LVwG-600389/2/Kof/MSt/KR
Linz, 28.07.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Josef Kofler über die Beschwerde des Herrn X, geb. 1961,
X, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt X X gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 03. Juni 2014,
VerkR96-5709-2013 wegen Übertretungen des KFG iVm der EG-VOen 561/2006 und 3821/85, zu Recht e r k a n n t :
I.
Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde hinsichtlich
der Schuldsprüche als unbegründet abgewiesen.
Hinsichtlich der Strafen wird der Beschwerde insofern stattgegeben,
als die Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen wie folgt herab- bzw. festgesetzt werden:
Zu 1.: Von der Verhängung einer Strafe wird abgesehen.
Zu 2.: 300 Euro bzw. 60 Stunden
Zu 3.: 300 Euro bzw. 60 Stunden
Zu 4.: 200 Euro bzw. 40 Stunden
Zu 5.: 150 Euro bzw. 30 Stunden.
Der Verfahrenskostenbeitrag für das behördliche Verwaltungsstraf-verfahren beträgt 10 % der – teilweise neu bemessenen – Geldstrafen.
Gemäß § 52 Abs.1 und Abs.2 VwGVG ist für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich kein Verfahrenskostenbeitrag zu entrichten.
Der Beschwerdeführer hat somit insgesamt zu bezahlen:
· Geldstrafe (0 + 300 + 300 + 200 + 150 =) …………….............. 950 Euro
· Verfahrenskosten für das behördliche Verwaltungsstrafverfahren
95 Euro
1.045 Euro
Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt insgesamt
(0 + 60 + 60 + 40 + 30 =) .................................................. 190 Stunden.
II.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Beschwerdeführer (Bf) das in der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:
des angeführten Sattelkraftfahrzeug – Kennzeichen H-..... und H-..... – welches zur Güterbeförderung im Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen zulässige Höchstmasse einschließlich Sattelanhänger 3,5 to übersteigt, folgende Übertretungen begangen:
In diesem Zeitraum wurde nur eine unzureichende reduzierte wöchentliche Ruhezeit mit 19 Stunden und 01 Minuten eingelegt. Dies stellt daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F. einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar.
9 zusammenhängenden Stunden eingehalten haben, wobei die zulässige 3-malige Verkürzung der Ruhezeit pro Woche auf jeweils 9 zusammenhängende Stunden berücksichtigt wurde:
ununterbrochene
Nr. 561/2006 i.d.g.F. eingehalten werden:
von 05 Stunden 55 Minuten eine Lenkpause eingelegt, die die Anforderung an
eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung erfüllt. Die Überschreitung der ununterbrochenen Lenkzeit betrug somit 01 Stunde und 25 Minuten.
21.34 Uhr, bis 24.09.2013, 09.30 Uhr, nicht im Fahrzeug aufgehalten haben und
Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bf innerhalb offener Frist die begründete Beschwerde vom 23. Juni 2014 erhoben.
Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter (Art. 135 Abs.1 1. Satz B-VG) erwogen:
Gemäß § 44 Abs.3 Z3 VwGVG kann das LVwG von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung (mVh) absehen, wenn
· im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und
· keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat,
wobei der Bf diese in der Beschwerde zu beantragen hat.
Die "500 Euro Grenze" gilt für jede der im behördlichen Straferkenntnis angeführten Verwaltungsübertretungen und nicht für die Gesamtsumme der Strafen;
VwGH vom 18.03.2004, 2003/05/0201; vom 30.09.1993, 92/18/0118-RS 12;
vgl. auch die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band II, 2. Auflage,
E5 und E6 zu § 51c VStG (Seite 1020 f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen.
Eine weitere Voraussetzung für den Entfall der mVh ist, dass der Bf über die Möglichkeit einer Antragstellung belehrt wurde;
VwGH vom 14.12.2012, 2012/02/0221; vom 11.09.2013, 2011/02/0072
vom 14.06.2012, 2011/10/0177; vom 04.10.2012, 2010/09/0225;
vom 22.02.2011, 2010/04/0123; vom 19.03.2014, 2013/09/0167 uva.
vgl auch VwGH vom 12.08.2010, 2008/10/0315 und vom 28.04.2004, 2003/03/0017
Diese „Belehrung“ wurde im behördlichen Straferkenntnis durchgeführt;
siehe Rechtsmittelbelehrung zweiter Absatz, dritter Satz, welcher lautet:
"Sie haben das Recht, im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung zu beantragen."
Von der Durchführung einer mVh konnte somit abgesehen werden, da
· im behördlichen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und
· der – durch einen Rechtsanwalt vertretene – Bf trotz entsprechender Belehrung diese in der Beschwerde nicht beantragt hat.
Die vom unterfertigten Richter vorgenommene Überprüfung hat ergeben, dass die im behördlichen Straferkenntnis enthaltenen Tatvorwürfe mit der elektronischen Aufzeichnung („Balkendiagramm“) der Lenk- und Ruhezeiten übereinstimmen.
Einen Berufskraftfahrer trifft ein besonders hohes Maß an Verantwortung.
Von ihm ist zu verlangen, bei der Einhaltung der für die Sicherheit im Straßen-verkehr erlassenen Vorschriften eine besondere Sorgfalt an den Tag zu legen;
VwGH vom 28.01.2005, 2004/01/0171; vom 27.02.2007, 2004/01/0046;
vom 28.01.1998, 96/01/0985; vom 21.03.1996, 95/18/1265.
Zu den rechtlichen Vorbringen des Bf ist im einzelnen auszuführen:
o Der Begriff "Tag" ist nicht identisch mit dem "Kalendertag".
Unter dem Begriff "Tag" ist ein Zeitraum von 24 Stunden zu verstehen.
Dieser beginnt in jenem Moment, in dem der Fahrer nach einer täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit den Fahrtenschreiber/das Kontrollgerät in Gang setzt;
VwGH vom 21.04.1999, 98/03/0356.
o Zur „Lenkzeit“ zählen alle Zeiten, in denen der LKW von dessen Lenker
im Straßenverkehr bewegt wird; VwGH vom 27.11.2001, 99/11/0180.
o Als „Tageslenkzeit“ gilt gemäß Art.4 lit.k EG-VO 561/2006 die summierte
Gesamtlenkzeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden täglichen Ruhezeiten
(von grundsätzlich mindestens 11 Stunden) oder zwischen einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit (von grundsätzlich mindestens 45 Stunden).
Gemäß § 134 Abs.1 KFG beträgt die Höchststrafe 5.000 Euro bzw. sechs Wochen (= 1.000 Stunden – geringfügig abgerundet). Dadurch ergibt sich der "Umrechnungsschlüssel" von Geldstrafe zu Ersatzfreiheitsstrafe: 5 Euro = 1 Stunde
Zu Punkt 1. des behördlichen Straferkenntnisses:
Der Bf hat in der Woche Samstag 14. September bis Freitag 20. September 2013 zwar nicht die wöchentliche Ruhezeit, jedoch folgende tägliche Ruhezeiten eingehalten:
- 14.09., ca. 19.30 Uhr – 15.09., ca. 14.30 Uhr
- 15.09., ca. 18.00 Uhr – 16.09., ca. 07.00 Uhr
- 16.09., ca. 17.00 Uhr - 17.09., ca. 05.30 Uhr –
abgesehen von einer kurzen Lenkzeit um ca. 20.00 Uhr
- 17.09., ca. 19.00 Uhr – 18.09, ca. 04.30 Uhr
- 18.09., ca. 17.00 Uhr – 19.09., ca. 04.00 Uhr
- 19.09., ca. 16.00 Uhr – 20.09., ca. 06.00 Uhr
- 20.09., ca. 21.45 Uhr – 23.09., ca. 10.15 Uhr.
Die vom Bf eingehaltenen Ruhepausen waren somit – teilweise deutlich – länger als vom Gesetz vorgeschrieben.
Die Verhängung der Mindest-Strafe würde dadurch eine unzumutbare Härte darstellen; VfGH vom 27.09.2002, G 45/02 ua.
Es wird daher gemäß § 45 Abs.1 Z4 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen.
Zu Punkt 2., lit.b. des behördlichen Straferkenntnisses:
Beim Bf hat die Lenkzeit am Mittwoch, 2. Oktober 2013 um 02.12 Uhr begonnen und endete diese am Donnerstag, 3. Oktober 2013 um 00.34 Uhr.
Innerhalb des 24-Stunden-Zeitraumes beträgt somit die Ruhezeit nur 1 Stunde
37 Minuten.
Gemäß der Richtlinie 2009/5/EG der Kommission vom 30. Jänner 2009 –
Anhang III, D 6 liegt bei einer Ruhezeit von weniger als 7 Stunden ein sehr schwerwiegender Verstoß vor.
Gemäß § 134 Abs.1b KFG beträgt die Mindest-Geldstrafe .................. 300 Euro.
Die Geldstrafe wird somit bestätigt, die EFS auf 60 Stunden herabgesetzt.
Zu Punkt 3. des behördlichen Straferkenntnisses:
Die vom unterfertigten Richter vorgenommene Überprüfung hat ergeben, dass die für den Zeitraum von 02. Oktober, 02.12 Uhr bis 03. Oktober 00.34 Uhr errechnete Lenkzeit von insgesamt 13 Stunden und 31 Minuten zutreffend ist.
Gemäß der zitierten Richtlinie – Anhang III, B 6 liegt – sofern die verlängerte tägliche Lenkzeit von 10 Stunden gestattet ist – bei einer tatsächlichen Lenkzeit von mehr als 12 Stunden ein sehr schwerwiegender Verstoß vor.
Es ist daher auch in diesem Fall die Geldstrafe von 300 Euro zu bestätigen und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 60 Stunden herabzusetzen.
Zu Punkt 4. des behördlichen Straferkenntnisses:
Am 02. Oktober 2013 hat die durchgehende Lenkzeit von 19.10 Uhr bis Donnerstag, 03. Oktober 2013 00.34 Uhr ... 5 Stunden 24 Minuten betragen
und wurde damit die ununterbrochene Lenkzeit (maximal 4,5 Stunden) um
54 Minuten überschritten.
Gemäß der zitierten Richtlinie – Anhang III, C2 liegt ein schwerwiegender Verstoß vor und beträgt die Mindest-Geldstrafe ………....... 200 Euro.
Die Geldstrafe war daher zu bestätigten und die Ersatzfreiheitsstrafe
auf 40 Stunden herabzusetzen.
Zu Punkt 5. des behördlichen Straferkenntnisses:
Der Bf war – entgegen des Vorbringen seines Rechtsvertreters – verpflichtet, die entsprechenden Eintragungen vorzunehmen.
Die Unterlassung der Eingabe von Hand, wenn dies vorgeschrieben ist, bedeutet gemäß den der zitierten Richtlinien – Anhang III, G19 einen sehr schwer- wiegenden Verstoß und beträgt die Mindest-Geldstrafe ............. 300 Euro.
Es ist allerdings davon auszugehen, dass der Bf in den jeweiligen Zeiträumen eine Ruhezeit eingehalten hat.
Dadurch ist es gerechtfertigt und vertretbar, § 20 VStG anzuwenden und
die Geldstrafe auf 150 Euro, EFS auf 30 Stunden herab- bzw. festzusetzen.
Gemäß § 64 Abs.2 VStG beträgt der Kostenbeitrag für das behördliche Verwaltungsstrafverfahren 10 % der – teilweise neu bemessenen – Geldstrafen.
Gemäß § 52 Abs.1 und Abs.2 VwGVG ist für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht OÖ. kein Verfahrenskostenbeitrag zu entrichten.
II.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des VwGH.
Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof.
Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim LVwG OÖ..
Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision
müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Richter Mag. Josef Kofler