LVwG-750108/2/BP/WU
Linz, 21.03.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des Herrn X, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 11. November 2013, GZ: Sich40-43213-2013, mit dem ein Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ zurückgewiesen wurde,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm. § 19 Abs. 8 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 50/2012, wird der Beschwerde insoweit stattgegeben, als der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben wird.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Bescheid vom 11. November 2013, GZ: Sich40-43213-2013, wies die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (im Folgenden: belangte Behörde) den Antrag des Beschwerdeführers (im Folgenden: Bf) auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ gem. § 13 Abs. 3 AVG, §§ 19 und 29 Abs. 1 u 35 NAG 2005 iVm. §§ 6 und 7 NAG-DV 2005 zurück.
Begründend führt die belangte Behörde zunächst Folgendes aus:
Nach Zitierung der einschlägigen Rechtsvorschriften führt die belangte Behörde weiters aus:
2. Gegen diesen, am 18. November 2013 durch Hinterlegung zugestellten Bescheid richtet sich die rechtzeitige Berufung des Bf vom 21. November 2013.
Gemäß § 3 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsbarkeit-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 2013/33 idgF gilt eine bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Berufung gegen einen Bescheid, der vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen wurde, als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1B-VG.
Eingangs stellt der Bf die Anträge, die Berufungsbehörde möge den angefochtenen Bescheid in Folge inhaltlicher Rechtswidrigkeit
1. beheben und feststellen, dass ihm amtswegig eine Rot-Weiß-Rot-Karte Plus von der Erstbehörde zu erteilen ist, in eventu
2. zur Gänze beheben und ihm amtswegig eine Rot-Weiß-Rote Karte Plus erteilen.
Begründet wird die gegenständliche Beschwerde wie folgt:
3. Das Oö Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den mit Schreiben vom 21. Jänner 2014 vom Bundesministerium für Inneres vorgelegten Verwaltungsakt. Aus dem Verwaltungsakt ließ sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt widerspruchsfrei feststellen.
Die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, zumal bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben war.
Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen.
4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:
Der Bf stellte am 1. Oktober 2008 beim Bundesasylamt Außenstelle Linz einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 16.03.2009, Zl. 08 09.308, wies das Bundesasylamt Außenstelle Linz seinen Antrag gemäß §§ 7 u 8 AsylG 2005 ab und den Bf gemäß § 10 Abs. 1 AsylG aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich in den Irak aus. Mit Erkenntnis des AGH vom 26. Juni 2013, Zl. E7 405658-1/2009/24Z, wurde eine dagegen erhobene Beschwerde gemäß §§ 7 u 8 AsylG 2005 abgewiesen und gemäß § 10 Abs. 3 AsylG festgestellt, dass eine Ausweisung des Bf aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich in den Irak auf Dauer unzulässig ist. Im zitierten Erkenntnis des AGH wurden die Personalien des Bf eindeutig festgestellt.
Am 12. September 2013 stellte der Bf einen Antrag auf einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“. Mit nachweislichem Verbesserungsauftrag vom 16.09.2013 wurde der Bf aufgefordert - binnen zwei Wochen nach Erhalt des Verbesserungsauftrages - nachstehende Dokumente der hs. Niederlassungsbehörde vorzulegen:
1. einen gültigen irakischen Reisepass
2. eine irakische Geburtsurkunde, beglaubigt übersetzt ins Deutsche
3. ein polizeiliches Führungszeugnis aus dem Heimatstaat, ebenfalls beglaubigt übersetzt ins Deutsche.
Der Verbesserungsauftrag enthielt keinerlei Hinweis auf eine Antragsmöglichkeit gemäß § 19 ABs. 8 NAG.
Der Bf, der zu diesem Zeitpunkt über keine Identitätsdokumente verfügte, reagierte auf den Verbesserungsauftrag in der gesetzten Frist nicht.
II.
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.
III.
1.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B VG erkennen ab 1. Jänner 2014 die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 81 Abs. 26 NAG sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei der Bundesministerin für Inneres anhängigen Berufungsverfahren nach dem NAG ab 1. Jänner 2014 vom jeweils zuständigen Landesverwaltungsgericht nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 zu Ende zu führen.
1.2. Gemäß § 41a Abs. 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes 2005 – NAG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 50/2012, ist, im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen, von Amts wegen (§ 44a) oder auf begründeten Antrag (§ 44b), der bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen ist, ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ zu erteilen, wenn
1. kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z. 1, 2 oder 4 vorliegt,
2. dies gemäß § 11 Abs. 2 zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
3. der Drittstaatangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung (§ 14a) erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine Erwerbstätigkeit ausübt.
Gemäß § 29 Abs. 2 NAG hat der Fremde am Verfahren mitzuwirken.
Gemäß § 19 Abs. 2 letzter Satz NAG hat der Fremde der Behörde die für die zweifelsfreie Feststellung seiner Identität und des Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel vorzulegen.
Gemäß § 19 Abs. 8 NAG kann die Behörde auf begründeten Antrag von im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen die Heilung eines Verfahrensmangels nach Abs. 1 bis 3 und 7 zulassen:
1. im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen 8§ 2 Abs. 1 Z. 17) zur Wahrung des Kindeswohls;
2. zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK (§ 11 Abs. 3) oder
3. im Fall der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden oder Nachweise, wenn deren Beschaffung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
Die Stellung eines solchen Antrages ist nur bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides zulässig. Über diesen Umstand ist der Fremde zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.
Gemäß § 19 Abs. 9 NAG hat, sofern die Behörde den Antrag nach Abs. 8 zurück- oder abzuweisen beabsichtigt, die Behörde darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
2.1. Im vorliegenden Fall ist völlig unbestritten, dass der Bf einen Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ gestellt hatte, wie auch der Umstand, dass er dazu keine Identitätsnachweise beilegte. Weiters ist aufgrund des Akteninhalts klar, dass der Verbesserungsauftrag der belangten Behörde vom 16. September 2013 zwar die Vorlage von Dokumenten innerhalb einer Frist begehrte und auf die Folgen des § 13 Abs. 3 AVG hinwies.
Unbestritten ist aber auch, dass keinerlei zusätzlicher Hinweis gemäß § 19 Abs. 8 NAG darin angeführt war.
2.2. Indem aber die belangte Behörde die nach § 19 Abs. 8 NAG obligatorische Belehrung (vgl. den Wortlaut: ist zu belehren) des Bf über sein Antragsrecht unterließ, kann sie sich nunmehr nicht zu Recht auf die Rechtsfolgen des § 13 Abs. 3 AVG, der bei Nichtentsprechen eines Verbesserungsauftrages, sofern die Rechtsfolgen auch gleichzeitig angedroht werden, eine Zurückweisung vorsieht, stützen.
3. Im Ergebnis bedeutet dies, dass der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben war. Das Verfahren tritt somit in den Stand vor Erlassung des angefochtenen Bescheides.
Nachdem Inhalt dieses Beschwerdeverfahrens die Frage der Zurückweisung war, ist es dem Landesverwaltungsgericht nicht (wie in der Beschwerde gefordert) möglich eine Entscheidung über den ursprünglichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 41a Abs. 9 NAG zu treffen. Diese Entscheidung kommt nun der Behörde zu.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (zur Vertretungsbefugnis von Wirtschaftstreuhändern und Steuerberatern vgl. VwGH vom 16.3.2011, 2008/08/0040 und VwGH vom 26.6.2012, 2010/09/0181). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Bernhard Pree