LVwG-300246/16/BMa/TK

Linz, 13.08.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.Gerda Bergmayr-Mann  über die Beschwerde der Finanzpolizei Team 43 für das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr gegen den Einstellungsbescheid des Bezirkshauptmanns von Steyr-Land vom 31.1.2014, SV96-53/6-2013, betreffend Übertretungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) durch x nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 28.4.2013, 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen x wegen Zuwiderhandlungen gegen  § 33 Abs. 1 ASVG aufgehoben wird und der Spruch wie folgt lautet:

 

x, geb. x, x, hat als alleiniger Inhaber und damit als zur Vertretung nach außen Berufener des Unternehmens x, gem. § 9 Abs. 1 VStG zu vertreten, dass dieses Unternehmen als Dienstgeberin x, geb. x, x, geb. x und x, geb. x am 11.7.2013 und am 16.7.2013 als Dienstnehmer in x gegen stundenweise Bezahlung, die die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs.2 ASVG überstiegen hat, mit der Anbringung von Dämmmaterial auf Fassaden beschäftigt hat, ohne vor Arbeitsantritt eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der OÖ. Gebietskrankenkassa mit Sitz in Linz, Gruberstraße 77, als zuständigem Sozialversicherungsträger erstattet zu haben. Die Arbeiter waren nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen.

Damit wurde gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs. 1 ASVG verstoßen.

x hat somit jeweils Verwaltungsübertretungen nach § 33 Abs. 1 ASVG iVm § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG begangen.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über x für jeden der oben angeführten nicht gemeldeten Arbeiter eine Geldstrafe von 365 Euro, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils 11 Stunden, jeweils gemäß § 111 Abs. 2 ASVG idgF verhängt.

 

II.       Darüber hinaus hat x gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG 219 Euro als Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu zahlen.

 

III.  Überdies sind gemäß § 52 Abs. 3 VwGVG iVm dem Beschluss des Oö.

       Landesverwaltungsgerichts vom 5. Mai 2014 von x

       Dolmetschergebühren in Höhe von 134,10 Euro zu leisten.

 

IV.  Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision

      an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.1. Mit Schreiben vom 28.10.2013 wurde x folgender Tatvorwurf zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit eingeräumt, sich hierzu zu äußern:

 

Sie haben als Dienstgeber im Sinne des § 33 Abs. 1 ASVG, zumindest am 11.07.2013 und am 16.07.2013 die Dienstnehmer

 

x, geb. x

 

x, geb. x

 

x, geb. x

 

als Arbeiter in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit in x beschäftigt, ohne sie bei der Sozialversicherung anzumelden.

 

 

Die in Rede stehenden Beschäftigten waren der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit. Die Höhe des Entgelts lag über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG.

 

Obwohl diese Dienstnehmer daher nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und in der Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert sind, wurde hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete, Meldung, bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger, nicht vor Aufnahme der Tätigkeit, erstattet.

 

Die unerlaubte Beschäftigung wurde durch Strafantrag der Finanzpolizei des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr angezeigt. Im Zuge einer Kontrolle am 11.07.2013 sowie am 16.07.2013 in x wurden die oben angeführten Personen beim Aufbringen von Vollwärmeschutz angetroffen und kontrolliert. Sie waren nicht zur Sozialversicherung angemeldet. Aufgrund der Bestimmungen des § 539a ASVG, wonach der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgeblich ist, hätte die Firma x die Arbeiter zur Sozialversicherung anmelden müssen.

 

 

 

Sie haben somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 ASVG verstoßen.

 

 

 

Diese Tat wird Ihnen als gem. § 9 Abs. 1 VStG. verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher (handelsrechtl. Geschäftsführer) ihres Unternehmens x mit Sitz in x angelastet.

 

 

Verwaltungsübertretung nach § 111 Abs. 1 ASVG iVm § 33 Abs. 1 ASVG, BGBl. Nr. 189/155 idgF.

 

1.2. Von der erstinstanzlichen Behörde wurde x am 11.9.2013 im Ermittlungsverfahren niederschriftlich befragt. Im Zuge seiner Aussage hat er den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Linz-Land vom 27.5.2013, Ge10-39726-2013/GRU, vorgelegt, wonach die Gewerbeanmeldung des Gewerbes „Baugewerbetreibender, eingeschränkt auf ausführende Tätigkeit im Bereich Außenputz-, Vollwärmeschutz-, Fassadenarbeiten und einfache Maurerarbeiten im Bereich von Kleinhausbauten mit Ausnahme statisch relevanter Arbeiten“ im Standort x durch x, sowie die Bestellung von x zum gewerberechtlichen Geschäftsführer, genehmigt wurde.

Es wurde auch ein als „Werkvertrag“ bezeichneter Vertrag zwischen der Fa. x und dem Auftragnehmer x vorgelegt.

Als Ausführungszeitraum wurde die 25. KW und als Umfang der Arbeiten „WDVS“ und „Preis laut Absprache €/ angeführt“.

Weiters wurden noch „Bedingungen des Werkvertrags“ angeführt.

Dieser Vertrag wurde von x und x am 17.6.2013 gezeichnet.

 

1.3. Am 31.1.2014 wurde der nunmehr bekämpfte Einstellungsbescheid erlassen.

 

1.4. Dagegen wurde die rechtzeitige Beschwerde vom 24.2.2014 erhoben.

 

1.5. Das Landesverwaltungsgericht hat am 28.4.2014 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der x in rechtsfreundlicher Vertretung und ein Vertreter der Organpartei gekommen sind. Als Zeugen wurden x und x einvernommen, wobei x und x unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die bosnische/kroatische Sprache befragt wurden.

 

2. Das Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

2.1. Folgender rechtlich relevanter Sachverhalt wird festgestellt:

 

x ist Einzelunternehmer und Inhaber des Unternehmens x mit der Adresse x. x ist auch gewerberechtlicher Geschäftsführer der Fa. x, deren Firmeninhaber x ist. x hat innerbetrieblich sämtliche Vollmachten an seinen Schwiegersohn x übertragen. x war zu den inkriminierten Tatzeiten als Selbständiger bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft gemeldet. x war zu diesen Zeiten als Bauleiter des x gemeldet (Anmeldung eingelangt bei der GKK am 3.6.2013 - Beilage 1 zur Verhandlungsschrift vom 28.4.2014). x war ab 3.6.2013 als Arbeiter bei der x bei der GKK gemeldet.

Zwischen der x und der x wurde ein Rahmenvertrag geschlossen, zur Sicherstellung, dass die Firma x der Fa. x, bei Bedarf zur Durchführung von Bauarbeiten, die baustellenbezogen durch „Werkvertrag“ vereinbart werden, zur Verfügung steht.

 

Die Firma x hat von x einen Auftrag zur Durchführung von Bauarbeiten bekommen.

Für die Baustelle x wurde anlässlich der niederschriftlichen Befragung des x der am 11.9.2013 vorgelegte „Werkvertrag“ geschlossen. Dieser Vertrag beinhaltet als Ausführungszeitraum die 25. KW. x selbst aber hat zugestanden, dass diese Arbeiten sich über mehrere Wochen erstreckt haben (Seite 2 des Tonbandprotokolls vom 28.4.2013).

Als Umfang wurde nur „WDVS“ angeführt. Dies bedeutet nach Angaben des x in der mündlichen Verhandlung „Wärmedämmverbundsystem“. Eine genauere Präzisierung hat x nicht für notwendig erachtet, übernimmt er doch nur Aufträge, die ein Wärmedämmverbundsystem für ein ganzes Gebäude umfassen.

 

Als Werklohn wurde der Preis laut Absprache nach verzeichnet, tatsächlich aber wurde nach geleisteten Stunden abgerechnet.

Wie sich der gesamte Werklohn berechnet, kann nicht festgestellt werden.

 

Weder x noch x hatten Kenntnisse von den firmeninternen Vorgängen der x, von jener Firma, die sie nach Aussage des x betrieben haben.

x legt unter Beiziehung des x die auszuzahlenden Beträge am Monatsende fest, basierend auf Stundenaufzeichnungen der Arbeiter.

Sämtliche kostenverursachende Vorgänge werden dem Steuerberater gemeldet und er bereitet die notwendigen Zahlscheine für x vor, die dieser ohne nähere Kenntnisse des Zwecks, den sie erfüllen sollen, bezahlt.

 

Bei der Baustelle x wurde ausschließlich von der Fa. x zur Verfügung gestelltes Material verarbeitet. Die Arbeiten wurden von x vorgegeben und nahezu täglich kontrolliert. x hat auch die Verantwortung für die Ausführung der Arbeiten übernommen. Ein Haftrücklass für die Arbeiten, die von der x verrichtet wurden, wurde weder vereinbart noch einbehalten.

 

x hat sich selbst als „pro forma Geschäftsführer“ bezeichnet (Seite 7 des Tonbandprotokolls vom 28. April 2014), der x alle Vollmachten erteilt hat und nur als Arbeiter tätig ist. x hat ebenfalls nur Bauarbeiten verrichtet. x war als Arbeiter, nämlich als „Baustellenleiter“ der x zur Sozialversicherung gemeldet, hat aber – mit Ausnahme der Besprechungen mit x ebenfalls ausschließlich Bauarbeiten verrichtet.

Bei der Baustelle x ist nur die x werbend durch Anbringung eines entsprechenden Firmenschilds in Erscheinung getreten.

Zur inkriminierten Tatzeit wurden von den angeführten Personen nur die Baustelle x, die von der x aquiriert worden war, bearbeitet.

 

Die von x für die  x erbrachten Dienstleistungen umfassen neben der Zurverfügungstellung von seiner FAX-Nummer und seiner E-Mail-Adresse auch die Erstellung von Rechnungen und Anboten, das Schreiben der Rechnungen der x, die Überweisung des Gelds auf das Konto der x, die Endkontrolle auf den Baustellen, die Beschaffung des Materials der Baustellen und die Anbringung des Firmenschilds der x, bei Baustellen die von der x akquiriert wurden. Überdies hat er sich darum gekümmert, dass sämtliche Abgaben der x abgeführt wurden. x hat als gewerberechtlicher Geschäftsführer der x ein Gehalt von ca. 800 Euro pro Monat von bezogen.

 

2.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde, insbesondere aber aus den Aussagen der vernommenen Zeugen ergibt.

Soweit deren Aussagen hinsichtlich ihrer Bezahlung von jener des Beschuldigten, der angegeben hatte, es werde nach Quadratmetern abgerechnet, abweichen, ist den glaubwürdigen und lebensnah geschilderten Aussagen der Zeugen zu folgen. Von x und  x wurde zeugenschaftlich dargelegt, dass die Entlohnung auf Grund einer Abrechnung der Arbeitsstunden erfolgte (Seiten 10 und 12 des Tonbandprotokolls vom 28.4.2014).

Dass der gesamte Lohn vom Beschuldigten festgelegt wurde, ergibt sich daraus, dass x, der Inhaber der Firma x, nicht wusste, welche Vereinbarungen x als sein Bevollmächtigter getroffen hat und x selbst konnte zum Werkentgelt auch keine Angaben machen. Er wusste nur, dass er vom Steuerberater Zahlscheine an jedem Monatesende bekommt, die er einfach bei der Bank einzahlt.

 

 

 

2.3. In rechtlicher Hinsicht wurde vom LVwG erwogen:

 

2.3.1. Gemäß § 111 Abs 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG (BGBl Nr. 189/1955 idFd Art I Teil 2 des SRÄG 2007, BGBl I Nr. 31/2007) handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

 

1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeich­nungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß Absatz 2 ist die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

-      mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-      bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestim­mungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erst­maligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 33 Abs 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Entsprechend § 33 Abs 1a ASVG kann die Anmeldeverpflichtung auch in zwei Schritten erfüllt werden, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden.

 

Nach § 4 Abs 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollver­sicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

 

Als Dienstnehmer iSd ASVG gilt gemäß § 4 Abs 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hierzu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs 2 ASVG Besonderes für jene nach § 4 Abs 1 Z 4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber gemäß § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs 4 ASVG vorliegt.

 

Durch den Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten nach bürgerlichem Recht können Verpflichtungen nach dem ASVG, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden (§ 539a Abs 2 ASVG).

 

Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a Abs 3 ASVG).

 

2.3.2.  Nach dem Erkenntnis des VwGH vom 2. Juli 2013, 2011/08/0162, kann bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, bei einer Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers – in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte – das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs.2 ASVG ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden (vgl. das Erkenntnis vom 15. Mai 2013, Zl. 2011/08/0130). Spricht also die Vermutung für ein Dienstverhältnis, dann muss die dies bestreitende Partei ein ausreichend substantiiertes Vorbringen erstatten, aus dem anderes abzuleiten ist.

Ein Werkvertrag müsste sich auf die entgeltliche Herstellung eines Werks als individualisierte, konkretisierte und gewährleistungstaugliche Leistung beziehen, die eine in sich geschlossene Einheit bildet.

 

Ein solcher Vertrag wurde aber mit der x nicht geschlossen. Es wurde kein fixer Werklohn festgesetzt, dieser hat vielmehr nach den geleisteten Stunden variiert, hat doch die Abrechnung der Arbeitsleistung am Ende eines jeden Monats stattgefunden. Auch sind keine Gewährleistungsansprüche auf die x übergegangen und es wurde zwar ein Beginn der Arbeitsleistungen festgelegt, jedoch ist das Ende, an dem das „Werk“ zu übergeben war, nicht festgelegt worden. Die von x, x und x erbrachten Arbeiten waren einfache manuelle Tätigkeiten, die ihrer Art nach üblicherweise in einem Dienstverhältnis erbracht werden. Der wirtschaftliche Erfolg der Arbeiten ist der x zugute gekommen. Die Leistungen der Arbeiter sind identisch mit den von der x zu erbringenden Betriebsergebnissen. Auch das zu verarbeitende Material wurde von der Fa. x zur Verfügung gestellt.

 

Der vorgelegte „Werkvertrag“, der als Präzisierung des mit der x geschlossenen Rahmenvertrags deklariert wurde, stellt sich als Umgehungsversuch der Bestimmungen des ASVG dar, um die in Wahrheit erfolgte Verwendung in einem Arbeitsverhältnis zu verschleiern. Bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung wurden die Arbeiter unter ähnlichen sozialen Bedingungen wie Arbeitnehmer verwendet, weshalb vom Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses zur x und keiner Tätigkeit von Angestellten eines Subunternehmens auszugehen ist. Dem steht auch nicht entgegen, dass die x im Firmenbuch verzeichnet war und eine Gewerbeberechtigung unter Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers für diese Firma vorgelegen ist. Auch die Anmeldung als Arbeitnehmer der x und die Anmeldung bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft ersetzt nicht eine Anmeldung zur Sozialversicherung durch die x, ist doch auch eine Tätigkeit eines Arbeiters bei mehreren Arbeitgebern möglich. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, haben alle drei angeführten Personen nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt als Arbeiter der x die Fassadenbauarbeiten zu den vorgeworfenen Tatzeiten verrichtet.

 

Indem die Arbeiter aber nicht als Dienstnehmer der x zur GKK vor Arbeitsaufnahme gemeldet wurden, hat der Beschuldigte hat das Tatbild der ihm vorgeworfenen Rechtsnorm erfüllt.

 

2.3.3.  Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Dem Beschuldigten ist es nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Übertretung kein Verschulden trifft. Insbesondere hat er nicht dafür Sorge getragen, sich über die Einhaltung der Bestimmungen des ASVG zu informieren. Er war offenbar der Meinung, eine Meldung zur x und eine Meldung zur Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft sei ausreichend und es würde keine Meldung nach dem ASVG bei Arbeiten für die x nötig sein. Damit aber befindet er sich in einem rechtlich relevanten Rechtsirrtum.

 

Somit aber ist ihm die angelastete Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht vorzuwerfen.

 

2.3.4. Gemäß § 19 Abs.1 VStG idgF sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Nach Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 – 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 – 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist anzuführen, dass die in § 111 Abs. 2 1. Satz ASVG normierte Mindeststrafe von 730 Euro, weil es sich um ein erstmaliges ordnungswidriges Handeln im Sinne des § 111 ASVG handelt, auf 365 Euro herabgesetzt wurde. Das Verschulden des Beschuldigten wurde durch den zu Tage getretenen Rechtsirrtum gemildert und die Folgen der Übertretung sind insofern nicht schwerwiegend, als für den inkriminierten Tatzeitraum Sozialversicherungsabgaben, wenn auch an eine andere Stelle als dies zu erfolgen gehabt hätte, abgeführt wurden.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

3. Bei diesem Verfahrensergebnis waren für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Verfahrenskosten in Höhe von 20 % der verhängten Strafe vorzuschreiben.

Weil die Beiziehung einer Dolmetscherin zur Vernehmung der Zeugen und zur Wahrheitsfindung unabdingbar war, waren die Dolmetschergebühren ebenfalls vorzuschreiben.

 

4.  Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Gerda Bergmayr-Mann

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 25. November 2014, Zl.: Ra 2014/08/0044-4