LVwG-350021/2/Wim/PP/BD

Linz, 23.07.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Dr. Leopold Wimmer über die Beschwerde der X, X, vom 9. September 2013 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 26.08.2013, GZ: 3.01 - ASJF, betreffend Zurückweisung des Antrags auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes nach dem Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 09.08.2013 auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfes in Anwendung der Bestimmungen der §§ 27 und 30 Oö. BMSG zurückgewiesen.

 

Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten:

 

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender entschei-dungsrele­vante Sachverhalt fest:

Mit Schreiben vom 09.08.2013 wurden Sie im Rahmen Ihrer Mitwirkungspflicht ersucht, die zur Durchführung des Verfahrens erforderlichen

• Urkunden bzw. Unterlagen hinsichtlich:

a. Kontoumsatzliste ab Februar 2013

b. SVA- Bestätigung der Versicherungsdauer

c. Anmeldebescheinigung (rechtmäßigen Daueraufenthalt)

beizubringen.

 

In diesem Schreiben wurden Sie nachweislich darauf hingewiesen, dass die Behörde bei ihrer Entscheidung über den Leistungsanspruch den Sachverhalt, soweit er festgestellt wurde, zugrunde legen oder bei mangelnder Ent-scheidungsgrundlage den Antrag zu­rückweisen kann.

In rechtlicher Hinsicht ist dazu Nachfolgendes auszuführen:

Gemäß § 30 Abs. 1 Oö. BMSG ist die hilfesuchende Person (ihr gesetzlicher Vertreter) verpflichtet, an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts mitzuwirken. Im Rah­men der Mitwirkungspflicht sind insbesondere die zur Durchführung des Verfahrens

1.    erforderlichen Angaben zu machen

2.    erforderlichen Urkunden oder Unterlagen beizubringen und

3.    erforderlichen Untersuchungen zu ermöglichen.

Kommt eine hilfesuchende Person (ihr gesetzlicher Vertreter) ihrer Mitwirkungspflicht in­nerhalb angemessener Frist nicht nach, kann die Behörde der Entscheidung über den Leistungsanspruch den Sachverhalt, soweit er festgestellt wurde, zugrunde legen oder bei mangelnder Entscheidungsgrundlage den Antrag zurückweisen. Voraussetzung da­für ist, dass die hilfesuchende Person oder ihr Vertreter nachweislich auf die Folgen ei­ner unterlassenen Mitwirkung hingewiesen worden ist.

Da Sie Ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sind, fehlt für Ihren Antrag die Entscheidungsgrundlage.

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.“

2. Dagegen hat die Beschwerdeführerin rechtzeitig eine nunmehr als Beschwerde zu wertende Berufung eingebracht und darin zusammengefasst im Wesentlichen vorgebracht, dass sie im Zuge einer persönlichen Vorsprache bei der Abteilung für Soziales ca. eine Woche nach Zustellung des Schreibens vom 9.8.2013 eine Bestätigung vom Finanzamt über ihre Steuerleistungen seit 2004 vorgelegt und darauf hingewiesen habe, dass Sie keine Bestätigung der SVA bringen könne sondern nur eine Bestätigung des Finanzamtes.

 

Weiters sei ihr die Vorlage einer Kontoumsatzliste ab Februar 2013 gar nicht möglich gewesen, weil sie in diesem Zeitraum gar kein Konto gehabt habe und erst am 19.8.2013 ein solches eröffnet habe.

 

Darüber hinaus habe die Behörde auch zu Unrecht eine Anmeldebescheinigung verlangt. Zum einen sei aus der Aufforderung aus der Formulierung „Anmeldebescheinigung (rechtmäßigen Daueraufenthalt)“ nicht ersichtlich welches Dokument (Anmeldebescheinigung oder Bescheinigung des Daueraufenthalts) bei der Behörde vorzulegen sei.

 

Zum anderen sei für sie die Ausstellung einer Anmeldebescheinigung bzw. Bescheinigung des Daueraufenthaltes gar nicht vorgesehen. Sie sei von August 2004 bis März 2010 rechtmäßig und durchgehend in Österreich aufhältig gewesen und habe über einen Zeitraum von mehreren Jahren eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausgeübt, sodass sie gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 NAG rechtmäßig aufgrund der Freizügigkeitsrichtlinie aufhältig und daher bereits das Recht zum Daueraufenthalt erworben habe. Gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 NAG seien EWR-Bürger aufgrund der Freizügigkeitsrichtlinie zum Aufenthalt für mehr als 3 Monate berechtigt, wenn sie in Österreich Arbeitnehmer oder Selbstständige seien. Gemäß § 53 Abs. 1 NAG sei diesen Personen eine Anmeldebescheinigung auszustellen. Gemäß § 81 Abs. 4 NAG gelte jedoch für EWR-Bürger, die bereits vor dem Inkrafttreten des NAG rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen und nach dem Meldegesetz 1991 gemeldet sein, diese aufrechte Meldung nach dem Meldegesetz als Anmeldebescheinigung. Aus diesem Grund stelle ihr der Magistrat Linz gar keine Anmeldebescheinigung und oder Bescheinigung des Daueraufenthaltes aus. Gemäß § 53a Abs. 1 NAG würden EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukomme, unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach 5 Jahren regelmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt erwerben. Ihnen sei auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung des Daueraufenthaltes auszustellen. Diese Bescheinigung entfalte nur deklaratorische Wirkung. Da die Behörde Einsicht ins Melderegister nehmen könne, sei die Aufforderung zur Vorlage einer Anmeldebescheinigung daher nicht rechtmäßig gewesen.

 

Die Zurückweisung ihres Antrages auf bedarfsorientierte Mindestsicherung sei daher jedenfalls rechtswidrig gewesen. Es wurde daher beantragt den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und festzustellen, dass eine inhaltliche Entscheidung zu ergehen habe, in eventu, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und zur neuerlichen Verhandlung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen.

 

3.1. Mit 1.1.2014 ist die Zuständigkeit zur Bearbeitung dieser Berufung an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) übergegangen. Das LVwG entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch Einzelrichter. Die Berufung gilt gemäß § 3 Abs.1 letzter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz - VwGbk-ÜG als Beschwerde iSd Art 130 Abs.1 B-VG.

 

3.2. Das LVwG hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in dem behördlichen Verfahrensakt. Da bereits die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Grundrechtscharter entgegenstehen war von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abzusehen.

 

3.3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem ent­scheidungs­wesentlichen Sachverhalt aus:

 

Mit Schreiben vom 09.08.2013 wurde die Beschwerdeführerin, die als ungarische Staatsangehörige EWR-Bürgerin ist, im Rahmen Ihrer Mitwirkungspflicht ersucht, zur Durchführung des Verfahrens eine Kontoumsatzliste ab Februar 2013, eine SVA-Bestätigung der Versicherungsdauer und eine Anmeldebescheinigung (rechtmäßigen Daueraufenthalt) beizu­bringen.

 

In diesem Schreiben wurden Sie nachweislich darauf hingewiesen, dass die Behörde bei ihrer Entscheidung über den Leistungsanspruch den Sachverhalt, soweit er festgestellt wurde, zugrunde legen oder bei mangelnder Ent­scheidungsgrundlage den Antrag zu­rückweisen kann.

 

Die Beschwerdeführerin hat bis zur Bescheiderlassung keine dieser Unterlagen vorgelegt und lediglich eine Kontoeröffnungsbestätigung vom 19.8.2013 vorgelegt. Im Akt befindet sich auch ein Versicherungsdatenauszug der Sozialversicherung für den Zeitraum ab 1.1.2008, erstellt am 9.8.2013.

 

Weiters liegt ein Melderegisterauszug vor. Daraus ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin in den letzten 5 Jahren vor der Antragstellung in den Zeiten vom 18.3.2010 bis 19.10.2010 (7 Monate), vom 20.12.2011 bis 23. 1. 2012 (1 Monat), 19.12.2012 bis 8.4.2013 (4 Monate) und vom 25.4.2013 bis 9.7.2013 (3 Monate) nicht in Österreich gemeldet war.

 

3.4. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem Akteninhalt und wurde im Rahmen der Feststellungen auch von der Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 28 Abs. 5 Oö. BMSG sind im Antrag auf bedarfsorientierte Mindestsicherung folgende Angaben zu machen und durch entsprechende Nachweise zu belegen: 1. zur Person und Familien-und Haushaltssituation; 2. aktuelle Einkommens- und Vermögenssituation; 3. Wohnsituation; 4. zum Daueraufenthalt gemäß § 4 Abs. 1 2, soweit die fremdenrechtlichen Vorschriften Dokumente zu dessen Nachweis vorsehen.

Gemäß § 30 Abs. 1 Oö. BMSG ist die hilfesuchende Person (ihr gesetzlicher Vertreter) verpflichtet, an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts mitzuwirken. Im Rah­men der Mitwirkungspflicht sind insbesondere die zur Durchführung des Verfahrens erforderlichen Angaben zu machen, erforderlichen Urkunden oder Unterlagen beizubringen und erforderlichen Untersuchungen zu ermöglichen.

Kommt eine hilfesuchende Person (ihr gesetzlicher Vertreter) ihrer Mitwirkungspflicht in­nerhalb angemessener Frist nicht nach, kann die Behörde der Entscheidung über den Leistungsanspruch den Sachverhalt, soweit er festgestellt wurde, zugrunde legen oder bei mangelnder Entscheidungsgrundlage den Antrag zurückweisen. Voraussetzung da­für ist, dass die hilfesuchende Person oder ihr Vertreter nachweislich auf die Folgen ei­ner unterlassenen Mitwirkung hingewiesen worden ist.

 

§ 53 Abs. 1 NAG lautet: EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), haben, wenn sie sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten, dies binnen vier Monaten ab Einreise der Behörde anzuzeigen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen (§§ 51 oder 52) ist von der Behörde auf Antrag eine Anmeldebescheinigung auszustellen.

 

§ 53a Abs. 1 NAG lautet: EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthalts­recht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

 

§ 81 Abs. 4 NAG lautet: Für EWR-Bürger und Schweizer Bürger, die bereits vor dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen und nach dem Meldegesetz 1991 gemeldet sind, gilt ihre aufrechte Meldung nach dem Meldegesetz 1991 als Anmeldebescheinigung im Sinne des § 53.

 

4.2. § 30 Abs. 1 Z 2 Oö. BMSG verpflichtet die Hilfe suchende Person im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht die erforderlichen Urkunden oder Unterlagen beizu­bringen.

 

Im Behördenakt findet sich bereits ein Sozialversicherungsdatenauszug. Weiters hat die Beschwerdeführerin glaubwürdig dargelegt, dass sie erst aufgrund des Mindestsicherungsantrages ein aktuelles Girokonto eröffnet hat. Diese beiden Unterlagen sind somit nicht erforderlich bzw. gar nicht beibringbar, sodass aufgrund deren Nichtvorlage eine Zurückweisung des Ansuchens nicht gerechtfertigt wäre.

 

Hinsichtlich des aufenthaltsrechtlichen Status verlangt schon § 28 Abs. 5 Z 4 Oö. BMSG eine Vorlage, so weit die fremdenrechtlichen Vorschriften Dokumente zum Nachweis des Daueraufenthalts vorsehen.

 

Da die Beschwerdeführerin im Jahr 2010 mehr als 6 Monate in Österreich nicht gemeldet war, unterliegt sie nicht der Übergangsbestimmung gemäß § 81 Abs. 4 NAG. Die Vorlage einer bloßen Meldebestätigung, die übrigens von ihr auch nicht beigebracht wurde, reicht somit nicht aus.

 

Auch § 53a Abs. 1 NAG stellt auf den rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt von 5 Jahren im Bundesgebiet ab. Somit verbleibt nur die Ausstellung einer Anmeldebescheinigung nach § 53 Abs. 1 NAG, welche von Aufenthaltsbehörde bei Vorliegen der Voraussetzungen auf Antrag auch auszustellen ist.

 

Da diese Anmeldebescheinigung erforderlich war sowie als Dokument zum Nachweis des Daueraufenthaltes vorgesehen ist und von der Beschwerdeführerin nicht beigebracht wurde, erweist sich die Entscheidung der belangten Behörde als rechtmäßig.

 

Auch eine unklare Vorschreibung durch die Formulierung in der Aufforderung „Anmeldebescheinigung (rechtmäßigen Daueraufenthalt)“ liegt nicht vor, da die Behörde beim Begriff Anmeldebescheinigung sogar den exakten Terminus aus dem NAG verwendet hat und der Klammerausdruck auch für einen objektiven Erklärungsempfänger rein als erläuternde Ergänzung verstehen ist. Überdies hätte die Beschwerdeführerin bei Unklarheiten auch bei der Behörde Rückfragen können.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden

 

Zu II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht-sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht-sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Ver-waltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Ver-waltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Dr. Leopold Wimmer