LVwG-300231/43/BMa/PP/TK
Linz, 11.08.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde des x, vertreten durch Rechtsanwalt x, x, x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land, vom 13. Jänner 2014, SV96-57-2012/La, wegen Übertretungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG),
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die mit dem angefochtenen Bescheid verhängten Geldstrafen für jede der vierzehn im bekämpften Straferkenntnis angeführten Arbeiterinnen auf jeweils 500 Euro herabgesetzt werden und die sich auf die unter Ziffer 1. – 4. genannten Arbeiterinnen beziehende Wortgruppe „vor Arbeitsantritt am 12.5.2012 um 6.00 Uhr“ durch die Wortgruppe „vor Arbeitsantritt am 14.5.2012 um 7.00 Uhr“, ersetzt wird.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 700 Euro.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:
bzw. 14.5.2012 um 7.00 Uhr:
Als Zeugen wurden x, x, x einvernommen. Zur Einvernahme der x und des x wurde jeweils ein Dolmetscher beigezogen.
3. Das OÖ Landesverwaltungsgericht hat erwogen:
3.1. Anlässlich der mündlichen Verhandlung wurde von den Beschwerdeführern bekannt gegeben, dass der Sachverhalt, wonach die 14 Arbeiterinnen am
14. Mai 2012 um 07:00 Uhr zu arbeiten begonnen haben, jedoch die Meldung zur Oö GKK erst um 14:11 Uhr hinsichtlich der 4 rumänischen Arbeiterinnen und um 13:53 Uhr hinsichtlich der 10 serbischen Arbeiterinnen erfolgt ist, außer Streit gestellt wird.
3.2. Darüber hinaus wird folgender rechtlich relevanter Sachverhalt festgestellt:
Sowohl x als auch x sind Gesellschafter der x und x. Innerhalb des Betriebes wurden die operativen Tätigkeiten zwischen den nunmehr geschiedenen Ehegatten in der Weise aufgeteilt, dass x vorwiegend für die Erntearbeiten und die Feldpflege verantwortlich war und x sich um die Meldungen nach dem ASVG gekümmert hat. Eine verantwortliche Beauftrage zur Durchführung dieser Meldungen an die Oö GKK wurde nicht bestellt. Insbesondere wurde auch x nicht gegenüber der Oö GKK als Sozialversicherungsträger als verantwortliche Beauftragte gemeldet.
x hat immer wieder darauf hingewiesen, dass Meldungen zur Oö GKK rechtzeitig zu erstatten sind (Seite 13 des Tonbandprotokolls vom 2. Juli 2014). Es kann nicht festgestellt werden, dass x zum inkrimintierten Tatzeitpunkt nicht mehr im Betrieb x tätig war.
Es kann auch nicht festgestellt werden, dass x am 14. Mai 2014 im Betrieb anwesend war.
Die Kontrolle, bei der auch die verspäteten Meldungen der Arbeiterinnen zur Oö GKK festgestellt wurden, war am 15. Mai 2012, also am Tag nachdem die Meldung an die Oö GKK bereits erfolgt waren, sodass die Meldung zur Oö GKK lediglich einige Stunden verspätetet noch am selben Tag der Arbeitsaufnahme, jedoch vor der Kontrolle durch die Organe der Finanzpolizei erfolgt ist.
Es kann nicht festgestellt werden, ob von der Firma x bereits am
11. Mai 2014 eine Meldung an die Buchhalterin x per Fax ergangen ist. Die Meldung von der Firma x an die Buchhalterin x, die bereits über mehrere Jahrzehnte die Meldungen zur Oö GKK für die Firma x vorgenommen hatte, erfolgte am 14. Mai 2012 um 08:36 Uhr hinsichtlich der 10 serbischen Staatsangehörigen und um 08:37 Uhr hinsichtlich der 4 rumänischen Arbeiterinnen.
Die Firma x hatte mit Frau x vereinbart gehabt, dass diese die von der Firma x erhaltenen Faxmeldungen bestätigt, sodass deren Empfang durch Frau x für die Firma x nachvollziehbar war. Frau x hat den Erhalt des Faxes am 14. Mai 2012 der Firma x rückgemeldet.
x ist aufgrund ihres hohen Alters nicht mehr als Personalverrechnerin der Firma x tätig.
3.3. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus dem vorgelegten erstinstanzlichen Verwaltungsakt und den Aussagen der beiden Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung ergibt.
x hat ihre Unterlagen sorgfältig in Ordnern abgeheftet gehabt und konnte sich das Nichtauffinden eines Faxes, das laut Faxprotokoll der Firma x am
11. Mai 2012 an ihr Faxgerät ergangen sein soll, nicht erklären.
Die Personalverrechnerin hat bestätigt, dass sie, sobald sie eine Meldung von der Firma x bekommen hat, diese per Fax rückbestätigt und die Anmeldungen zur Oö GKK vorgenommen hat. Ihr selbst war nicht bekannt, dass sie von der Firma x gegenüber der Oö GKK als verantwortliche Beauftragte im Sinn des § 35 Abs. 3 ASVG angeführt wurde und sie hat auch ihre Zustimmung zu einer derartigen Beauftragung nicht erteilt.
Aus den nach der mündlichen Verhandlung vorgelegten Scheidungsunterlagen der ehemaligen Ehegatten x ergibt sich keine Aufteilung des betrieblichen Vermögens.
3.4. In rechtlicher Hinsicht hat das Oö LVwG erwogen:
3.4.1. Gemäß § 111 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG (BGBl Nr. 189/1955 idFd Art I Teil 2 des SRÄG 2007, BGBl I Nr. 31/2007) handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes
1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.
Gemäß Absatz 2 ist die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 von der Bezirksver-waltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar
- mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,
- bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,
sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.
Nach § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.
Entsprechend § 33 Abs. 1a ASVG kann die Anmeldeverpflichtung auch in zwei Schritten erfüllt werden, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburts-daten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungs-aufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden.
Nach § 35 Abs. 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs. 2 ASVG Besonderes für jene nach § 4 Abs. 1 Z 4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs. 1
Z 3 lit.c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber gemäß § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs. 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 ASVG vorliegt.
3.4.2. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, wurden die Meldungen hinsichtlich der 14 Arbeiterinnen erst nach Arbeitsantritt beim zuständigen Sozialversicherungsträger durchgeführt, sodass der Beschwerdeführer, der ebenso wie seine Ex-Gattin Verantwortlicher für die Beschäftigung der Arbeiterinnen im Betrieb x war, das Tatbild der ihm vorgeworfenen Rechtsnorm erfüllt hat.
3.4.3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.
Den Bf trifft ein minderer Grad des Verschuldens, ist doch zu seinen Gunsten davon auszugehen, dass es eine betriebliche Arbeitsaufteilung gegeben hat, wonach seine Gattin innerbetrieblich für die Meldungen zuständig war. Weil nicht festgestellt werden konnte ob x am 14. Mai 2014 im Betrieb aufhältig war, ist zu Gunsten des Beschwerdeführers davon auszugehen, dass diese sich im Betrieb aufgehalten hat und er damit darauf vertrauen konnte, dass x für die ordnungsgemäße Durchführung der Meldungen an die Oö GKK Sorge getragen hat.
Es trifft ihn aber ein Überwachungsverschulden und zwar sowohl hinsichtlich der Tätigkeit der innerbetrieblich verantwortlichen Person für die rechtzeitigen Meldungen als auch hinsichtlich Frau x, die die Meldungen an die OÖ GKK erstattet hat, sodass der Bf auch die subjektive Tatseite erfüllt hat.
3.4.4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idgF sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Nach Abs. 2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 – 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs-strafrechts sind die §§ 32 – 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Zur Bemessung der Strafhöhe ist anzuführen, dass hinsichtlich der Geldstrafen jeweils die Mindeststrafe verhängt wurde und die Verhängung der Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden für jede verspätet zur Oö GKK gemeldete Arbeitnehmerin von der belangten Behörde nicht in Relation der Obergrenze für die Geldstrafe zur Obergrenze für die Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt, sondern sehr milde bemessen wurde.
Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.
Im Zuge der Beschwerdeverhandlung wurde von beiden Beschwerdeführern ein Tatsachgeständnis abgegeben und es sind keine nachteiligen Folgen der Tat eingetreten, erfolgte doch die Meldung zur Oö GKK noch am selben Tag der Arbeitsaufnahme, sodass keine Abgabenhinterziehung an diesem Tag vorgelegen ist. Überdies erfolgte die Meldung zur Oö GKK aus freien Stücken noch vor der finanzpolizeilichen Kontrolle am nächsten Tag, sodass auch dieses Verhalten strafmildernd anzusehen ist.
Damit aber konnte unter Anwendung des § 20 VStG die Mindeststrafe unter-schritten werden und es war spruchgemäß zu entscheiden. Eine Korrektur der Ersatzfreiheitsstrafe, die nicht in Relation der Obergrenze der Geldstrafe zur Obergrenze der Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt, sondern von der belangten Behörde sehr milde bemessen wurde, war wegen des Verbotes der reformatio in peius nicht vorzunehmen.
Weil die Arbeitsaufnahme der vier unter Punkt 1. – 4. angeführten Arbeiterinnen erst am 14. Mai 2012 erwiesen werden konnte (diesbezüglich wird auf das bereits mit Erkenntnis des OÖ LVwG vom 5. August 2014 entschiedene Verfahren (LVwG-300232) verwiesen, war hinsichtlich des vorgeworfenen Zeitpunkts der Arbeitsaufnahme eine Spruchkorrektur vorzunehmen.
3.4.5. Weil die Beschwerde teilweise Erfolg hatte, vermindert sich der Verfahrenskostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren und für das Verfahren vor dem Oö LVwG ist gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Kostenbeitrag zu leisten.
4. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Maga. Gerda Bergmayr-Mann
Beachte:
Revision wurde zurückgewiesen.
VwGH vom 07.11.2014, Zl.: Ra 2014/08/0038-3