LVwG-400036/2/ER/HUE/PP
Linz, 04.06.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Reitter über die Beschwerde der X, x, x, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 14. März 2014, Zl VerkR96-33231-2013, wegen einer Übertretung des Bundestraßen-Mautgesetzes 2002
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 60 Euro zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land (im Folgenden: belangte Behörde) vom 14. März 2014, Zl VerkR96-33231-2013, wurde über die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs 1 BStMG, welche mit Strafverfügung vom 21. Oktober 2013 eingeleitet wurde, eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil sie als Lenkerin des Kfz mit dem behördlichen Kennzeichen X am 6. Juni 2013, 10.32 Uhr, die A1 bei km 172.020 benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliege, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Am Fahrzeug sei keine gültige Mautvignette angebracht gewesen.
Begründend führt die belangte Behörde dazu Folgendes aus:
"Aufgrund einer Lenkerauskunft gem. § 103 Abs. 2 KFG wurde festgestellt, dass Sie das umseits angeführte Fahrzeug, welches auf die Firma X, X, DEUTSCHLAND zugelassen ist, am 06.06.2013 um 10.32 Uhr auf der A1 bei Strkm. 172.020 in der Gemeinde Ansfelden, Mautabschnitt, Richtungsfahrbahn: Staatsgrenze Walserberg gelenkt haben, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, da die Mautvignette nicht ordnungsgemäß angebracht war.
Da der schriftlichen Aufforderung der Asfinag vom 28.06.2013 zur Zahlung der Ersatzmaut gem. § 19 Abs. 4 BStMG 2002 keine Folge geleistet wurde, erstattete die Asfinag nach Ablauf der Frist Anzeige.
Gegen die Strafverfügung der hs. Verwaltungsbehörde vom 21.10.2013 haben Sie Einspruch erhoben, da Sie die Vignette an einer Tankstelle in Österreich erworben hätten und nicht wussten, ob Sie die Vignette am Firmenwagen anbringen dürfen.
Die Lenkereigenschaft wurde Ihrerseits nicht bestritten und erweist sich der Tatbestand aufgrund der vorliegenden Stellungnahme und den Beweisbilder der Asfinag, aus welchen hervorgeht, dass die Vignette am Armaturenbrett lag, als bewiesen.
Rechtliche Grundlage:
[…]
Wie der Behörde im Zuge einer Anzeige mitgeteilt wurde, benützten Sie das Kraftfahrzeug (Personenkraftwagen mit dem Kennzeichen X) am 06.06.2013 um 10.32 Uhr in der Gemeinde Ansfelden auf der A1 (Autobahn-Freiland), bei Strkm. 172.020, Richtung Staatsgrenze Walserberg.
Es handelt sich beim gegenständlichen Personenkraftwagen um ein mehrspuriges Kraftfahrzeug, dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt.
Am Fahrzeug war die Vignette nicht ordnungsgemäß angebracht. Deshalb wurde die zeitabhängige Maut nicht entrichtet. Dies wurde von der Asfinag unter der Zl. 770132013060610325501 angezeigt.
[…]
Sie hätten dafür sorgen müssen, dass für den Zeitraum in dem Sie Ihr Fahrzeug auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt haben, eine gültige, von der Trägerfolie vollständig abgelöste der Fahrzeugkategorie entsprechende Vignette ordnungsgemäß angebracht ist.
Nach Angaben der Asfinag wurden Sie am 28.06.2013 schriftlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert. Dieser Aufforderung wurde jedoch nicht entsprochen.
Unbestritten ist, dass die Anbringung der Mautvignette nicht ordnungsgemäß erfolgte.
Da die vorgeschriebene Maut weder durch ordnungsgemäße Anbringung einer der Fahrzeugkategorie entsprechenden gültigen Vignette vor der Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes, noch im Wege der Zahlung der Ersatzmaut erfolgte, haben Sie den objektiven Tatbestand zweifelsfrei verwirklicht.
Wie bereits ausgeführt, ist die Vignette für mehrspurige Fahrzeuge – nach vollständigem Ablösen von der Trägerfolie – unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist (z.B. kein Ankleben hinter einem dunklen Tönungsstreifen). Bei Nichtbeachtung der Anbringungsvorschriften (zB nicht vollständiges Ablösen von der Trägerfolie oder nicht vollständige Anbringung der Vignette) wird der Tatbestand der Mautprellerei (siehe Punkt 10) verwirklicht.
[…]
Da die Vignette im gegenständlichen Fall am Armaturenbrett abgelegt wurde, ist von (zumindest) fahrlässigem Handeln auszugehen.
Nicht entschuldigend ist die angeführte Rechtsunkenntnis, da – wie bereits ausgeführt – nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch für ausländische Kraftfahrer die Pflicht besteht, sich über die einschlägigen Rechtsvorschriften zu informieren, zudem sich auf der Rückseite der Vignette auch entsprechende Anweisungen bezüglich der korrekten Anbringung befinden.
Der alleinige Erwerb, der Vignette reicht für eine ordnungsgemäße Mautentrichtung nicht aus, da es auf die ordnungsgemäße Anbringung einer gültigen Vignette ankommt.
Aufgrund des vorliegenden Ermittlungsergebnisses erscheint es für die Behörde zweifelsfrei erwiesen, dass Sie im konkreten Fall die Ihnen angelastete Verwaltungsübertretung begangen haben und Ihnen die Tat in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen ist.
Strafbemessung:
[…]
Bezüglich Ihrer Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse geht die Behörde von einem Einkommen in Höhe von € 1.000, keinem Vermögen und keinen Unterhaltspflichten aus.
Strafmildernd wurde Ihre Unbescholtenheit im hs. Verwaltungsbezirk gewertet. Straferschwerende Umstände waren nicht bekannt.
Dass das Benützen einer mautpflichtigen Bundesstraße ohne ordnungsgemäße Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut, einen hohen Unrechtsgehalt aufweist, ist schon aus der Höhe des für diese Verwaltungsübertretung vorgesehenen Strafrahmens (Geldstrafe iHv € 300,00 bis € 3.000,00) ersichtlich.
Unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe, den Unrechtsgehalt der Tat, das Ausmaß des Verschuldens, sowie den gesetzlich vorgesehenen Strafrahmen, ist die verhängte Geldstrafe als angemessen und aus spezialpräventiven Gründen als erforderlich anzusehen, um Sie in Hinkunft von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten.
Es handelt sich bei der verhängten Geldstrafe um die Mindeststrafe, durch die die Behörde auch ihren Lebensunterhalt als nicht gefährdet erachtet.
Die gegen Sie verhängte Strafe erscheint als tat- und schuldangemessen und geeignet, Sie in Hinkunft von gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.
[…]"
I.2. Gegen diesen, am 23. April 2014 zugestellten Bescheid richtet sich die rechtzeitige Beschwerde der Bf vom 24. April 2014, in welcher erschließbar die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verfahrens beantragt und im Wesentlichen von der Bf vorgebracht wird, dass sie sich in der Vergangenheit bereits schriftlich geäußert habe und es richtig sei, dass das gegenständliche Kfz zur Tatzeit in Österreich gewesen sei. Da es sich bei diesem Kfz um ein Firmenfahrzeug gehandelt habe, könne die Bf leider nicht genau mitteilen, wer das Auto "geführt" hätte. Man möge sich deshalb bezüglich des Strafverfahrens an die zuständige Firma wenden.
I.3. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den mit Schreiben vom 9. Mai 2014 unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerde übermittelten Verfahrensakt.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 3 Z 3 VwGVG abgesehen werden, zumal im angefochtenen Bescheid keine
500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat.
Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen.
I.4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem S a c h v e r h a l t aus:
Am 6. Juni 2013, 10.32 Uhr, wurde das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen X auf dem mautpflichtigen Straßennetz, nämlich der A1 auf der Richtungsfahrbahn Staatsgrenze Walserberg bei Straßenkilometer 172.020 von der Bf gelenkt, in dem eine Vignette auf dem Armaturenbrett abgelegt war. Die Vignette war nicht von der Trägerfolie abgelöst worden, das aufgedruckte "X" auf der Trägerfolie ist auf den Beweisfotos deutlich ersichtlich.
Dies ist mit einem automatischen Überwachungssystem festgestellt worden. Die Zulassungsbesitzerin wurde am 28. Juni 2013 schriftlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert. Dieser Aufforderung ist nicht entsprochen worden.
Anlässlich der Lenkererhebung gemäß § 103 Abs. 2 KFG teilte die Zulassungsbesitzerin der belangten Behörde mit, dass das gegenständliche Kfz der Firma X, X, als Dienstfahrzeug überlassen wurde. Diese wiederum benannte anlässlich einer weiteren Lenkererhebung die Bf als Lenkerin zur Tatzeit.
II. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und wird von der Bf im Wesentlichen nicht bestritten.
II.1. Aufgrund einer Lenkererhebung gemäß § 103 Abs. 2 KFG wurde die Bf als Lenkerin des verfahrensgegenständlichen Fahrzeugs genannt.
Die Bf räumt in Stellungnahmen an die belangte Behörde, datiert mit 30.01.2013 (richtig wohl: 30.10.2013) und 10. Dezember 2013, selbst ein, Lenkerin des Kfz zur Tatzeit gewesen zu sein, die Vignette gekauft und diese "sichtbar vorne ins Auto gelegt" zu haben.
In der Beschwerde wurde von der Bf allerdings vorgebracht, dass sie nicht genau mitteilen könne, wer das Kfz zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt "geführt" hätte.
Hinsichtlich der Frage der Lenkereigenschaft der Bf zur Tatzeit ist auf die Inkonsistenz der diesbezüglichen Behauptungen der Bf hinzuweisen: Einerseits wird die Lenkereigenschaft in Stellungnahmen der Bf an die belangte Behörde, datiert mit 30. Jänner und 10. Dezember 2013, bestätigt, zusätzlich noch angegeben, sie selbst habe die Vignette gekauft und im Fahrzeug "abgelegt", andererseits wird in der Beschwerde behauptet, sie könne nicht genau mitteilen, wer das Kfz "geführt" habe.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht es der Lebenserfahrung, dass die bei der ersten Vernehmung (im gegenständlichen Fall: Lenkerauskunft der Arbeitgeberin der Bf – immerhin unter der Strafdrohung des KFG – sowie die Stellungnahmen der Bf im erstbehördlichen Verfahren vom
30. Oktober und 10. Dezember 2013) gemachten Angaben erfahrungsgemäß der Wahrheit am nächsten kommen und genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (siehe VwGH 5.6.1987, Zl 87/18/0022, VwGH 25.6.1999, Zl 99/02/0076, VwGH 19.2.1985, Zl 84/14/0103 und VwGH 16.1.1986, Zl 86/16/0085).
Im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist entscheidend, dass zum Zeitpunkt der Stellungnahmen die Bf die Angaben der Arbeitgeberin hinsichtlich der Lenkereigenschaft der Bf nicht nur bestätigt sondern zusätzlich noch eingeräumt hat, die Vignette gekauft und nicht aufgeklebt sondern im Fahrzeug abgelegt zu haben. Die Bf hat damit nicht nur ihre Lenkereigenschaft bestätigt, sondern sogar über den Vignettenkauf und die Ursache, warum sie die Vignette nicht ordnungsgemäß angebracht hat, Auskünfte erteilt. Diese Aussagen erscheinen schlüssig.
Erst in der Beschwerde vom 24. April 2014 gab die Bf an, nicht genau mitteilen zu könne, wer das KFZ geführt habe, da es sich dabei um ein Firmenfahrzeug handle.
Diese Aussage erscheint im Vergleich zu den Ausführungen vom 30. Oktober und 10. Dezember 2013 wenig glaubwürdig, da die Bf in den Stellungnahmen bereits anführte, mit einem Firmenfahrzeug gefahren zu sein, weshalb sie die Vignette nicht aufgeklebt habe, da sie nicht gewusst habe, ob sie sie am Firmenwagen aufbringen dürfe.
Die Aussagen der Bf in den Stellungnahmen vom 30. Oktober und
10. Dezember 2013 weisen somit iSd oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs gegenüber den Ausführungen in der Beschwerde eine überragende Wahrscheinlichkeit auf und lassen die Ausführungen in der Beschwerde zweifelsfrei weniger wahrscheinlich erscheinen.
Aus diesen Gründen ist den in den Stellungnahmen vom 30. Oktober und
10. Dezember 2013 gegebenen Auskünften zu folgen und es als erwiesen anzunehmen, dass die Bf zur Tatzeit Lenkerin war. Angesichts der Lenkererhebung und der Stellungnahmen der Bf steht für das Oö. Landesverwaltungsgericht daher die Lenkereigenschaft der Bf zum verfahrensgegenständlichen Tatzeitpunkt an Tatort zweifelsfrei fest.
II.2. Im Verwaltungsakt befindet sich eine Stellungnahme der ASFINAG vom
12. November 2013, mit welcher zwei Beweisfotos übermittelt wurden. Auf diesen ASFINAG-Fotos ist deutlich erkennbar, dass eine Vignette auf dem linken Bereich des Armaturenbretts des Kfz abgelegt ist, welche sich noch auf der Trägerfolie befindet; das aufgedruckte "X" auf der Trägerfolie ist eindeutig ersichtlich.
III. Gemäß § 10 Abs. 1 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG) unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut.
Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette zu entrichten.
Punkt 7.1 der Mautordnung besagt u.a., dass auf jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige der jeweiligen Fahrzeugkategorie entsprechende Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) anzubringen ist. Jede andere Art der Anbringung [z.B. durch (zusätzliche) Klebestreifen, andere Arten von Fixierungen oder ein Überkleben der Vignette mit einer zusätzlichen Schutzfolie] ist nicht gestattet, verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung und verwirklicht den Tatbestand der Mautprellerei.
Die Vignette für mehrspurige Fahrzeuge ist – nach vollständigem Ablösen von der Trägerfolie – unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist (z.B. kein Ankleben hinter einem dunklen Tönungsstreifen). Bei Nichtbeachtung der Anbringungsvorschriften (z.B. nicht vollständiges Ablösen von der Trägerfolie oder nicht vollständige Anbringung der Vignette) wird der Tatbestand der Mautprellerei verwirklicht. Das Ablösen und Umkleben einer bereits geklebten gültigen Vignette, jede andere als in der Mautordnung zugelassene Mehrfachverwendung der Vignette oder eine chemische oder auch technische Manipulation des originären Vignettenklebers derart, dass bei Ablösen der Vignette deren Selbstzerstörungseffekt verhindert wird, ist unzulässig und verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung.
Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.
§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).
Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 zu keiner Betretung, so ist die ASFINAG ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).
Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht
(Abs. 6).
IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:
IV.1. Das Ermittlungsergebnis beweist, dass eine gültige Vignette zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt nicht von der Trägerfolie abgelöst und mit dem originären Vignettenkleber auf die Windschutzscheibe aufgeklebt, sondern – entgegen den Anbringungsvorschriften von Punkt 7.1 der Mautordnung – auf dem Armaturenbrett abgelegt war. Dies wird nicht nur durch die vorliegenden Beweisfotos der ASFINAG eindeutig belegt sondern von der Bf in ihrer Stellungnahme an die belangte Behörde vom 10. Dezember 2013 auch ausdrücklich eingeräumt (vgl. die Argumentation "…sichtbar vorne ins Auto gelegt").
Der schriftlichen Aufforderung vom 28. Juni 2013 zur Zahlung der Ersatzmaut wurde – unbestritten – nicht entsprochen.
Die Bf hat somit das ihr vorgeworfene Delikt in objektiver Hinsicht verwirklicht.
IV.2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
§ 5 Abs. 1 S 2 VStG ordnet der Sache nach an, dass bei fahrlässigen Ungehorsamsdelikten der Verstoß gegen den entsprechenden verwaltungsstrafrechtlichen Rechtsbefehl grundsätzlich Fahrlässigkeit indiziert; der Täter muss diesfalls glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift „kein Verschulden trifft“ (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni,
VStG § 5 Rz 5).
Bei der Bestimmung des § 20 Abs. 1 BStMG handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG.
Zur Entkräftung der gesetzlichen Vermutung ihres fahrlässigen Handelns hätte die Bf im Sinne der stRsp des Verwaltungsgerichtshofs initiativ alles darzulegen gehabt, was für ihre Entlastung spricht. Mit den Vorbringen, sie habe nicht gewusst, ob sie die Vignette auf den Firmenwagen anbringen dürfe bzw. die Vignette sei ohnehin nur wenige Tage gültig gewesen, ist es der Bf nicht gelungen, iSd § 5 Abs. 1 VStG glaubhaft zu machen, dass sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Da es die Bf verabsäumt hat, vor Befahren einer Mautstrecke eine gültige Vignette ordnungsgemäß auf die Windschutzscheibe aufzukleben, ist von Fahrlässigkeit auszugehen.
Einen relevanten Rechtsirrtum iSd § 5 Abs. 2 VStG hat die Bf nicht geltend gemacht. Vielmehr räumt die Bf selbst ein, die Vignette (auf das Armaturenbrett) abgelegt zu haben.
Da keine Entschuldigungsgründe vorliegen, ist der Bf die Tat auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.
IV.2.2. Die Anwendung der Bestimmung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG (Absehen von der Fortführung des Strafverfahrens/Erteilung einer Ermahnung) setzt voraus, dass die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Identität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Diese Voraussetzungen haben kumulativ vorzulegen. Da jedoch das Verschulden der Bf nicht als gering anzusehen ist, war eine Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG ausgeschlossen.
IV.3. Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis die Unbescholtenheit strafmildernd gewertet und ohnehin die Mindeststrafe festgesetzt wurde. Bei Verhängung der Mindeststrafe sind die konkreten Einkommen-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Bf ohne Belang.
V. Im Ergebnis war der bekämpfte Bescheid deshalb zu bestätigen, da der Bf die Tat sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen und die Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG ausgeschlossen war. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bf zusätzlich zu den vorgeschriebenen Verfahrenskosten (§ 64 VStG) der Erstbehörde gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ein weiterer Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe vorzuschreiben.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der aktuellen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. R e i t t e r