LVwG-550290/2/KLe/IH
Linz, 22.07.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Maga. Karin Lederer über die Beschwerde des Herrn x,
x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 5. Juni 2014, ForstR10-61/9-2014,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 5. Juni 2014, ForstR10-61/9-2014 wurde der Antrag des Herrn x, x, x, auf Erteilung der Bewilligung zur Rodung einer 7.000 m² großen Teilfläche der Parz. x, KG x, Marktgemeinde x, abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, mit der beantragt wird, die Rodungsbewilligung zu erteilen.
Begründend wird ausgeführt, dass durch die geplante Rodung die Agrarstruktur deutlich verbessert werde. Es sei betriebswirtschaftlich und volkswirtschaftlich sinnvoll diese Fläche zu roden, da es sich um eine nur leicht geneigte Fläche mit etwa 18% Gefälle handle. Die Nutzung dieser Fläche als Grünland, die direkt an seine eigenen Grünlandflächen angrenze und in einem Arbeitsgang mitbewirtschaftet werden könne und die maschinelle Bewirtschaftung sicherer und effizienter gestaltet werden könne, bedeute für den Beschwerdeführer auf jeden Fall eine Verbesserung der Agrarstruktur. Es solle auch berücksichtigt werden, dass der Waldanteil in Österreich rasant zunehme und er nicht verstehe, warum man in diesem Fall, wo es geeignete Ersatzflächen gebe, die Rodung abgewiesen werde. Es werde auch die Schutz- und Wohlfahrtswirkung durch die Rodung nicht negativ beeinflusst.
Die Agrarstrukturverbesserung wird wie folgt begründet:
„Ich könnte bei der Gülleausbringung vom Güterweg einfahren und würde nach der Entleerung direkt auf dem Güterweg unter der Rodungsfläche ausfahren können, und müsste nicht in der Wiese wenden, was mir persönlich für die Unfallverhütung sehr wichtig wäre. Ich habe ein Luftbild beigelegt um die Bewirtschaftungslinie bei der Gülleausbringung darzustellen. Es würde sich die Agrarstruktur verbessern, da meine Fläche zur Futtergewinnung vergrößert würde, diese Fläche arrondiert im Betrieb liegt und mit ca. 21-23% sehr einfach maschinell bearbeitbar ist und die Handarbeit minimiert wird. Weiters gibt es in der näheren Umgebung keine Pachtflächen und auch keine Flächen zu kaufen. Die Umwandlung in Grünland wäre auf Grund der schönen Geländeform mit sehr geringen Kosten verbunden, im Gegensatz zu einem Grundzukauf. Durch die Rodung könnte auch der Futterzukauf minimiert werden, was mir aus wirtschaftlicher Sicht sehr wichtig wäre. Weiters könnten die sehr steilen, mit extrem viel Handarbeit verbundenen Flächen extensiver genutzt werden, wenn ich diese Flächen als Grünland nutzen könnte. Durch die ebene Geländeform besteht auch keine Gefahr der Abschwemmung. Bei der Umwandlung in Grünland würden natürlich Auskehren geschaffen werden, um bei einem Schlagregen keine Humusverlust zu riskieren.“
Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat die Beschwerdeschrift unter Anschluss der Bezug habenden Verwaltungsaktes dem Landesverwaltungsgericht vorgelegt.
Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels gesonderten Antrages und der Tatsache dass die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, entfallen dem Entfall der Verhandlung stehen weder Art. 6 Abs. 1 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (§ 24 Abs. 4 VwGVG).
Folgender Sachverhalt steht fest:
Der Beschwerdeführer beantragte auf dem Grundstück Nr. x, KG x eine Rodungsbewilligung für eine Fläche von 7.000 m² zur „Vergrößerung der Wiese“. Diese Fläche liegt zwischen 490 m und 515 m über Normalnull, fällt mit durchschnittlich etwa 18% nach Nordwesten bis Westen ab und ist zur Zeit mit einem Fichten-Lärchenbestand mit beigemischter Esche der III. Altersklasse bestockt. Die Waldausstattung der Marktgemeinde x beträgt ca. 41,6 %, die der Katastralgemeinde x ca. 28,0 %. Im Waldentwicklungsplan ist die gegenständliche Fläche mit erhöhter Schutz- und erhöhter Wohlfahrtswirkung ausgestattet.
Der Betrieb x bewirtschaftet eine Fläche von 46 ha im Vollerwerb auf konventionelle Weise. Der Betrieb hat eine Waldausstattung von 13 ha, die landwirtschaftlichen Flächen werden als Dauergrünland bewirtschaftet. Die Milchviehhaltung stellt den Betriebsschwerpunkt dar. Es werden 35 Milchkühe und die eigene Nachzucht im Umfang von insgesamt 45 GVE gehalten. Die für die Bewirtschaftung erforderlichen Maschinen sind am Betrieb vorhanden.
Im Süden an die Rodungsfläche grenzt eine ca. 5 ha große Dauergrünlandfläche an. Innerhalb der Rodungsfläche befindet sich ein in Nord-Süd-Richtung verlaufender beschotterter Weg, der den Güterweg X mit der südlich der Rodungsfläche gelegenen Dauergrünlandfläche verbindet. Die südlich an die Rodungsfläche angrenzende Dauergrünlandfläche ist im Bereich der Rodungsfläche mit 18 % zur Rodungsfläche hin geneigt, die Rodungsfläche mit 21 bis 23 % zum Güterweg X abfallend. Die Erschließung erfolgt durch den Güterweg X.
Die südlich der Rodungsfläche gelegene Dauergrünlandfläche, ist durch den Güterweg und durch den Weg, der durch die Rodungsfläche führt, erschlossen. Die Geländeverhältnisse und die Ausformung der Dauergrünlandfläche im Bereich der Rodungsfläche lassen eine zeitgemäße Bewirtschaftung zu. Für die Dauergrünlandfläche kann kein Mangel in der Agrarstruktur festgestellt werden, der durch die Rodung der beantragten Waldfläche gemildert oder behoben werden kann. Aufgrund der Betriebsgröße und Intensität des Betriebes sowie den Geländeverhältnissen im Bereich der Rodungsfläche ist nicht von einer Existenzgefährdung des Betriebes auszugehen.
Diese Feststellungen stützen sich auf die im Behördenverfahren eingeholten fachlichen Stellungnahmen des agrarfachlichen und des forstfachlichen Amtssachverständigen, diese sind schlüssig und nachvollziehbar.
Der Beschwerdeführer tritt diesen Ausführungen im Übrigen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen. Er hat sich in seiner Beschwerde und Stellungnahme im Wesentlichen damit begnügt, die Feststellungen des agrarfachlichen Gutachtens mit bloßen Gegenbehauptungen zu bekämpfen. Ein von einem tauglichen Sachverständigen erstelltes, mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch stehendes Gutachten kann in seiner Beweiskraft allerdings nur durch ein gleichwertiges Gutachten bekämpft werden (vgl. VwGH 11.5.1998, 94/10/0008).
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:
§ 17 Forstgesetz 1975 lautet:
(1) Die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) ist verboten.
(2) Unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 1 kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald nicht entgegensteht.
(3) Kann eine Bewilligung nach Abs. 2 nicht erteilt werden, kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung dann erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.
(4) Öffentliche Interessen an einer anderen Verwendung im Sinne des Abs. 3 sind insbesondere begründet in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- oder öffentlichen Straßenverkehr, im Post- oder öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung, im Siedlungswesen oder im Naturschutz.
(5) Bei der Beurteilung des öffentlichen Interesses im Sinne des Abs. 2 oder bei der Abwägung der öffentlichen Interessen im Sinne des Abs. 3 hat die Behörde insbesondere auf eine die erforderlichen Wirkungen des Waldes gewährleistende Waldausstattung Bedacht zu nehmen. Unter dieser Voraussetzung sind die Zielsetzungen der Raumordnung zu berücksichtigen. […]
Grundsätzlich ist entsprechend der Festlegung des § 17 Abs. 1 Forstgesetz 1975 die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als zu solchen der Waldkultur (Rodung) verboten. Entsprechend § 17 Abs. 2 Forstgesetz 1975 kann eine Rodungsbewilligung allerdings dann erteilt werden, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald nicht entgegensteht.
Ein besonderes – und damit einer Bewilligung nach § 17 Abs. 2 Forstgesetz 1975 entgegenstehendes – öffentliches Interesse an der Walderhaltung ist dann als gegeben zu erachten, wenn es sich um Waldflächen handelt, denen unter anderem erhöhte Schutz- oder Wohlfahrtsfunktion gemäß Waldentwicklungsplan (WEP) zukommt.
Im konkreten Fall kommt der Waldfläche eine erhöhte Schutz- und Wohlfahrtsfunktion gemäß Waldentwicklungsplan zu. An der Erhaltung der zur Rodung beantragten Fläche liegt daher ein besonderes – und damit einer Bewilligung nach § 17 Abs. 2 Forstgesetz 1975 entgegenstehendes - Interesse vor.
Eine Bewilligung kann – trotz Vorliegen eines besonderen Interesses an der Walderhaltung – nach § 17 Abs. 3 Forstgesetz 1975 dann erteilt werden, wenn ein öffentliches Interesse an einer besonderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche (Rodungszweck) das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.
Es bleibt daher zu prüfen, ob die Voraussetzung des § 17 Abs. 3 Forstgesetz 1975 - ein die Walderhaltung überwiegendes öffentliches Interesse (Agrarstrukturverbesserung) - gegeben ist.
Ein in der Agrarstrukturverbesserung begründetes öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche liegt vor, wenn die Rodung eine Maßnahme darstellt, die für die Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Betriebes unter dem Gesichtspunkt der Existenzsicherung dieses Betriebes oder dem gleicher Maßen bedeutsamen Blickwinkel der Erfordernisse eines zeitgemäßen Wirtschaftsbetriebs notwendig ist (VwGH 29.1.1996, 94/10/0121). Bei weiter Auslegung des Begriffs der Agrarstrukturverbesserung können diesem auch Maßnahmen zugeordnet werden, die durch eine Verbesserung der Ertragssituation eine Sicherung des Bestands von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, die sonst in ihrer Existenz gefährdet wären, bewirken. Dies unter der Voraussetzung, dass die angestrebte Verwendung der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit zugeordnet und nicht auf anderen zur Verfügung stehenden Flächen ausgeübt werden kann
(VwGH 29.1.2996, 94/10/0159).
Die beantragte Rodung ist weder unter dem Gesichtspunkt der Existenzsicherung des landwirtschaftlichen Betriebes noch für einen zeitgemäßen Wirtschaftsbetrieb erforderlich. Auch die Sicherung des Bestandes des Betriebes ist aufgrund der angestrebten Maßnahme nicht ersichtlich, eine bloße Erleichterung der Bewirtschaftung bzw. eine, wie in der Beschwerde angeführt, „betriebs- und volkswirtschaftliche Sinnhaftigkeit“ ist für die Annahme einer Agrarstrukturverbesserung nicht ausreichend. Es liegt daher keine Verbesserung der Agrarstruktur vor.
Im gegenständlichen Fall steht daher der Erhaltung der gegenständlichen Waldfläche kein öffentliches Interesse am vorgebrachten Rodungszweck gegenüber.
Nach der Judikatur des VwGH kommt dem Angebot einer Ersatzaufforstung in der Frage der Zulässigkeit einer Rodungsbewilligung keine entscheidende Bedeutung zu, da die Notwendigkeit einer solchen erst für den Fall einer Bewilligung der Rodung zu überprüfen ist (VwGH 22.3.1993, Zl. 92/10/03-58). Eine Ersatzaufforstung ist nicht Voraussetzung für eine Rodungsbewilligung, sondern nur deren Nebenbestimmung, wenn die Rodung zulässig ist. Die vorgesehene Ersatzaufforstung ist deshalb nicht in die Interessensabwägung einzubeziehen.
Es war daher, wie im Spruch angeführt, zu entscheiden.
II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Maga. Karin Lederer