LVwG-600356/2/Sch/Bb/MSt

Linz, 18.07.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Schön über die Beschwerde des x, vom 15. April 2014, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 19. März 2014, GZ S 51185/13-3, betreffend Zurückweisung des Einspruches wegen Verspätung gemäß § 49 Abs. 1 VStG,

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG iVm §§ 61 Abs. 3 AVG und 38 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der in Beschwerde gezogene behördliche Bescheid behoben.

 

II.         Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) vom 19. März 2014, GZ S 51185/13-3, wurde der Einspruch des x (des nunmehrigen Beschwerdeführers) vom 3. März 2014  gegen die Strafverfügung der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 5. Februar 2014, GZ S 51185/13-3, gemäß § 49 Abs. 1 VStG als verspätet zurückgewiesen.

 

Den Bescheid begründend führte die belangte Behörde nach Zitierung der einschlägigen Rechtsnorm aus, dass die gegenständliche Strafverfügung laut Rückschein am 10. Februar 2014 dem Beschwerdeführer persönlich zugestellt worden sei. Die Rechtsmittelfrist von zwei Wochen sei demnach am 24. Februar 2014 abgelaufen. Da der Beschwerdeführer den Einspruch erst am 3. März 2014 per E-Mail eingebracht habe, sei dieser als verspätet zurückzuweisen.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid – zugestellt am 26. März 2014 – erhob der Beschwerdeführer innerhalb offener Frist die als „Einspruch“ bezeichnete Beschwerde vom 15. April 2014.

Begründend wurde ausgeführt, dass in der Rechtsmittelbelehrung der Strafverfügung vom 5. Februar 2014 ausdrücklich eine Einspruchsfrist von vier Wochen nach Zustellung angeführt sei.

 

I.3. Die Landespolizeidirektion Oberösterreich hat die Beschwerde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes mit Vorlageschreiben vom 16. Mai 2014, GZ S 51185/13-3, ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

I.4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet (§ 44 Abs. 3 Z 4 VwGVG) und überdies bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 44 Abs. 1 Z 2 VwGVG). Im Übrigen wurde eine Verhandlung nicht beantragt und es ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt gänzlich aus der Aktenlage.

 

I.4.1. Folgender Sachverhalt steht fest und wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Der Beschwerdeführer wurde mit Strafverfügung der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 5. Februar 2014, GZ S 51185/13-3, wegen der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 52 lit. a Z 10a StVO schuldig erkannt und über ihn gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe in Höhe von 70 Euro, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 36 Stunden, verhängt.

 

Diese Strafverfügung enthält folgende Rechtsmittelbelehrung (auszugsweise Wiedergabe):

Sie haben das Recht gegen diesen Bescheid Beschwerde zu erheben. [...]

Die Beschwerde ist innerhalb von vier Wochen nach deren Zustellung schriftlich bei uns einzubringen. [...]“

 

Nach dem aktenkundigen Zustellnachweis (RSa-Rückschein) wurde die Strafverfügung dem Beschwerdeführer am 10. Februar 2014 zu eigenen Handen zugestellt. Dagegen erhob er mit Schriftsatz vom 3. März 2014  - und damit innerhalb der von der belangten Behörde festgesetzten Rechtsmittelfrist von vier Wochen nach Zustellung - per E-Mail begründet Einspruch.

 

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 19. März 2014, GZ S 51185/13-3, wurde der erhobene Einspruch vom 3. März 2014 als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

 

 

I.5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht hierüber erwogen:

 

I.5.1. Gemäß § 49 Abs. 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

 

Gemäß § 33 Abs. 4 AVG, der aufgrund § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung findet, können durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nicht geändert werden.

Nach § 61 Abs. 3 AVG (iVm § 24 VStG) gilt, sofern in einem Bescheid eine längere als die gesetzliche Frist angegeben ist, ein innerhalb der angegebenen Frist eingebrachtes Rechtsmittel als rechtzeitig.

 

I.5.2. Gesetzliche Fristen sind im Allgemeinen unabänderlich und können von der Behörde - auch auf Antrag der Partei - nicht erstreckt werden. Eine Ausnahmebestimmung hievon stellt § 61 Abs. 3 AVG dar. Demnach wird, wenn in einer Rechtsmittelbelehrung nicht die von Gesetzes wegen vorgesehene, sondern eine längere Rechtsmittelfrist angegeben ist, der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Gesetzes im Interesse der Partei durchbrochen, was bedeutet, dass das Rechtsmittel innerhalb der angegebenen längeren Frist eingebracht werden kann. Nach verwaltungsgerichtlicher Judikatur kommt darin (im Falle einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung durch die Behörde) der Grundsatz von Treu und Glauben zum Ausdruck (vgl. z. B. VwGH 27. September 2001, 2001/20/0435; 27. November 2012, 2012/10/0134).

 

Für den gegenständlichen Fall ergibt sich daraus, dass die von der belangten Behörde - wenn auch entgegen § 33 Abs. 4 AVG - in der Rechtsmittelbelehrung der Strafverfügung vom 5. Februar 2014 zum Ausdruck gebrachte Rechtsmittelfrist von vier Wochen ab Zustellung rechtlich beachtlich ist und der am 3. März 2014 eingebrachte Einspruch des Beschwerdeführers als rechtzeitig erhoben gilt.

 

Es war daher der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Zurückweisungsbescheid aufzuheben.

 

 

Zu II.:

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

S c h ö n