LVwG-750020/2/MB/JW

Linz, 17.06.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des X, geboren am
X, Staatsangehöriger von Rumänien, derzeit aufhältig: X Ried gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Ried im Innkreis vom 16. Dezember 2013,  GZ: Sich40-19704, mit dem über den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von 10 Jahren nach dem Fremdenpolizeigesetz erlassen wurde, zu Recht

 

e r k a n n t :

 

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm. §§ 67 Abs. 1 und 2 und 70 Abs. 3 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 50/2012, wird der Beschwerde teilweise stattgegeben und gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 9 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art.133 Abs.4 B-VG unzulässig.

 

 

 


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.

 

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Ried im Innkreis vom
16. Dezember 2013, GZ: Sich40-19704, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von 10 Jahren nach dem Fremdenpolizeigesetz in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, erlassen. Unter einem wurde dem Bf kein Durchsetzungsaufschub gewährt.

 

Zum Sachverhalt führt die belangte Behörde zunächst im Wesentlichen aus, dass der Bf nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, sondern rumänischer Staatsbürger sei. Der Bf reiste erst im April 2010 von Deutschland aus kommend nach Österreich ein und sei in der Folge straffällig geworden.

 

 

 

In diesem Zusammenhang sei der Bf vom OLG Linz zur Zahl 9 Bs 313/12p am 16. Oktober 2013 wegen teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von 4,5 Jahren verurteilt worden. Die Nichtigkeitsbeschwerde vor dem Obersten Gerichtshof wurde zu Zahl 14 Os 90/13m mit 27. September 2013 verworfen.

 

 

 

Im Rahmen dieser Verurteilung sei dem Bf zur Last gelegt worden, dass er in Zusammenwirken mit 7 weiteren Personen fremde bewegliche Sachen durch Einbruch in Gebäude in einem 3.000 bzw. 50.000 Euro übersteigenden Wert gestohlen habe, bzw. es beim Versuch geblieben sei. Der Bf habe in Zusammenwirken mit 2 weiteren Personen im konkreten am 6. Juni 2012 in Jahrsdorf mit der Faust ein Fenster eingeschlagen, wodurch die beiden Mittäter in das Betriebsgebäude eindringen und 10.800 Euro erbeuten konnten. Weiters habe der Bf mit 3 weiteren Mittätern am 17. September 2012 in ein Pfandleihegeschäft in Schärding eingebrochen und Wertsachen idHv. 445 Euro erbeutet, wobei Beachtung zu finden habe, dass ein Tresor bloß aufgrund dessen Gewichtes nicht erbeutet werden konnte. Abschließend sei dem Bf vorzuwerfen, dass er am 19. April 2012 durch Einschlagen einer Tür mit einem Maurerhammer bei der Firma X Wertsachen idHv. 1200 Euro (Laptop, Handy, etc.) erbeutete. Noch am gleichen habe der Bf wiederum bei der Firma X eine Feuersbrunst verursacht indem er Aktenbündel angezündet habe und sohin das Firmengebäude beschädigt worden sei. Für all diese Umstände habe sich der Bf sodann rechtskräftig zu verantworten und befinde sich bis 7. April 2017 in Strafhaft.

 

 

 

Betreffend das Privat- und Familienleben des Bf führt die belangte Behörde aus, dass der Bf an verschiedenen Adressen bloß kurzfristig gemeldet gewesen sei. Bezüglich der Angaben des Bf über seine privaten Anknüpfungspunkte (Schwestern) habe eine Auskunft des zentralen Melderegisters zu keinem Erfolg geführt. Zudem habe der Bf in Österreich auch kein Beschäftigungsverhältnis aufzuweisen und besitze lediglich Barmittel idHv. 220 Euro. Zudem habe der Bf im Rahmen des Verfahrens vor der belangten Behörde erklärt, das zu erwartende Aufenthaltsverbot zur Kenntnis zu nehmen und nach Haftende zu seinen Eltern nach Spanien zurückzugehen.

 

 

 

Nach Zitierung der einschlägigen Rechtsvorschriften führt die belangte Behörde zur rechtlichen Beurteilung im Wesentlichen Folgendes aus, dass der Katalog des § 53 FPG als Orientierungsmaßstab für die Gefährdungsprognose im Rahmen des § 67 FPG herangezogen werden kann. In diesem Sinne sei eine „positive“ Prognose sowohl durch die Entziehung der Lenkerberechtigung wegen Lenkens im alkoholisiertem Zustand für die Dauer von 5 M und 2 Wo und der strafgerichtlichen Verurteilung gegeben. Der Bf zeige insofern mangelnde Bereitschaft die rechtlich geschützten Werte in Österreich zu akzeptieren und respektieren. Aus den vom Bf gesetzten strafbaren Handlungen lasse sich zudem ein wesentlicher Charaktermangel erkennen, und sei daher aufgrund des persönlichen Verhaltens des Bf die Prognose zu stellen, dass eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die die grundlegenden Interessen der Gesellschaft berührt, gegeben sei.

 

 

 

Auch der Blick auf Art 8 EMRK vermag dieses Ergebnis nicht verkehren. Der Bf habe in Österreich keinen festen Wohnsitz, keine sozialen anderweitigen Anknüpfungspunkte und keine feste Beschäftigungsstelle aufzuweisen. Sowohl die Eltern, als auch der Halbbruder seien in Spanien aufhältig. Zudem habe der Bf in Deutschland eine Freundin (X).

 

 

 

In Anbetracht der Art und Schwere der in Österreich verübten Straftaten (eine Vielzahl innerhalb kürzester Zeit!) sei ein Aufenthaltsverbot von 10 Jahren gerechtfertigt, zudem der Bf nicht einmal vor der Verursachung einer Feuersbrunst zurückgeschreckt ist.

 

 

 

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf rechtzeitig Beschwerde (vormals Berufung). Der Bf stellt darin die Anträge, den Bescheid der belangten Behörde abzuändern und die Höhe des Aufenthaltsverbotes herabzusetzen.

 

Begründend führt der Bf im Wesentlichen aus, dass er sich seit 2010 in Österreich befinde und bis zur Inhaftierung gearbeitet habe, zudem sei er bis zur Verurteilung unbescholten gewesen. Zudem sei er seit 2003 – bis auf einen kurzen Aufenthalt – nicht mehr in Rumänien gewesen. Von 2003 – 2009 habe er in Spanien gelebt und gearbeitet. Dort habe er bei seiner Ex-Frau (X) gelebt. 2010 sei die Ehe (kinderlos) geschieden worden. Er habe zudem Familienangehörige, die in Österreich leben (3 Schwestern mit eigenen Familien). In Rumänien habe der Bf keine Angehörigen mehr. Da er EU-Bürger sei, werde durch das Aufenthaltsverbot seine Integration erheblich erschwert. Zudem sei er strafeinsichtig und bis zur Verurteilung unbescholten gewesen.

 

3. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem nunmehrigen Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom
9. Jänner 2014 zur Entscheidung vor.

 

 

II.

 

Gem. § 24 VwGVG kann von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich insofern unstrittig aus dem unter Punkt I. dargestellten Feststellungen der belangten Behörde bzw. dem Beschwerdevorbringen. Zudem befindet sich der Bf seit September 2012 in Haft (Verwaltungshaft, U-Haft bzw. Strafhaft). Darüber hinaus ist aus dem Akt ersichtlich und unbestritten weiteres festzustellen:

 

Entsprechend dem, dem Grunde nach durch den Obersten Gerichtshof bestätigten, Urteil zu 12 HV 14/12a-216 ist festzustellen, dass sich der Bf geständig dahingehend verantwortet hat, dass er sich mit 7 weiteren Mittätern im Tatzeitraum (4.-17. September 2012) auf unbestimmte Dauer zusammenschloss, um – ausdrücklich – in dieser Gemeinschaft in Österreich in unterschiedlichen personellen Zusammensetzungen Einbruchsdiebstähle in geeigneten, auszuforschenden Gebäuden zu planen, vorzubereiten und durchzuführen. Zudem hat der Bf alle Diebstähle in der Absicht durchgeführt, sich teils über Monate und teils jedenfalls über mehrere Wochen hin durch die wiederkehrende Begehung der Taten eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen.

 

Auch gilt es festzustellen, dass hinter der gem. § 169 Abs. 1 StGB auf Sachverhaltsebene vom Bf eingeräumt wird, dass er „...wisse, was passiert, wenn man Feuer in einem Haus anzünde...“. In diesem Zusammenhang ist weiters festzustellen, dass die vom Bf zu verantwortende Feuersbrunst einen Schaden am fremden Eigentum idHv. 680.000 Euro bewirkt hat.

 

Im Rahmen der Behandlung der Berufungen gegen die Strafhöhe bei Oberlandesgericht zur Zahl 9 Bs 313/13p wird vom Bf wiederum die Notlage als Begründung für seine Taten vorgebracht. Als Notlage führt er insoweit an, dass er ob des alkoholbedingten Führerscheinentzuges seiner Betätigung als LKW-Fahrer nicht mehr nachgehen konnte.

 

 

III.

 

1. Gemäß § 125 Abs. 21 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 68/2013, läuft, sofern eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz, gegen die eine Berufung zulässig ist, vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen worden ist, die Berufungsfrist mit Ablauf des 31. Dezember 2013 noch und wurde gegen diese Entscheidung nicht bereits bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 Berufung erhoben, so kann gegen diese vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 15. Jänner 2014 Beschwerde beim jeweils zuständigen Landesverwaltungsgericht erhoben werden. Das Landesverwaltungsgericht hat in diesen Fällen dieses Bundesgesetz in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 anzuwenden. Eine gegen eine solche Entscheidung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Berufung gilt als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG.

 

Es ist sohin gemäß § 125 Abs. 22 FPG zur Beurteilung des vorliegenden Falles das Fremdenpolizeigesetz in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 50/2012 heranzuziehen.

 

1.1. Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

 

2. Vorweg gilt es darauf hinzuweisen, dass die Unterbindung wiederholter Angriffe auf fremdes Vermögen ein Grundinteresse der Gesellschaft im Rahmen des § 67 Abs. 1 FPG darstellt (vgl. VwGH vom 22. Mai 2007, Zl. 2006/21/0004).

 

3. Beim Bf handelt es sich um einen rumänischen Staatsangehörigen, der von seiner unionsrechtlich eingeräumten Freizügigkeit Gebrauch machte, indem er nach Österreich einreiste, also grundsätzlich um eine Person des in den § 65 in Verbindung mit § 67 Abs. 1 FPG erster Satz angesprochenen Adressatenkreises. Nachdem sich der Bf nicht schon seit zehn Jahren im Bundesgebiet aufhält bzw. aufhielt (2008 bis 2013), kommt § 67 Abs. 1 vorletzter Satz FPG nicht zur Anwendung.

 

3.1. Es ist – im Hinblick auf die oa Bestimmung - nun zu prüfen, ob das Verhalten des Bf auch aus derzeitiger Sicht geeignet erscheint, die öffentliche Ordnung oder Sicherheit tatsächlich, gegenwärtig und erheblich zu gefährden.

 

Bei Interpretation des unbestimmten Gesetzesbegriffs "tatsächlich" ist festzuhalten, dass darunter sowohl eine nach Intensität als auch Konkretheit vorliegende Wirksamkeit angesprochen wird. Als Synonym bzw. Deskription von tatsächlich könnte demnach auch "wirksam feststellbar", im Umkehrschluss: nicht fiktiv oder potentiell, verstanden werden.

 

Zum Vorliegen des Tatbestandselements der Gegenwärtigkeit bedarf es eines Sachverhalts, dessen Wirkungen nicht schon in der Vergangenheit erschöpft, sondern auch zumindest in die Gegenwart reichend anzusehen sind. Dies impliziert jedoch auch die Beurteilung einer aus Sicht des gegenwärtigen Augenblicks erstellten Zukunftsprognose.

 

"Erheblich" wiederum bedeutet in etymologischer Herleitung: "Schwer genug, um die Waagschale zu heben". Ursprünglich aus dem Rechtsbegriff Relevanz abgeleitet, übersteigt "erheblich" in der Gemeinsprache den Ursprungsbegriff der Intensität nach.

 

Die eben dargestellten Tatbestandselemente müssen zur Rechtfertigung eines Aufenthaltsverbotes kumulativ gegeben sein.

 

3.2. Der Bf wurde im Bundesgebiet wie unter den Punkten I. und II. ausgeführt zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 4 1/2 Jahren gem. §§ 127, 128 Abs. 2, 129 Z 1, 130 2. u 4. F iVm § 15 StGB verurteilt. Derzeit verbüßt der Bf diese Freiheitsstrafe.

 

3.3. Maßgeblich ist bei der Beurteilung nach § 67 FPG aber nicht primär, dass eine strafgerichtliche Verurteilung ausgesprochen wurde, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte einer strafgerichtlichen Verurteilung rechtlich zu würdigen ist. Es ist also im konkreten Einzelfall zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich der Bf hinkünftig rechtskonform verhalten wird bzw., ob die oa. Tatbestandselemente gegeben sind. 

 

Dahingehend gilt es dem Grunde nach zu bemerken, dass der Bf in gemeinschaftlichen und geplanten Wirken mit mehreren Personen mit Kalkül Eigentumsdelikte durchgeführt hat um sich eine fortlaufende Einkommensquelle zu beschaffen. Als Argument kann die wirtschaftlich angespannte Situation des Bf erkannt werden (s. arg. des Bf in der Strafberufung), da dieser zum Tatzeitpunkt seiner Lenkberechtigung verlustig war und er sohin den ausgeübten Beruf nicht weiterführen konnte. Aus dieser Verhaltensweise des Bf lassen sich wiederum Rückschlüsse auf dem Bf innewohnenden Denkgesetze gewinnen.

 

3.4. Es erfordert zweifelsfrei ein hohes Maß an krimineller Energie sich in gezielter Abstimmung mit verschiedenen Personen zur Begehung derartiger Straftaten zu entschließen. Zudem es beim zu Grunde liegenden Lebenssachverhalt ersichtlich ist, dass der Bf mehrfache Tatbegehungen vorgenommen hat. So hat der Bf am 6. Juni 2012, am 17. September 2012 und am 19. April 2012 jeweils Straftaten im Rahmen der kriminellen Vereinigung begangen.

 

Hinzutritt, dass der Bf nicht nur in Zusammenwirken mehrerer – quasi gruppendynamisch – seine kriminelle Energie entfaltet, sondern auch im Rahmen der Verursachung einer Feuersbrunst aus originärem Antrieb heraus tätig wird. Unter Alkoholeinfluss hat der Bf vorsätzlich eine Feuersbrunst verursacht und an fremden Eigentum eine Schaden idHv. 680.000 Euro bewirkt.

 

Es zeigt sich somit deutlich, dass der Bf im Rahmen widriger Begleitumstände – Entzug der Lenkberechtigung – in der Lage ist erhebliche kriminelle Energien zu entfachen und das Unwertbewusstsein im Zeitpunkt der Tat (!) – von der nachträglichen Reue abgesehen – als herabgesetzt anzusehen ist. Es ist daher mit gesteigerter Wahrscheinlichkeit zum jetzigen Zeitpunkt davon auszugehen, dass der Bf in seiner Person eine Gefährdung angelegt hat, die akut wirksam werden kann.

 

Es ist sohin aktuell dem Bf keine günstige Zukunftsprognose auszustellen.

 

4. Grundsätzlich werden somit vom Bf die in § 67 Abs. 1 FPG normierten Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes erfüllt. Es gilt in diesem Zusammenhang jedoch immer auch, im Sinne einer Interessensabwägung auf das durch eine aufenthaltsbeendende Maßnahme betroffene Privat- und Familienleben des Fremden in Österreich Bedacht zu nehmen.

 

4.1. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

4.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein  aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

4.3. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen  Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Es ist festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit effektiv zu begegnen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse äußerst hoch anzusetzen ist und ein Aufenthaltsverbot grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

 

4.4. Im gegenständlichen Fall ergeben sich hinsichtlich eines schützenswerten Familienlebens des Bf in Österreich keine nachhaltigen Anhaltspunkte, weshalb alleine das Privatleben des Bf von der Maßnahme betroffen ist. Es leben zwar seine Geschwister im Bundesgebiet, dies aber nicht in gemeinsamem Haushalt. Der Bf verfügt über keine aufrechte Ehe oder eheähnliche Beziehung oder Sorgepflichten in Österreich.

 

Der Bf hält sich seit gut 4,5 Jahren im Bundesgebiet auf; dies auch weitgehend rechtmäßig. Zu bemerken ist aber, dass ein nicht zu vernachlässigender Teil dieses Aufenthaltes im Rahmen der Haftunterbringung stattgefunden hat.

 

4.5. Eine berufliche Integration bzw. Selbsterhaltungsfähigkeit ist dem Bf nur bedingt zuzusprechen. Hinsichtlich der sozialen Integration ist anzuführen, dass er zwar offenbar der deutschen Sprache mächtig ist, ansonsten aber eine allenfalls durchschnittliche Verfestigung aufzuweisen hat.

 

4.6. Der Bf hat den überwiegenden Teil seines Lebens in Rumänien verbracht, weshalb er dort naturgemäß in jeglicher Hinsicht sozialisiert gelten kann. Zudem liegen keine Gründe vor, weshalb dem Bf eine berufliche Reintegration zB in seiner Heimat nicht gelingen könnte. Er hat zwar – seinen Angaben nach – als Wunschort

 

4.6. In sozialer Hinsicht ist hinsichtlich seines Privatlebens zu erkennen, dass der Bf keine näheren Anknüpfungspunkte in Österreich ins Treffen führt. Weder eine Tätigkeit in Vereinen bzw. sonstige integrative Elemente werden vom Bf vorgebracht. Lediglich der Aufenthalt seiner Schwestern wird in Österreich behauptet, wobei auch hier der Bf bezüglich der Feststellungen der belangten Behörde, wonach eine Meldung der Schwestern in Österreich nicht aufzufinden ist, nicht in der Lage ist konkrete Adressen oder Kontaktdaten vorzubringen. Insofern ist wohl davon auszugehen, dass – wenn ein derartiger privater Anknüpfungspunkt in Österreich vorhanden ist – dessen Wertigkeit als eher gering einzustufen ist.

 

Weiters ist zu erkennen, dass der Bf einen wesentlich schwerer wiegenden familiären Anknüpfungspunkt in Spanien aufweisen kann, da seine Eltern dort aufhältig sind und eine – wenn auch geschiedene – Ex-Ehefrau sich dort befindet. Der Bf selbst lebte von 2003 bis 2009 in Spanien und arbeitete dort.

 

Ebenfalls gering ins Kalkül zu ziehen ist die – vom Bf nicht in Abrede gestellte – Lebensgefährtin aus Deutschland. Auch hier sind wiederum keine Wurzeln nach Österreich abzuleiten.

Zudem ist im Rahmen einer Gesamtabwägung der öffentlichen gegen die privaten Interessen des Bf zu erkennen, dass der Bf zwar eine gewissen integrative Komponente in der Form eines Privatlebens in Österreich aufweisen kann. Diese Komponente ist jedoch nicht derart gewichtig ausgestaltet, dass es das öffentliche Grundinteresse an der Verhinderung von Vermögensdelinquenz in der Form der vom Bf begangenen Taten überwiegt – dies auch im Bereich des Rechtsgüterschutzes im Rahmen des § 169 Abs. 1 StGB.

 

4.7. Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass ein eindeutiges Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Verhängung der Maßnahme gegenüber den persönlichen Interessen des Bf am Verbleib im Bundesgebiet konstatiert werden muss.

 

4.9. Da somit auch aus Sicht des Art. 8 EMRK bzw. des § 61 FPG nichts gegen die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Bf spricht, ist abschließend die Befristung des von der belangten Behörde erlassenen Aufenthaltsverbotes zu prüfen.

 

4.9.1. Hinsichtlich der Dauer des Aufenthaltsverbotes sind als maximaler Rahmen nach § 67 Abs. 2 FPG zehn Jahre vorgesehen. Aus immanent zu berücksichtigenden gemeinschaftsrechtlichen Überlegungen und der Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ist eine Beschränkung der Grundfreiheiten von Unionsbürgern oder begünstigten Drittstaatsangehörigen möglichst maß- und zurückhaltend vorzunehmen.

 

4.9.2. Der im gegenständlichen Fall vom Fremdenpolizeigesetzgeber in § 67 Abs. 2 FPG vorgesehene Rahmen für eine Befristung eines zu erlassenden Aufenthaltsverbotes auf maximal zehn Jahre schließt unter anderem Straftaten mit ein, für deren Begehung ein Fremder mit einer unbedingten Freiheitsstrafe bis einschließlich fünf Jahren verurteilt wurde (§ 67 Abs. 3 Z 1 FPG e contrario).

 

Der Bf wurde dahingehend mit einer Freiheitsstrafe von 4,5 Jahren sanktioniert. Insofern ist im Rahmen dieser Überlegungen in Zusammenschau mit der Verantwortung des Bf im Rahmen des Strafverfahrens und der vor dieser liegenden Unbescholtenheit davon auszugehen, dass frühestens nach 9 Jahren vom Wegfall des kriminellen Potentials und sohin der von § 67 FPG geforderten Gefahr ausgegangen werden kann.

 

In diesem Sinn hält der erkennende Richter des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich einen Zeitraum von 9 Jahren für angemessen, um dem Bf die Möglichkeit zu geben, den von ihm beteuerten Gesinnungswandel entsprechend unter Beweis zu stellen.

 

5. Betreffend den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung und der Verwehrung des Durchsetzungsaufschubes blieb der Bescheid der belangten Behörde unbekämpft.

 

6. Nachdem die Beschwerde des Bf von ihm selbst, ohne Vertretung in deutscher Sprache hinlänglich verfasst wurde, bedarf es keiner Übersetzung des ergehenden Urteils.

 

 

IV.

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art.133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Brandstetter

Beachte:

Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 11. Dezember 2014, Zl.: Ra 2014/21/0034-6