LVwG-750060/2/SR/SPE

Linz, 23.06.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Christian Stierschneider über die Beschwerde von X, geboren am X vertreten durch die Rechtsanwaltsgemeinschaft X, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 24. Mai 2007, GZ Sich40-20613, mit dem im Namen des Landeshauptmannes von Oberösterreich der Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung-Angehöriger gemäß      § 47 Abs. 3 NAG 2005 (aF) abgewiesen wurde zu Recht  e r k a n n t :

 

 

 

 

 

 

 

I.    Gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 47 Abs. 3 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 50/2012 - NAG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.              

 

1. Mit Eingabe vom 28. März 2006 hat der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn einen Erstantrag auf „Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für Angehöriger“ gemäß § 47 Abs. 3 NAG gestellt.

 

Mit Bescheid vom 24. Mai 2007, GZ Sich40-20613, wies die Bezirkshauptmannschaft Gmunden den Erstantrag des Bf auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gem § 47 Abs 3 NAG 2005 (aF) im Namen des Landeshauptmannes von Oberösterreich ab.

 

In der Begründung ging die belangte Behörde nach Darstellung der relevanten Rechtslage von folgendem Sachverhalt aus:

 

Sie haben am 28.3.2006 bei der Österreichischen Botschaft in Belgrad einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung mit dem Aufenthaltszweck "Angehöriger" nach dem NAG 2005 eingebracht.

 

Sie sind Staatsangehöriger von Serbien und somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 1, Ziffer 1 NAG 2005.

 

Sie sind Staatsangehöriger von Serbien, 31 Jahre alt, seit 16.2.2002 mit X, geb. X, StA. Serbien, verheiratet und haben keine Kinder. Sie leben mit Ihrer Gattin in Serbien.

 

Ihre Gattin hat ebenfalls am 28.3.2006 bei der Österreichischen Botschaft Belgrad einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung beschränkt sowie einen Zusatzantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen eingebracht.

Ihre Eltern, Herr und Frau X und X, seit 22.03.2006 österreichische Staatsbürger, leben in Österreich, in X, X.

 

Zusammenführende im Sinne des § 47 Abs. 3 NAG 2005 sind Ihre Eltern, da diese die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen.

 

Ihr Vater ist 52 Jahre alt und seit dem Jahr 2001 bei der Gesellschaft X X, beschäftigt. Er erzielt ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von rund 1895,31 Euro.

 

Ihre Mutter ist 51 Jahre alt, seit dem Jahr 2005 bei der Firma X, X, beschäftigt und erzielt ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von rund 1124,67 Euro.

 

Ihre Eltern müssten, nach den derzeit gültigen Ausgleichszulagenrichtsätzen, gültig ab 1.1.2007, über ein monatliches regelmäßiges Einkommen von 2182,28 Euro (1091,14 pro Ehepaar) verfügen.

Sie wären daher derzeit in der Lage, für Sie und Ihre Gattin Unterhalt zu leisten.

 

In rechtlicher Hinsicht hat die belangte Behörde erwogen:

 

Sie würden zwar als Sohn des Zusammenführenden unter den in § 2 Abs. 1 Ziffer 9 NAG definierten Begriff "Familienangehöriger" fallen, doch aufgrund Ihres Alters (Sie sind bereits volljährig, darüber hinaus auch nicht mehr unverheiratet) kommt dies nicht zum Tragen, sodass für Sie nicht § 47 Abs. 2. NAG gilt, sondern Abs. 3 Ziffer 3 ("sonstige Angehörige des Zusammenführenden"). Sowohl lit. a als auch lit. b normiert, dass Sie vom Zusammenführenden im Herkunftsstaat (demnach in Serbien) Unterhalt bezogen haben müssen.

 

Bezüglich bereits geleisteter Unterhaltszahlungen wurden Bestätigungen der Familien X, X und X übermittelt.

 

Die Behörde geht davon aus, dass Ihre Eltern bisher keine Kenntnis davon hatten, dass ein tatsächlicher Beweis für eine Unterhaltsleistung vorzulegen ist, da die Nachweise erst nachträglich beigebracht wurden. Da es sich hierbei jedoch um keine Bankbestätigung, etc., handelt, aus der hervorgeht, dass Sie der Begünstigte waren, können diese Nachweise nicht anerkannt werden.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn geht daher nicht davon aus, dass Sie von Ihren Eltern tatsächlich in Serbien finanziell unterstützt worden sind. Aus diesem Grund kann weder § 47 Abs. 3 Ziffer 3 lit. a noch lit. b zur Anwendung kommen.

 

Aus diesem Grund würden zwar mit Ihren Eltern als Zusammenführenden für eine österreichische Gebietskörperschaft keine finanzielle Belastung entstehen, die weitere Anwendung von § 47 Abs. 3 Ziffer 3 NAG würde jedoch an lit. a der genannten Gesetzesstelle scheitern, wo vorausgesetzt wird, dass die "sonstigen Angehörigen" vom Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen haben. Somit hätten Sie von Ihren Eltern bereits in Serbien nachweislich Unterhalt beziehen müssen.

 

Wenn auch in § 47 Abs. 3 Ziffer 3 lit. a NAG nicht wortwörtlich ein Nachweis dafür verlangt wird, dass Unterhalt bezogen worden ist, so kann doch auf die Formulierung "...tatsächlich Unterhalt geleistet..." verwiesen werden. Aufgrund dieser, vor allem aufgrund des Gebrauchs des Wortes "tatsächlich", kann davon ausgegangen werden, dass ein Nachweis für die Leistung von Unterhalt erbracht werden muss. Im Interesse dieses Gesetzes und vor allem eines geordneten Fremdenwesens kann daher durchaus darauf geschlossen werden, dass auch für Fälle der Ziffer 3 ein substantieller und nachvollziehbarer Nachweis für die Leistung von Unterhalt erbracht werden muss.

 

Wäre dem nicht so, würden die "sonstigen Angehörigen" der Ziffer 3 gegenüber den "Verwandten des Zusammenführenden oder seines Ehegatten in gerader aufsteigender Linie" der Ziffer 1 und den "Lebenspartnern, die das Bestehen einer dauerhaften Beziehung im Herkunftsstaat nachweisen" unverhältnismäßig bevorzugt. Dies kann nicht als im Sinne dieses Gesetzes gelegen gesehen werden.

 

Im Hinblick darauf, dass Ihnen der Zugang zum Arbeitsmarkt vorerst verwehrt ist und ein solcher nur dann möglich wäre, wenn Ihnen von der Arbeitsmarktverwaltung eine entsprechende arbeitsrechtliche Bewilligung (Sicherungsbescheinigung) erteilt und ein entsprechender Quotenplatz zur Verfügung stehen würde, ist nicht zu erwarten, dass Sie sich in Zukunft am österreichischen Arbeitsmarkt etablieren können.

 

( Arbeitsmarktzahlen für den Monat April 2007 im Bezirk Braunau am Inn:

Gesamtarbeitslose 1370 davon Fremde 190)

 

In diesen Zahlen nicht enthalten sind jene Personen, die sich bei der Arbeitsmarktverwaltung nicht arbeitslos gemeldet haben.

 

Somit ist auch in Zukunft in dieser Hinsicht kaum zu erwarten, dass Sie am innerösterreichischen Arbeitsmarkt partizipieren können.

 

Die Erteilung der beantragten Niederlassungsbewilligung würde damit wesentlichen öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen, was Aufenthalt und Beschäftigung Fremder und deren Versorgung im Alter in Österreich betrifft, widerstreiten. Ohne am Arbeitsmarkt präsent zu sein, können Sie auch keine Vorsorge

(für Ihre Altersversorgung treffen. Insbesondere muss dabei auch berücksichtigt werden, dass eine Zuwanderung zur aktiven Teilnahme am österreichischen Arbeitsmarkt nach

• der Quotenverordnung nur noch für Schlüsselkräfte möglich ist. So ist in § 47 Abs. 4 NAG 2005 normiert, dass Angehörigen von Zusammenführenden im Sinne des Abs. 1, die eine "Niederlassungsbewilligung-Angehöriger" besitzen (Abs. 3), eine "Niederlassungsbewilligung-beschränkt" erteilt werden kann, wenn

1. sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen;

2. ein Quotenplatz vorhanden ist und

3. eine Berechtigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz vorliegt.

 

Dazu ist anzuführen, dass nur eine sehr geringe Quote für Drittstaatsangehörige, die im Besitz einer "Niederlassungsbewilligung-Angehöriger" sind und eine Zweckänderung auf "Niederlassungsbewilligung-beschränkt" anstreben, verordnet wurde. So beträgt diese Quote gemäß der Niederlassungsverordnung 2007, BGBl. II, Nr. 54/2007 für das Bundesland Oberösterreich gemäß § 3 Abs. 4 NLV 2007 lediglich 10 Niederlassungsbewilligungen. Es ist somit nicht damit zu rechnen, dass Sie in den Genuss einer solchen Bewilligung kommen können.

 

Insbesondere muss dabei berücksichtigt werden, dass am Stellenmarkt bereits in Österreich integrierte Fremde sowie Inländer zu bevorzugen sind, sodass Ihre Zugangsmöglichkeiten - wenn überhaupt - als sehr gering eingeschätzt werden.

 

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 25.9.2006 wurde Ihnen die beabsichtigte Abweisung Ihres Antrages bekannt gegeben, da die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 47 Abs. 3 Ziffer 3 NAG 2005 nicht gegeben sind.

 

Am 9.5.2007 haben Sie eine Stellungnahme zu diesem Schreiben abgegeben und angeführt, dass bereits im Herkunftsstaat durch Ihre Eltern Unterhalt geleistet worden sei, weil Sie das von Ihnen betriebene Lebensmittelgeschäft in Ihrem Heimatland schließen mussten und seither auf die finanzielle Unterstützung der Eltern angewiesen sind.

 

Bezüglich bereits geleisteter Unterhaltszahlungen wurden Bestätigungen der Familien X, X und X übermittelt. Konkretere Nachweise, wie z.B. eine Banküberweisung, aus der eindeutig hervorgeht, dass Sie der Begünstigte waren bzw. in welcher Höhe Unterhalt geleistet wurde, konnten nicht beigebracht werden.

 

Ihr Antrag vom 28.3.2006 war aus den oben angeführten Gründen abzuweisen.

 

2. Dagegen wurde vom rechtsfreundlich vertretenen Bf eine „verbundene Berufung“ an das Bundesministerium für Inneres erhoben. In der Berufungsschrift nahm der Rechtsvertreter sowohl auf das vorliegende Verfahren (1. Bw) als auch auf das die Gattin des Bf (2. Bw) betreffende Verfahren wie folgt Bezug:

 

Als Berufungsgründe werden eine unrichtige Beweiswürdigung, eine mangelhafte Begründung und eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die Erstbehörde geltend gemacht.

Im einzelnen wird dazu ausgeführt wie folgt:

 

1.    Berufungsgrund der unrichtigen Beweiswürdigung und mangelhaften Begründung:

 

Zutreffend stellt die Erstbehörde im Bescheid des 1.-Bw. fest, dass dessen Eltern seit 22.03.2006 österreichische Staatsbürger sind und in Österreich in X, X wohnhaft sind. Seitens der Erstbehörde wird auch festgestellt, dass die Eltern des 1.-Bw. in der Lage sind, für den Unterhalt ihres Sohnes und seiner Gattin, der 2.-Bw. X, aufzukommen.

 

Im Bescheid des 1.-Bw. wird seitens der Behörde auch festgestellt, dass im durchgeführten Verwaltungsverfahren Bestätigungen vorgelegt wurden, wonach die von den Eltern geleisteten Unterhaltszahlungen durch in Braunau wohnhafte Familien erfolgt ist, die Geld von Österreich und Serbien mitgenommen und dem Bw. übergeben haben.

 

Nicht nachvollziehbar ist die Beweiswürdigung der Erstbehörde dahingehend, dass die Eltern des 1.-Bw. bislang keine Kenntnis davon gehabt hätten, dass tatsächliche Beweise für eine Unterhaltsleistung vorzulegen seien. Diesbezüglich wird die nachträgliche Beibringung der Nachweise seitens der Behörde als Argument genannt. Da es sich um keine Bankbestätigen handle, aus denen hervorgehe, dass der 1.-Bw. der Begünstigte gewesen sei, könnten die vorgelegten Nachweise nicht anerkannt werden.

 

Die Bestimmung des § 47 Abs.3 Ziff.3 NAG legt nicht fest, in welcher Form eine bereits geleistete .Unterhaltszahlung ins Ausland nachgewiesen werden muss. Keinesfalls ist nach der zitierten Bestimmung die Vorlage einer Bankbestätigung zum Nachweis unbedingt erforderlich. Die seitens der Bw. im Verfahren vorgelegten Bestätigungen stellen einen konkreten Nachweis der durch die Eltern geleisteten Unterhaltszahlungen in der Vergangenheit dar. Zu Unrecht erachtet die Erstbehörde die vorgelegten Bestätigungen als nicht ausreichend und wird die geleistete Unterhaltsleistung durch die Eltern des 1.Bw. in Frage gestellt. Die Behörde sieht die Unterhaltszahlungen der Eltern als nicht belegt an. Diese Beweiswürdigung der Erstbehörde ist nicht nachvollziehbar, da doch klar ersichtlich ist, dass die Eltern den Bw. durch konkret bezeichnete Personen finanzielle Mittel zukommen ließen. Die Familien X, X und X haben die Übermittlung von Geld an die beiden Bw. ausdrücklich bestätigt.

 

Im Sinne des § 47 Abs.3 Ziff.3 NAG ist die Unterhaltsleistung in der Vergangenheit glaubhaft zu machen. Dieses Erfordernis wurde im vorliegenden Verfahren klar erbracht.

 

Seitens der Bw. wurde ausdrücklich die Einvernahme der Eltern des 1.-Bw. X X und X X als Zeugen beantragt. Wenn die Erstbehörde schon Zweifel an den in der Vergangenheit geleisteten Zahlungen der Eltern an die beiden Bw. hegt, so hätte sie jedenfalls dem Beweisantrag auf Einvernahme der Zeugen stattgeben und diese einvernehmen müssen.

 

Es liegt hier jedenfalls eine Mangelhaftigkeit des in I. Instanz geführten Verwaltungsverfahrens vor.

 

Im Verwaltungsverfahren wurde insbesondere auch vorgebracht, dass der 1.-Bw. und seine Ehefrau vor zwei Jahren ihr Lebensmittelgeschäft in Serbien aufgrund der schlechten Wirtschaftslage und des schlechten Geschäftsganges einstellen mussten und seitdem durch die in Österreich lebenden Eltern des 1.-Bw., nunmehr den Zusammenführenden, unterstützt werden mussten.

 

Die Einstellung und Schließung des Lebensmittelgeschäftes wurde im Verwaltungsverfahren durch die Vorlage von Dokumenten der Gemeinde Malo Crnice belegt.

 

Bei richtiger Beweiswürdigung hätte die Erstbehörde feststellen müssen, dass eine Unterhaltsleistung durch die Eltern des 1.-Bw. für die beiden Bw. in der Vergangenheit stattgefunden hat. Aufgrund dieser Feststellung hätte die Behörde zu einem anderen Bescheid kommen müssen. Die Erstbehörde hätte von in der Vergangenheit stattgefundenen Unterhaltszahlungen durch die Eltern des 1.-Bw. ausgehen müssen und hätte beiden Bw. die beantragte Niederlassungsbewilligung erteilt werden müssen.

 

2.    Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung:

 

Im vorliegenden Fall liegt auch eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die Erstbehörde vor. Die Fremdenbehörde hat die Bestimmung des § 47 Abs.3 Ziff.3 NAG im vorliegenden Falle rechtsunrichtig angewandt. Seitens der Erstbehörde wurden die Anforderungen für den Nachweis einer in der Vergangenheit stattgefundenen Unterhaltsleistung zu hoch angesetzt. Tatsächlich verlangt die zitierte Gesetzesbestimmung keinesfalls die Vorlage von Bankbestätigungen zur Veranschaulichung und Glaubhaftmachung eines stattgefundenen Geldflusses. § 47 Abs. 3 Ziff.3 lit.a NAG verlangt schon dem Wortlaut nach keinen formellen Nachweis im Sinne einer Bankbestätigung dafür, dass Unterhalt bezogen worden ist. Dies muss auch die Behörde auf Seite 3 des Bescheides des 1.-Bw. einräumen. Unter der Formulierungen „tatsächlich Unterhalt geleistet" und „bereits Unterhalt geleistet" können alle Arten von Bestätigungen, sonstiger Dokumente sowie Zeugenaus-sagen dienen aus denen eben eine Unterhaltsleistung in der Vergangenheit glaubhaft hervorgeht. Die Forderung eines tatsächlich geleisteten Unterhalts wird zudem nur in § 47 Abs. 3 Z 2 NAG erhoben. Diese Bestimmung hat die Erstbehörde aber nicht angewendet.

 

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung und rechtsrichtiger Anwendung des § 47 Abs.3 Ziff.3 lit.a NAG hätte die Erstbehörde sowohl dem 1.-Bw., als auch seiner Ehefrau, der 2.-Bw., die beantragten Niederlassungsbewilligungen erteilen müssen.

 

Ein wie von der Behörde geforderter substantieller Nachweis wurde jedenfalls durch die Bw. erbracht.

 

Soweit die Erstbehörde im Bescheid des 1.-Bw. die rechtlich schwierige Situation des 1.-Bw. für einen Zugang zum Arbeitsmarkt feststellen, so kann dies keine Begründung für die Abweisung des Antrages des 1.-Bw. und der 2.-Bw. darstellen. Der Nachweis für eine in der Vergangenheit stattgefundene Unterhaltsgewährung wurde ebenso erbracht, wie das Vorliegen von ausreichenden finanziellen Mitteln der Eltern des 1.-Bw. um den beiden Bw. aktuell Unterhalt zu leisten.

 

Die Erteilung der beantragten Niederlassungsbewilligungen kann somit keinesfalls wesentlichen öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen widerstreiten. Die gesetzlichen Voraussetzungen wurden in den Fällen des 1.-Bw. und der 2.-Bw. klar erfüllt und wurde seitens der Erstbehörde den beiden Bw. zu Unrecht die beantragten Niederlassungsbewilligungen nicht erteilt.

 

Die Entscheidung über ein Aufenthaltsrecht der 2.-Bw. in Österreich baut auf der Entscheidung über den Antrag des 1.-Bw. auf. Eine verbundene Berufung ist im vorliegenden Falle daher zulässig. Infolge einer unrichtigen Beweiswürdigung und unrichtigen rechtlichen Beurteilung wurde dem 1.-Bw. eine Niederlassungsbewilligung Angehöriger in Österreich nicht erteilt. Auch hinsichtlich der 2.-Bw. wurde klar der Nachweis erbracht, dass in der Vergangenheit Unterhaltsleistungen seitens der Schwiegereltern an sie und ihren Ehemann erbracht wurden und wurde seitens der Behörde auch festgestellt, dass aktuell die Schwiegereltern dazu in der Lage sind, auch für die 2.-Bw. Unterhalt zu leisten. Auch der 2.-Bw. wäre daher eine Niederlassungsbewilligung beschränkt in Österreich zu erteilen gewesen. Auch bei ihr liegt eine unrichtige Beweiswürdigung und unrichtige rechtliche Beurteilung seitens der Erstbehörde vor.

 

Jedenfalls wäre der 2.-Bw., welche humanitäre Gründe im Verfahren geltend gemacht hat und welcher es keinesfalls zumutbar ist, sich im Falle einer Erteilung an den 1.-Bw. sich von diesem zu trennen, eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erteilt werden müssen.

 

3.1. Mit Bescheid vom 21. Mai 2008, Zl. 317.520/2-III/4/08, wies das Bundesministerium für Inneres die Berufung ab.

 

Der dagegen erhobenen Beschwerde gab der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 29. April 2010, Zl. 2008/21/04202-7, statt und hob den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.

 

3.2. Im Juli 2010 hat das Bundesministerium zahlreiche Ermittlungen getätigt und u.a. den Rechtsvertreter des Bf um Stellungnahme ersucht.

 

Dieser hat am 22. Juli 2010 eine umfassende Stellungnahme abgegeben. Das Erhebungshebungsergebnis der belangten Behörde wurde dem Bundesministerium für Inneres am 19. August 2010 übermittelt. Am 26. August und am 8. September 2010 hat der Rechtsvertreter weitere Urkunden vorgelegt.

 

4. Auf Grund der mit 1. Jänner 2014 erfolgten Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit I. Instanz wurde der in Rede stehende Verwaltungsakt vom Bundesministerium für Inneres dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zuständigkeitshalber mit Schreiben vom 20. Jänner 2014, eingelangt am 23. Jänner 2014, zur Entscheidung übermittelt.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt, das Beschwerdevorbringen, die nachträglich vorgelegten Dokumente und das Ergebnis der ZMR-Anfrage vom 23. Juni 2014.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht daher bei seiner Entscheidung im Wesentlichen von dem unter den Punkten I 1. bis 3.2. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt und folgenden – im weiteren Verfahren hervorgekommenen - Sachverhaltselementen aus.

 

Ergänzend ist festzustellen, dass sich die Eltern des Bf am 31. März 2014 polizeilich abgemeldet haben und im Bundesgebiet über keinen Wohnsitz mehr verfügen.

II.

 

Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich im Wesentlichen auf die im Verwaltungsverfahren vor der belangten Behörde und die im Beschwerdeverfahren vorgelegten Urkunden. Der relevante Sachverhalt ist unstrittig.

 

 

 

 

III.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

1.1. Gemäß § 81 Abs. 26 NAG sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei der Bundesministerin für Inneres anhängigen Berufungsverfahren nach dem NAG ab 1. Jänner 2014 vom jeweils zuständigen Landesverwaltungsgericht nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 zu Ende zu führen.

 

1.2. Nach § 47 Abs. 1 NAG 2005 sind Zusammenführende im Sinne der Abs. 2 bis 4 NAG 2005 Österreicher oder EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und denen das Recht auf Freizügigkeit nicht zukommt.

 

Gemäß § 47 Abs. 3 NAG 2005 kann Angehörigen von Zusammenführenden auf Antrag eine "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und

1. Verwandte des Zusammenführenden oder seines Ehegatten in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen tatsächlich Unterhalt geleistet wird;

2. Lebenspartner sind, die das Bestehen einer dauerhaften Beziehung im Herkunftsstaat nachweisen und ihnen tatsächlich Unterhalt geleistet wird; oder

3. sonstige Angehörige des Zusammenführenden sind,

a) die vom Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen haben;

b) die mit dem Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat in häuslicher

Gemeinschaft gelebt und Unterhalt bezogen haben oder

c) bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege durch den Zusammenführenden zwingend erforderlich machen.

 

2. Nach § 47 Abs. 3 NAG kann Angehörigen von „Zusammenführenden“ eine "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" erteilt werden.

 

Die Person des „Zusammenführenden“ wird in § 47 Abs. 1 NAG definiert. Gesetzliche Voraussetzung ist, dass der „Zusammenführende“ in Österreich dauernd wohnhaft ist.

 

Im Ermittlungsverfahren ist hervorgekommen, dass der Zusammenführende (Vater des Bf) seit dem 31. März 2014 in Österreich über keinen Wohnsitz mehr verfügt. Selbst wenn die Mutter des Bf als Zusammenführende anzusehen wäre (siehe Antragsformular) käme man zu keinem anderen Ergebnis, da auch diese seit dem 31. März 2014 in Österreich über keinen Wohnsitz mehr verfügt.

 

Die „Zusammenführenden“ verfügen seit dem 31. März 2014 im Bundesgebiet über keinen Wohnsitz mehr und sind somit zum Entscheidungszeitpunkt in Österreich nicht dauerhaft wohnhaft.

 

Wiederholt hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 47 NAG das Vorliegen der Voraussetzungen noch im Entscheidungszeitpunkt und nicht zur Zeit der Antragsstellung maßgeblich ist.

 

Da die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 NAG nicht erfüllt sind (Fehlen eines Zusammenführenden), kommt die Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung – Angehöriger“ an den Bf nicht in Betracht.

 

Die Beschwerde war spruchgemäß abzuweisen.

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art.133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.



 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Stierschneider