LVwG-410277/2/MZ/BZ/TK

Linz, 22.07.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde des X gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 11. Februar 2014, GZ S-20.166/12-2, betreffend die Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens (mitbeteiligte Partei: X)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11. Februar 2014, GZ S-20.166/12-2, wurde das von der Landespolizeidirektion Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) mit Aufforderung vom 12.10.2012 eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren gegen die mitbeteiligte Partei eingestellt. Kurz zusammengefasst wurde diese Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass die verfahrensgegenständlichen Taten unter § 168 StGB zu subsumieren seien und daher kein Raum für eine verwaltungsstrafrechtliche Sanktionierung bleibe.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des X, mit der die Aufhebung des bekämpften Bescheides und die Entscheidung in der Sache selbst beantragt werden. Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass mit Ausnahme der Geräte mit den FA-Nrn. 1, 4 und 6 keinerlei Anhaltspunkte dafür vorliegen würden, dass Einsätze von mehr als 10 Euro möglich gewesen wären. Ein selbstständiges Ermittlungsverfahren sei nicht durchgeführt worden, sondern habe die Behörde das Verwaltungsstrafverfahren bloß aufgrund einer Vermutung eingestellt. Die Behörde hätte hinsichtlich des Verdachtes auf eine gerichtlich strafbare Tatbegehung das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs 2 VStG auszusetzen gehabt.   

 

I.3. Die belangte Behörde erstattete mit Schreiben vom 12. April 2013 gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts einer nach § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung.

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erhob Beweis durch Einsichtnahme in den unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerde übermittelten Verfahrensakt. Daraus ließ sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt feststellen. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 3 Z 3 VwGVG abgesehen werden, zumal im angefochtenen Bescheid keine (500 Euro übersteigende) Geldstrafe verhängt wurde und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt wurde.

 

II.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht – in Ergänzung zu den Punkten I.1. bis I.3. – von folgendem Sachverhalt aus:

 

Anlässlich einer von der Abgabenbehörde am 26. April 2012 im Lokal mit der Bezeichnung "X" in X, durchgeführten Kontrolle wurden folgende Geräte betriebsbereit vorgefunden:

 

Gehäusebezeichnung Seriennummer

FA-Nr. 1 World Games Act 4

FA-Nr. 2 Mainvision 3001048

FA-Nr. 3 Mainvision 3001051

FA-Nr. 4 World Games Act 3

FA-Nr. 5 X sportwetten HWT-RD 1

FA-Nr. 6 TM-1000 bzw M104H0404

 

Die Geräte mit den FA-Nrn. 1 und 4 bis 6 befanden sich zumindest seit 8. Oktober 2010 und die Geräte mit den FA-Nrn. 2 und 3 befanden sich zumindest seit 1. Jänner 2012 im oa Lokal.

 

Der Spielablauf stellt sich bei den verfahrensgegenständlichen Walzenspielgeräten mit den FA-Nrn. 1 bis 4 generalisierend wie folgt dar:

 

Bei diesen Geräten konnten virtuelle Walzenspiele durchgeführt werden, bei denen für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen Gewinne in Aussicht gestellt wurden. Nach Eingabe von Geld für das Spielguthaben, Auswahl eines Spiels und Aufrufen zur Durchführung konnte ein Spieleinsatz ausgewählt werden, dem jeweils ein entsprechender Gewinnplan mit den in Aussicht gestellten, unterschiedlich hohen Gewinnen in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen zugeordnet war. Das Spiel wurde mit der Starttaste ausgelöst. Damit wurde zunächst der gewählte Einsatzbetrag vom Spielguthaben abgezogen und danach das Walzenspiel ausgelöst. Dabei wurden die in senkrechten Reihen angeordneten Symbole so in ihrer Lage verändert, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entstand. Ein Vergleich der neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes,  der Spielerfolg stand daher nach jedem Stillstand der Walzen in Form eines Gewinnes oder des Verlustes des getätigten Einsatzes fest. Das Spielergebnis hing ausschließlich vom Zufall ab, Spieler hatten keine Möglichkeit, bewusst Einfluss auf den Ausgang der Spiele zu nehmen.

 

Wie der Anzeige der Finanzpolizei vom 15. Mai 2012 sowie der Fotodokumentation zweifelsohne zu entnehmen ist, verfügten sämtliche Walzenspielgeräte über eine Automatik-Start-Taste.

Bei Auslösung des Spieles im Wege der Automatik-Start-Taste musste diese Taste nur einmal betätigt werden um die beschriebenen Abläufe sehr rasch kontinuierlich hintereinander ablaufen zu lassen.

 

Der Fotodokumentation ist zu entnehmen, dass diese Gerätschaften über einen Banknoteneinzug verfügten. Der Anzeige ist weiters zu entnehmen, dass eine Einsatzsteigerung mit vorgeschaltetem Würfelspiel möglich war.

 

Mit jeder Steigerung des Einsatzbetrages wurden auch sämtliche Werte im zugehörigen Gewinnplan erhöht. Die Einsatzsteigerung erfolgte durch Betätigung einer entsprechenden mechanischen oder virtuellen Bildschirmtaste. Ab einem gewählten Spieleinsatz von 0,50 Euro konnte durch fortgesetzte Bedienung dieser Taste der Einsatz in Stufen weiter bis zum programmbedingt höchst möglichen Einsatz gesteigert werden. Wurde der Einsatz über den Betrag von 0,50 Euro hinaus erhöht, wurden mit jeder Tastenbetätigung in einem der kleinen, nebeneinander angeordneten Felder in unmittelbarer Nähe des Einsatzbetragsfelds am Bildschirm "Augen" bis zu einer bestimmten Höchstzahl eingeblendet. Nach der "Augendarstellung" bewirkte die weitere Tastenbedienung das Einblenden eines oder mehrerer Symbole. Damit wurde dem Spieler verschlüsselt der ausgewählte Einsatzwert angezeigt.

Wurde ein solcher Art verschlüsselter Einsatz von mehr als 0,50 Euro vorgewählt, so musste die Starttaste so lange wiederholt hintereinander betätigt werden, bis der vorgewählte Einsatzbetrag in mehreren Teileinsatzbeträgen vollständig vom Spielguthaben abgezogen war, um das Spiel sodann auszulösen.

 

Auf diese vorgeschalteten "Würfelspiele" konnte nicht verzichtet werden, wenn um entsprechend hohe in Aussicht gestellte Gewinne gespielt werden sollte. Die Würfelspiele konnten nicht gesondert für sich alleine ausgewählt und zur Durchführung aufgerufen werden. Das "vorgeschaltete Würfelspiel" stellte kein Spiel, sondern nur eine verschlüsselte Einsatzleistung in Form von Teileinsatzbeträgen dar.

 

Auf dem Gerät mit der FA-Nr. 1 konnte im Rahmen der Probespiele durch die Organe der Finanzpolizei unter anderem ein Spiel mit der Bezeichnung "Power Liner" gespielt werden. Bei diesem Spiel betrug der Mindesteinsatz 0,05 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn von 250 Euro + (mal 5) in Aussicht gestellt wurde. Der Maximaleinsatz betrug bei diesem Spiel 25 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn in Höhe von 12.500 Euro + (mal 5) in Aussicht ausgestellt wurde.

 

Auf dem Gerät mit der FA-Nr. 2 konnte unter anderem ein Spiel mit der Bezeichnung "Fort Knox" gespielt werden. Bei diesem Spiel betrug der Mindesteinsatz 0,10 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn von 20 Euro und 3 Supergames (SG) in Aussicht gestellt wurde. Der Maximaleinsatz betrug bei diesem Spiel 5 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn in Höhe von 20 Euro und 248 SG in Aussicht ausgestellt wurde.

 

Auf dem Gerät mit der FA-Nr. 3 konnte unter anderem ein Spiel mit der Bezeichnung "Sizzling Fruits" gespielt werden. Bei diesem Spiel betrug der Mindesteinsatz 0,10 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn von 20 Euro und 8 Supergames (SG) in Aussicht gestellt wurde. Der Maximaleinsatz betrug bei diesem Spiel 6 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn in Höhe von 20 Euro und 498 SG in Aussicht ausgestellt wurde.

 

Auf dem Gerät mit der FA-Nr. 4 konnte im Rahmen der Probespiele durch die Organe der Finanzpolizei unter anderem ein Spiel mit der Bezeichnung "Euro Cash" gespielt werden. Bei diesem Spiel betrug der Mindesteinsatz 0,05 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn von 50 Euro + (bei einer Linie) in Aussicht gestellt wurde. Der Maximaleinsatz betrug bei diesem Spiel 25 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn in Höhe von 50.000 Euro + (bei zehn Linien) in Aussicht ausgestellt wurde.

 

II.3. Bei den Geräten mit den FA-Nrn. 5 und 6 handelte es sich um Hundewettterminals. Die Funktionsweise stellt sich generalisierend wie folgt dar:

 

Es konnten Wetten auf den Ausgang von bereits in der Vergangenheit stattgefundenen aufgezeichneten Hunderennen abgeschlossen werden. Die Kunden konnten lediglich einen Einsatzbetrag und einen oder mehrere vermutete Rennergebnisse auswählen und nach Eingabe von Geld eine Wette darauf abschließen. Über Wunsch wurde ein Wettschein ausgedruckt. Die Kunden konnten eine Nummer oder eine Farbe wählen, durch welche jeder Hund gekennzeichnet ist und auf diese Weise auf den Sieger oder eine Kombinationswette auf den ersten und zweiten, allenfalls auch noch auf den dritten durch das Ziel laufenden Hund abschließen, um sodann den Rennverlauf und das Ergebnis abzuwarten. Nach dem Zieleinlauf wurden die ersten drei in Zeitlupe oder mit Standbild noch einmal kurz gezeigt. Jedem Einlaufergebnis war eine Quote zugeordnet, welche am Gerätebildschirm in einem Quotenblatt dargestellt wurde. Der in Aussicht gestellte Gewinn errechnete sich durch Multiplikation des Einsatzes mit der jeweiligen dem erwarteten Rennverlauf entsprechenden Quote. Die auf diesen Geräten angebotenen Spiele waren Wetten auf den Ausgang der Wiedergabe aufgezeichneter Hunderennen. Die Kunden hatten keinen Einfluss auf das Zustandekommen bestimmter Spielergebnisse.

 

Im Zuge der Probespiele durch die Organe der Finanzpolizei konnte auf dem Gerät mit der FA-Nr. 5 ein Mindesteinsatz von 0,50 Euro und ein dazu in Aussicht gestellter Höchstgewinn von 496,50 Euro festgestellt werden. Der festgestellte Maximaleinsatz betrug 5 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn von 4.965 Euro in Aussicht gestellt wurde.

Es sind somit an diesem Gerät Quoten von bis zu 1:993 in Aussicht gestellt worden.

Den im Verfahrensakt einliegenden Wettscheinen zu dem Gerät mit der FA-Nr. 5 können Wettquoten von bis zu 50,6 entnommen werden.

 

Auf dem Gerät mit der FA-Nr. 6 konnte ein Mindesteinsatz von 1 Euro und ein dazu in Aussicht gestellter Höchstgewinn von 7,80 (bei Siegerquote 7,8) festgestellt werden.  Der festgestellte Maximaleinsatz betrug 30 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn von 234 Euro (bei Siegerquote 7,8) in Aussicht gestellt wurde.

 

II.4.  Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vom der belangten Behörde vorgelegten Akt. Die Feststellungen betreffend die durchgeführte Kontrolle sowie die dabei vorgefundenen Gerätschaften gründen vor allem auf der Anzeige der Finanzpolizei. Die Funktionsweise der Geräte und die Feststellungen zu den auf diesen Gerätschaften möglichen Spielen samt Mindest- und Maximaleinsätzen sowie den dazu in Aussicht gestellten Höchstgewinnen gründen insbesondere auf der Anzeige der Finanzpolizei. Die Anzeige der Finanzpolizei enthält auch eine Beschreibung des Spielablaufs und lässt sich diese Beschreibung auch mit den Lichtbildern, die der Anzeige angeschlossen waren, in Einklang bringen. Die beschriebene Funktionsweise stimmt auch im Wesentlichen mit den festgestellten Abläufen in anderen (veröffentlichen) Entscheidungen zu Walzenspielen sowie zu Hundewettterminals überein, sodass aus Sicht des Landesverwaltungsgerichts keine Zweifel an den diesbezüglichen Angaben der Finanzpolizei bestehen.

 

 

III. Gemäß § 52 Abs 2 Z 1 GSpG in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe von bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 GSpG veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmen im Sinne des § 2 Abs 2 GSpG daran beteiligt.

 

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der ein Spiel bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spiels veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird.

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

IV.1. Gemäß § 50 Abs 1 GSpG ist das Landesverwaltungsgericht zuständig.

 

IV.2. Nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts (grundlegend etwa VwGH 23.07.2013, 2012/17/0249) ist bei Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen ordentlicher Gerichtsbarkeit (§ 168 StGB) und verwaltungsstrafrechtlicher Strafbarkeit gemäß § 52 GSpG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung unter Berücksichtigung des Verbots der Doppelbestrafung gemäß Art 4 Abs 1 7. ZPEMRK grundsätzlich darauf abzustellen, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw mit einem darauf installierten Programm veranstaltet, organisiert, anbietet, unternehmerisch zugänglich macht oder sich daran beteiligt, dabei Einsätze von höchstens 10 Euro oder mehr als 10 Euro ermöglicht bzw ob Serienspiele verlasst wurden. Entscheidend für die Abgrenzung ist daher, ob die auf den Glücksspielgeräten installierten Spielprogramme Spiele mit einem Einsatz von über 10 Euro ermöglichen, das heißt, welcher mögliche Höchsteinsatz an den verfahrensgegenständlichen Glücksspielautomaten jeweils geleistet werden kann, und, ob Serienspiele veranlasst werden können (vgl VwGH 09.09.2013, 2013/17/0320 uva).

Dies bedeutet im Ergebnis, dass bei Glücksspielen (verbotenen Ausspielungen) mit Einsätzen über 10 Euro, mögen sie auch mit solchen darunter einhergehen, sowie bei Glücksspielen, die nicht bloß zum Zeitvertreib (Serienspiele) gespielt werden, jedenfalls eine die Verwaltungsdelikte ausschließende gerichtliche Strafbarkeit anzunehmen ist.

 

IV.3. Gemäß § 52 Abs 3 GSpG in der seit 1.3.2014 geltenden Fassung BGBl I Nr. 13/2014 ist nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen, wenn durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach    § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht werden. Ob diese Regelung dem verfassungsrechtlichen Gebot der Sachlichkeit entspricht, kann im gegenständlichen Fall dahingestellt bleiben, denn eine einmal für einen bestimmten Tatzeitpunkt eingetretene Subsidiarität kann nicht rückwirkend aufgehoben werden. Bis zum 1.3.2014 waren Verwaltungsübertretungen nach dem § 52 Abs 1 Z 1 GSpG jedenfalls subsidiär gegenüber dem Straftatbestand des § 168 StGB. In Bezug auf Tatzeiträume vor dem 1.3.2014 verwirklichte daher ein Täter im Rechtssinn allein den einschlägigen Kriminalstraftatbestand. Der Wegfall der Strafbarkeit des zum Tatzeitpunkt primär heranzuziehenden Kriminalstraftatbestandes (etwa wegen Strafaufhebungsgründen) kann die Anwendbarkeit des subsidiären Tatbestandes nicht neu begründen und lässt damit die Verdrängung des verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestandes bestehen (vgl bereits VwGH 22.3.1999, 98/17/0134 und jüngst mwN VwGH 7.10.2013, 2012/17/0507). Folgerichtig vermag auch die nachträgliche gesetzliche Umkehrung der Subsidiaritätsregel an der in der Vergangenheit bereits eingetretenen Verdrängung des Verwaltungsdeliktes nichts zu ändern.

 

Gemäß § 1 Abs 2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre. Es ist also zur Frage, in welcher Fassung die Strafnorm des § 52 GSpG anzuwenden ist, auf die Gesamtauswirkung der Novelle BGBl I Nr. 13/2014 zu achten. Die Regelung der Subsidiarität in § 52 Abs 3 GSpG darf also nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss im Zusammenhang mit den sonstigen Änderungen des § 52 GSpG durch diese Novelle gesehen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass § 52 Abs 1 GSpG idF BGBl I Nr. 13/2014 eine erhebliche Verschärfung der Strafdrohungen vorsieht: Die Höchststrafe wird von 40.000 Euro auf 60.000 Euro angehoben und es werden (erstmals) Mindeststrafen von bis zu 6.000 Euro eingeführt. § 52 GSpG ist in der aktuellen Fassung daher für den Täter jedenfalls ungünstiger als in der zur Tatzeit geltenden Fassung. Aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (24 der Beilagen XXV. GP) ergibt sich im Übrigen, dass der Gesetzgeber keinesfalls eine "Entkriminalisierung" des Glückspielrechtes anstrebte sondern ganz im Gegenteil eine "wirksame und effektive Vollziehung" der Strafbestimmungen des Glücksspielgesetzes. § 52 GSpG ist daher in seiner Gesamtheit in der zur Tatzeit geltenden Fassung anzuwenden.

 

Hinzu kommt, dass eine allfällige den Tatbestand nach § 168 StGB und nach § 52 GSpG erfüllende strafbare Handlung gemäß §§ 57 ff StGB nach einem Jahr verjährt, wobei spätestens mit der Kontrolle am 26.04.2012 das strafbare Verhalten aufhörte. Wenn aber bereits vor Inkrafttreten von § 52 Abs 3 GSpG in der Fassung BGBl I Nr. 13/2014 eine Verfolgung und Bestrafung eines solchen Glückspiels nach § 168 StGB und/oder nach § 52 GSpG aufgrund Verjährung und der bis 28.2.2014 geregelten Subsidiarität der Verwaltungsübertretung nicht mehr zulässig gewesen wäre, so wäre es aus verfassungsrechtlichen Gründen unzulässig, eine bereits verjährte Tat wieder verfolgbar/strafbar zu machen (vgl Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 1 Rz 17 unter Hinweis auf VfSlg 11.212/1987).

 

IV.4. Ob eine Tat den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt, ist grundsätzlich als Vorfrage selbstständig zu beurteilen, wobei die Behörde bei Vorliegen eines Zweifelfalles die Verfahrensvorschrift des § 30 Abs 2 VStG zu beachten hätte. Eine Aussetzung nach § 30 Abs 2 VStG wäre zwecklos, wenn bereits feststeht, dass keine Strafbarkeit nach § 52 GSpG nachgewiesen werden kann, sodass im Ergebnis ohnedies nur ein Vorgehen gemäß § 45 Abs 1 VStG in Betracht kommt. Dem Einwand der beschwerdeführenden Partei ist somit nicht zu folgen.

 

IV.5. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass jedenfalls bei den Geräten mit den FA-Nrn. 1, 4 und 6 Spiele mit Einzeleinsätzen von über 10 Euro möglich waren. Es ist somit hinsichtlich dieser Gerätschaften unstrittig von einer Strafbarkeit gemäß § 168 StGB auszugehen.

 

Zudem wurden auch bei den Geräten mit den FA-Nrn. 2 und 3 Serienspiele ermöglicht bzw veranlasst, zumal der Banknoteneinzug potentielle Spieler dazu verleitet höhere Beträge einzuspeisen und der fragliche Unterhaltungswert bei den Walzenspielen jedenfalls bei Betätigen der Automatik-Start-Taste zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund tritt, zumal der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchen vom Spielguthaben und Walzenlauf solange nacheinander automatisch abläuft, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird und der Blick der Spieler bei den im Sekundentakt monoton ablaufenden Walzenspielen wohl vorwiegend auf den sich verändernden Stand des Spielguthabens gelenkt wird (vgl auch OGH 6 Ob 118/12i: "Der Unterhaltungswert tritt – insbesondere bei Betätigen der 'Automatiktaste' – zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund."). Mittels bloß einmaliger Betätigung der Automatik-Start-Taste konnte im Übrigen auch eine Vielzahl von Walzenläufen in Serie bewirkt werden, bei denen (auch bei Einzeleinsätzen von weniger als 10 Euro pro einzelnem "Walzenlauf") insgesamt (bei mehreren "Walzenläufen" zusammengerechnet) mehr als 10 Euro eingesetzt werden konnten. Überdies bestand bei diesen Geräten eine äußerst günstige Einsatz-Gewinn-Relation. Vom OGH (20.04.1983, 11 Os 39/83) wurde bereits ein Verhältnis von 1:60 als günstige Relation zwischen dem maximalen Einzeleinsatz und dem höchstmöglichen Gewinn beurteilt, die die Möglichkeit eines besonderen Anreizes für Serienspiele mit gewinnsüchtiger Absicht indiziert. Gegenständlich bestand aber entsprechend den festgestellten Einsätzen samt den dazu in Aussicht gestellten Höchstgewinnen unter Berücksichtigung der in Aussicht gestellten Supergames, die laut den in der Entscheidung OGH 20.03.2013, 6 Ob 118/12i, wiedergegebenen Feststellungen im Ergebnis 10 Euro wert sind, noch günstigere Relationen von zumindest 1:500 beim Gerät mit der FA-Nr. 2 sowie von zumindest 1:1000 bei dem Gerät mit der FA-Nr. 3. Somit bestand eine günstigere Relation als jene, die der OGH in der Entscheidung 11 Os 39/83 als Indiz für den Anreiz für Serienspiele mit gewinnsüchtiger Absicht wertete. Aus dem Sachverhalt ergibt sich daher, insbesondere unter Berücksichtigung der festgestellten Funktion der Automatik-Start-Taste, jedenfalls die Ermöglichung bzw Veranlassung von Serienspielen. Es liegt somit auch bei den Gerätschaften mit den FA-Nrn. 2 und 3 eine gemäß § 168 StGB strafbare Glücksspielveranstaltung vor.

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich weiters, dass bei dem Wettterminal mit der FA-Nr. 5 eine außergewöhnlich günstige, zu Serienspielen verleitende Relation zwischen Einsatz und möglichem Gewinn in Höhe eines Vielfachen entsprechend den jeweils gebotenen Quoten (bis zu 1:50,6 entsprechend den ausgedruckten Wettscheinen sowie bis zu 1:993 entsprechend den durch die finanzpolizeilichen Probespiele dokumentierten Gewinnquoten) besteht (vgl dazu OGH 20.04.1983, 11 Os 39/83, wo ein Verhältnis von 1:60 als sehr günstig beurteilt wurde). Im Hinblick auf die nur sehr kurze Einzelspieldauer (Wettabläufe) können ähnlich rasch wie auf Glücksspielgeräten mit Walzenspielen zahlreiche Glücksspiele in Form von "Wetten auf aufgezeichnete Rennergebnisse" innerhalb nur sehr kurzer Zeiträume ablaufen. Mit einer klassischen Situation von Wetten auf künftige sportliche Ereignisse hat dies nichts zu tun. Im Ergebnis ist daher auch bei dem Gerät mit der FA-Nr. 5 nicht vom Vorliegen einer Verwaltungsübertretung auszugehen, sondern liegt eine gemäß § 168 StGB strafbare Glücksspielveranstaltung vor.

 

V.  Da – wie bereits unter Punkten IV.2. und IV.3. ausgeführt – gegenständlich eine Bestrafung nach § 52 GSpG nicht in Betracht kommt, wenn die Glücksspiele (auch) den Tatbestand des § 168 StGB erfüllen, wurde das Strafverfahren im Ergebnis zu Recht eingestellt (vgl § 45 Abs 1 Z 1 VStG). Die Beschwerde war somit abzuweisen.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Zeinhofer