LVwG-550080/5/Wim/EGO/BRe LVwG-550081/5/Wim/EGO/BRe

Linz, 12.08.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter             Dr. Leopold Wimmer über die Beschwerde von x, x, x, sowie des Herrn x, x, x, vom 27. August 1986, gegen den  Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 19. August 1986, GZ. Wa-864/3-1986/Spe/Hz,

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Aus Anlass der Beschwerde wird der Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 19. August 1986, GZ. Wa-864/3-1986/Spe/Hz, gemäß § 28 VwGVG behoben.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

 

1.         Den Ehegatten x, x, Gst. Nr. x,

und x, x, Gst. Nr. x, beide x (im Folgenden: Bf), wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) vom 19. August 1986, GZ: Wa-864/3-1986/Spe/Hz,

unter Spruchpunkt I. die

a)           nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung für die bestehenden Einbauten (zwei Wohnobjekte, eine Garage, Anschüttungen und Gartenmauern) auf den Gst. Nr. x und x, je KG. x, Gemeinde x, im Hochwasserabflussbereich der Donau – abzüglich der gemäß Spruchabschnitt II. zu entfernenden Anlagenteile – sowie die

b)           wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer Garage auf Gst. Nr. x, KG. x, Gemeinde x,

 

unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt.

 

Unter Spruchpunkt II. wurde folgender wasserpolizeilicher Auftrag erteilt:

 

1. Die Gartenmauern an den westlichen Grenzen der Gst. Nr. x und x sind über die gesamte Länge auf das Niveau des ursprünglichen Geländes abzutragen.

2. Die Anschüttungen in einem 5 m breiten Geländestreifen parallel zu den westlichen Grenze der Gst. Nr. x und x, KG. x, sind zu beseitigen.

3. Die Gartenmauern an der nördlichen Grenze des Gst. Nr. x und an der südlichen Grenze des Gst. Nr. x sowie die Gartenmauer an der gemeinsamen Grenze der beiden Grundstücke sind bis auf das Niveau des ursprünglichen Geländes abzutragen, soweit sie den 5 m breiten, von Anschüttungen freizuhaltenden Geländestreifen begrenzen.

4. Vor Durchführung der unter Ziffer 1 – 3 angeführten Maßnahmen ist für die Benützung der benachbarten Grundstücke das Einvernehmen mit den Ehegatten x herzustellen.

5. Die Durchführung der unter Ziffer 1 – 3 angeführten Maßnahmen ist vom jeweiligen Bauführer der Wasserrechtsbehörde unaufgefordert und schriftlich anzuzeigen.

 

Begründend führte die belangte Behörde u.a. aus, dass durch den Bestand der Gebäude in Anbetracht der Geringfügigkeit dieser Maßnahmen eine Verletzung bestehender Rechte nicht erwartet werde.

Durch die errichteten Gartenmauern und Aufschüttungen müsse allerdings bei seltenen Hochwasserereignissen mit einer Beeinträchtigung der Nachbar­grund­stücke, Gst. Nr. x und x, durch Bodenabtragungen und Anlandungen von Schwebstoffen gerechnet werden. Diese negativen Aus­wirkungen auf die Nachbargrundstücke könnten vermieden werden, wenn ein Teil der konsenslos errichteten Anlagen wieder entfernt würde.

 

2.1.   Dagegen haben die Bf mit Schriftsatz vom 27. August 1986 fristgerecht

Berufung erhoben.

Die Berufung wurde von der belangten Behörde unter Anschluss des Aktes mit Schreiben vom 9. September 1986 an die damals zuständige Berufungsbehörde, den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, vorgelegt.

 

2.2.      Mit Bescheid vom 2. November 1988, Z 410.956/06-I4/88 wurde der Bescheid der belangten Behörde von der Berufungsbehörde dahingehend abgeändert, dass die wasserrechtliche Bewilligung (Spruchabschnitt I.) für die gesamten Gartenmauern und Aufschüttungen – unter Vorschreibung von Auflagen – erteilt und Spruchabschnitt II. aufgehoben wurde.

 

2.3.      Gegen diesen Bescheid erhoben die Nachbarn der Bf Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 27. Februar 1989, B 1946/88-3, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Von diesem wurde der angefochtene Bescheid mit Erkenntnis vom 2. Juni 1992, Zl. 89/07/0080, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (insb. unpräzise Auflagen) aufgehoben.

 

2.4. In der Folge wurden vom Bundesministerium ergänzende Ermittlungen durchgeführt und an der Formulierung entsprechender Auflagepunkte gearbeitet. Aufgrund des Inkrafttretens der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 mit 1. Jänner 2014 wurde der ggst. Akt mit Schreiben vom 8. Jänner 2014 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt.

 

3.1. Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung ergibt sich aus Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 131 Abs. 1    B-VG iVm § 3 VwGVG. Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäfts­ver­teilung zuständigen Einzelrichter.

Die vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Berufung gilt als rechtzeitig erhobene Bescheidbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG.

 

3.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch

Einsichtnahme in den Bezug habenden Verfahrensakt.

Aufgrund der zwischenzeitig verstrichenen Zeitspanne wurden auch DORIS-

Auszüge angefertigt und ein ergänzendes Gutachten des Amtssachverständigen (ASV) DI x – betreffend Auswirkungen des mittlerweile errichteten „Machlanddammes“ – eingeholt.

Da bereits auf Grund der Aktenlage bzw. des Gutachtens feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3.3. Auf Grund der Aktenlage bzw. der ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme des ASV DI x steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

3.3.1. Aus verfahrensrechtlicher Sicht ist anzumerken, dass das Grundstück x, KG x, mittlerweile im Alleineigentum des Herrn x steht (Grundbuchsauzug vom 22. Oktober 2013). Eigentümer der betroffenen Nachbarliegenschaft x (ehemals x) ist nunmehr Herr x (AV vom 16.07.1999, Mag. Mitter, BMLF).

 

3.3.2. Zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung (1986) waren die ggst. Grundstücke, auf denen die Einbauten erfolgten, ein Teil einer Geländemulde, welche von häufigeren als 10-jährlichen Hochwässern überflutet wurde. Die ggst. Baumaßnahmen waren somit als Einbauten in den Hochwasserabflussbereich der Donau anzusehen (Gutachten ASV x, Verhandlungsschrift vom 6. Mai 1986).

 

Heute – nach Fertigstellung des Hochwasserschutzdammes Machland im Jahr 2012/2013  – befinden sich die ggst. Grundstücke (x, x) außerhalb des Überflutungsbereiches 30- jährlicher Donauhochwässer (Gutachten ASV x vom 17. Juli 2014) und somit jedenfalls auch außerhalb des Überflutungsbereichs „häufiger Hochwässer“.

 

3.4.  Der festgestellte Sachverhalt ergab sich für den erkennenden Richter des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zweifels- und widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt bzw. dem ergänzenden Gutachten des ASV DI x.

 

4.     Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1.  Gemäß § 38 Abs. 1 WRG 1959 ist zur Errichtung und Abänderung von Brücken, Stegen und von Bauten an Ufern, dann von anderen Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer oder in Gebieten, für die ein gemäß § 42a Abs. 2 Z 2 zum Zweck der Verringerung hochwasserbedingter nachteiliger Folgen erlassenes wasserwirtschaftliches Regionalprogramm (§ 55g Abs. 1 Z 1) eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht vorsieht, sowie von Unterführungen unter Wasserläufen, schließlich von Einbauten in stehende öffentliche Gewässer, die nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, nebst der sonst etwa erforderlichen Genehmigung auch die wasserrechtliche Bewilligung einzuholen, wenn eine solche nicht schon nach den Bestimmungen des § 9 oder § 41 dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Die Bewilligung kann auch zeitlich befristet erteilt werden.

 

Gemäß § 38 Abs. 3 WRG 1959 gilt als Hochwasserabflußgebiet (Abs. 1) das bei 30-jährlichen Hochwässern überflutete Gebiet. Die Grenzen der Hochwasserabflußgebiete sind im Wasserbuch in geeigneter Weise ersichtlich zu machen.

 

Gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat - unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht - wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.

 

4.2.  Die Bewilligungspflicht nach § 38 WRG kann sich für „andere Anlagen“ also entweder daraus ergeben, dass sie sich innerhalb des Hochwasser­abfluss­bereiches befinden, oder dadurch, dass ein Regionalprogramm eine derartige Bewilligungspflicht vorsieht.

 

4.2.1. Die Bewilligungspflicht eines allenfalls vorhandenen wasserwirtschaftlichen Regionalprogrammes ist auf den ggst. Altbestand nicht anwendbar. (vgl. Oberleitner/Berger, WRG-ON 1.02 § 38 Rz 27)

 

4.2.2. Bis zum 30. Juni 1990 waren als HW-Abflussgebiete – sofern bei den Gemeinden in den Abdrucken der Katastralmappen die Grenzen der HW-Abflussgebiete für 20- bis 30-jährliche Hochwässer nicht ersichtlich gemacht worden waren – jene Flächen anzusehen, die erfahrungsgemäß häufig überflutet werden. Hiezu hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass man bei einer „häufigen Überflutung von Flächen“ regelmäßig nur an Abstände von wenigen Jahren zu denken hat und Überflutungen, die in Abständen von etwa zehn und mehr Jahren stattfinden, nicht mehr als „häufig“ bezeichnet werden können. Erst mit Inkrafttreten der WRG-Nov 1990 am 1. Juli 1990 gilt als HW-Abflussgebiet iSd § 38 Abs 1 das „bei 30-jährlichen Hochwässern überflutete Gebiet (VwGH 15. 07. 1999, 98/07/0106; 30. 10. 2008, 2005/07/0068).

Für die vor dem 1. 7. 1990 errichteten „anderen Anlagen innerhalb der Grenzen des HW-Abflusses fließender Gewässer“ gem. § 38 Abs. 1 bedeutet dies, dass eine wr. Bewilligung nicht schon dann einzuholen ist, wenn diese Anlage innerhalb eines Gebietes liegt, welches bei 30-jährlichen Hochwässern überflutet wird, vielmehr die wr. Bewilligungspflicht nach § 38 Abs 1 erst dann eingetreten ist, wenn die Anlage auf einer Fläche errichtet worden ist, die erfahrungsgemäß häufig überflutet wurde (VwGH 15. 07. 1999, 98/07/0106 mwN; 23. 02. 2006, 2004/07/0091; 26. 01. 2012. 2010/07/0080) [Oberleitner/Berger, WRG-ON 1.02 § 38 Rz 4, 23].

 

4.3.  Im ggst. Fall befinden sich die Liegenschaften x und x, KG , bzw. die darauf errichteten Anlagen, aufgrund der Errichtung des Hochwasserschutzdammes „x“ heutzutage nicht mehr im Abflussbereich eines dreißigjährigen Hochwassers,  also erst recht nicht im Abflussbereich „häufiger Hochwässer“ iSd obigen Ausführungen, weshalb für diese auch keine Bewilligungspflicht iSd § 38 WRG besteht. Da keine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich ist, handelt es sich bei den Mauern und Anschüttungen auch nicht um eigenmächtige Neuerungen, auf die ein wasserpolizeilicher Auftrag nach § 138 WRG gestützt werden könnte.

 

4.4.  Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die erteilten Bewilligungen betreffend Wohngebäude und Garagen der Bf mittlerweile – auf Grund des Wegfallens der Bewilligungspflicht – ohnehin obsolet sind, war im Hinblick auf eine klare, einheitliche Rechtslage, der gesamte Bescheid zu beheben.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Zu II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Leopold Wimmer