LVwG-670006/4/KLE/CG
Linz, 18.08.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Lederer über die Säumnisbeschwerde des x, vom 16.7.2014 wegen behaupteter Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Bezirkshauptmannschaft Gmunden,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm § 8 VwGVG wird der Säumnisbeschwerde stattgegeben.
II. Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird als verspätet zurückgewiesen.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I. und II.:
Mit Eingabe vom 26.10.2013 beantragte x die Wiederaufnahme des Verfahrens. Begründend wurde ausgeführt: „Am 28.9.2013 musste ich aus der gegen mich eingeleiteten Exekution GZ 19 E 1062/13s-3 (VP) des BG Liezen zwangsläufig schließen, dass offenbar vor geraumer Zeit do. gegen mich ein Strafverfahren eingeleitet wurde, von welchem ich bis zum Erhalt der o.a. Exekutionsbewilligung keine Kenntnis hatte.
Da mir ein bezüglicher Bescheid bzw. andere Schriftstücke im Zuge dieses Verfahren nie zugestellt wurden, ging ich aufgrund der Angaben in dem die Exekution bewilligenden Beschluss ursprünglich davon aus, dass die do Behörde versucht hat, mir einen entsprechenden Bescheid in der Zeit von ca. Anfang April bis ca. Mitte Juni 2013 an meine u.a. Adresse zuzustellen, was jedoch nicht möglich war, da ich in diesem Zeitraum ununterbrochen ortsabwesend war und mich damals entweder an meinem zweiten Wohnsitz in x oder am Wohnsitz meiner Eltern, die ich laufend pflege, in x, aufgehalten habe. Eine Hinterlegungsanzeige oder andere Korrespondenz der do. Behörde habe ich in meinem Postkasten nach Rückkehr an die u.a. Adresse im Juni 2013 nie aufgefunden, was ich ursprünglich darauf zurückgeführt hatte, dass diese in Verlust geraten sein könnten, weil, soweit mir erinnerlich ist, etwa im damaligen Zeitraum ein Austausch sämtlicher Postkästen erfolgt ist, womit leider beachtliche Schwierigkeiten bei der Postzustellung verbunden waren, zumal es insbesondere nachweislich auch erhebliche Lieferschwierigkeiten bei den neuen Postkästen gab. Ich ging daher ursprünglich davon aus, dass mir der bezügliche Bescheid während meiner Ortsabwesenheit i.S. § 17 Abs. 3 letzter Satz Zustellgesetz BGBl. 200/10982 i.d.g.F. nicht zugestellt worden ist, da ich ja jedenfalls im fraglichen Zeitraum auch ununterbrochen von der Abgabestelle ortsabwesend war.
In weiterer Folge hat mir die do Behörde am 30.9.2013 den ursprünglichen Bescheid vom 20.3.2013 per E-Mail zugestellt, womit ich von dessen Inhalt erstmals Kenntnis erlangt habe. Dazu ist zu bemerken, dass es sich um die Bestrafung für ein Delikt, das am 28.12.2012 begangen wurde, handelt und daher nach der damaligen Rechtslage bereits am 28.6.2013 Verfolgungsverjährung eingetreten ist.
Trotz meines Antrages hat die do Behörde wider Erwarten das Exekutionsverfahren GZ 19 E 1062/13s-3 (VP) des BG Liezen nicht eingestellt, sondern das Bestehen eines rechtsgültigen Titels aufgrund einer Hinterlegung des angeblich RSa zugestellten Bescheides mit dem Hinweis behauptet, dass es mir nicht gelungen sei, meine Ortsabwesenheit zum Zeitpunkt der Zustellung zu beweisen. Dazu aber ist zu bemerken, dass ein Beweis für die Ortsabwesenheit meinerseits eigentlich nie hätte verlangt werden dürfen, da ein (strenger) Beweis in diesem Fall aufgrund der Rechtslage nicht zu fordern ist, sondern lediglich eine Glaubhaftmachung vorgesehen ist (siehe beispielhaft OGH 05.08.2009, 6 Ob 93/09h), womit Zweifel grundsätzlich zu Lasten der Zustellenwollenden, in dem Fall der do. Behörde gehen. Die do. Behörde hat damit, ohne dies bescheidmäßig abzuhandeln – einen Beweis von mir verlangt, den zu erbringen ich nicht verpflichtet bin. Da eine diesbezügliche bescheidmäßige Erledigung aber nicht erfolgt ist, hat die do. Behörde mir überdies die Möglichkeit Rechtsmittel zu ergreifen unmöglich gemacht und daher mein Recht auf rechtliches Gehör gröblich verletzt. In Merito ist zu bemerken, dass nach den Erfahrungen des täglichen Lebens grundsätzlich stark zu bezweifeln ist, dass sich Zeugen an genaue Daten, die Monate lang zurück liegen, ausreichend präzise erinnern können, insbesondere werden Zeugen, wenn sie wahrheitsgemäß aussagen, wozu sie ja verpflichtet sind, kaum mit Sicherheit darstellen können, dass ich zum Zeitpunkt einer Hinterlegungsfrist tatsächlich ununterbrochen von einer bestimmten Abgabestelle und nicht doch zumindest kurz immer wieder an dieser anwesend gewesen sein könnte. Ein von der do. Behörde verlangte Zeugenbeweis ist somit realistisch gesehen unmöglich zu erbringen.
Von ausschlaggebender Bedeutung ist allerdings nicht (nur) dies sondern insbesondere die Tatsache, dass der Bescheid vom 20.3.2013 an eine falsche Adresse nämlich an die Adresse „x“ gerichtet war. Daher ist – unabhängig von meiner Ortsabwesenheit – davon auszugehen, dass einige Tage nach dem 20.3.2013 versucht wurde, den fraglichen Bescheid an diese, do. falsch gespeicherte Adresse zuzustellen, was jedoch offenbar fehlgeschlagen ist. Dazu ist festzuhalten, dass im Frühjahr d.s. die Bezirkshauptmannschaft Liezen (GZ 15.15162/2013) und die Magistratsabteilung 67 der Stadt Wien (GZ PA665533/3/7) ebenfalls vergebens versucht haben, mir unter Angabe der o.a. im Melderegister offenbar falsch aufscheinenden Adresse, behördliche Schriftstücke zuzustellen.
Hatte ich ursprünglich angenommen, dass Hinterlegungsanzeigen und Schriftstücke aufgrund der Installation der neuen Briefkästen in Verstoß geraten sein könnten, ist insbesondere nach den nunmehr mir seit 23.10.2013 bekannten neuen Erkenntnissen aus dem Verfahren GZ 15.15162/2013 der Bezirkshauptmannschaft Liezen (diese hat auch ein entsprechendes Ermittlungsverfahren durchgeführt, siehe dazu insbesondere den in diesem Akt aufliegenden Aktenvermerk vom 17.10.2013) festzuhalten, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Zustellung des do Bescheides VerkR96-4158-2013 vom 20.3.2013 ebenfalls an der Tatsache, dass dieser an eine falsche Adresse zuzustellen versucht wurde, gescheitert ist. Weiters ist dazu zu bemerken, dass auch aus dem gleichen Grund die Zustellung eines behördlichen Schriftstückes der Magistratsabteilung 67 der Stadt Wien zu GZ PA665533/3/7 im Frühjahr d.s. an der falschen Adressangabe gescheitert ist und auch die Magistratsabteilung 67 der Stadt Wien, nachdem ich dies moniert hatte, nach Überprüfung, das bezügliche Schriftstück per 22.10.2013 nochmals nunmehr rechtsrichtig zugestellt hat. Es ist darauf hinzuweisen, dass die rechtskräftigen Ergebnisse der beiden vorgenannten Verfahren der Bezirkshauptmannschaft Liezen GZ 15.15162/2013 und der Magistratsabteilung 67 GZ PA665533/37 der Stadt Wien für das ggst. Verfahren präjudizielle Wirkung entfalten, sodass sie für dieses bindend sind.
Festzuhalten ist nun zusammenfassend daher folgendes:
Meine richtige Adresse lautet x (und/oder x) x. Bei der do gespeicherten Adresse ist also definitiv und nachweislich die Bezeichnung „//x“ falsch und zwar sowohl die Bezeichnung „//x“ als auch die Zahl „x“. In dem Zusammenhang verweise ich auf das offene Grundbuch über die EZ x in dem unter BlNr. x die Wohneinheit unter x ausgezeichnet ist. Die Postzustellung kann demnach i.d.R. (nur dann) richtig und anstandslos erfolgen, wenn als Adresse x oder allenfalls „x“ x angegeben ist, wobei die Bezeichnung „x“ meines Wissens nach eher die inoffizielle Ortsteilbezeichnung sein dürfte.
Es ist daher davon auszugehen, dass einige Tage nach dem 20.3.2013 ein Zustellversuch des do Schriftstückes GZ VerkR96-4158-2013 vom 20.3.2013 an eine Wohnung x und/oder an eine Wohnung im Haus „x“ erfolgt ist, wobei beides physisch existiert. Zu bemerken ist auch, dass mich der örtlich zumeist Dienst habende Brieträger kennt und falsche Adressen soweit wie möglich korrigiert, dies jedoch von einem fremden Postzusteller nicht erwartet werden kann, gerade nicht bei Wohnungen, die, wie in der Wohnanlage üblich, oft für einige Monate (etwa über den Sommer oder Winter) an unterschiedliche Personen kurzfristig vermietet werden. In diesem Zusammenhang weise ich daher nochmals insbesondere auf das rechtskräftig abgeschlossene bzw. eingestellte Verfahren GZ 15.15162/2013 der Bezirkshauptmannschaft Liezen hin, in dem nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens richtigerweise festgestellt wurde, dass – aus welchem Grund immer – seitens des Meldeamtes x offenbar meine Adresse falsch erfasst wurde und aus diesem Grund in der fraglichen Zeit Zustellanstände vorgekommen sind. Die Bezirkshauptmannschaft Liezen hat aufgrund dessen, wie bereits oben ausgeführt, das Verfahren GZ 15.15162/2013 richtiger Weise eingestellt.
Ich stelle daher den Antrag
1. auf Wiederaufnahme des do. Verfahrens GZ VerkR96-4158-2013 aufgrund neuer Erkenntnisse
2. auf Einstellung des do. Verfahrens GZ VerkR96-4158-2013 infolge Verfolgungsverjährung und
3. auf Rückerstattung des im Zuge des Exekutionsverfahrens GZ 19 E 1062/13s (VP) des BG Liezen zu Unrecht zu Gunsten der do Behörde realisierten Betrages von 99 Euro.“
Mit Schreiben vom 16.7.2014 wurde Säumnisbeschwerde eingebracht und beantragt, das Landesverwaltungsgericht möge über die bereits gestellten Anträge entscheiden. Begründend wurde ausgeführt, dass die Bezirkshauptmannschaft Gmunden bis dato nicht über seinen Antrag auf Wiedereinsetzung vom 26.10.2013 entschieden habe.
Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden führt in ihrem Vorlageschreiben an, dass durch einen Fehler in der Administration das Verfahren nicht innerhalb der 6-monatigen Entscheidungsfrist abgeschlossen werden konnte.
Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels gesonderten Antrages und der Tatsache dass die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, entfallen. Dem Entfall der Verhandlung stehen weder Art. 6 Abs. 1 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (§ 24 Abs. 4 VwGVG).
Folgender Sachverhalt steht fest:
Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 20.3.2013, VerkR96-4158-2013 wurde über den Beschwerdeführer wegen Überschreitung der durch Straßenverkehrszeichen kundgemachten zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 18 km/h und somit Verletzung des § 52 lit. a Z. 10a StVO gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe von 50 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.
Es wurde versucht, diese Strafverfügung am 30.4.2013 an die (damals) im ZMR ersichtliche Adresse des Beschwerdeführers „x“ zuzustellen. Die Verständigung über den Zustellversuch wurde in die Abgabeeinrichtung eingelegt und der Brief beim Postamt x hinterlegt und ab 2.5.2013 zur Abholung bereitgehalten.
Mit Antrag vom 10.9.2013 wurde seitens der Bezirkshauptmannschaft Gmunden die Exekution beantragt.
Das Bezirksgericht Liezen bewilligte die Fahrnis- und Gehaltsexekution am 17.9.2013.
Mit Schreiben vom 28.9.2013 stellte der Beschwerdeführer den Antrag, das laufende Exekutionsverfahren des BG Liezen umgehend einzustellen und den bezüglichen Bescheid an ihn zuzustellen. Begründend wurde ausgeführt, dass er im Zeitraum Anfang April bis ca. Mitte Juni 2013 von dieser Adresse ununterbrochen ortsabwesend gewesen sei. Als Beweismittel gab er die Ausforschung und Namhaftmachung von Zeugen an.
In einem Mail vom 30.9.2013 gab er an, dass er erst ca. Mitte Juni erstmals wieder an seinen Hauptwohnsitz zurückgekehrt sei. Er habe auch keine Hinterlegungsanzeige vorgefunden.
Daraufhin wurde ihm von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden die Strafverfügung am 30.9.2013 zugestellt.
Weiters wurde der Einspruch des Beschwerdeführers gegen das Exekutionsverfahren mit Beschluss vom 15.10.2013 vom BG Liezen abgewiesen, da der Exekutionstitel vollstreckbar sei und sich mit der bewilligten Exekution decken würde und die Angaben im Exekutionsantrag mit denen im Exekutionstitel übereinstimmen würden.
Mit Mail vom 23.10.2013 beantragte der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden das Exekutionsverfahren einzustellen bzw. die Verwaltungsstrafe von 50 Euro in 2 Monatsraten entrichten zu können. Begründend wurde ausgeführt, dass er – unabhängig von der bereits eingetreten gewesenen Verfolgungsverjährung, keinen Einspruch erhoben, da es Probleme bei der Zustellung des Bescheides gegeben habe und er seinerzeit tatsächlich das Delikt begangen haben dürfte und er natürlich einzustehen habe. Er verfüge lediglich über eine geringe Berufsunfähigkeitspension und sei für seine Tochter, die sich als alleinerziehende Mutter derzeit in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinde, sorgepflichtig.
Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden reagierte darauf mit Mail vom 24.10.2013 und führte aus, dass die Verfolgungsverjährung eingetreten gewesen wäre, wenn von der Bezirkshauptmannschaft kein RSa zugestellt worden wäre, dies wäre jedoch nicht der Fall. Man hätte keine Kenntnis von einer etwaigen Ortsabwesenheit gehabt, die nicht nachgewiesen werde. Ein Einspruch gegen die Exekution sei nur bei Gericht möglich. Dieser Einspruch sei bereits abgewiesen worden.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:
I. Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Artikel 130 Abs. 1 Ziffer 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
Die Säumnisbeschwerde ist zulässig, da die Bezirkshauptmannschaft Gmunden nicht innerhalb von 6 Monaten über den Antrag des Beschwerdeführers entschieden hat und dies in einem Fehler der Administration seitens der Bezirkshauptmannschaft gelegen ist.
II. Die auf den gegenständlichen Fall anzuwendende Rechtslage besagt, dass gemäß § 31 Abs. 1 und 2 VStG die Verfolgung einer Person unzulässig ist, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Die Verjährungsfrist beträgt sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.
Nach § 32 Abs. 2 VStG Verfolgungshandlung ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u. dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.
Die Verfolgungshandlung muss demnach die Sphäre der Behörde verlassen und nach außen in Erscheinung treten. Der VwGH erachtet die Übergabe eines Schriftstücks an die Post als ausreichend (VwSlg 14.626 A/1997); selbst dann, wenn die Zustellung letztlich nicht wirksam oder erst nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist erfolgt ist. Zur Wahrung der Verfolgungsverjährungsfrist ist das Verlassen der behördlichen Sphäre maßgeblich (zB VwGH 26. 6. 1989, 88/12/0172; 29. 4. 2011, 2008/09/0286).
Da die Strafverfügung die behördliche Sphäre verlassen hat, liegt eine wirksame Verfolgungshandlung vor. Verfolgungsverjährung ist nicht eingetreten.
Wiederaufnahme des Verfahrens:
§ 69 AVG lautet:
„(1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:
1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder
2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder
3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde;
4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.
(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. […].“
Der Beschwerdeführer beantragt in seiner Eingabe die Wiederaufnahme des Verfahrens. Die Wiederaufnahme eines Verfahrens ist nach § 69 Abs. 2 AVG binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat. Weiters muss ein Wiederaufnahmegrund vorliegen. Der Beschwerdeführer hat am 30.9.2013 von der Strafverfügung Kenntnis erlangt. Dieser Antrag vom 26.10.2013 wurde daher jedenfalls verspätet eingebracht; es erübrigt sich daher die inhaltliche Auseinandersetzung mit den Wiederaufnahmegründen, wobei darauf hinzuweisen bleibt, dass hinsichtlich der Versäumnis einer Frist das Rechtsmittel der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu ergreifen ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die unrichtige Bezeichnung eines Rechtsmittels allein dessen Unzulässigkeit nicht begründen. Für die Beurteilung des Charakters einer Eingabe ist ihr wesentlicher Inhalt, der sich aus dem gestellten Antrag erkennen lässt, und die Art des in diesem gestellten Begehrens maßgebend (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. November 1988, Zl. 88/11/0152). Der Inhalt des Begehrens und damit auch die im Rechtsmittel zum Ausdruck kommende Erklärung ist dafür maßgebend, wer darüber entscheiden soll und welches Rechtsmittel tatsächlich ergriffen wurde (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 8. November 1988, Zl. 88/11/0152). Die Bezeichnung des Rechtsmittels als "Wiederaufnahme des Verfahrens" begründet somit allein nicht die Unzulässigkeit.
Da der Beschwerdeführer nicht anwaltlich vertreten ist, bleibt zu prüfen, ob er inhaltlich nicht ein anderes Rechtsinstrument gemeint haben könnte.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:
§ 71 AVG lautet:
„(1) Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:
1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder
2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.
(2) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.
(3) Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.
[…].“
Bei Versäumung einer (Rechtsmittel)-Frist ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen möglich. Der Antrag ist binnen 2 Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, zu stellen. Der Beschwerdeführer hat am 30.9.2013 von der Strafverfügung Kenntnis erlangt. Der Antrag vom 26.10.2013 wurde daher verspätet eingebracht; es erübrigt sich daher die inhaltliche Auseinandersetzung mit den Wiedereinsetzungsgründen.
Heilung eines Zustellmangels:
§ 7 Zustellgesetz lautet:
„Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.“
Selbst wenn man zugunsten des Beschwerdeführers davon ausgehen würde, dass ein Zustellmangel im Mai 2013 vorlag, so ist nunmehr durch die Übermittlung der Strafverfügung am 30.9.2013 deren Zustellung jedenfalls rechtswirksam erfolgt und wäre ein Einspruch zulässig.
Einspruch:
§ 49 VStG lautet:
„(1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.
(2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, dann ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnisses darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.
(3) Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben wird, dann ist die Strafverfügung zu vollstrecken.“
Dies bedeutet, dass der Beschwerdeführer selbst die Möglichkeit eines Einspruchs gegen die Strafverfügung mit einer Frist von 2 Wochen ab Zustellung gehabt hätte. Auch wenn man den Antrag auf Wiederaufnahme rechtsschutzfreundlich in einen Einspruch umdeuten würde, ist auch dieser verspätet eingebracht und daher zurückzuweisen.
Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Strafverfügung in Rechtskraft erwachsen ist.
Hinsichtlich des Exekutionsverfahrens wird der Beschwerdeführer an das zuständige Zivilgericht verwiesen.
Es war, wie im Spruch angeführt, zu entscheiden.
III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Karin Lederer