LVwG-780016/2/Gf/Rt
Linz, 16.06.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K !
Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat durch seinen Einzelrichter Dr. Alfred Grof aus Anlass der Beschwerde des D wegen eines am 13. Mai 2014 gesetzten richtlinienwidrigen Verhaltens eines Beamten der Landespolizeidirektion Oberösterreich und einer dadurch begangenen Verletzung des Sicherheitspolizeigesetzes
z u R e c h t e r k a n n t:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 89 Abs. 4 SPG i.V.m. § 28 Abs. 6 VwGVG dahin stattgegeben, dass festgestellt wird, dass die am 13. Mai 2014 vom einschreitenden Beamten in den Räumlichkeiten der Polizeiinspektion P verweigerte Bekanntgabe seiner Dienstnummer unter den konkreten Umständen des vorliegenden Falles rechtswidrig war.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. In seinem am 6. Juni 2014 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebenen Schriftsatz bringt der Beschwerdeführer in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen vor, dass er am 13. Mai 2014 im Zuge einer Vorsprache bei der Polizeiinspektion P in eine verbale Auseinandersetzung mit einem dort Dienst versehenden Beamten geraten sei, sodass er schließlich die Bekanntgabe von dessen Dienstnummer begehrt habe. Dies sei ihm jedoch sinngemäß mit den Worten „Dienstnummer gibt es keine!“ verweigert worden.
In der Folge habe er daher mit Eingabe vom 14. Mai 2014 eine (auf § 89 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl.Nr. 566/1991 i.d.g.F. BGBl.Nr. I 195/2013 [im Folgenden: SPG], gestützte, sog.) „Richtlinienbeschwerde“ an die Landespolizeidirektion Oberösterreich (im Folgenden: LPD OÖ) erhoben.
2. Mit Schreiben der LPD OÖ vom 23. Mai 2014, Zl. E1/57448/2014, wurde dem Rechtsmittelwerber mitgeteilt, dass im gegenständlichen Fall deshalb keine Verpflichtung zur Bekanntgabe der Dienstnummer bestanden habe, weil mit bzw. gegen seine(r) Person keine Amtshandlung geführt worden sei.
3. Gegen diese Feststellung richtet sich die vorliegende, ersichtlich auf § 89 Abs. 4 SPG gegründete Beschwerde.
II.
1. Funktionell zuständig sind in Bezug auf sämtliche der in Art. 130 Abs. 1 B-VG geregelten Beschwerdetypen – und damit auch für auf § 89 SPG gestützte Richtlinienbeschwerden – nach der Generalklausel des Art. 131 Abs. 1 B-VG grundsätzlich die Verwaltungsgerichte der Länder; abweichend davon sieht jedoch Art. 130 Abs. 2 erster Satz B-VG vor, dass das Bundesverwaltungsgericht in jenen Angelegenheiten zur Entscheidung zuständig ist, die unmittelbar von Bundesbehörden vollzogen werden, sofern das Materiengesetz nicht i.S.d. Art. 130 Abs. 4 B-VG Abweichendes anordnet.
Gerade Letzteres trifft jedoch gemäß § 89 SPG zu, sodass insgesamt besehen die funktionelle und örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich zur Entscheidung über die vorliegende Beschwerde gegeben ist.
2. Da mit dieser lediglich eine unzutreffende rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend gemacht wird, der entscheidungswesentliche Sachverhalt zwischen den Verfahrensparteien nicht strittig ist und jene zudem einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 24 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.
III.
In der Sache selbst hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich erwogen:
1. Gemäß § 31 Abs. 2 Z. 2 SPG i.V.m. § 9 Abs. 1 der Richtlinien-Verordnung, BGBl.Nr. 266/1993 i.d.g.F. BGBl.Nr. II 155/2012 (im Folgenden: RLV), haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes den von einer Amtshandlung Betroffenen auf deren Verlangen hin ihre Dienstnummer bekanntzugeben; dies gilt jedoch nicht, solange dadurch die Erfüllung der Aufgabe gefährdet wäre.
Nach § 9 Abs. 2 RLV ist die Dienstnummer in der Regel durch Aushändigung einer mit der Dienstnummer, der Bezeichnung der Dienststelle und deren Telefonnummer versehenen Karte bekanntzugeben. Sofern gewährleistet ist, dass dem Betroffenen die Dienstnummer auf andere Weise unverzüglich zur Kenntnis gelangt, kann diese auch auf andere zweckmäßige Weise bekanntgegeben werden.
2. Im gegenständlichen Fall ist lediglich die Rechtsfrage strittig, ob der Beschwerdeführer anlässlich seiner Vorsprache bei der Polizeiinspektion P am 13. Mai 2014 als „von einer Amtshandlung betroffene Person“ i.S.d. § 9 Abs. 1 RLV anzusehen war.
Dies ist schon deshalb zu bejahen, weil auch seitens der belangten Behörde nie in Abrede gestellt wurde, dass sich jener Polizeibeamte, der mit dem Rechtsmittelwerber die verbale Auseinandersetzung führte, zu diesem Zeitpunkt im Dienst befand und damit (zumindest schlicht-) hoheitlich tätig war. Denn dass der Begriff der Amtshandlung und des von einer solchen betroffenen Personenkreises nach dem Sicherheitspolizeigesetz jedenfalls in dem Sinne weit zu verstehen ist, dass hierunter im Wege eines Sammelbegriffes sämtliche Ausübung von obrigkeitlichen und schlicht-hoheitlichen – bzw. negativ formuliert: vom einschreitenden Beamten nicht in privatrechtlicher Form oder als Privatperson gesetzten – Befugnissen im Rahmen der Sicherheitsverwaltung zu verstehen ist, ergibt sich aus einer Gesamtrechtsanalogie zahlreicher einschlägiger Bestimmungen des SPG (vgl. z.B. nur § 30 Abs. 1 Z. 4 SPG, § 53a Abs. 1 SPG und § 82 Abs. 1 SPG) unzweideutig.
Dass sich im vorliegenden Fall der Inhalt jener vom Beschwerdeführer begehrten Information, die den Grund für die verbale Auseinandersetzung bildete, auf eine andere Person bezog, spielt dagegen – anders als die belangte Behörde dies offenbar vermeint – insoweit keine Rolle; denn den Gegenstand dieses Verfahrens bildet nicht jene (zudem von einem anderen Polizisten) gegen einen Dritten geführte polizeiliche Erhebung, sondern konkret das Streitgespräch zwischen dem Rechtsmittelwerber selbst und dem in der Polizeiinspektion diensthabenden Beamten.
3. Davon ausgehend, dass der Beschwerdeführer sohin als eine von der Amtshandlung – nämlich der vom Beamten mit ihm geführten verbalen Auseinandersetzung – betroffene Person anzusehen war und die in § 9 Abs. 1, 2 und 3 RLV vorgesehenen Ausnahmesituationen (Gefährdung der Aufgabenerfüllung; Gewähr dafür, dass dem Beschwerdeführer die Dienstnummer unverzüglich auf andere Weise zur Kenntnis gelangt; Einschreiten mehrerer Organe bzw. einer geschlossenen Einheit) hier offenkundig nicht vorlagen, hätte ihm sohin vom einschreitenden Beamten dessen Dienstnummer bekannt gegeben werden müssen.
4. Weil dies aber – allseits unbestritten – unterblieben ist, war daher gemäß § 89 Abs. 4 SPG i.V.m. § 28 Abs. 6 VwGVG festzustellen, dass die Verweigerung der Bekanntgabe der Dienstnummer unter den konkreten Umständen des vorliegenden Falles rechtswidrig war.
5. Eine Kostenentscheidung gemäß § 53 VwGVG i.V.m. § 35 VwGVG war mangels eines darauf gerichteten Antrages des Beschwerdeführers nicht zu treffen.
IV.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG insofern grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil bislang eine entsprechende Judikatur des Verfassungsgerichtshofes bzw. des Verwaltungsgerichtshofes fehlt.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis kann eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Eine solche Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen; unter einem ist hierfür eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.
Den Verfahrensparteien steht weiters die Möglichkeit einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die hierfür zu entrichtende Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Verwaltungsgerichtshof zu leisten.
Hinweis:
Im gegenständlichen Verfahren sind für den Beschwerdeführer Gebühren in einer Höhe von 14,30 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.
Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich
Dr. G r o f
LVwG-780016/2/Gf/Rt vom 16. Juni 2014
Erkenntnis
Rechtssatz
SPG §89
RLV §9
* Im gegenständlichen Fall ist lediglich die Rechtsfrage strittig, ob der Bf. anlässlich seiner Vorsprache bei der Polizeiinspektion als „von einer Amtshandlung betroffene Person“ i.S.d. § 9 Abs. 1 RLV anzusehen war. Dies ist schon deshalb zu bejahen, weil auch seitens der belangten Behörde nie in Abrede gestellt wurde, dass sich jener Polizeibeamte, der mit dem Rechtsmittelwerber die verbale Auseinandersetzung führte, zu diesem Zeitpunkt im Dienst befand und damit (zumindest schlicht) hoheitlich tätig war. Denn dass der Begriff der Amtshandlung und des von einer solchen betroffenen Personenkreises nach dem Sicherheitspolizeigesetz jedenfalls in dem Sinne weit zu verstehen ist, dass hierunter im Wege eines Sammelbegriffes sämtliche Ausübung von obrigkeitlichen und schlicht-hoheitlichen – bzw. negativ formuliert: vom einschreitenden Beamten nicht in privatrechtlicher Form oder als Privatperson gesetzten – Befugnissen im Rahmen der Sicherheitsverwaltung zu verstehen ist, ergibt sich aus einer Gesamtrechtsanalogie zahlreicher einschlägiger Bestimmungen des SPG (vgl. z.B. nur § 30 Abs. 1 Z. 4 SPG, § 53a Abs. 1 SPG und § 82 Abs. 1 SPG) unzweideutig. Dass sich im vorliegenden Fall der Inhalt jener vom Bf. begehrten Information, die den Grund für die verbale Auseinandersetzung bildete, auf eine andere Person bezog, spielt dagegen keine Rolle; denn den Gegenstand dieses Verfahrens bildet nicht jene (zudem von einem anderen Polizisten) gegen einen Dritten geführte polizeiliche Erhebung, sondern konkret das Streitgespräch zwischen dem Bf. selbst und dem in der Polizeiinspektion diensthabenden Beamten.
* Davon ausgehend, dass der Bf. sohin als eine von der Amtshandlung – nämlich der vom Beamten mit ihm geführten verbalen Auseinandersetzung – betroffene Person anzusehen war und die in § 9 Abs. 1, 2 und 3 RLV vorgesehenen Ausnahmesituationen (Gefährdung der Aufgabenerfüllung; Gewähr dafür, dass dem Beschwerdeführer die Dienstnummer unverzüglich auf andere Weise zur Kenntnis gelangt; Einschreiten mehrerer Organe bzw. einer geschlossenen Einheit) hier offenkundig nicht vorlagen, hätte ihm sohin vom einschreitenden Beamten dessen Dienstnummer bekannt gegeben werden müssen.
Schlagworte:
Richtlinienbeschwerde, Richtlinienverletzung, Begriff „Amtshandlung – betroffene Person“