LVwG-300332/7/KLi/BD

Linz, 27.06.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Karin Lidauer über die Beschwerde vom 28.05.2014 des X, geb. X, X, vertreten durch Herrn X, Rechtsanwalt, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirks­hauptmannschaft Linz-Land vom 14. April 2014, GZ: SV96-111-2013/Gr, wegen Übertretung des AuslBG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG  wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstraf­verfahren eingestellt.

 

 

II.       Der Beschwerdeführer hat weder einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde noch zum Verfahren vor dem Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich zu leisten.

 

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Straferkenntnis vom 14. April 2014, GZ: SV96-111-2013/Gr, wurden über den Beschwerdeführer wegen Verwaltungsübertretungen nach § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z1 lit.a AuslBG 3 Geldstrafen in Höhe von jeweils 1.000 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit jeweils Ersatzfreiheitsstrafen von 36 Stunden verhängt.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

„Sie haben es als Arbeitgeber strafrechtlich zu verantworten, dass Sie auf Ihrem Anwesen in X,

1.   zumindest seit 18.06.2012 den serbischen Staatsangehörigen X, geb. X,

2.   zumindest seit 18.06.2012 den serbischen Staatsangehörigen X, geb. X, und

3.   zumindest seit 26.06.2012 den bosnischen Staatsangehörigen X, geb. X,

als Arbeiter in dem diese am 4.7.2012 gegen 9.05 Uhr am oa. Anwesen von Kontrollorganen des Finanzamtes Linz bei der Ausübung von Bauarbeiten betreten wurden, jedenfalls im Sinne des § 1152 ABGB entgeltlich beschäftigten, obwohl für diese Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, noch diese Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine „Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt“ oder einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EG“ oder einen Niederlassungsnachweis besaßen.“

 

Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 28.04.2014, mit welcher die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verfahrens beantragt wurden. Als Beschwerdegründe wurden Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht. Begründend führt der Beschwerdeführer dazu aus, dass bei richtiger Würdigung der Beweisergebnisse die belangte Behörde feststellen hätte müssen, dass es sich bei der Liegenschaft mit der Grundstücksadresse X um die Liegenschaft des Vaters des Beschwerdeführers gehandelt habe, was aus dem offenen Grundbuch ersichtlich sei. Außerdem erweise sich die rechtliche Beurteilung als unrichtig, zumal der Beschwerdeführer die drei genannten Personen nicht als Arbeitnehmer beschäftigt habe. Vielmehr hätten diese drei Personen lediglich kurzfristig, freiwillig und unentgeltlich Gefälligkeitsdienste im Rahmen der Familienhilfe getätigt. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Tatvorwurfes erst X Jahre alt gewesen und nicht Eigentümer des relevanten Grundstückes, X. Es würde der allgemeinen Lebenserfahrung entbehren, dass ein gerade einmal X-Jähriger als Arbeitgeber von damals Ende 30-jährigen Personen aufgetreten sei.

 

Die belangte Behörde hat den relevanten Akt mit Schreiben vom 8. Mai 2014 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt, somit ist die Zuständigkeit auf dieses übergegangen.

 

II.            Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

II.1. Im Sommer 2012 waren die serbischen Staatsangehörigen X und X, sowie der bosnische Staatsangehörige X auf der Liegenschaft X in X tätig. Diese verrichteten Tätigkeiten im Bereich der Sanierung zweier Badezimmer, sie waren insbesondere mit dem Verlegen von Fliesen, u. dgl. befasst.

 

II.2. Zum Zeitpunkt dieser Tätigkeiten stand die Liegenschaft X nicht im Eigentum des Beschwerdeführers. Eigentümer war zum Tatzeitpunkt der Vater des Beschwerdeführers X, geb. X. Erst mit einem späteren Übergabevertrag wurde Ende 2013/Anfang 2014 diese Liegenschaft an den nunmehrigen Beschwerdeführer übergeben.

 

II.3. Der Beschwerdeführer und die drei beschäftigten Personen stehen in einem – wenn auch sehr entfernten – verwandtschaftlichen Verhältnis. Bei X handelt es sich um den Schwager des Beschwerdeführers. Bei X und X handelt es sich um Cousins des verstorbenen Ehemannes seiner Mutter. Die Mutter des Beschwerdeführers, Frau X, ist während des Krieges in Ex-Jugoslawien nach Österreich geflüchtet. Der Vater des Beschwerdeführers hat Frau X zu dieser Zeit kennengelernt und ihr auch Arbeit gegeben. Aus der späteren Beziehung entstammt der gemeinsame Sohn, der nunmehrige Beschwerdeführer.

 

II.4. Zum Tatzeitpunkt waren die Herren X und X auf Besuch in Österreich. Ebenso war zu dieser Zeit Herr X in Österreich zu Besuch. Die Herren X und X sowie der Beschwerdeführer besuchen sich gegenseitig mehrmals im Jahr. Diese Besuche finden insbesondere bei Familienereignissen statt. Nachdem die Herren X und X finanziell nicht dazu in der Lage sind, mehrmalige Reisen im Jahr nach Österreich zu finanzieren, ist der Fall, dass der Beschwerdeführer diese in ihrer Heimat besucht, häufiger als umgekehrt.

 

II.5 Der Vater des Beschwerdeführers war ursprünglich Eigentümer des Hauses X. Nachdem dieser allerdings schwer erkrankt und über 70 Jahre alt ist, konnte er selbst nicht mehr für die Sanierung dieses Hauses Sorge tragen. Aufgrund seines jugendlichen Alters war aber auch dem Beschwerdeführer – dieser war zum Tatzeitpunkt X Jahre alt – nicht in der Lage, die Renovierungsarbeiten durchzuführen bzw. zu organisieren. Aus diesem Grund wurden seine Verwandten um Hilfe ersucht. Diese erbrachten ihre Hilfsleistungen freiwillig und ohne Entgelt. Derartige Hilfsleistungen werden wechselseitig getätigt und verrichtet auch der Beschwerdeführer bei seinen Besuchen Hilfstätigkeiten für seine Verwandten. Für sämtliche Familienmitglieder ist es selbstverständlich, sich gegenseitig bei der Durchführung von Sanierungsarbeiten zu helfen.

 

II.6. Der Beschwerdeführer hatte auch keinerlei Befehlsgewalt über seine Verwandten und konnte diesen nicht auftragen, welche Arbeiten wann und wie zu verrichten waren. Außerdem haben alle drei Personen in ihrer Heimat eine Arbeit und waren somit vom Beschwerdeführer nicht wirtschaftlich abhängig.

 

III.         Beweiswürdigung:

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Akt der belangten Behörde, GZ: SV96-111-2012/Gr. Außerdem erfolgte in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16. Juni 2014 eine umfassende Vernehmung des Beschwerdeführers, welcher intensiv zu den Verwandtschaftsverhältnissen zu den Herren X, X und X befragt wurde. Der Beschwerdeführer konnte umfassende Auskunft über die Familienverhältnisse geben, auch über die Lebensumstände der drei genannten Personen wusste er Bescheid. Der Beschwerdeführer vermittelte insofern einen glaubwürdigen Eindruck. Jedenfalls ergibt sich aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren kein Hinweis dahingehend, dass der Beschwerdeführer diese Sanierungsarbeiten bei den drei genannten Personen entgeltlich in Auftrag gegeben hätte und er somit als Beschäftiger der drei Personen anzusehen wäre.

 

IV.          Rechtslage:

 

IV.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ oder einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EG“ oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

IV.2. Nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht in den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c), oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§§ 12 bis 12c) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ (§ 41a NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 bis zu 50.000 Euro.

 

V.           Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hiezu erwogen:

 

V.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind als Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienste kurze, freiwillige und unentgeltliche Dienste anzusehen, die vom Leistenden aufgrund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsempfänger erbracht werden und die einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten (vgl. die zum Ausländerbeschäftigungsgesetz ergangenen hg. Erkenntnisse vom 6. März 2008, 2007/09/0285 mwN und vom 14. Jänner 2010, 2009/09/0276, sowie auf Letzteres bezugnehmend, das vom 19. Jänner 2011, 2009/08/0062). Für die Abgrenzung zwischen einem Gefälligkeitsdienst und einer Beschäftigung ist eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Dabei trifft die Partei – unabhängig von der grundsätzlichen Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Erforschung des für die Entscheidung notwendigen Sachverhaltes und über die oben erwähnte Darlegungspflicht hinaus – eine entsprechende Mitwirkungspflicht, zumal es sich bei den zur Beantwortung der Frage, ob ein Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst vorliegt, maßgeblichen Umständen und Motiven um solche handelt, die zumeist der Privatsphäre der Partei zuzuordnen sind und der Behörde nicht ohne weiteres zur Kenntnis gelangen. Es ist in diesen Fällen daher Sache der Partei, entsprechend konkrete Behauptungen aufzustellen und Beweise anzubieten (vgl. die zum Ausländerbeschäftigungsgesetz ergangenen hg. Erkenntnisse vom 18. Mai 2010, 2007/09/0374, und vom 12. Juli 2011, 2009/09/0101) [VwGH 19.12.2012, 2012/08/0165; 2.7.2011, 2009/09/0101; 25.3.2010, 2009/09/0140; 22.10.2003, 2001/09/0135].

 

V.2. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt und im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gelangt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu der rechtlichen Würdigung, dass gegenständlich von den drei genannten Personen ein Freundschafts- bzw. Gefälligkeitsdienst im Familienkreis erbracht wurde. Die genannten Personen konnten vom Beschwerdeführer als – wenn auch entfernte – Verwandte glaubwürdig beschrieben werden. Jedenfalls aber ist von einer intensiven freundschaftlichen Bindung auszugehen. Die geschilderten Hilfsdienste werden auch wechselseitig erbracht, zumal auch der Beschwerdeführer seine Angehörigen in deren Heimatländern bei Sanierungsarbeiten unterstützt. Auch werden gemeinsame Familienfeiern begangen. Insofern liegt zwischen dem Beschwerdeführer und den genannten Personen eine emotionale Bindung vor, welche im Ergebnis die Annahme eines Freundschafts- bzw. Gefälligkeitsdienstes rechtfertigt.

 

Außerdem war der Beschwerdeführer gegenüber den genannten Personen nicht weisungsberechtigt, diese erbrachten ihre Hilfsleistungen freiwillig und auch unentgeltlich; es bestand somit weder eine Weisungsgebundenheit gegenüber dem Beschwerdeführer noch ein Verhältnis wirtschaftlicher Abhängigkeit.

 

V.3. Zusammengefasst ergibt sich somit, dass dem Beschwerdeführer eine Beschäftigung entgegen den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nicht nachgewiesen werden kann, weshalb der Beschwerde Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

VI.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr. Karin Lidauer