LVwG-750127/6/MB/JW
Linz, 21.07.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde der X, geb. X, StA Mazedonien, vertreten durch X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Wels-Land vom 7. August 2013, GZ: Sich40-640-2011,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und wird der Beschwerdeführerin der beantragte quotenpflichtige Aufenthaltstitel erteilt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Wels-Land (im Folgenden: belangte Behörde) wurde der Antrag der Beschwerdeführerin (im Folgenden Beschwerdeführer: Bf) vom 20. Oktober 2011 auf Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte plus gem. § 46 Abs 2 (gemeint wohl: Abs 1 Z 2) NAG 2005 idgF abgewiesen.
Begründend führt die belangte Behörde aus:
„Gemäß § 3 NAG ist Behörde nach diesem Bundesgesetz, der örtlich zuständige Landeshauptmann. Der Landeshauptmann kann, wenn dies im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit oder Sparsamkeit der Verwaltung gelegen ist, die Bezirksverwaltungsbehörde mit Verordnung ermächtigen, alle oder bestimmte Fälle in seinem Namen zu entscheiden.
Gemäß § 4 NAG richtet sich die örtliche Zuständigkeit im Inland nach dem Wohnsitz oder beabsichtigten Wohnsitz des Fremden.
Gemäß § 11 Abs. 2 Z. 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte.
Gemäß § 11 Abs. 5 NAG führt der Aufenthalt eines Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung oder Patenschaftserklärung (Abs. 2 Z 15 oder 18), ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.
Gemäß § 46 Abs. 2 NAG ist Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot - Karte plus" zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen, und ein Quotenplatz vorhanden ist und der Zusammenführende einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt - EG" innehat.
Nach Prüfung der eingereichten Unterlagen geht die Behörde von folgendem Sachverhalt aus und hat erwogen:
Sie haben am 20.10.2011 bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" eingereicht.
Beim gegenständlichen Antrag handelt es sich um einen Erstantrag, wobei der "Zusammenführende" Ihr Ehegatte Herr X, geb. X, mazedonischer Staatsangehöriger, mit einem Aufenthaltstitel Daueraufenthalt EG ist. Verheiratet sind Sie seit 21.03.1975. Die angestrebte quotenpflichtige Familienzusammenführung ist daher gemäß § 46 Abs. 2 NAG zu bewilligen, wenn der Drittstaatsangehörige neben spezieller Voraussetzungen, die allgemeinen Voraussetzungen des 1. Teiles des zitierten Gesetzes erfüllt.
Aufgrund des von Ihnen angeführten zukünftigen Wohnsitzes in X, X, ist die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land die sachlich und örtlich zuständige Behörde. Nach Überprüfung der Unterlagen wurde die finanzielle Lage Ihres Ehegatten näher betrachtet.
Für ein Ehepaar beträgt der Richtsatz gemäß § 293 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) im Jahr 2013: 1.255,89 Euro. Diesem Betrag sind weiters Kreditrückzahlungen, Mietbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen hinzuzurechnen.
Ihr Ehegatte bezieht aktuell für das Jahr 2013 eine Gesamtpension von 1.212,42 Euro. In diesem Auszahlungsbetrag ist die Ausgleichszulage von 346,66 Euro inkludiert. Die Mietbelastung ist deshalb nicht relevant, da diese den Wert der freien Station nicht übersteigt.
Nach Gegenüberstellung des benötigten ASVG Richtsatzes und Ihres derzeitigen Pensionsbezuges ergibt dies ein Minus von 43,47 Euro.
Es besteht somit für die Behörde kein Zweifel, dass der benötigte Richtsatz um den genannten Differenzbetrag unterschritten wurde und daher eine Erteilungsvoraussetzung nicht gegeben ist. Ihr Ehegatte ist somit finanziell nicht in der Lage, für Ihren Lebensunterhalt in Österreich aufzukommen.
Darüber hinaus würde sich laut Auskunft der PVA bei Zuzug der Ehegattin zum Ehegatten in den gemeinsamen Haushalt die Ausgleichszulage erhöhen, wonach eindeutig von einer Mehrbelastung des Bezuges von Gelder öffentlicher Hand auszugehen ist.
In einer Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 25.04.2013 wurde Ihnen der Sachverhalt einer beabsichtigten Abweisung Ihres Erstantrages nachweislich zur Kenntnis gebracht.
In Ihrer Stellungnahme vom 14.05.2013 gaben Sie im Wesentlichen an, dass für Sie auch die Kinder unterhaltspflichtig sind. Demnach hat sich Ihr in der Schweiz lebende Sohn X bereit erklärt, ab 28.05.2013 eine monatliche Unterhaltsbeitragsleistung in Höhe von 100 Franken, umgerechnet 80 Euro, zu leisten. Durch den Unterhaltsbeitrag würde daher Ihr Ehegatte keine erhöhte Ausgleichszulage mehr erhalten. Des Weiteren geben Sie an, dass die Gewährung des beantragten Aufenthaltstitels zur Aufrechterhaltung des Familienlebens notwendig sei. Der Lebensmittelpunkt der Großfamilie X hat sich von Mazedonien in den Großraum Wels verlegt. Im Zeitraum zwischen Juni 2010 und März 2012 fanden von der Antragstellerin vier Reisen ins Bundesgebiet statt. Durch die Haushaltstätigkeit und auch Pflege im Krankheitsfall würde sie das österreichische Sozialsystem entlasten. Sie würde Hauskrankenpflege als auch Kinderbetreuung im gewissen Ausmaß ersetzen.
Mit Schreiben vom 22.05.2013 legten Sie eine Vereinbarung, abgeschlossen zwischen Ihnen und Ihrem in der Schweiz lebenden Sohn X, bei. In dieser Vereinbarung verpflichtet sich der Sohn gegenüber Ihnen bis auf weiteres monatlich 100 Schweizer Franken auf das Konto Ihres Mannes X als Unterhaltsbeitrag zu leisten.
In Ihrer Mitteilung vom 17.07.2013 erwähnen Sie im Wesentlichen ein VwGH Erkenntnis, wonach der Nachweis des Vorhandenseins der für einen Fremden notwendigen Unterhaltsmittel auch durch das Bestehen von Unterhaltsansprüchen erbracht werden kann. Der Unterhaltsanspruch kann sowohl aus einem gesetzlichen, etwa familienrechtlichen als auch von einem vertraglichen Titel herrühren. Ihr Sohn wäre sogar zumindest nach Österreichischem Recht subsidiär gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet.
Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land gibt Ihnen bekannt, dass alleine der Zusammenführende für die notwendigen finanziellen Mittel aufkommen muss. In einem Antrag gemäß § 46 Abs. 2 NAG ist keine Haftungs- oder Patenschaftserklärung zulässig, da dies beim Aufenthaltszweck nicht ausdrücklich angeführt ist. Somit ist Ihre eingereichte Vereinbarung mit Ihrem Sohn X kein, für die Erreichung des notwendigen Richtsatzes der geforderten finanziellen Mittel, geeigneter Nachweis. Der Gesetzgeber schränkte die Möglichkeit eines Fremden, seine Unterhaltsmittel aus einem vertraglich bestehenden Unterhaltsanspruch abzuleiten auf jene Fälle ein, in denen dies im Gesetz ausdrücklich für zulässig erklärt wurde. Darüber hinaus hat Ihr Sohn in der Vereinbarung den Wortlaut "bis auf weiteres" gewählt, von einer zumindest einjährigen Dauer wäre im Falle der Zulässigkeit dieser Vereinbarung auszugehen gewesen.
Gemäß § 11 Abs. 3 NAG kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses ein Aufenthaltstitel gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 6 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
4. der Grad der Integration;
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei-und Einwanderungsrechts;
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Im Zeitraum von Juni 2010 bis März 2012 hielten Sie sich insgesamt vier Mal legal im Bundesgebiet als Touristin auf.
Sie sind bereits seit 21.03.1975 mit Ihrem Ehegatten verheiratet. Erst jetzt wurde der "Wunsch" zum Ehegatten nach zu ziehen in Form eines Erstantrages auf Familienzusammenführung geäußert. Das gemeinsame Familienleben mit Ihrem Ehegatten war scheinbar in der Vergangenheit für Sie nicht von großer Bedeutung, zumal Ihr Ehegatte sogar seit Jahren Pensionist ist und das gemeinsame Familienleben nicht zwingend in Österreich stattfinden muss.
Gerichtliche Verurteilungen scheinen keine auf. Eine starke Bindung zum Heimatland scheint gegeben, den Großteil Ihres Lebens verbrachten Sie im Heimatland, sind mit der dortigen Kultur und Sprache bestens vertraut.
Sie gingen in Österreich bisher keiner Erwerbstätigkeit nach. Eine soziale Integration fand bisher nicht statt.
Es besteht kein Zweifel, dass durch die Abweisung Ihres Erstantrages in Ihr Privat- und Familienleben eingegriffen wird. Zusammenfassend muss jedoch festgestellt werden, dass nach einer Gesamtabwägung des Artikel 8 EMRK eine Erteilung des begehrten Aufenthaltstitel trotz Ermangelung einer Erteilungsvoraussetzung nicht möglich ist.
Auf Grund der oben beschriebenen fehlenden finanziellen Mittel und vor allem auf Grund der Erhöhung der Ausgleichszulage mit der damit verbundenen finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, beabsichtigt die Behörde Ihren Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels Rot-Weiß-Rot - Karte plus vom 20.10.2011 abzuweisen.“
2. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung. Die Bf stellt darin den Antrag der Berufung Folge zu geben und ihr eine Rot-Weiß-Rot-Karte Plus zu erteilen.
Begründend führt die Bf aus:
„Die Erstbehörde hat nicht akzeptiert, dass der in der Schweiz lebende Sohn X der Mutter an Unterhalt monatlich 100 CHF leistet. Damit war die Erstbehörde offenbar der Meinung, dass es sich um einen vertraglichen Unterhaltsanspruch handelt. Dabei wurde in der Mitteilung vom 17.7.2013 ausdrücklich vorgebracht, dass X der Sohn der Antragstellerin bzw. der Berufungswerberin ist und dieser zumindest nach österreichischem Recht subsidiär gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist. Als Unterhaltsanspruch gemäß § 11 Abs. 5 NAG kommt nämlich lediglich gesetzlicher Unterhalt zum Tragen.
In der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 12.10.2010, 2007/21/0091 stellte der Verwaltungsgerichtshof fest, dass Zahlungen von Brüdern keineswegs gesetzlicher Unterhalt wären. Mit diesem Einwand hat sich die Erstbehörde nicht auseinander gesetzt.
Die Rechtsansicht, dass nur der Zusammenführende für die notwendigen finanziellen Mittel aufkommen muss, ist nicht richtig. Dass diese gesetzliche Unterhaltsverpflichtung des Sohnes X noch in die Form einer Vereinbarung gegossen wurde, schadet nicht.
Aus dem mazedonischen Recht, das für die Berufungswerberin und deren Sohn X anzuwenden ist, wird wohl ähnlich dem österreichischen Recht ein Unterhaltsanspruch der Mutter gegenüber dem Sohn abzuleiten sein. Wenn ein Ehegatte finanziell nicht in der Lage ist, in Österreich für den Lebensunterhalt seines Partners aufzukommen, dann müssen subsidiär die Kinder einspringen. Dies ist der Fall. Da es sich lediglich um einen monatlichen Fehlbetrag von € 43,47 handelt, belastet dies auch den in der Schweiz verdienenden Sohn nur unwesentlich. Schließlich wurde ein Zahlungsauftrag bzw. Dauerauftrag vorgelegt, der vom 30.4.2013 stammt. Aus technischen Gründen ist Empfänger der Zusammenführende, weil dieser über ein Konto bei der Volksbank Wels verfügt, während die Berufungswerberin noch kein Konto eingerichtet hat.
Im Übrigen ist es für den unterhaltspflichtigen Sohn unerträglich, wenn er die Mutter in Mazedonien gemeinsam mit dem Vater unterstützen muss und die Pflege und Betreuung des Vaters in Österreich nicht ausreichend gewährleistet erscheint.“
3. Mit Schreiben vom 28. Jänner 2014 legte wiederum das Bundesministerium für Inneres den Akt dem Oö. Landesverwaltungsgericht zu Entscheidung vor.
II.
1. Gem. § 81 Abs. 26 NAG, BGBl I 100/2005 idF BGBl I 144/2013 sind alle bis zum 31. Dezember 2013 beim Bundesminister für Inneres anhängigen Berufungsverfahren nach dem NAG ab dem 1. Jänner 2014 vom jeweils zuständigen Landesverwaltungsgericht nach dem Bestimmungen des NAG idF vor dem BGBl I 87/2012 zu Ende zu führen.
2. Gem. § 3 VwGbk-ÜG gilt die Berufung der Bf als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG.
3. Gem. § 24 Abs. 1 VwGVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, zumal sich der Sachverhalt in den hier entscheidungswesentlichen Abschnitten unstrittig bereits aus den Feststellungen der belangten Behörde, den Ausführungen der Bf in ihrer Beschwerde bzw ihrer Stellungahme und dem Akt ergibt.
III.
1. Gem. § 46 Abs. 1 NAG ist Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus” zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen, ein Quotenplatz vorhanden ist und der Zusammenführende einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EG” inne hat.
Gem. § 11 Abs. 1 NAG dürfen einem Fremden Aufenthaltstitel nicht erteilt werden, wenn
1. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erlassen wurde oder ein aufrechtes Rückkehrverbot gemäß § 54 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 63 oder 67 FPG besteht;
2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;
3. gegen ihn eine durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;
4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;
5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder
6. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.
Gem. § 11 Abs. 2 NAG dürfen einem Fremden Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn
1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;
2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;
3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;
4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;
5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden, und
6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a rechtzeitig erfüllt hat.
Gem. § 11 Abs. 5 NAG führt der Aufenthalt eines Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung oder Patenschaftserklärung (Abs. 2 Z 15 oder 18), ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.
Gem. § 11 Abs. 6 NAG muss die Zulässigkeit, den Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Z 2 bis 4 NAG mit einer Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15 NAG) erbringen zu können, ausdrücklich beim jeweiligen Aufenthaltszweck angeführt sein.
Gem. § 283 Abs. 1 lit a sublit aa ASVG idF BGBl II 434/2013 beträgt der Richtsatz unbeschadet des § 293 Abs. 2f ASVG für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung, wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben 1286,03 Euro.
2.1. In diesem Zusammenhang gilt es zunächst festzuhalten, dass Unterhaltsmittel gem. § 11 Abs. 5 NAG durch Unterhaltsansprüche gem. § 2 Abs. 4 Z 3 NAG nachgewiesen werden können. Diese Unterhaltsansprüche sind wiederum nicht auf gesetzliche Unterhaltsansprüche beschränkt. Auch privatrechtliche – vertragliche – Unterhaltsansprüche erfüllen die Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 Z 3 NAG. Allerdings ist – obschon die Definition des § 2 Abs. 4 Z 3 NAG erfüllt ist – in einem nächsten Schritt wiederum zu klären, wie derartige privatrechtliche Ansprüche im Sinne des NAG nachgewiesen werden können (Beweismittelbeschränkung – nicht Beweisthema). Dies erfolgt durch Haftungserklärungen gem. § 2 Abs. 1 Z 15 NAG. Gem. § 11 Abs. 6 ist nun der Nachweis der Unterhaltsansprüche, welche sodann als Unterhaltsmittel gelten und wiederum gem. § 11 Abs. 5 1. Satz NAG als Feststellung zur Verneinung des Ausschlusses gem. § 11 Abs. 2 Z 4 NAG führen im Wege der Haftungserklärung auf gewisse Titelarten beschränkt.
Bei § 46 NAG besteht nicht die Möglichkeit, den Unterhaltsanspruch im Wege einer Haftungserklärung nachzuweisen (vgl. VwGH vom 17. Dezember 2009, Zl. 2009/22/0241). Unbeschadet von dieser Rechtsfolge des § 11 Abs. 6 NAG bleibt der Nachweis des ebenfalls als Unterhalt gem. § 2 Abs. 4 Z 3 NAG geltenden gesetzlichen Unterhaltsanspruches. Dieser Unterhaltsanspruch kann per se nicht durch eine Haftungserklärung gem. § 2 Abs. 1 Z 15 NAG nachgewiesen werden, da dieser keine Erklärung Dritter, sondern ein im jeweiligen Rechtssystem festgelegter Anspruch ist, welcher auf verschiedenste Art und Weise effektuiert wird.
Insofern kommen im Lichte der Beweismittelregeln des NAG im Zusammenhang mit § 46 NAG nur gesetzliche Unterhaltsansprüche in Frage. Andere – wenn vertraglich bestehende – Unterhaltsansprüche sind hier nicht von Relevanz.
2.2. Weiters gilt festzuhalten, dass der Gesetzgeber in § 11 Abs. 5 NAG auf § 293 ASVG verweist. § 293 Abs. 1 lit a sublit aa ASVG berücksichtigt nun die Konstellation, dass Ehegatten o.ä. in einem gemeinsamen Haushalt leben und bestimmt einen zur bloßen Doppelung des Einzelpersonenrichtsatzes abweichenden Betrag. Sinn und Zweck wiederum des verweisenden § 11 Abs. 5 NAG ist, dass lediglich solche Situationen niederlassungsrechtlich gewollt sind, in denen der Unterhalt des Fremden sicher gestellt ist. Aus dem Verweis auf die Bestimmung des ASVG, welche ein Haushaltseinkommen abbildet, das dazu dienen soll, dem zuziehenden Fremden den Unterhalt zu decken, ergibt sich nicht, dass dieses Einkommen von einer Person aufgebracht werden muss. Es ist vielmehr das Haushaltseinkommen nach dem Haushaltsrichtsatz des § 293 ASVG zu bewerten (vgl. VwGH vom 25. März 2010, Zl. 2009/21/0297, VwGH vom 29. April 2010, Zl. 2009/21/0304).
Der Nachweis des vom zuziehenden Fremden selbst erbrachten Haushaltseinkommensteiles ist wiederum an die Beweismittelbegrenzungen des NAG gebunden.
2.3. Aus § 11 Abs. 5 letzter Satz letzter Halbsatz NAG ergibt sich für die Prüfung des § 11 Abs. 2 Z 4 NAG, dass die Ausgleichszulage keine „Sozialhilfeleistung“ ist (arg. „...oder...“, s auch VwGH vom 8. Juni 2010, Zl. 2008/18/0492).
§ 11 Abs. 5 erster Satz NAG bestimmt, dass eine finanzielle Belastung der Gebietskörperschaft dann nicht gegeben ist, wenn der fremde [...] Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen ermöglichen und den Richtsätzen des § 293 ASVG entsprechen. Da nun im Rahmen des NAG die Ausgleichszulage selbst – und sohin auch deren Steigerung in der Zukunft – nicht als „Sozialhilfeleistung“ zu verstehen ist, ist in weiterer Folge nur zu klären, ob die Richtsätze des § 293 ASVG erfüllt sind.
3. Im konkreten Fall ist zunächst festzustellen, dass der Ehemann der Bf (=Zusammenführender) den Titel „Daueraufenthalt EG“ ins Treffen führen kann. Zudem ist für das Verfahren der Bf der Quotenplatz mit der Nr.: 467/2011 reserviert. Auch ist im Hinblick auf die Integrationsvereinbarung zu erkennen, dass die Bf aufgrund § 14a Abs. 5 NAG von der Erfüllungspflicht gem. § 14a Abs. 1 NAG ausgenommen ist. Ein Verhinderungsgrund gem. § 11 Abs. 1 NAG ist zudem nicht erkennbar. Entsprechend der Nachweise im Akt weist die Bf auch einen Anspruch auf eine ausreichende Unterkunft nach.
Betreffend § 11 Abs. 2 Z 4 NAG (=Unterhaltsmittel) ist zu erkennen, dass die Bf nach dem mazedonischen Familienrecht einen Anspruch auf Unterhalt gegen ihre Kinder hat. Das Familienrecht von Mazedonien verfolgt einen starken familiären Solidaritätsgedanken. Daher finden sich nunmehr auch in den Art. 181 ff des mazedonischen FamG 1992 genaue Bestimmungen über die Art, Höhe und Geltendmachung des Unterhaltsanspruches (vgl. Steinmann, Die Ehescheidung in der Republik Mazedonien, 134 ff).
Der Anspruch der Bf besteht daher dem Grunde nach – wenn dieser Anspruch auch in der Beschwerde lediglich ohne nähere Begründung, Anführung der Rechtsnormen etc – hart an der Grenze der prozessmäßigen Ausführung gem. §§ 9, 27 VwGVG – behauptet wird (arg. „wohl“), da die Bf selbst auch kein Einkommen aufweist und des Unterhaltes bedürftig ist. Dass sich der gesetzliche Unterhaltsanspruch im Rahmen des Differenzbetrages von 73, 61 (= 1286,03 minus 1212,40) Euro bewegen wird, ist aufgrund der grundlegenden Wertungen des mazedonischen Gesetzgebers anzunehmen, sodass eine genaue ziffernmäßige Feststellung unterbleiben kann. Die Zahlungen des Sohnes der Bf stellen dahingehend nur einen – schwachen – aber doch vorhandenen Indizienbeweis dar, der aber nicht als Vollbeweis aufgrund des Beweismittelkataloges im Rahmen des NAG zu werten ist.
4. Im Ergebnis ergibt sich aber dennoch, dass das Familieneinkommen die Grenze der Richtsätze des ASVG für Ehepaare in einer gemeinsamen Unterkunft erfüllt. Es konnte daher in weiterer Folge von der Prüfung der durch § 11 Abs. 3 NAG abgebildeten Kriterien des Art 8 EMRK abgesehen werden.
IV.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zudem weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Markus Brandstetter