LVwG-650146/6/Kof/CG

Linz, 07.07.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Josef Kofler über die Beschwerde des Herrn x, geb. x,
x gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 07. Mai 2014, VerkR21-187-2013, wegen Entziehung der Lenkberechtigung nach der am 03. Juli 2014 durchgeführten mündlichen Verhandlung einschließlich Verkündung des Erkenntnisses,

 

zu Recht e r k a n n t :

 

 

I.             

Gemäß § 28 Abs.1 VwGVG wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung sowie die Zeit
für welche keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf bis einschließlich 10. März 2015 herab- bzw. festgesetzt wird.

 

 

II.          

Betreffend die Verpflichtung zur Beibringung eines von der
Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft Eferding erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 FSG sowie einer verkehrspsychologischen Stellungnahme ist der behördliche Bescheid
– mangels Anfechtung – in Rechtskraft erwachsen.

 

 

III.        

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem/den nunmehrigen Beschwerdeführer (Bf) gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG

· die Lenkberechtigung für die Klassen AM und B sowie eine allfällig bestehende ausländische Lenkberechtigung für die Dauer von 18 Monaten – gerechnet
ab Zustellung des erstinstanzlichen Mandatsbescheides (= 24. Februar 2014) entzogen und  ausgesprochen, dass für die Dauer von 24 Monaten – gerechnet
ab 24. Februar 2014 – keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf,

·                    verpflichtet, bis zum Ablauf der Entziehungsdauer ein von der Amtsärztin der belangten Behörde erstelltes Gutachten über die gesundheitliche Eignung und eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen  und

·                    verpflichtet, den Führerschein und den Mopedausweis unverzüglich

bei der belangten Behörde abzuliefern.

Einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 13 Abs.2 VwGVG

die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bf innerhalb offener Frist die begründete Beschwerde vom 13. Mai 2014 erhoben.

 

Hierüber das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter (Art. 135 Abs.1 1.Satz B-VG) erwogen:

 

Am 03. Juli 2014 wurde beim LVwG OÖ. eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an welcher der Bf teilgenommen und folgende Stellungnahme abgegeben hat:

„Die Beschwerde richtet sich nur gegen die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung, nicht jedoch gegen die Beibringung eines von der Amtsärztin erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung sowie gegen die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme.“

 

Die im behördlichen Bescheid enthaltenen Verpflichtungen

·                    Beibringung eines von der Amtsärztin der belangten Behörde erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen sowie

·           Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme

sind daher – mangels Anfechtung – in Rechtskraft erwachsen.

 

Betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung sowie Festsetzung

der Entziehungsdauer ist auszuführen:

Mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 22. Oktober 2013, 33 Hv 75/13w wurde über den Bf wegen des Verbrechens der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung nach den §§ 15 Abs.1, 87 Abs.1 StGB eine unbedingte Freiheitsstrafe von 12 Monaten verhängt.

 

 

 

Grund für diese Verurteilung war, dass der Bf gemeinsam mit Herrn T.E.

am 10. September 2013 in Linz Herrn A.G. mit Gewalt zu einer Handlung, nämlich zur Übergabe von Bargeld und Wertgegenständen zur Begleichung von Schulden genötigt und zwar durch Faustschläge und Fußtritte auf den Oberkörper und den Kopf des am Boden teils liegenden teils sitzenden A.G. und anschließenden Entreißen einer Zigarettenpackung samt Bargeld in Höhe von 130,00 Euro sowie eines Mobiltelefons im Wert von ca. 30,00 Euro und durch die dargestellte Tathandlung versucht, eine schwere Körperverletzung absichtlich zuzufügen, wobei Herr A.G. in Form einer Rissquetschwunde im Bereich der inneren Oberlippe sowie Abschürfungen im Bereich des Rückens verletzt wurde.

 

Beim Bf war zu werten:

·      mildernd das teilweise Geständnis und die Tatsache,

 dass es teilweise beim Versuch geblieben ist,

·      erschwerend hingegen fünf einschlägige Vorverurteilungen und

 das Zusammentreffen von einem Vergehen und einem Verbrechen

 

Das Oberlandesgericht Linz hat mit Urteil vom 22. Jänner 2014, 9 Bs 8/14m,

der dagegen erhobenen Berufung nicht Folge gegeben.

 

Das oa. Urteil des Landesgerichtes Linz ist somit in Rechtskraft erwachsen.

 

Der LVwG OÖ. ist an dieses rechtskräftige Gerichtsurteil gebunden;

VwGH v. 06.04.2006, 2005/11/0214; v. 06.07.2004, 2002/11/0163; v. 20.2.2001, 98/11/0317; vom 14.11.1995, 95/11/0215; vom 27.06.1995, 95/11/0004;

vgl. auch vom 24.01.2008, 2007/03/0247; vom 27.01.2010, 2009/03/0082 und          

vom 28.11.2013, 2013/03/0070 sowie OGH vom 17.10.1995, 1 Ob 612/95 – VS

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrs-zuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs.3 leg.cit. angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

 

 

 

Gemäß § 30 Abs.2 FSG ist dem Besitzer einer – allfällig bestehenden (VwGH vom  17.03.2005, 2005/11/0057 und vom 20.03.2012, 2012/11/0014) – ausländischen Nicht-EWR-Lenkberechtigung oder eines ausländischen EWR-Führerscheines
(§ 1 Abs.4 FSG) welcher einen Wohnsitz (§ 5 Abs.1 Z.1 FSG) in Österreich hat,
die Lenkberechtigung unter Anwendung der §§ 24 bis 29 FSG zu entziehen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie aufgrund ihrer Sinnesart beim Lenken von KFZ die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z9 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 leg.cit zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß § 87 StGB begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema;

Erkenntnisse v. 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;

vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur ua.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern;

VfGH v. 14.3.2003, G203/02; v. 11.10.2003, B1031/02; v. 26.2.1999, B 544/97

VwGH vom 18.03.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108;

vom 23.04.2002, 2000/11/0184; vom 22.02.2000, 99/11/0341 uva.

 

Von Kraftfahrzeuglenkern muss wegen der im Straßenverkehr häufig auftretenden Konfliktsituationen eine nicht zu Gewalttätigkeiten neigende Sinnesart verlangt werden; VwGH vom 23.04.2002, 2001/11/0346

 

Im Urteil des Landesgerichtes Linz ist auf Seite 7 unter anderem ausgeführt:

„T.E. und der Bf traten beinahe zeitgleich wiederholt (non-stop) und äußerst brutal und heftig mit ihren Füßen gegen Oberkörper (Rippenbereich), Rücken und Kopf des A.G. ein.

 

Das Oberlandesgericht führt im Urteil (Seite 5) aus:

Die Gewährung bedingter oder teilbedingter Strafnachsicht kommt mit Blick auf die einschlägigen Vorstrafen des Bf und die brutale Vorgangsweise aus spezialpräventiven Erwägungen nicht in Betracht.“

 

Diesen Ausführungen ist zu entnehmen, dass beim Bf die Neigung besteht, Konflikte durch Gewalt auszutragen.

 

Gemäß dem bereits zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.04.2002, 2001/11/0346 ist in einem derartigen Fall die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit mit 18 Monaten festzusetzen.

 

Die jahrzehntelange Rechtsprechung des VwGH, wonach Haftzeiten

in die Entziehungsdauer nicht einzurechnen sind, ist mittlerweile überholt.

In den letzten Jahren hat der VwGH wiederholt im Ergebnis ausgesprochen,

dass Haftzeiten in die Entziehungsdauer miteinzubeziehen sind;

Erkenntnisse vom 29.4.2003, 2002/11/0161; vom 21.2.2006, 2003/11/0025;

vom 21.2.2006, 2004/11/0129; vom 21.11.2006, 2005/11/0168;

vom 21.3.2006, 2005/11/0196;  vom 18.12.2006, 2006/11/0076.

 

Die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit ist ab der Tathandlung zu bemessen;

VwGH vom 17.10.2006, 2006/11/0120;  vom 21.03.2006, 2005/11/0196; vom 22.02.2007, 2005/11/0190; vom 21.11.2006, 2005/11/0168; vom 21.03.2006, 2005/11/0153; vom 27.03.2007, 2005/11/0115; vom 18.12.2007, 2007/11/0194.

 

Die Tatzeit war am 10. September 2013.

 

Es war daher die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit und damit der Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen AM und B sowie einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung sowie die Zeit, für welche keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf,

bis einschließlich 10. März 2015 herab- bzw. festzusetzen.

 

Die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheines und des Mopedausweises ist in der im erstinstanzlichen Mandatsbescheid zitierten Rechtsgrundlage
(§ 29 Abs.3 FSG) begründet.

 

Die Behörde kann iSd § 13 Abs.2 VwGVG – vormals § 64 Abs.2 AVG – die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird; 

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage,

E24 zu § 64 AVG (Seite 1222f) zitierten zahlreichen VwGH Entscheidungen

 

 

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.

Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim VfGH und/oder einer außerordentlichen Revision beim VwGH.

Eine Beschwerde an den VfGH ist unmittelbar bei diesem einzubringen,

eine Revision an den VwGH beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision
müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen.  Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Richter Mag. Josef Kofler