Bf in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt wurde, dass die Verbrauchszahlen nicht bestritten werden.
3. In rechtlicher Hinsicht ist folgendes auszuführen:
3.1. Strittig ist im vorliegenden Verfahren, ob für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum der Bf ein Nachlass gemäß § 3 Abs. 5 der Wassergebührenordnung der Marktgemeinde Münzbach zusteht und wenn nicht, ob allenfalls bereits (teilweise) Verjährung eingetreten ist.
3.2. Gemäß § 207 Abs. 1 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, der Verjährung. Nach dem ersten Satz des Abs. 2 leg. cit. beträgt die Verjährungsfrist grundsätzlich fünf Jahre. Gemäß § 209 Abs. 1 BAO verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr, wenn innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabenpflichtigen von der Abgabenbehörde unternommen werden. Eine Verlängerungshandlung iSd § 209 Abs. 1 BAO setzt voraus, dass die Abgabenbehörde in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise etwas zur Feststellung des Steueranspruches unternimmt. An den Abgabepflichtigen gerichtete Vorhalte, Anfragen oder Aufforderungen zur Vorlage von Unterlagen verlängern die Verjährungsfrist, wobei derartige Schreiben der Abgabenbehörde nur hinsichtlich jener Abgaben Verlängerungswirkung zukommt, auf die das Schreiben Bezug nimmt (VwGH vom 30.01.2014, 2011/15/0111 mwN). Die Verjährung beginnt gemäß § 208 BAO grundsätzlich mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist dem Schreiben vom 27.11.2012 ein hinreichend bestimmter Anspruch zu entnehmen, zumal darin ausdrücklich angeführt wird, dass es um die „Festsetzung der tatsächlichen Wassergebühren für die Jahre 2007 bis 2012“ geht (vgl. auch Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 209 E 28: „Beziehen sich die Amtshandlungen auf eine bestimmte Abgabe für näher festgelegte Zeiträume, so ist nicht ersichtlich, inwiefern selbst bei Anlegung eines strengen Maßstabes hinsichtlich der vorgeschriebenen Beiträge Verjährung eingetreten sein könnte.“), sodass die von der Bf behauptete Verjährung mangels hinreichend bestimmter Anspruchsgeltendmachung im Schreiben vom 27.11.2012 nicht eingetreten ist. Die Frist für die Festsetzung der Wasserbenützungsgebühren für das Jahr 2007 verlängerte sich aufgrund des Schreibens um ein Jahr, sodass keine Verjährung eingetreten ist.
3.3. Für die Beurteilung, ob ein Nachlass gemäß § 3 Abs. 5 der Wassergebührenordnung der Marktgemeinde Münzbach dem Grunde nach zusteht, ist zunächst entscheidungswesentlich, wie der letzte Satz dieser Bestimmung in der (in den verfahrensgegenständlichen Jahren geltenden Fassung der) Wassergebührenordnung zu verstehen ist.
§ 3 Abs. 5 der (maßgeblichen Fassung der) Wassergebührenordnung der Marktgemeinde Münzbach lautet:
„Für die Wasserbezugsgebühr gemäß Abs. 2 gibt es Nachlässe -
Bei einem jährlichen Wasserverbrauch
ð von 0 bis 1.000m3..... 0,0%
ð von 1.001 bis 5.000m3..... 30,0%
ð von 5.001 bis 120.000m3..... 47,0%
Für darüber liegende Jahresmengen gilt wieder der Normaltarif.
Die Nachlässe gelten jedoch nur dann, wenn die Wasserversorgung zur Gänze aus dem Netz der öffentlichen Wasserversorgungsanlage der Gemeinde erfolgt.“
3.4. Aus dem Wortlaut des letzten Satzes der gegenständlich relevanten Bestimmung ist keine Einschränkung der Wasserversorgung auf eine bestimmte Art bzw. Qualität von Wasser ersichtlich („die Wasserversorgung zur Gänze“), was bereits dafür spricht, dass grundsätzlich jede Wasserversorgung, die nicht aus dem Netz der öffentlichen Wasserversorgungsanlage erfolgt, eine Nachlassgewährung ausschließt. Würde man angesichts der fehlenden Einschränkung im Wortlaut des Verordnungstextes die Wendung „Wasserversorgung zur Gänze“ freilich allumfassend, also jegliches Wasser, welcher Art auch immer, umfassend, verstehen, so würde dies bedeuten, dass etwa sogar der Erwerb einer Mineralwasserflasche zum Trinken im an die öffentliche Wasserversorgungsanlage angeschlossenen Objekt (also zur Trinkwasserversorgung im Objekt) ausreichen könnte, damit mangels gänzlicher Wasserversorgung durch die öffentliche Wasserversorgungsanlage der Marktgemeinde Münzbach kein Rabatt mehr zustehen würde. Eine solche Auslegung, welche sogar die Versorgung mit einzelnen zugekauften Wasserflaschen erfassen würde, erscheint zwar dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht sachgerecht, im vorliegenden Fall geht es aber um die Nutzwasserversorgung aus einem Brunnen. Die Entstehungsgeschichte der Bestimmung über die Einschränkung der Rabattgewährung in § 3 Abs. 5 der Wassergebührenordnung der Marktgemeinde Münzbach zeigt, dass der Verordnungsgeber bei Schaffung dieser Reglung gerade die Eigenwasserversorgung durch Brunnen im Auge hatte: So lässt sich dem Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 16.5.2001, in der (erstmals) der streitgegenständliche Verordnungstext der Wassergebührenordnung beschlossen wurde, entnehmen, dass in Zusammenhang mit der Nachlassgewährung die Frage auftauchte, ob die Bf einen Brunnen benutzen werde und wurde daraufhin vorgeschlagen, dass „die Nachlässe nur gelten, wenn keine Eigenwasserversorgung – auch nicht teilweise – besteht“. Letztlich wurde dann der bereits dargelegte Wortlaut beschlossen. Aus diesem Gemeinderatsprotokoll ergibt sich daher, dass es vor Beschluss der Regelung über die Einschränkung der Nachlassgewährung durch § 3 Abs. 5 letzter Satz der Wassergebührenordnung der Marktgemeinde Münzbach konkret um die Eigenwasserversorgung durch den Brunnen der Bf ging. Dass die Regelung offenbar gerade im Hinblick auf das Brunnenprojekt der Bf erlassen wurde, spricht aber dafür, dass nach dem Willen des Normerzeugers zumindest eine Wasserversorgung aus diesem Brunnen bzw. aus derartigen Brunnen den Nachlass ausschließen soll.
Dass die Marktgemeinde Münzbach zur Nutzung des Brunnens als Nutzwasserbrunnen ausdrücklich die Zustimmung erteilte und auch § 3 Abs. 5 der Wassergebührenordnung der Marktgemeinde Münzbach letzter Satz in der Praxis (bis 2012) von der Marktgemeinde Münzbach so gehandhabt wurde, dass nur bei (teilweiser) Eigenversorgung mit Trinkwasser kein Rabatt gewährt wurde, hingegen bei (teilweiser) Eigenversorgung mit Nutzwasser der Rabatt gewährt wurde, vermag nichts daran zu ändern, dass auch eine Eigenversorgung mit Nutzwasser aus einem (wasserbehördlich genehmigten) Brunnen angesichts des Wortlauts der Wassergebührenordnung, der keine Einschränkung auf Trinkwasser enthält, auch unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte zum Entfall der Nachlassgewährung gemäß § 3 Abs. 5 der Wassergebührenordnung der Marktgemeinde Münzbach führt.
Gegenteiliges lässt sich auch aus den der Wassergebührenordnung zugrunde liegenden gesetzlichen Bestimmungen nicht ableiten: Dem Finanzausgleichsgesetz bzw. dem Interessentenbeiträge-Gesetz lässt sich nur entnehmen, dass Gemeinden berechtigt sind, Gebühren für die Benützung bzw. einen Beitrag zu den Kosten der Errichtung festzulegen.
Es mag – wie die Bf vorbringt – durchaus üblich sein, dass Trinkwasser und Nutzwasser aus verschiedenen Quellen bezogen werden, doch enthält die Wassergebührenordnung der Marktgemeinde Münzbach diesbezüglich keine Unterscheidung. Durch die Einschränkung der Nachlassgewährung in § 3 Abs. 5 letzter Satz der Wassergebührenordnung der Marktgemeinde Münzbach wird bewirkt, dass ein finanzieller Anreiz besteht, den gesamten (Nutz-)Wasserbedarf aus der Versorgungsanlage der Marktgemeinde zu decken, sodass ein Überschreiten der Grenze von 120.000m3, bei dem wieder der volle Tarif zu zahlen ist, gefördert wird.
Im Ergebnis ist daher – in Übereinstimmung mit der Rechtsansicht der belangten Behörde (und der Aufsichtsbehörde: vgl. Schreiben vom 27.11.2012) – nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich davon auszugehen, dass unter Wasserversorgung in § 3 Abs. 5 letzter Satz der Wassergebührenordnung der Marktgemeinde Münzbach nicht nur die Trinkwasserversorgung zu verstehen ist, sondern auch eine Versorgung mit Nutzwasser aus einem Brunnen.
3.5. Durch die bescheidmäßige Festsetzung der Wassergebühr wird auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen. Nachvollziehbar erscheint zwar das Vorbringen der Bf, wonach die jährlich erfolgten Vorschreibungen der Wassergebühren, die (in Kenntnis der teilweisen Nutzwassereigenversorgung durch die Bf) eine Nachlassgewährung berücksichtigten, dazu geeignet waren, bei der Bf den Eindruck zu erwecken, dass ein Nachlass trotz teilweiser Eigenwasserversorgung mit Nutzwasser zusteht. Auf Grund des Legalitätsprinzips (Art. 18 B-VG) kann der Grundsatz von Treu und Glauben aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dort Auswirkungen zeitigen, wo das Gesetz der Verwaltung einen Vollzugsspielraum einräumt (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH vom 26.01.2006, 2002/15/0188). Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, in wie weit ein Vollzugsspielraum bestehen sollte, zumal in der Wassergebührenordnung geregelt ist, in welchen Fällen kein Nachlass zusteht.
Hinzu kommt, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Verstoß der Abgabenbehörde gegen den Grundsatz von Treu und Glauben nicht nur voraussetzt, dass ein (unrechtes) Verhalten der Behörde, auf das der Abgabepflichtige vertraut hat, eindeutig und unzweifelhaft für ihn zum Ausdruck gekommen ist, sondern auch, „dass der Abgabepflichtige seine Dispositionen danach eingerichtet und er nur als Folge hievon einen abgabenrechtlichen Nachteil erlitten hat“ (VwGH vom 26.07.2000, 97/14/0040). Die Bf brachte vor, dass sie insoweit disponiert hätte, als sie in der Marktgemeinde Münzbach ab dem Jahr 2011 Investitionen getätigt hätte. Soweit die Bf im Zeitpunkt dieser Dispositionen darauf vertraute, dass ihr auch in Zukunft ein Nachlass trotz Nutzung ihres Brunnens zur Eigenwasserversorgung zukomme, ist ihr zuzugestehen, dass die Jahresabrechnungen bzw. die Vorgehensweise der Marktgemeinde geeignet erscheinen, bei ihr die Hoffnung zu wecken, die Abgabenbehörde werde die Nachlassgewährung auch in den Folgejahren beibehalten, jedoch wird dadurch kein schutzwürdiges Vertrauen darauf geschaffen, dass die Behörde diese Beurteilung, auch wenn sie sich als unrichtig herausgestellt, auch beibehalten werde (vgl. VwGH vom 26.07.2000, 97/14/0040). Die Rechtsordnung schützt niemanden in seinem Vertrauen darauf, dass ein rechtswidriger Vollzug beibehalten wird (VwGH vom 04.10.2001, 2001/08/0114). Dass die Bf möglicherweise im Vertrauen auf die Nachlassgewährung Geld in gutem Glauben für Investitionen einsetzte, vermag ebenfalls keine Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben zu bewirken (vgl. auch VwGH vom 26.05.2004, 2000/14/0090: Eine „Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben [setzt voraus ...], dass der Abgabepflichtige im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft Dispositionen getroffen hat, die er ohne die unrichtige Auskunft nicht getroffen hätte [...]. Der Beschwerdeführer [...] bringt lediglich vor, die Beträge seien in gutem Glauben verbraucht worden. Schon deswegen vermag der angesprochene Grundsatz der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.“). Zum Vorbringen der Bf, wonach sie durch die Besteuerung einen erheblichen Vermögensnachteil erleiden würde, sei angemerkt, dass jede Gebührenzahlung naturgemäß zu einer Vermögensverringerung in Höhe der zu zahlenden Beträge führt, dieser Nachteil aber eine Wassergebührennachforderung noch nicht unzulässig macht. In wie weit freilich die Einhebung der Gebühren ohne Berücksichtigung der Nachlässe unbillig wäre, wäre erst in einem allfälligen Verfahren gemäß § 236 BAO zu prüfen.
Da nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes die Behörde verpflichtet ist, „von einer von ihr als unrichtig erkannten Beurteilung für noch nicht rechtskräftig veranlagte Jahre abzugehen“ (VwGH vom 21.10.2004, 2000/13/0179), erfolgte die bescheidmäßige Festsetzung der Wasserbenützungsgebühren für die Jahre 2007 bis 2012 ohne Berücksichtigung des Nachlasses zu Recht.
3.6. Zusammenfassend lässt sich daher festhalten:
Eine (teilweise) Verjährung ist nicht eingetreten. § 3 Abs. 5 letzter Satz der (in den verfahrensgegenständlichen Jahren maßgeblichen Fassung der) Wassergebührenordnung der Marktgemeinde Münzbach ist derart auszulegen, dass die (teilweise) Eigenversorgung der Bf mit Nutzwasser aus ihrem Brunnen die Nachlassgewährung ausschließt. Die Festsetzung der Gebühren ohne Nachlass für die Jahre 2007 bis 2012 verstößt nicht gegen Treu und Glauben.
Die von der Abgabenbehörde angenommenen Verbrauchszahlen wurden von der Bf (wie in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt) nicht bestritten und sind der Berechnung der Wasserbenützungsgebühren zu Grunde zu legen. Die jeweiligen Tarife ergeben sich aus den jeweils maßgelblichen Fassungen der Wassergebührenordnung der Marktgemeinde Münzbach (vgl. § 3 Abs. 2 der Wassergebührenordnung der Marktgemeinde Münzbach). Die Höhe der Nachzahlung ergibt sich aus der Differenz zwischen den bereits bezahlten Beträgen (laut Jahresabrechnungen) und den bescheidmäßig festgesetzten Beträgen, die im erstinstanzlichen Bescheid auch nachvollziehbar aufgelistet wurden. Im Übrigen wurden von Seiten der Bf – ausgenommen der unter Punkt 3.1. bis 3.6. behandelten Einwände – keine substantiierten Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheides, insbesondere auch nicht gegen rechnerische Richtigkeit der festgesetzten Gebühren, geäußert. Es war daher die Beschwerde spruchgemäß gemäß § 279 BAO abzuweisen.
4. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. In Bezug auf die behauptete Verjährung und den behaupteten Verstoß gegen Treu und Glauben weicht das vorliegende Erkenntnis nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. dazu vor allem die unter Punkt 3 zitierten Erkenntnisse). Zur Auslegung von § 3 Abs. 5 letzter Satz der maßgeblichen Fassung der Wassergebührenordnung der Marktgemeinde Münzbach liegt zwar – soweit ersichtlich – keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Diese entscheidungswesentliche Bestimmung über Einschränkung der Nachlassgewährung ist aber in der seit 1.1.2013 geltenden Fassung der Wassergebührenordnung der Marktgemeinde Münzbach nicht mehr enthalten. Die Auslegung der gegenständlich anwendbaren Bestimmung über die Einschränkung der Nachlassgewährung hat daher nur für den vorliegenden Fall und nicht auch für weitere Fälle Bedeutung. Einer Rechtsfrage kommt aber nur dann grundsätzliche Bedeutung zu, wenn sie auch über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt (so etwa jüngst VwGH vom 24.04.2014, Ra 2014/01/0010 mwN: „Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt“; vgl. auch zu §§ 500 ff ZPO RS0114721 [T1]: „Keine erhebliche Rechtsfrage, wenn die revisionsgegenständliche Regelung bereits außer Kraft getreten und es angesichts des kleinen betroffenen Personenkreises nicht wahrscheinlich ist, dass noch über eine nennenswerte Anzahl vergleichbarer Fälle zu entscheiden sein wird“); für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Auslegung der gegenständlich relevanten Bestimmung der Wassergebührenordnung noch in einer Reihe weiterer Verfahren von Bedeutung wäre.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Die Abfassung und Einbringung der Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder durch einen bevollmächtigten Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer bzw. eine bevollmächtigte Steuerberaterin oder Wirtschaftsprüferin erfolgen. Für die
Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Mag. Dr. Wiesinger