LVwG-750195/2/Gf/Rt
Linz, 07.08.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K !
Geschäftszeichen: Datum: LVwG-750195/2/Gf/Rt Linz, 7. August 2014
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Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Einzelrichter Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des P, vertreten durch RA Mag. K, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Linz vom 5. Juni 2014, Zl. PPO-RM-Pol-16-03, wegen Abweisung eines Antrages auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Oö. Sexualdienstleistungsgesetz
z u R e c h t e r k a n n t:
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I.
1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 20. Februar 2014, Zl. 080/2013, wurde der vom Beschwerdeführer am 30. August 2013 eingebrachte, auf das Oö. Sexualdienstleistungsgesetz, LGBl.Nr. 80/2012 i.d.g.F. LGBl.Nr. 90/2013 (im Folgenden: OöSDLG), gegründete Antrag auf Erteilung einer Bordellgenehmigung für den Standort Straße A, Linz, abgewiesen.
Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der Rechtsmittelwerber zwar die persönlichen Voraussetzungen für eine Bewilligungserteilung erfüllen würde. Allerdings liege innerhalb des Umkreises von 150 Metern um den beabsichtigten Standort ein Gebäude, das religiösen Zwecken gewidmet ist (Pfarrkirche X). Da zudem für diesen Standort zufolge der Verordnung des Stadtsenates der Stadt Linz vom 15. September 2005 ein explizites Verbot der Ausübung von Prostitution bestehe, sei der Antrag sohin gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 OöSDLG abzuweisen gewesen.
2. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung erhoben und darin eingewendet, dass die in § 6 Abs. 1 Z. 1 OöSDLG festgelegte 150-Meter-Schutzzone unterschritten sei, wenn die Entfernung – wie dies nach den Erläuterungen des Gesetzgebers beabsichtigt war – zwischen den jeweiligen Eingängen der beiden in Rede stehenden Gebäude gemessen wird.
Davon abgesehen liege auch der Versagungsgrund des § 6 Abs. 1 Z. 2 OöSDLG nicht vor, weil die Verordnung des Stadtsenates der Stadt Linz vom 15. September 2005 deshalb inhaltlich rechtswidrig sei, weil der Rechtsmittelwerber im beabsichtigten Standort de facto bereits seit 30 Jahren ein Animierlokal betreibe, ohne dass es in diesem Zeitraum in irgend einer Weise zu einer Störung des örtlichen Gemeinwesens gekommen sei.
3. Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 5. Juni 2014, Zl. PPO-RM-Pol-16-03, wurde diese Berufung abgewiesen und der angefochtene Bescheid des Bürgermeisters bestätigt.
Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Ausschlussgrund des § 6 Abs. 1 Z. 1 OöSDLG bereits dann zum Tragen komme, wenn ein religiösen Zwecken dienendes Gebäude (nicht bloß mit dessen Eingang, sondern) mit irgend einem Teil innerhalb der 150-Meter-Schutzzone – die (und nur insofern sei dem Rechtsmittelwerber zu folgen) vom Eingang des Gebäudes, in dem die Ausübung der Prostitution beabsichtigt ist, zu bemessen sei – liegt. Dies treffe aber im gegenständlichen Fall deshalb zu, weil die Pfarrkirche X (zwar nicht mit ihrem Eingang, aber) zu einem Drittel innerhalb dieser Schutzzone liege und zwischen den beiden in Rede stehenden Gebäuden sowohl ein Sicht- als auch eine Wegverbindung bestehe.
Hinsichtlich des Versagungsgrundes des § 6 Abs. 1 Z. 2 OöSDLG sei darauf hinzuweisen, dass die Verbotsverordnung vom 15. September 2005 in der Folge durch die Verordnung des Stadtsenates der Stadt Linz vom 17. April 2008 ersetzt und in dieser neuerlich ausdrücklich festgelegt worden sei, dass im Haus Straße A, Linz, die Ausübung der Prostitution verboten ist.
4. Gegen diesen dem Rechtsmittelwerber am 26. Juni 2014 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 17. Juli 2014 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Beschwerde.
Darin wird eingewendet, dass davon ausgehend, dass die Zonenregelung des § 6 Abs. 1 Z. 1 OöSDLG dem Schutz der darin aufhältigen Personen diene, auf die jeweiligen Hauseingänge abzustellen sei und es sohin ausschließlich auf deren wechselseitige Entfernung ankomme. Da der Eingang der Pfarrkirche X aber allseits unbestritten außerhalb des 150-Meter-Bereiches liege, könne dieser Versagungsgrund sohin im vorliegenden Fall nicht zum Tragen kommen.
Gleiches gelte in Bezug auf § 6 Abs. 1 Z. 2 OöSDLG, weil sich auch die Verbotsverordnung des Stadtsenates vom 17. April 2008 auf keine tragfähigen inhaltlichen Grundlagen berufen könne. Dazu komme, dass in einem früheren Verwaltungsstrafverfahren festgestellt worden sei, dass der Rechtsmittelwerber seinen Animierbetrieb schon vor dem Inkrafttreten der Novelle zum Oö. Polizeistrafgesetz – und somit rechtmäßig – geführt habe und weiterhin führe, sodass schon aus diesem Grund kein Verstoß gegen die Verbotsverordnung vorliegen könne.
Aus diesen Gründen wird zunächst angeregt, gemäß Art. 139 B‑VG einen Antrag auf Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Stadtsenates der Stadt Linz vom 17. April 2008 zu stellen, sowie beantragt, dem Beschwerdeführer die begehrte Bewilligung zu erteilen, in eventu, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Rechtssache an die belangte Behörde zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.
II.
1. Gemäß Art. 131 Abs. 1 B-VG i.V.m. Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennen über wegen Rechtswidrigkeit erhobene Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde die Verwaltungsgerichte der Länder; dies gilt nach Art. 131 Abs. 5 B-VG i.V.m. Art. 132 Abs. 6 B-VG auch in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde, sofern – was jedoch gegenständlich nicht zutrifft – nicht ausdrücklich eine Zuständigkeit eines Verwaltungsgerichtes des Bundes vorgesehen ist.
2. Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates Linz zu Zl. PPO-RM-Pol-16; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche und zudem zwischen den Verfahrensparteien auch in keiner Weise strittige Sachverhalt klären ließ, ein entsprechender Antrag nicht gestellt wurde und mit der vorliegenden Beschwerde ausschließlich die Klärung von Rechtsfragen angestrebt wird, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.
III.
In der Sache selbst hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich erwogen:
1. Gemäß § 4 Abs. 1 OöSDLG darf ein Bordell nur mit einer Bewilligung der Gemeinde betrieben werden.
Eine solche Bewilligung darf nach § 6 Abs. 1 Z. 1 OöSDLG (u.a.) nur dann erteilt werden, wenn sich im Umkreis von 150 Metern um den beantragten Standort kein Gebäude befindet, das religiösen Zwecken gewidmet ist, es sei denn, dass sich zwischen dem Schutzobjekt und dem Ort der Anbahnung oder Ausübung der Sexualdienstleistung eine Abgrenzung befindet, die innerhalb des Schutzbereichs keine Verbindungswege und keine Sichtverbindung zum Schutzobjekt aufweist (wie insbesondere eine Bahntrasse oder eine Einfriedungsmauer).
Eine Bordellbewilligung darf weiters nur dann erteilt werden, wenn für den beantragten Standort kein Verbot durch eine Verordnung der Gemeinde gemäß § 3 Abs. 4 OöSDLG erlassen wurde (§ 6 Abs. 1 Z. 2 OöSDLG). Nach § 19 Abs. 3 OöSDLG gelten die auf der Grundlage von § 2 Abs. 2 des Oö. Polizeistrafgesetzes, LGBl.Nr. 36/1979 i.d.F. LGBl.Nr. 36/2011 (im Folgenden: OöPolStG), erlassenen Verordnungen nunmehr als Verordnungen nach § 3 Abs. 4 OöSDLG, sofern sie auf das OöSDLG gestützt werden können.
2. Nach § 1 Z. 4 der Verordnung des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 17. April 2008, kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Linz Nr. 12 vom 23. Juni 2008 (im Folgenden kurz: ProstVO-L) und in Kraft getreten am 18. April 2008 (vgl. § 2 ProstVO-L), ist die Nutzung des Gebäudes Straße A zum Zweck der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution verboten.
Die ProstVO-L stützte sich zum Zeitpunkt ihrer Erlassung auf § 2 Abs. 2 OöPolStG, der damals (d.h.: in der zuletzt durch LGBl.Nr. 36/2011 geänderten Fassung) folgenden Wortlaut hatte:
„Die Nutzung bestimmter Gebäude, Gebäudeteile oder Gruppen von Gebäuden zum Zweck der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution ist in der Nähe von Kirchen, Friedhöfen, Krankenanstalten, Schulen, Kindergärten, Kinder- und Jugendspielplätzen, Jugendheimen und dergleichen verboten. Überdies kann die Gemeinde die Nutzung bestimmter Gebäude, Gebäudeteile oder Gruppen von Gebäuden des Gemeindegebietes zum Zweck der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution durch Verordnung untersagen, wenn durch diese Tätigkeit
1. die Nachbarschaft in unzumutbarer Weise belästigt wird oder
2. das örtliche Gemeinwesen gestört wird oder eine solche Störung zu erwarten ist oder
3. sonstige öffentliche Interessen, insbesondere solche der Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder des Jugendschutzes, verletzt werden oder eine solche Verletzung zu erwarten ist.“
§ 3 Abs. 4 OöSDLG lautet in der derzeit geltenden Fassung:
„Die Gemeinde kann die Nutzung bestimmter Gebäude oder Gebäudeteile zum Zweck der Anbahnung oder Ausübung der Sexualdienstleistung durch Verordnung untersagen oder zeitlich einschränken, wenn zu erwarten ist, dass durch diese beabsichtigte Nutzung
1. die Nachbarschaft in unzumutbarer Weise belästigt wird oder
2. öffentliche Interessen, insbesondere solche der Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder des Jugendschutzes, verletzt werden.“
Schon auf Grund der weitgehend identen Textierung dieser beiden gesetzlichen Bestimmungen ist offenkundig, dass die ProstVO-L inhaltlich nunmehr auf § 3 Abs. 4 OöSDLG gestützt werden kann, sodass diese i.S.d. § 19 Abs. 3 OöSDLG gegenwärtig als eine auf Grund des OöSDLG erlassene Verbotsverordnung anzusehen ist.
Im Zusammenhang mit § 6 Abs. 1 Z. 2 OöSDLG normiert § 1 ProstVO-L daher insgesamt einen absoluten Versagungstatbestand, nämlich dahin gehend, dass für die in der letztgenannten Bestimmung explizit angeführten Gebäude eine Bordellbewilligung schon a priori nicht erteilt werden kann. Soweit es sich um solche Bauwerke handelt, ist der Behörde daher die ansonsten zum Tragen kommende nähere Prüfung der in § 6 Abs. 1 Z. 1 OöSDLG und in § 6 Abs. 1 Z. 3 bis 6 OöSDLG angeführten Kriterien schon von vornherein verwehrt.
3. Da der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall eine Bordellbewilligung für den Standort „Straße A, Linz“ begehrt und dieses Gebäude in § 1 Z. 4 ProstVO-L ausdrücklich angeführt ist, konnte die belangte Behörde die beantragte Bewilligung sohin aber schon aus diesem Grund nicht erteilen.
4. Anderes würde nur gelten, wenn die ProstVO-L entweder aus formellen oder aus materiellen Gründen als absolut nichtig anzusehen wäre.
Derartiges wurde aber vom Beschwerdeführer selbst gar nicht behauptet und auch in dem vom Magistrat Linz vorgelegten Akt finden sich hierfür keinerlei Anzeichen, im Gegenteil: Offenkundig hat nämlich gerade der Umstand der jeweiligen Nähe der Häuser Straße A (vgl. § 1 Z. 4 ProstV-L) und Straße B (vgl. § 1 Z. 5 ProstV-L) zur Pfarrkirche X den Stadtsenat der Stadt Linz dazu veranlasst, in einer jeden Zweifel ausschließenden – und damit auch (wie etwa im vorliegenden Fall) jegliche interpretative Spekulation verhindernden – Weise von vornherein klarzustellen, dass dort die Prostitutionsausübung jedenfalls verboten sein soll.
5. Mangels entsprechender inhaltlicher Bedenken erübrigte sich daher auch eine entsprechende Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof gem. Art. 139 B‑VG.
6. Die in einem früheren Verwaltungsstrafverfahren erfolgte Tatsachenfeststellung, dass er de facto schon vor dem Inkrafttreten der PolStG-Novelle 1985 im Standort Straße A, Linz, ein Animierlokal betrieben hat, führt entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht dazu, dass die Ausübung dieser Tätigkeit auch rechtmäßig erfolgt ist; selbst in jenem Fall wäre aber eine dementsprechende Berechtigung durch die nachfolgend in Kraft getretene ProstVO‑L jedenfalls erloschen, sodass auch aus diesem Umstand nicht abgeleitet werden könnte, dass der absolute Versagungsgrund des § 6 Abs. 1 Z. 2 OöSDLG für den Rechtsmittelwerber nicht zum Tragen käme.
6. Aus allen diesen Gründen war daher die gegenständliche Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 und 3 VwGVG abzuweisen.
IV.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, da eine Rechtspre-chung des Verfassungsgerichtshofes bzw. des Verwaltungsgerichtshofes zu den im vorliegenden Fall zu lösenden Rechtsfragen weder fehlt noch uneinheitlich ist noch mit der gegenständlichen Entscheidung von dieser abgewichen wurde.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis kann eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.
Gegen dieses Erkenntnis kann auch eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Verwaltungsgerichtshof zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. G r o f
LVwG-750195/Gf/Rt vom 7. August 2014
OöSDLG §6
Verordnung des Stadtsenates Linz vom 17.4.2008 §1
In Verbindung mit § 6 Abs. 1 Z. 2 OöSDLG normiert § 1 der Verordnung des Stadtsenates Linz vom 17.4.2008 insgesamt besehen einen absoluten Versagungstatbestand, nämlich dahin gehend, dass für die in der letztgenannten Bestimmung explizit angeführten Gebäude eine Bordellbewilligung schon a priori nicht erteilt werden kann. Soweit es sich um solche Bauwerke handelt, ist der Behörde daher die ansonsten zum Tragen kommende nähere Prüfung der in § 6 Abs. 1 Z. 1 OöSDLG und in § 6 Abs. 1 Z. 3 bis 6 OöSDLG angeführten Kriterien schon von vornherein verwehrt.
Beschlagwortung:
Bordellbewilligung; Versagungsgründe; verordnungsmäßige Festlegung