LVwG-550304/5/BR/TK

Linz, 18.08.2014

IM   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. H. Bleier über die Beschwerde des Herrn x, x, x, vertreten durch RA'e x, x, x, x, x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, vom 19.05.2014, GZ: Agarar41-3-1-2013/Pi,  nach der am 18.8.2014 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

 

 

I.         Gemäß § 28 Abs.1 VwGVG wird der Beschwerde statt gegeben; der Entzug der Jagdkarte wird aufgehoben.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Die Behörde hat dem Beschwerdeführer als Organ der Landesverwaltung mit dem Bescheid vom 19. Mai 2014, GZ: Agarar41-3-1-2013/Pi, die ihm von der Bezirkshauptmannschaft Perg, unter Zahl Agrar41-1-20-2004, am 25. Juni 2004, aus­gestellte Jagdkarte für Oberösterreich, gestützt auf § 38 Abs.1 lit.a iVm § 40 Oö. Jagdgesetz entzogen.

Unter Anwendung des § 64 Abs.2 wurde einer „allfälligen Berufung“ (richtig wohl Beschwerde), die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

 

I.1. Bergründend wurde der gesamte Verfahrensgang im Detail über elf Seiten rezitiert. Eingangs verweist die Behörde auf den Abschlussbericht der Polizeiinspektion x vom 7.2.2013, GZ B6/27462/2012-Ne, mit dem  der Behörde angezeigt wurde, dass er am 24.11.2012 im Gemeinde­gebiet von x, in der Ortschaft x, bei der sogenannten x-Jagd mit seinem Jagdgewehr einen namentlich genannten Jäger angeschossen und dadurch verletzt habe.

Der Staatsanwaltschaft Steyr wurde dieses Ereignis als Verdachtslage  der fahrlässigen Körperverletzung angezeigt. Von der Strafverfolgung wurde gemäß § 203 Abs.1 StPO für eine Probezeit von 1 Jahr vorläufig und lt. Schreiben vom am 3.4.2014 endgültig zurück­getreten.

In der Sache erwog die Behörde, dass gemäß § 40 Oö. Jagdgesetz die Jagdkarte zu entziehen sei, wenn bei einem Inhaber der ur­sprüngliche und noch fortdauernde Mangel einer der Voraussetzung des § 38 nachträglich zum Vorschein komme oder eine dieser Voraussetzungen nachträglich wegfiele. Voraussetzung für die Erlangung einer Jagdkarte sei gemäß § 38 Abs.1 lit a Oö. Jagdgesetz der Nachweis der im Zu­sammenhang mit der Jagdausübung erforderlichen Verlässlichkeit.

Der Begriff Verlässlichkeit sei ein Rechtsbegriff, der zur Kategorie der sogenannten unbestimmten Gesetzesbegriffe gehöre. Bei der Wertung einer Person als verlässlich sei deren gesamte Geisteshal­tung und Sinnesart ins Auge zu fassen, weil der Begriff der Verlässlichkeit ein Ausdruck ihrer We­senheit nicht aber ein Werturteil über ihr Tun und Lassen im Einzelfall sei. Bestimmte Verhaltens­weisen und Charaktereigenschaften einer Person rechtfertigten demnach durchaus die Folgerung, dass die vom Gesetz geforderte Verlässlichkeit nicht gewährleistet wäre (VwGH vom 08.05.1979, Zl. 3397/78).

Die Behörde habe eine Prognoseentscheidung dahingehend zu treffen, ob aufgrund des bisherigen Verhaltens des Jagdkarteninhabers davon auszugehen sei, dass er die rechtlichen Vor­schriften im Zusammenhang mit der Ausübung der Jagd einhalten werde. Der Begriff der Verläss­lichkeit beziehe sich keineswegs ausschließlich auf den Umgang mit Waffen (VwGH vom 07.10.1993, Zl. 92/01/0814).

Verlässlichkeit mit Beziehung auf eine bestimmte, an eine behördliche Genehmigung gebundene Tätigkeit sei  dann gegeben, wenn aufgrund der in einem konkreten Fall ermittelten Umstände die Annahme gerechtfertigt erscheine, dass die Person Gewähr dafür biete, den mit der Genehmigung übernommenen rechtlichen Pflichten nach jeder Richtung zu entsprechen. Die Behörde müsse sich also im Hinblick auf die - aus dem (bisherigen) Gesamtverhalten der betreffenden Person hervor­leuchtende - Persönlichkeit des Bewilligungswerbers „verlassen können", dass er die rechtlichen Verpflichtungen, insbesondere die für die genehmigte Tätigkeit geltenden gesetzlichen Bestim­mungen einhalten werde.

Auf die Beurteilung der Verlässlichkeit habe zwar die bisherige zuverlässige und nach den weid­männischen Bestimmungen ausgeübte Jagd einen gewissen Einfluss, bei Vorliegen eines gravierenden Verstoßes gegen Rechtsvorschriften die in einem engen Zusammenhang mit der Jagdausübung stehen, könne diese jedoch nachträglich wegfallen.

Nach Ansicht der Behörde habe der vorgeworfene Sachverhalt eine gravierende Verletzung der jagdrechtlichen Bestimmungen dargestellt.

Zur Rechtfertigung des Beschwerdeführers, wonach das Strafverfahren eingestellt und die Strafbehörde von der Verfol­gung zurückgetreten sei, hielt die Behörde fest, dass die Staatsanwaltschaft von einer Verfolgung einer Straftat zurückzutreten habe, wenn auf Grund hinreichend geklärten Sachverhalts feststehe, dass eine Einstellung des Verfahrens nach §§ 190 bis 192 StPO nicht in Betracht komme, eine Bestra­fung jedoch im Hinblick auf die Bestimmung einer Probezeit, in Verbindung mit Bewährungshilfe und der Erfüllung von Pflichten (§ 203) nicht geboten erschiene, um den Beschuldigten von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.

Schon allein die Begehung einer solchen strafbaren Handlung reiche aus seine Verlässlichkeit in Bezug auf die Ausübung der Jagd zu bezweifeln. Eine gerichtliche Verurteilung sei dafür nicht er­forderlich.

Der Rücktritt von der Verfolgung durch den Staatsanwalt entfalte - anders als ein rechtskräftiger Freispruch - keine Bindung. Es bestehe aber auch keine Bindung an die Überlegungen des Staatsanwaltes eine Bestrafung sei aus spezial- oder generalpräventiven Überlegungen nicht ge­boten. Die fehlende Verurteilung bzw. der fehlende Freispruch wäre schon deshalb kein Hindernis für eine eigenständige Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Jagdkarteninhabers. Auch vor dem Hintergrund der öffentlichen Interessen dienenden Zielsetzung der §§ 38 ff Oö. JagdG, unverlässliche Personen von der Jagdausübung auszuschließen, sei eine eigenständige Beurteilung der jagdlichen Verlässlichkeit des Jagdkarteninhabers durch die belangte Behörde, unabhängig von den für das Strafverfahren maßgeblichen Erwägungen, geboten (vgl. VwGH vom 28.03.2006, 2003/03/0026).

Die Bestimmung einer Probezeit im gerichtlichen Strafverfahren wäre auch nur dann möglich, wenn sowohl der objektive Tatbestand erfüllt als auch die Schuld erwiesen sei. Ansonsten müsste seitens des Gerichtes ein Freispruch bzw. eine Einstellung/Zurücklegung erfolgen.

Es sei daher von der belangten Behörde eigenständig zu prüfen gewesen, ob aufgrund von Handlungen die Folgerung gerechtfertigt sei, dass der Beschwerdeführer  nicht mehr die vom Oö. Jagdgesetz geforderte Verlässlich­keit aufweise. Dies bedeute, dass weder der Ausgang des gerichtlichen Verfahrens, noch der Ausgang des Waffenverbotsverfahrens für die Behörde, die über den Jagdkartenentzug zu ent­scheiden hat, verbindlich wäre.

Ein direkter Vergleich zwischen strafgerichtlichen Verfahren und Administrativverfahren sei nicht möglich, da im strafgerichtlichen Verfahren ausschließlich für eine begangene Tat unter Berück­sichtigung von Erschwernis- und Milderungsgründen aus general- und spezialpräventiven Erwä­gungen eine Strafe verhängt wird, während im jagdrechtlichen Verlässlichkeitsprüfungsverfahren aus dem gesamten bisherigen Verhalten (und nicht nur auf Grund einer einzelnen strafgerichtlich verfolgten Tat) des Beschwerdeführers auf das zukünftige Verhalten bzw. dessen Verlässlichkeit geschlossen werden müsse.

Bezüglich der subjektiven Wahrnehmung des Herrn x hielt die Behörde fest, dass der Beschwerdeführer lediglich Herrn x nicht gesehen habe und nie die Rede davon gewesen sei, dass er auch andere Treiber nicht gese­hen hätte. Er habe bereits in die Schützenkette „liniert". Auch wenn er ein Auge geschlossen gehabt hätte, hätten er auf dem anderen Auge sehr wohl nicht nur den Hasen, sondern auch eine Person erkennen müssen.

Hinsichtlich der zweiten Schussabgabe wird angegeben, dass die Polizei einen zweiten „Pfropfen" gefunden habe. Sie hat über den Fundort ein Lichtbild angefertigt, welches als Beilage Bild Nr. 7 der Anzeige beigelegt war.

Bei einer gewissenhaften Jagdausübung sei es Grundvoraussetzung, dass sich der Schütze über­zeugt, ob eine gefahrlose Schussabgabe möglich ist.

Bezüglich der im Schreiben vom 08. April 2014 zitierten VwGH-Erkenntnisse wurde bemerkt, dass es sich dabei um keine vergleichbaren Verfahren handelte. In zwei Verfahren habe sich im Ermitt­lungsverfahren herausgestellt, dass der Beschwerdeführer zu massiven Affekt- und Aggressionshandlun­gen, vor allem in alkoholisiertem Zustand geneigt habe. Im dritten Verfahren sei der Entzug wegen rechtskräftiger Strafen nach dem Oö. Jagdgesetz ausgesprochen worden. Bei diesen Verfahren wurde die Jagdkarte entzogen, weil Verweigerungsgründe im Sinne des § 39 Oö. Jagdgesetzes vorgelegen wären. Im gegenständlichen Fall handelte es sich jedoch um ein Verfahren wegen mangelnder Verlässlich­keit im Sinne des § 38 Abs 1 Oö. Jagdgesetz.

Die geforderten weiteren medizinischen Untersuchungen wären für die Entscheidung der Behörde nicht relevant, da im Ermittlungsverfahren - insbesondere aufgrund des augenfachärztlichen Gut­achtens - keine Mängel an der gesundheitlichen Eignung hervorgetreten sind.

Hinsichtlich der langen Dauer zwischen Vorfall 24. November 2012 und Abschluss des Ermitt­lungsverfahrens wurde festgehalten, dass dies aufgrund der vom Beschwerdeführer ins Spiel gebrachten gesund­heitlichen Mängel zu Stande gekommen wären. Seitens der Behörde sei als Entzugsgrund die mangelnde jagdliche Verlässlichkeit nach § 38 Abs.1 lit.a und nicht die Verweigerungsgründe nach § 39 Abs.1 lit.a Oö. Jagdgesetz wegen körperlicher Mängel zu werten gewesen. Diese Feststellung steht jedoch im Widerspruch zur mehrfach bezogenen Rechtsvorschrift.

Bezüglich des verbotenen „Linierens" (Durchziehen mit der Flinte) durch die Schützenkette wurde festgehalten, dass bereits bei der Jungjägerausbildung eindringlich darauf hingewiesen werde, dass es dadurch zu schweren Jagdunfällen kommen könne. Dies würde auch bei der Jungjägerprüfung abge­prüft. Sollten bei der Handhabung der Waffe Fehler passieren, würde dieser Prüfling durchfallen.

Seine Neigung zur unvorsichtigen Schussabgabe zeige ein Persönlichkeitsbild, gemäß dem ihm die nach § 38 Abs.1 lit.a Oö. Jagdgesetz 1974 geforderte Verlässlichkeit nicht zugebilligt werden könne. Es sei in diesem Zusammenhang nicht ausschlaggebend, dass er bisher die Jagd stets zuverläs­sig und nach den weidmännischen Bestimmungen ausgeübt habe (VwGH vom 26.4.1995, 95/03/0055).

Von einem erfahrenen Jäger (Besitz der Jagdkarte seit 2004), dem die volle Verlässlichkeit zu­komme, müsse verlangt werden, dass er sich an die jagdrechtlichen Bestimmungen hält und einen Schuss erst abgebe, nachdem er sich vergewissert hat, dass ein Kugelfang gegeben ist und er nie­manden gefährdet. Dieser Aufmerksamkeit sei besonders bei Treibjagden Bedacht zu nehmen. Werde dies unterlassen, könne es nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn die Behörde die Per­sönlichkeit des Schützen dahin beurteilt, dass seine Verlässlichkeit nicht zweifelsfrei angenommen werden könne und ihm aus diesem Grund die Jagdkarte entzogen werde (VwGH vom 9.11.1994, ZI. 92/03/0241).

Der Behörde komme hinsichtlich der Entscheidung, ob eine Verweigerung bzw Entziehung der Jagdkarte auszusprechen sei, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen kein Ermessen zu.

Die Verweigerung bzw. auch der Entzug der Jagdkarte sei keine in unmittelbarer Verbindung mit einer Bestrafung vorgesehenen behördlichen Maßnahme, sondern eine, welche in einem selbständi­gen Verwaltungsverfahren mit Bescheid auszusprechen sei. Auf eine solche Maßnahme seien die Verjährungsbestimmungen des VStG nicht anzuwenden (VwGH vom 22.12.1966, Zl. 1420/66). Auch ein länger zurückliegendes Verhalten könne einen Grund darstellen, die Ausstellung der Jagdkarte für die Zukunft zu verweigern (VwGH vom 14.3.1984, Zl. 82/03/0041).

Aufgrund des oben angeführten Ermittlungsergebnisses schien es für die Behörde zweifelsfrei als erwiesen, dass die nach § 38 Abs.1 lit.a Oö. Jagdgesetz geforderte Voraussetzung, nämlich die im Zusammenhang mit der Jagdausübung erforderliche Verlässlichkeit, derzeit nicht gegeben wäre. Als Grund, der die  Verlässlichkeit des Beschwerdeführers in Frage stelle, ergebe sich in diese Fall vor allem die Neigung zur Verletzung der allgemein gültigen Vorschriften nach den jagdgesetzlichen Bestimmungen, insbe­sondere im Rahmen einer Treibjagd.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“

 

 

I.1. Diese Begründung ist, wie nachfolgend darzustellen sein wird, nicht stichhaltig und widerspricht mehrfach einer empirischen Logik.

 

 

II. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter mit folgenden Beschwerdeausführungen:

In der umseits bezeichneten Verwaltungssache erhebt der Beschwerdeführer gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 19.05.2014, Agrar 41-3-1-2013/PI, welcher dem ausgewiesenen Vertreter am 23.05.2014 zugestellt worden war, innerhalb offener Frist

 

Beschwerde

 

an das Oö. Landesverwaltungsgericht.

 

I. Anfechtungsumfang, Beschwerdegründe:

 

Der eingangs erwähnte Bescheid wird seinem gesamten Umfang nach angefochten. Als Beschwerdegründe werden insbesondere Rechtswidrigkeit zu Folge der Verlet­zung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit aufgrund unrichtiger rechtli­cher Beurteilung des Sachverhaltes geltend gemacht.

 

II. Sachverhalt:

 

Am 07.02.2013, also vor etwa eineinhalb Jahren fand im Gemeindegebiet x in der Ortschaft x eine Treibjagd statt, an der sich unter anderem auch der Beschwerdeführer beteiligte.

 

Im Zuge der Jagd stellten sich die Jäger in einem Halbkreis auf, wobei sich links ne­ben dem Beschwerdeführer der Jagdkollege, x, befand. Als von den Trei­bern ein Hase aufgerufen wurde, brachte der Beschwerdeführer seine Schrottflinte in Anschlag, um einen Schuss auf den Hasen abzugeben. Dabei hat er nicht gesehen, dass auch links von ihm ein Jagdkollege Aufstellung genommen hat. Durch die Schussabgabe trafen auch vereinzelt Schrottkörner den links in einer Entfernung von etwa 30 m bis 40 m befindlichen Jagdkollegen, x.

 

In weiterer Folge wurde vom Beschwerdeführer, wie der Zeuge x aussagt und aufgrund der vorgefundenen Patronenhülsen ein zweiter Schuss auf den Hasen nach einer Schwenkbewegung von 30° bis 35° abgegeben, wobei die konkrete Schuss­richtung und die Position des Hasen in dieser Situation nicht festgestellt wurde.

 

Die Jagd wurde im Anschluss daran abgebrochen. Der Beschwerdeführer hat vorerst überhaupt nicht erkannt, dass der Schuss, welcher seinen Jagdkollegen leicht ver­letzt hat, von ihm abgegeben wurde. Zu dieser Erkenntnis gelangte er lediglich auf­grund des Umstandes, dass keine andere Person zu diesem Zeitpunkt einen Schuss abgegeben hatte. Jedenfalls befand sich der Jagdkollege des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Schussabgaben nicht in seinem subjektiven Sichtbereich, weil na­türlich ansonsten der Beschwerdeführer von der Abgabe des Schusses Abstand ge­nommen hatte.

 

Im gesamten abgeführten Verfahren, in dem auch versucht wurde, den Unfallher­gang zu rekonstruieren, hat der Beschwerdeführer betont, dass ihm dieser Vorfall aufrichtig leid tue und es sich um ein Versehen handelt, welches sich der Beschwer­deführer selbst nicht erklären könne.

 

Die Behörde hat dem Beschwerdeführer schließlich vorgeworfen, er hätte einerseits in die Schützenkette liniert, andererseits einen unvorsichtigen Schuss auf den Hasen abgegeben und dadurch einen Jagdkollegen leicht verletzt und letztlich einen zwei­ten Schuss abgegeben, ohne dass ein entsprechender Kugelfang vorhanden gewe­sen wäre.

 

Der Jagdunfall hatte zur Konsequenz, dass neben der Einleitung des Verfahrens auf Entzug der Jagdkarte auch ein Waffenverbot über den Beschwerdeführer verhängt wurde. Nach Einbringung einer Vorstellung wurde schließlich mangels Vorausset­zungen der Verbotsgründe das Verfahren auf Verhängung eines Waffenverbotes eingestellt, wovon dessen Vertreter am 17.03.2014 verständigt wurde.

 

Das eingeleitete gerichtliche Strafverfahren wegen leichter fahrlässiger Körperverlet­zung gemäß § 88 StGB wurde seitens der Staatsanwaltschaft Steyr bereits am 22.04.2013 mit dem Hinweis eingestellt, dass von der Verfolgung des Beschwerde­führers wegen des gegenständliche Vorfalles gemäß § 203 Abs. 1 StPO vorläufig für eine Probezeit von einem Jahr zurückgetreten werde. Nach Ablauf der Probezeit erfolgte der endgültige Rücktritt von der strafrechtlichen Verfolgung durch die Staats­anwaltschaft Steyr laut Mitteilung vom 03.04.2014 im Verfahren 11 BAZ 83/13b.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde schließlich dem Beschwerdeführer die Jagdkarte aufgrund der Bestimmung des § 38 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 40 Oö Jagdgesetz entzogen, wobei zudem gemäß § 64 Abs. 2 AVG einer allfälligen Berufung (gemeint Beschwerde) die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde.

 

III. Beschwerdeausführung:

 

1. Grundsätzliches:

a) Vorweg ist festzuhalten, dass dem Beschwerdeführer der Vorfall und die Verlet­zung seines Jagdkollegen aufrichtig leid tut. Der Beschwerdeführer betreibt, auch Gesellschaftsjagden, bereits über einen sehr langen Zeitraum, wobei niemals eine gefährliche Situation oder auch ein Verstoß gegen jagdliche Sicherheitsvorschriften eingetreten ist. Der Beschwerdeführer hat, aus seiner subjektiven Sicht, eine völlig freie Schussbahn gesehen und daher den Schuss abgegeben. Er konnte subjektiv nicht erkennen, dass er dabei die Flinte in Richtung Schützenkette und so zum An­schlag brachte, dass ein Teil der Schrottkörner seinen Jagdkollegen traf und verletz­te. Was die Abgabe des zweiten Schusses betrifft, so wird von der Behörde festge­stellt, dass dies ohne ausreichenden Kugelfang erfolge. Dieser Feststellung ist inso­fern unzulässig, als die genaue Position des Hasen und die Schussrichtung bei die­sem Schuss nicht objektiviert werden konnte, sodass auch nicht feststeht, ob ein ausreichender Kugelfang gegeben war, was insbesondere vom Winkel der Schuss­abgabe in Richtung Boden abhängt.

Unabhängig von diesen teilweise unrichtigen bzw. unvollständigen Feststellungen durch das erstinstanzliche Verfahren ist festzuhalten, dass es sich beim gegenständ­lichen Fall um einen tragischen Jagdunfall handelt, der zwar auf einen Fehler des Beschwerdeführers, aber keinesfalls auf grobe Fahrlässigkeit zurückzuführen ist.

 

b) Es darf in diesem Zusammenhang - entgegen der Ansicht der erstinstanzlichen Behörde - nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Staatsanwaltschaft Steyr das Verhalten als im Sinne einer Zurücklegung der Strafanzeige für eine Probezeit von einem Jahr geeignet, sohin vom fahrlässigen Unwert her gesehen, als überaus ge­ring erachtet hat. Es wurde nicht einmal als notwendig erachtet, eine Geldbuße zu verhängen, sondern wurde mit der Festsetzung einer Probezeit das Auslangen ge­funden, wohl auch berücksichtigend, dass aufgrund der Persönlichkeit des Be­schwerdeführers er sich selbst die größten Vorwürfe für das Missgeschick erhebt.

 

c) Wesentlich und wiederum entgegen der Ansicht der erstinstanzlichen Behörde ist auch der Umstand mit zu berücksichtigen, dass die Waffenbehörde die Vorausset­zungen für das ursprünglich verhängte Waffenverbot als nicht gegeben erachtete und das diesbezügliche Verfahren einstellte.

 

2. Rechtswidrigkeit des Inhaltes des gegenständlichen Bescheides, unrichtige rechtliche Beurteilung:

 

a) Vorweg und um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die zahlreichen, von der Behörde abverlangten Stellungnahmen des Beschwerdeführers verwiesen, deren Inhalt aufrechterhalten und auch als Beschwerdeinhalt vorgetragen wird. Insbeson­dere in der Stellungnahme vom 08.04.2014 wurden vom Beschwerdeführer die recht­lichen Erfordernisse für die Entziehung der Jagdkarte, wie sie vom VwGH judiziert werden, dargestellt. Daraus ist als wesentlicher gemeinsamer Inhalt abzuleiten, dass der Entzug der Jagdkarte immer nur dann gerechtfertigt ist, wenn gravierende Män­gel in der Persönlichkeit bestehen oder mehrfache deliktische Verhaltensweisen durch den Inhaber der Jagdkarte gesetzt wurden.

 

Die erstinstanzliche Behörde argumentiert in diesem Zusammenhang damit, dass der gegenständliche Entzug der Jagdkarte nicht auf einen Verweigerungsgrund nach § 39 Oö. Jagdgesetz, sondern auf den Wegfall der Verlässlichkeit gemäß § 38 Abs. 1 lit. a Oö. Jagdgesetz gestützt wird. In der rechtlichen Begründung wird im angefoch­tenen Bescheid (Seite 12) unter anderem ausgeführt, dass die erforderliche Verläss­lichkeit derzeit deshalb nicht gegeben bzw. in Frage zu stellen sei, weil eine Neigung zur Verletzung der allgemein gültigen Vorschriften nach den jagdgesetzlichen Be­stimmungen, insbesondere im Rahmen einer Treibjagd bestünde.

Wie die erstinstanzliche Behörde aufgrund eines bedauerlichen Vorfalles dazu ge­langen kann, anzunehmen, es sei eine Neigung des Beschwerdeführers zu einem jagdwidrigen Verhalten vorhanden, ist unerfindlich. Aus einem Vorfall, der im Zuge einer Treibjagd nicht passieren sollte, aber sich ereignen kann, einen derartigen Rückschluss zu ziehen, ist unzulässig. Zu berücksichtigen ist das gesamte Persön­lichkeitsbild des Beschwerdeführers. Dabei zeigt sich, dass sowohl in der Vergan­genheit, als auch - und darauf ist mit Nachdruck hinzuweisen - über einen Zeitraum von zirka eineinhalb Jahren nach dem gegenständlichen Vorfall ein verlässliches jagdliches Verhalten gegeben war. Auch das Verhalten nach dem Vorfall, in dem der Beschwerdeführer bemüht war, alle aufklärungsrelevanten Veranlassungen zu setzen und auch die Konsequenzen dafür zu übernehmen, zeigt, dass kein Verlässlichkeitsdefizit in einem Umfang gegeben wäre, dass den Entzug der Jagdkarte rechtfertigt.

 

Vielmehr ist aufgrund des Persönlichkeitsbildes anzunehmen, dass dieser bedauerli­che Jagdunfall beim Beschwerdeführer bewirkt hat, dass er in Zukunft wesentlich vorsichtiger seine jagdliche Tätigkeit ausübt, was auch eine normale menschliche Reaktion ist, wenn einem ansonsten ordentlichen Menschen ein Versehen passiert, welches keinesfalls gewollt und vom fehlerhaft Handelnden selbst als belastend und bedauerlich empfunden wird. Ein solches Ereignis stärkt die Verlässlichkeit, es ver­mindert diese nicht.

 

Auch das Argument, in den vom Beschwerdeführer zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes wären stets die Verweigerungsgründe nach § 39 Oö. Jagdgesetz behandelt worden, ist nicht richtig. Vielmehr befassen sich Teile dieser Entscheidung ausdrücklich auch mit der Frage, ab wann die nach dem Oö. Jagdge­setz geforderte Verlässlichkeit nicht mehr gegeben ist, wobei jeweils wesentlich gra­vierendere Vorfälle als im gegenständlichen Fall vorlagen.

 

b) Zusammengefasst ist daher festzuhalten, dass der Wegfall der Verlässlichkeit zum derzeitigen Zeitpunkt jedenfalls nicht eingetreten und daher ein Entzug aus diesem Grunde nicht gerechtfertigt ist.

 

c) Im Übrigen ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung gern § 64 Abs.2 AVG unzulässig. Die dafür im Gesetz angeführten und in der Judikatur erarbei­teten Voraussetzungen liegen nicht vor, zumal der Beschwerdeführer sowohl vor als auch nach dem Vorfall die Jagd verlässlich und ordnungsgemäß ausgeübt hat, so­dass zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides kein öffentliches Interesse am vorzeitigen Vollzug (mehr) bestehen kann.

 

IV. Beschwerdeantrag:

 

Unter Hinweis auf die bisherigen Ausführungen und unter Aufrechterhaltung der ge­stellten Anträge wird zusammengefasst gestellt der

 

Antrag,

 

der Beschwerde Folge zu geben, den angefochtenen Bescheid der Bezirkshaupt­mannschaft Linz-Land vom 19.05.2014 aufzuheben und das Verfahren auf Entzug der Jagdkarte gegenüber dem Beschwerdeführer einzustellen.

 

Linz, am 03.06.2014 x“

 

 

 

III. Die Behörde hat keine Beschwerdevorentscheidung getroffen, sondern den Verfahrensakt sechs Wochen nach Einlangen der Beschwerde mit einem ausführlich ausgeführten Vorlageschreiben vom 14.7.2014 zur Entscheidung über die Beschwerde vorgelegt, wobei  der Akt beim Landesverwaltungsgericht am 21.7.2014 einlangte.

Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe anlässlich einer Treibjagd einen anderen Jäger angeschossen und verletzt. Bei dem vom Beschwerdeführer abgegeben Schuss habe es sich um einen Direktbeschuss gehandelt, der durch sogenanntes verbotenes „Linieren" erfolgt sei, wobei er den neben ihm befindlichen und letztlich angeschossenen Jäger hätte sehen, bzw. wahrnehmen müssen. Diese Schussabgabe bzw. dessen Folgen wären nicht als Unfall, sondern um ein grobes Vergehen nach dem Oö. Jagdgesetz zu qualifizieren. Um derartige Wiederholungen zu vermeiden sei unter Hinweis auf die unstrittige Aktenlage der Entzug auszusprechen gewesen.

Zur behaupteten Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids vermeint die Behörde im Vorlageschreiben ferner, dass es sich beim Begriff „Verlässlichkeit“ um einen sogenannten unbestimmten Gesetzesbegriff handle. Die Behörde habe eine Prognoseentscheidung dahingehend zu treffen, ob auf Grund des bisherigen Verhaltens des Jagdkarteninhabers davon auszugehen ist, dass er die rechtlichen Vorschriften im Zusammenhang mit der Ausübung der Jagd einhalten werde. Da es sich bei gegenständlichem Verhalten des Beschwerdeführers (als Tat - „verbotenes Linieren“ - bezeichnet) um eine grobe Verletzung der Vorschriften bei der Handhabung der Waffe handle, sei vom Wegfall der im Zusammenhang mit der Jagdausübung erforderlichen Verlässlichkeit auszugehen und die Jagdkarte wegen mangelnder Verlässlichkeit zu entziehen.

Bezüglich der behaupteten subjektiven Nichtwahrnehmung des angeschossenen Jägers seien keine Gründe angegeben bzw. auch keine Gutachten eines Facharztes für Augenheilkunde oder eines waffenpsychologischen Facharztes bezüglich Verhalten im „Jagdfieber" vorgelegt worden. Diese Darstellung wurde von der Behörde als ledigliche Schutzbehauptung gewürdigt, wobei auch eine mangelnde subjektive Wahrnehmung von Personen oder Sachen (gemeint beschossenen) einen Entzug der Jagdkarte nach sich ziehen würde.

Unter Hinweis auf § 28 Abs. 1 VwGVG beantragt die Behörde die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde verzichtet.

 

 

 

III.1. Das Landesverwaltungsgericht sah sich dennoch veranlasst iSd § 24 Abs.1 VwGVG, insbesondere in Wahrung der aus Art. 47 Abs.2 der GRC abzuleitenden Rechte eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 28 Abs.2 Z2 VwGVG hat das Landesverwaltungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, wenn  die erforderlichen ergänzenden Sachverhaltserhebungen im Sinne der Einfachheit und Raschheit des Verfahrens von diesem durchzuführen sind. 

 

 

IV. Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer hat am 24.11.2012 im Raum x an einer Treibjagd teilgenommen, wobei es um 11:30 Uhr im Zuge eines so genannten Kreistriebes zum Beschuss eines aus dem Kreis herausflüchtenden Hasen durch den Beschwerdeführer gekommen ist. Dabei hat der Beschwerdeführer offenbar aufgrund mangelnder Praxis bei einer Kreisjagd, die Schrotflinte bereits zu einem Zeitpunkt in Anschlag gebracht, wo sich der Hase noch innerhalb des präsumtiven Kreises befunden hat. Dem „Ziel“ mit der Waffe folgend war naturgemäß das periphere Sehen des Schützen eingeschränkt bzw. der Fokus auf den Hasen gerichtet, wobei während der Abgabe zweier Schüsse aus der doppelläufigen Schrotflinte, sich der Hase offenbar im Bereich der Linie zum 35 bis 40 m entfernt und etwas tiefer stehenden oder gehenden Nachbarschützen befunden hat und letztlich dieser und nicht der Hase von mehreren Schrotkugeln über den Körper verteilt getroffen wurde.

In Vermeidung von Wiederholungen kann diesbezüglich auf die umfassende Darstellung des Geschehens im Behördenverfahren und das verlesenen Amtssachverständigengutachten verwiesen werden.

 

 

IV.1. Anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung schildert der Beschwerdeführer den Vorfall im Ergebnis inhaltsgleich wie er sich auch aus der Aktenlage darstellt. Er beschönigte nichts und räumte auch die umfangreiche Belehrung seitens des Jagdleiters zu Beginn der Jagd – insbesondere nicht in den Trieb hineinzuschießen – ein. Das tiefe Bedauern über den Vorfall gelangte auch darin überzeugend zum Ausdruck, dass er nach seiner Einvernahme bei der Polizei sich unmittelbar ins Krankenhaus begeben hat, wo er mehr als zwei Stunden mit dem Verletzten und seinen Angehörigen gesprochen hat. Auch später hat er den Verletzten noch besucht und sich über die Schadenersatzfrage erkundigt. Diese Angelegenheit dürfte bereits im Februar des vergangenen Jahres von der Versicherung erledigt gewesen sein. Die seitens der Amtsärztin in deren Gutachten zur „Psyche und Geist des Beschwerdeführers“ gemachte Anmerkung, er wirke nicht einmal irritiert dadurch, dass er wen angeschossen habe“ erweist sich als unangebracht und steht gerade nicht im Einklang zum Verhalten des Beschwerdeführers gegenüber dem von ihm verletzten Jäger. Ebenso aber auch die im Vorlageschreiben getätigte Anmerkung, wonach die lange Verfahrensdauer durch ein vom Beschwerdeführer beantragtes Gutachten zurückzuführen wäre. Sachlich nicht wirklich nachvollziehbar ist, warum überhaupt die Sehleistung des Beschwerdeführers ohne objektive Indizien für einen Mangel einer amtsärztlichen Überprüfung zugeführt wurden und die Amtsärztin bei intakter Sehkraft geradezu eine „Serie“ von Gutachten der Behörde zu empfehlen geneigt war. Offenbar schien ein nicht Wahrnehmen mit einem habituellen Defizit gleichgesetzt worden zu sein.

Insgesamt machte der Berufungswerber einen guten und sachbezogenen Eindruck. Er ist seit diesem Vorfall auch sonst bei der Behörde in keinem Zusammenhang mit einem Fehlverhalten auffällig geworden.

Vor diesem Hintergrund konnte die Überzeugung gewonnen werden, dass in der Person des Beschwerdeführers keinerlei der Persönlichkeitsdefizit gründet, der es sachlich indiziert erscheinen ließe an seiner Verlässlichkeit im Allgemeinen und ebenso nicht im speziellen Tätigkeitsumfeld der Ausübung der Jagd, von ihm eine höhere abstrakte Gefahr ausginge als dies für jede an einer Jagd als Jäger teilnehmenden Person angenommen werden muss. Der hier zweifellos auf ein gravierendes Fehlverhalten zurückzuführende Unfall ist als Einzelereignis zu sehen, wobei die Gesamtpersönlichkeit und das ab diesem Ereignis geübte tadellose Verhalten des Betroffenen sehr wohl nicht unbeachtlich bleiben darf. Widrigenfalls müsste jedes auf ein Fehlverhalten rückführbares und an eine Berechtigung geknüpftes Ereignis zur Aberkennung der Berechtigung führen, was letztlich auf eine unzulässige Zusatz- oder Nebenstrafe hinausliefe.

 

 

IV.2. Insgesamt sei ob dieses Vorfalles festgestellt,  dass ein scharfes Sehen des Menschen nur in einem Winkel von etwa 2° möglich ist und das periphere Sehen durch sogenannte Blicksprünge in Sekundenbruchteilen gewährleistet wird.

Der Beschwerdeführer ist seit dem Jahr 2004 im Besitz der jagdlichen Legitimation, nimmt aber laut eigenen Angaben pro Jahr nur an drei Niederwildjagden teil, wobei er das erste Mal in dieser Gegend an einem sogenannten Kreistrieb dabei gewesen ist. Das dem Gutachten beigeschlossene Foto und die darauf festgehaltene Positionierung der Treiber und Jäger lässt einen Kreistrieb aber nur schwer erkennen. Vor diesem Hintergrund könnte durchaus dem Beschwerdeführer gefolgt werden, dass er seinen linken Nachbarschützen auf Grund der kupierten Geländeform allenfalls vorher objektiv noch gar nicht wahrnehmen hat können, was aber seinen Fehler bei der Schussabgabe – wo er für ihn objektiv sichtbar war - wohl relativieren, jedoch Rechtswidrigkeit und Schuld an der Schussabgabe nicht in Frage stellen könnte.

Er hat seit diesem Vorfall an keiner Niederwildjagd mehr teilgenommen. Der Beschwerdeführer ist im Grunde gänzlich unbescholten.

Durchaus zutreffend und logisch nachvollziehbar wird diese Schussabgabe von der Behörde bzw. den für sie tätigen Sachverständigen auf ein sogenanntes „Jagdfieber“ und den dabei insbesondere für einen unerfahrenen Teilnehmer an einer Treibjagd obwaltenden Stresssituation gesehen, wobei die Situation auch in der Treffererwartung in Kausalzusammenhang stehend gesehen werden kann.

Diese Annahme geht durchaus auch aus der Verantwortung des Beschwerdeführers hervor bzw. wurde diese zu keinem Zeitpunkt bestritten. Dass der Beschwerdeführer den Nachbarschützen nicht gesehen bzw. wahrgenommen hat liegt wohl auf der Hand, widrigenfalls die Schussabgabe in desselbe Richtung, wohl eine zumindest billigende Inkaufnahme einer schweren Verletzung eines Menschen und so eine ganz andere strafrechtliche Dimension bedeutet hätte.

Vor diesem Hintergrund wäre es verzichtbar gewesen, diese Verantwortung als fragwürdig darzustellen und durch augenärztliche Gutachten einen Gegenbeweis zu führen versuchen. Dies führte letztlich zu ein von der Amtsärztin angeregtes weitere Gutachten und die Behörde spricht in diesem Zusammenhang von „Gutachten eines Facharztes für Augenheilkunde oder eines waffenpsychologischen Facharztes bezüglich Verhalten im „Jagdfieber".  Allein die logischen Denkgesetze, welche durchaus recht plausibel aus dem „jagdfachlichen Gutachten“ hervorleuchten, geben die Antwort auf die Ursache dieses Jagdunfalls. Die Behörde legte diesem offenbar eine „unergründliche“ Ursache zu Grunde, welche sie mit der ärztlichen Kunst zu beantworten können glaubte um letztlich nun nach fast zwei Jahren doch die „jagdliche Verlässlichkeit“ unter der Annahme einer ad hoc bestehenden „Gefahr in Verzug“ zu erblicken, die es gerade jetzt mit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung entgegen zu wirken gelte.

So würde kaum jemand daran denken, dass anlässlich eines auf Grund eines – wenn auch gröblichen  - Aufmerksamkeitsfehlers resultierenden Verkehrsunfalls, eine Lenkberechtigung entzogen würde, wenngleich ein solcher Fehler im Rahmen einer Fahrprüfung sehr wohl ein negatives Prüfungskalkül nach sich ziehen müsste. Darin würde der Rechtsbegriff der Verlässlichkeit wohl verkannt.

In diesem Zusammenhang ist  es ferner auch nicht wirklich sachlich nachvollziehbar, wenn die Behörde einerseits den Verfahrensaufwand und dessen Dauer durch Beischaffung von augenfachärztlichen und sonstigen Gutachten ausdehnte, um letztlich damit die  Frage nach der Verlässlichkeit des Beschwerdeführers zu klären, wobei sie einerseits im Vorlageschreiben wiederum durchaus zutreffend ausführte, dass ein Übersehen des Nachbarschützen ohnedies unbeachtlich wäre und andererseits Gutachten zu diesem im Einklang mit der Verantwortung des Beschwerdeführers geradezu logisch erhobenen Unfallverlauf, trotz zu  keinem Zeitpunkt behaupteter gesundheitlicher Mängel Gutachten eingeholt. Offenbar wurde zwischen „nicht sehen [können] und [nicht] wahrnehmen“ nicht unterschieden. Als nicht nachvollziehbar erweist sich zuletzt auch der Hinweis im Vorlageschreiben, dass es sich hier um keinen Unfall sondern um ein „grobes Vergehen“ nach dem Oö. Jagdgesetz“ gehandelt hätte. Worin in dieser Darstellung die dem Gesetz nicht ableitbare (grobes Vergehen)  Differenzierung gesehen werden will bleibt im Dunkeln.

 

 

V. Rechtlich hat das Oö. Landesverwaltungsgericht erwogen:

Nach § 38 Abs.1 lit.a Oö. JagdG ist Voraussetzung für die Erlangung einer Jagdkarte der Nachweis der im Zusammenhang mit der Jagdausübung erforderlichen Verlässlichkeit. Umgekehrt ist diese bei Wegfall der Verlässlichkeit diese  zu entziehen (§ 40 Oö. JagdG).

Der § 39 Oö. Jagdgesetz normiert Gründe unter denen eine Jagdkarte zu verweigern ist.

Nämlich Personen, die wegen geistiger oder körperlicher Mängel unfähig sind, ein Jagdgewehr sicher zu führen oder deren bisheriges Verhalten besorgen lässt, dass sie die öffentliche Sicherheit gefährden werden; in den lit.a bis f werden taxativ Verhaltensweise umschrieben die einen Entzugstatbestand begründen, wobei der Gesetzgeber in der Entzugsdauer differenziert.

Der Abs.3 leg.cit. besagt wiederum, dass ein Verweigerungsgrund gemäß Abs. 1 lit. e oder f nur zu gelten hat, wenn nach der Eigentümlichkeit der strafbaren Handlung im Zusammenhang mit der Persönlichkeit des Bewerbers dessen Verlässlichkeit (§ 38 Abs. 1 lit. a) nicht zweifelsfrei erwiesen ist. Dies gilt jedoch nicht für den Fall des § 93 Abs. 4 (richtig wohl: § 95 Abs.4 Oö. JagdG), wo mit einem Straferkenntnis die Jagdkarte entzogen werden und auf den zeitlichen oder dauernden Verlust der Fähigkeit, eine Jagdkarte zu erlangen, erkannt werden kann.

Eine fehlende Verurteilung bzw. die diversionelle Einstellung eines Strafverfahrens wegen des mit der Schussabgabe verbundenen fahrlässigen Verhaltens, welches sehr wohl – wie es auch von der Behörde durchaus zutreffend  beurteilt wurde -  als schwerwiegender Verstoß gegen Verhaltensregeln im Jagdbetrieb gewertet werden muss, ist auch kein Hindernis für eine eigenständige Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers.  Auch vor dem Hintergrund der öffentlichen Interessen dienenden Zielsetzung der §§ 38 ff Oö JagdG, unverlässliche Personen von der Jagdausübung auszuschließen, ist eine eigenständige Beurteilung der jagdlichen Verlässlichkeit des Beschwerdeführers  durch die belangte Behörde, unabhängig von den für die diversionelle Einstellung des Strafverfahrens maßgeblichen Erwägungen, geboten (vgl. VwGH 28.3.2006, 2003/03/0026).

Letztlich kann jedoch nicht von eine fachliche Fehlleistung generalisierend  auf einen aus der Sinneshaltung eines Menschen abzuleitenden und nahezu zwei Jahre fortbestehendes Verlässlichkeitsdefizit und erst recht nicht auf eine von einem solchen Menschen gleichsam fortwährend ausgehenden Gefahr geschlossen werden, die dazu zwingend einem Rechtsmittel auch noch die aufschiebende Wirkung abzuerkennen.

 

Mit Blick auf eine im Grunde idente Ausgangslage wurde etwa ein Entzug der Jagdkarte auf ein Jahr ab Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung vom Höchstgericht keinen Bedenken erblickt. Der Beschwerdeführer selbst stellte im zitierten Erkenntnis die schlechten Sichtverhältnisse anlässlich der Treibjagd damals nicht in Abrede. Unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse anlässlich einer Treibjagd hätte – lt. VwGH -  von einem Schützen, dem die volle Verlässlichkeit zukommt, verlangt werden müssen, dass er sich vor der Abgabe eines Schusses vergewissert, dass dies ohne Gefährdung anderer Personen möglich ist. Da der Beschwerdeführer dies unterließ, wurde es nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn die belangte Behörde die Persönlichkeit des Beschwerdeführers dahin beurteilt hat, dass dessen Verlässlichkeit nicht zweifelsfrei angenommen werden habe können, sodass die Jagdkarte gemäß § 40 JG zu entziehen war, und auch die von der (damals) Erstbehörde im Rahmen des § 39 Abs.1 lit.e JG ausgesprochene Zeit, während der der Beschwerdeführer die Jagdkarte nicht wiedererlangen konnte, gebilligt hatte.

Dieser Fall unterscheidet sich vom Letztgenannten jedoch insofern, als hier die Fahrlässigkeit eher in einem Mangel an hinreichender Routine und  eine daraus resultierende Schussabgabe in den Trieb, sich doch anders darstellt haben mag als der Schuss in einem nicht einsehbaren Bereich, was auf einen Mangel im Gefahrenbewusstsein und in weitestem Sinne die antizipative Inkaufnahme eines Restrisikos in sich barg. Eine Negativbeurteilung der Sinneshaltung als Persönlichkeitsmangel im weiterem Sinn wäre im hier vorliegenden Fall wohl schon zum Zeitpunkt des Vorfalls wohl kaum zu erblicken gewesen, was jedoch die legitime Frage nach der Verlässlichkeit (aus fachlichen Persönlichkeitsgründen) nicht obsolet sein hätte lassen und wohl einen zeitnahen zeitlich eng begrenzten Entzug rechtlich noch vertretbar erscheinen lassen hätte können.

Hier wäre dem Problem wohl eher mit einer – vom Gesetz jedoch nicht vorgesehenen – Nachschulung und nicht mit einem Entzug nach fast zwei Jahren nach zwischenzeitig unbeanstandet gebliebener jagdlicher Aktivität in Verbindung mit der wohl auch tadellosen persönlichen Integrität des Beschwerdeführers. Im Übrigen gilt es an die Beurteilung des Faktums, ob Gefahr in Verzug besteht, ist ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. unter vielen VwGH 19.1. 2000, 98/01/0451).

So sind etwa im Straßenverkehrsrecht zahlreiche Fehlleistungen die einen fixen Zeitraum eines Berechtigungsentzug nach sich ziehen, während Fehlverhalten die im Einzelfall zu werten sind (§ 7 Abs.4 KFG) nur innerhalb eines Zeitfensters eine administrative Maßnahme zulassen, um nicht die als Sanktion empfundene Maßnahme zur reinen Zusatzstrafe zur Wirkung gelangt.  

So leuchtet auch aus den Anmerkungen im Kommentar zum Oö. JagdG (Reisinger/Schiffner, Oö. Jagdrecht, zu § 39 Rz.1 bis 11) hervor, dass dieser Tatbestand primär auf Charaktermängel und diese von Defiziten im Umgang mit Waffen wohl auch differenziert betrachtet. Letzteren müsste logisch besehen eher mit entsprechenden Schulungsmaßnahmen begegnet werden als mit einem nach fast zwei Jahren ausgesprochenen und nur mehr als Strafe zu empfindenden Entzug der jagdlichen Berechtigung.

Der Entzug der Jagdkarte, der im Übrigen wohl auch die Dauer festzulegen gehabt hätte für die keine neue Jagdkarte ausgestellt werden darf,  war  daher ersatzlos aufzuheben.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr. B l e i e r

 

 

 

LVwG-550304/5/BR/TK vom 18. August 2014

 

Erkenntnis

 

Rechtssatz

 

OöJagdG §38

OöJagdG §42

 

Eine im Rahmen einer Treibjagd unter Missachtung von verkehrsüblichen Verhaltensregeln erfolgte Schussabgabe und die daraus resultierende Verletzung einer Person vermag nach zwei Jahren dann keinen Mangel an Verlässlichkeit mehr zu begründen – mit der Folge, dass und ein darauf gestützter Entzug der Jagdkarte gemäß § 38 OöJagdG nicht (mehr) zulässig ist –, wenn und weil es um ein – wenngleich auf Fahrlässigkeit beruhendes – Fehlverhalten geht, das nicht auf einem charakterlichen Mangel beruht, sondern lediglich auf ein Defizit am erforderlichen Können zurückzuführen ist.

 

Bei dem Entziehungstatbestand des § 42 iVm § 41 Abs 1 lit e OöJagdG kommt es nicht auf die "Verlässlichkeit“ des Betreffenden an, sondern dass dieser - neben der Gefahr des unvorsichtigen Führens einer Schusswaffe - nur bei einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit verwirklicht ist. Die Behörde hat sich demnach insbesondere mit der Frage auseinander zu setzen, ob aus dem Verhalten des Bf die Gefahr einer künftigen gefährlichen Verwendung einer Waffe, die zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit führt, resultiert (Hinweis auf VwGH 12.9.2006, 2003/03/0275).

 

Beschlagwortung:

 

Jagdunfall; Fahrlässigkeit; Verlässlichkeit; Sicherheitsgefährdung

Beachte:

Das angefochtene Erkenntnis wurde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

VwGH vom 17. Dezember 2014, Zl.: Ra 2014/03/0040-6