LVwG-700004/13/ER/Ga
Linz, 14.05.2014
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Reitter über die Beschwerde des X, geboren am X, StA von Pakistan, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 10. Dezember 2013, GZ: Sich96-1062-2013, wegen einer Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12. Mai 2014 zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG iVm § 120 Abs 1a des Fremdenpolizeigesetzes 2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 50/2012, (Spruchpunkt 1) wird der Beschwerde insoweit stattgegeben, als die Strafhöhe mit 250 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 33 Stunden) festgesetzt wird. Ansonsten wird die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt 1 abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
II. Gemäß § 50 VwGVG iVm § 121 Abs 2 Z 3 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 50/2012, (Spruchpunkt 2) wird der Beschwerde stattgegeben, das Straferkenntnis hinsichtlich Spruchpunkt 2 aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.
III. Gemäß § 52 Abs 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten. Der Beschwerdeführer hat 25 Euro (10% der Geldstrafe) als Beitrag zu den Kosten des behördlichen Strafverfahrens zu leisten.
IV. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (im Folgenden: belangte Behörde) vom 10. Dezember 2013, GZ: Sich96-1062-2013, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) gemäß § 120 Abs. 1a des Fremdenpolizeigesetzes (FPG) eine Geldstrafe in der Höhe von 500,-- Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden verhängt. Gemäß § 121 Abs 3 Z 2 FPG wurde der Bf ermahnt
Begründend führt die belangte Behörde dazu Folgendes aus:
„Gemäß § 120 Abs. 1a FPG begeht, wer als Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2 500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 2 500 Euro bis zu 7 500 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.
Gemäß § 120 Abs 7 liegt eine Verwaltungsübertretung nach Abs. 1 nicht vor, wenn der Fremde einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und ihm der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Während des Asylverfahrens ist das Verwaltungsstrafverfahren unterbrochen.
Gem. § 121 Abs. 3 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 begeht, wer sein Reisedokument nicht mit sich führt oder gemäß § 32 Abs. 2 verwahrt eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 50 Euro bis zu 250 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu einer Woche zu bestrafen.
Gemäß § 21 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Gem. § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.
Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:
Anlässlich einer Fremdenkontrolle am angeführten Tatort zur angeführten Tatzeit, wurde festgestellt, dass Sie sich im Bundesgebiet von Österreich nicht rechtmäßig aufhalten, da Sie keine der in § 31 Abs. 1 FPG aufgelisteten Vorraussetzungen für den rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet von Österreich erfüllen.
Ihr in Österreich angestrengtes Asylverfahren wurde mit Erkenntnis des AGH in II. Instanz rechtskräftig negativ finalisiert. Gegen Sie besteht eine rechtskräftige Ausweisungsentscheidung nach § 10 AsylG.
Sie verfügten weiters als pass- und sichtvermerkspflichtige Fremde in Österreich zum Tatzeitpunkt über keinerlei Reisedokumente respektive über keinen Sichtvermerk für Österreich oder einen Aufenthaltstitel nach dem NAG oder eine der weiteren im § 31 Abs. 1 FPG aufgelisteten Voraussetzungen für den Rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet von Österreich.
Mit Schreiben vom 16.10.2013 wurden Sie aufgefordert zu den im Spruch genannten Übertretungen Stellung zu nehmen.
Mit von Ihnen persönlich am 30.10.2013 abgegebenen Schreiben datiert mit 30.10.2013 äußerten Sie sich im Wesentlichen wie folgt:
Es sei richtig dass Ihr Asylverfahren abweisend abgeschlossen und Ihr Aufenthaltsrecht nach dem AsylG daher beendet sei. Sie seien jedoch nicht freiwillig unrechtmäßig in
Österreich. Es sei Ihnen rechtlich und praktisch unmöglich aus dem Bundesgebiet auszureisen. Sie würden über kein Reisedokument verfügen, die BH habe kein Heimreisezertifikat für Sie und es sei Ihnen daher eine Rückkehr in Ihr Heimatland unmöglich. Es könne Ihnen daher betr. der ggst. Übertretung kein Verschulden, nicht einmal Fahrlässigkeit vorgeworfen werden. Sie hätten allen Aufforderungen der Behörde stets Folge geleistet und auch vergeblich versucht ein Identitätsdokument zu beschaffen. Ihrem Vater sei es gelungen eine Identitätsbestätigung zu beschaffen, welche Sie auch vorlegen würden. Zur Bestrafung gem. §121 Abs. 3 Z 2 FPG sei anzuführen, dass Sie daran ebenso kein Verschulden träfe. Ihre Karte nach § 51 AsylG sei Ihnen von der Polizei entzogen worden. Auch sei nicht nachvollziehbar, dass man Ihnen die Karte zuerst entzöge und Sie dann bestrafen würde, weil Sie diese nicht haben würden.
Zur Strafhöhe würden Sie ausführen, dass Sie vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen seien und über Grundversorgung von €165,- monatlich verfügen würden. Eine Bestrafung würde daher jedenfalls auf den Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe hinauslaufen, was eine unverhältnismäßige Bestrafung darstellen würde. Sie würden darüber hinaus Strafmilderung gem. § 20 VStG anregen, da die Milderungsgründe etwaigen Erschwerungsgründen erheblich überwiegen würden. Sie würden daher die Einstellung des Verfahrens beantragen. Zustellbevollmächtigten könnten Sie keinen namhaft machen, da Ihnen eine solche Vertrauensperson nicht bekannt sei. Sie würden über eine polizeiliche Meldeadresse und damit Abgabestelle im Inland verfügen.
Die Behörde hat erwogen:
Sie haben sich zum Tatzeitpunkt unrechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich aufgehalten. Ihr in Österreich angestrengtes Asylverfahren wurde in II. Instanz mit Erkenntnis des AGH rechtskräftig negativ abgeschlossen. Für Sie besteht eine rechtskräftige Ausweisungsentscheidung nach dem AsylG. Für Sie bestand zum Tatzeitpunkt am Tatort auch keine der anderen in § 31 FPG aufgelisteten Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet. Sie verfügten weiters zum Tatzeitpunkt am Tatort über keinerlei Reise- oder Identitätsdokument welche einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet belegen könnte.
Zu Ihrer Stellungnahme bleibt anzuführen, dass es Ihnen sehr wohl möglich ist, sich betreffend einer freiwilligen Rückkehr an die Botschaft Ihres Herkunftsstaates zu wenden. Diese Verfahren werden von der pakistanischen Botschaft - gegensätzlich zur zwangsweisen Außerlandesbringung durch die österreichischen Behörden - in der Regel rasch und Problemlos abgewickelt. Eine legale Ausreise in Ihren Herkunftsstaat wäre Ihnen sodann in Kürze möglich. Dass Sie sich an diesbezüglich an die Botschaft gewandt hätten haben Sie bisher in keiner Form belegt. Auch führten Sie an, über einen Identitätsnachweis zu verfügen. Diesen haben Sie jedoch bis dato weder der Fremdenpolizeibehörde noch dem Bundesasylamt vorgelegt. Ihre Mitwirkung am Verfahren ist somit nicht vollständig gegeben.
Zum Spruchpunkt 2 des ggst. Straferkenntnisses wird angeführt, dass Sie nicht wegen des nicht Mitführens eines Verfahrensdokumentes nach dem AsylG (Aufenthaltsberechtigungskarte) bestraft werden, sondern wegen des nicht Mitführens eines gültigen Reisedokumentes. Eine Karte nach dem AsylG stellt kein derartiges Reisedokument dar. Diese Karte dokumentierte lediglich Ihr temporär befristetes Aufenthaltsrecht nach dem AsylG. Ihnen stand diese Karte nach Abschluss des Asylverfahrens nicht mehr zu. Die Abnahme dieser Karte nach Finalisierung des Asylverfahrens war daher gesetzeskonform.
Zur Strafhöhe in Spruchpunkt 1 wird ausgeführt, dass diese im unteren Bereich des Strafrahmens (Mindeststrafe) angesiedelt ist. Vom außerordentlichen Milderungsrecht gem. § 20 VStG 2001 konnte kein Gebrauch gemacht werden. Die Strafbemessung entspricht dem Tatbild sowie der zur Last gelegten Schuld.
Zur Ermahnung in Spruchpunkt 2 befindet die erkennende Behörde, dass in diesem Spruchpunkt mit einer bescheidmäßigen Ermahnung das Auslangen gefunden werden kann. Gleichzeitig wird aber darauf hingewiesen, dass bei erneuter Betretung keineswegs mehr mit einer milden Bestrafung gerechnet werden kann.
Zu Ihren Ausführungen Ihre Vermögenssituation betreffen bleibt auszuführen, dass es Ihnen freisteht, nach rechtskräftiger Finalisierung des ggst. Verwaltungsstrafverfahrens gesondert mit einem Ersuchen um Teilzahlung an die BH Vöcklabruck heranzutreten.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.“
2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, rechtzeitig eingebrachte Beschwerde (Berufung) vom 17. Dezember 2013, in welcher der Antrag gestellt wird, das Straferkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ersatzlos aufzuheben, in eventu die Strafe angemessen herabzusetzen.
Die Beschwerde wird wie folgt begründet:
„Ich halte mich nicht freiwillig unrechtmäßig in Österreich auf. Vielmehr ist es mir rechtlich und praktisch unmöglich, aus dem Bundesgebiet auszureisen. Ich verfüge nicht über ein Reisedokument und offenbar liegt auch der Bezirkshauptmannschaft kein Heimreisezertifikat für mich vor. Eine Rückkehr in mein Heimatland ist mir daher nicht möglich. Es ist mir im Hinblick auf mein aufgrund meines neuerlichen Asylantrags vom 30.10.2013 anhängigen Asylverfahrens auch nicht möglich, mich zur Erlangung eines Reisedokuments an die pakistanische Botschaft zu wenden, zumal dies eine Unterschutzstellung bei den Behörden des Heimatlandes darstellen würde. Ich habe allfälligen Aufforderungen der Behörden Folge geleistet und auch vergeblich versucht, ein Identitätsdokument beizuschaffen. Meinem Vater ist es gelungen, eine Bestätigung über meine Identität zu beschaffen, die ich dem Bundesasylamt in meinem anhängigen Asylverfahren vorgelegt habe, in der Annahme, dass diese der Fremdenpolizei weitergeleitet wird. Ich beantrage die Einholung der Bestätigung durch die Fremdenpolizei, sofern dies noch nicht geschehen ist. Daher kann mir bezüglich der vorgeworfenen Übertretung des § 120 Abs 1a FPG kein Verschulden, nicht einmal Fahrlässigkeit, vorgeworfen werden.
Ohne subjektive Vorwerfbarkeit kommt eine Bestrafung nicht in Betracht. Allenfalls ist mir aufgrund der Unmöglichkeit der Abschiebung und Ausreise von Amts wegen eine Duldungskarte auszustellen.
Zur Strafhöhe ist in eventu für den Fall, dass meinen Ausführungen zur Nichtstrafbarkeit nicht gefolgt wird, auszuführen, dass ich als Asylwerber vom Arbeitsmarkt völlig ausgeschlossen bin und, abgesehen der Grundversorgung in Höhe von € 165,— monatlich, über keinerlei Einkommen oder Vermögen verfüge. Eine Bestrafung würde daher jedenfalls auf den Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe hinauslaufen, was eine unverhältnismäßige Bestrafung darstellen würde. Anders als die Behörde offenbar vermeint und mich deswegen hinsichtlich meiner Vermögenssituation lediglich auf die Möglichkeit einer Teilzahlung verweist, ist bei der Strafbemessung die Einkommens- und Vermögenssituation gern § 19 Abs 2 bei Geldstrafen sehr wohl zu berücksichtigen.
Ich habe bereits in meiner Stellungnahme die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung gern § 20 VStG angeregt. Dies wird von der Behörde jedoch abgelehnt, ohne eine erkennbare einzelfallbezogene Abwägung vorzunehmen oder überhaupt Milderungs- und Erschwerungsgründe zu erwägen.
Ich verweise zu den Milderungsgründen auf meine Mitwirkung im Verfahren, auf meine fremdenpolizeiliche Unbescholtenheit, auf mein geringes Lebensalter (junger Erwachsener) sowie mein geringes Verschulden. Erschwerungsgründe liegen keine vor und werden von der Behörde auch nicht behauptet.“
3. Mit Schreiben vom 23. Dezember 2013, eingelangt am 8. Jänner 2014, legte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nahm Einsicht in den Verwaltungsakt der belangten Behörde. Zusätzlich wurde am 12. Mai 2014 eine öffentliche Verhandlung durchgeführt.
4.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung zunächst von dem unter den Punkten I 1. und I. 2. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus.
4.2. Nach der öffentlichen Verhandlung steht fest, dass der Bf seit rund drei Jahren im Bundesgebiet lebt, wobei dieser Aufenthalt zunächst durch die durchgeführten Asylverfahren von 17. November 2011 bis 13. April 2013 und von 30. Oktober 2013 bis 15. April 2014 zwar unsicher aber rechtmäßig war. Der Bf hat in Österreich keine Familienangehörigen. Er war beruflich nie tätig, erwarb sich entsprechende Deutschkenntnisse sowie einen der Dauer des Aufenthalts angemessenen Bekannten- und Freundeskreis. In Vereinen war er nie engagiert. Zudem liegt gegen ihn eine strafgerichtliche Verurteilung vor.
Von Seiten der Behörde wurde mit Schreiben vom 7. August 2012 um Ausstellung eines Heimreisezertifikats ersucht. Aufgrund dessen wurde der Bf von der Pakistanischen Botschaft mit Schreiben vom 4. Dezember 2013 als X identifiziert.
Der Bf ist ohne Dokumente nach Österreich eingereist, ein früher vorhandener Personalausweis ist auf seiner Flucht aus Pakistan verloren gegangen. Der Bf besitzt kein Reisedokument und hat während seines Aufenthalts in Österreich nie versucht, ein Reisedokument zu erhalten.
Der Bf ist im Besitz einer mit 22. Mai 2013 datierten eidesstattlichen Erklärung, die ihn als Sohn des X, einem Staatsbürger von Pakistan, identifiziert. Dieser eidesstattlichen Erklärung ist eine Kopie des Personalausweises des Vaters des Bf beigefügt. Diese Erklärung hat der Bf über seinen mittlerweile verstorbenen Vater erhalten, der diese bei pakistanischen Behörden eingeholt hat.
II.
1. Im Hinblick auf die Beweiswürdigung ist anzuführen, dass die vom Bf in der öffentlichen Verhandlung zu seinen Privat- und Familienverhältnissen geäußerten Umstände (wie oben geschildert) durchwegs glaubwürdig erschienen.
2. Dass der Bf nie versucht hat, bei der pakistanischen Botschaft ein Reisedokument zu erhalten, erklärt er einerseits in seiner Beschwerde schlüssig damit, dass dies während der laufenden Asylverfahren eine Unterschutzstellung bei den Behörden des Heimatlandes bedeutet hätte. Dass der Bf zwischen den Asylverfahren bzw seit Abschluss des zweiten Asylverfahrens kein Reisedokument beantragt hat, erklärt er damit, dass er über seinen Vater eine eidesstattliche Erklärung betreffend seine Staatsbürgerschaft beantragt und erhalten habe.
3. Die eidesstattliche Erklärung wurde auf Antrag des Bf vom Oö. Landesverwaltungsgericht von der Fremdenbehörde eingeholt. Im Zuge dessen wurde das Oö. Landesverwaltungsgericht über das beantragte Heimreisezertifikat und die Identifikation des Bf als X durch die pakistanische Botschaft informiert. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung bestätigte der Bf diese Identifikation, wobei er aus Eigenem angab, X zu sein und über das beantragte Heimreisezertifikat Bescheid zu wissen.
4. Auf telefonische Rückfrage beim Bundesverwaltungsgericht vom 30. April 2014 wurde dem Oö. Landesverwaltungsgericht mitgeteilt, dass die Beschwerde gegen die Zurückweisung des mit 30. Oktober 2013 gestellten zweiten Asylantrags des Bf wegen entschiedener Sache ebenfalls aus dem Grund des § 68 Abs 1 AVG zurückgewiesen wurde. Dieses Erkenntnis wurde dem Bf am 15. April 2014 durch Hinterlegung zugestellt.
5. Hinsichtlich seiner Deutschkenntnisse gab der Bf im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung an, Deutschkurse bis zum Niveau „B“ absolviert zu haben. In der Verhandlung konnte sich das Oö. Landesverwaltungsgericht davon überzeugen, dass der Bf über Grundkenntnisse der deutschen Sprache verfügt, der anwesende Dolmetscher allerdings für die Befragung unverzichtbar war. Auch die Rechtsberatung des Bf teilte per E-Mail vom 30. April 2014 (ON 6) mit, dass der Bf der deutschen Sprache kaum mächtig sei, weshalb um die Beiziehung eines Dolmetschers ersucht wurde.
III.
1.1. Gemäß § 125 Abs 21 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 68/2013, läuft, sofern eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz, gegen die eine Berufung zulässig ist, vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen worden ist, die Berufungsfrist mit Ablauf des 31. Dezember 2013 noch und wurde gegen diese Entscheidung nicht bereits bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 Berufung erhoben, so kann gegen diese vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 15. Jänner 2014 Beschwerde beim jeweils zuständigen Landesverwaltungsgericht erhoben werden. Das Landesverwaltungsgericht hat in diesen Fällen dieses Bundesgesetz in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 anzuwenden. Eine gegen eine solche Entscheidung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Berufung gilt als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG.
Gemäß Abs 22 leg. cit. sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei einem Unabhängigen Verwaltungssenat der Länder anhängigen Berufungsverfahren und Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nach diesem Bundesgesetz ab 1. Jänner 2014 vom jeweils zuständigen Landesverwaltungsgericht nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 zu Ende zu führen.
1.2. Es ist sohin gemäß § 125 Abs 22 FPG zur Beurteilung des vorliegenden Falles das Fremdenpolizeigesetz in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 50/2012 heranzuziehen.
2. Gemäß § 120 Abs 1a des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2012, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2.500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 2.500 Euro bis zu 7.500 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,
1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;
2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;
3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;
4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;
5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)
6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder
7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.
2.1. Zunächst ist festzuhalten, dass unbestritten ist, dass der Bf im vorgeworfenen Tatzeitraum über keinen Aufenthaltstitel für das österreichische Bundesgebiet verfügte.
Nach der jüngeren Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist im Rahmen der objektiven Tatseite aber auch stets das Privat- und Familienleben eines Beschuldigten zu überprüfen.
2.2. Festzustellen ist, dass der Bf seit rund drei Jahren im Bundesgebiet aufhältig ist, davon rund zwei Jahre legal wegen der von ihm angestrengten Asylverfahren, die restliche Zeit aber ohne jeglichen Aufenthaltstitel. In dieser Zeit ging er keiner Erwerbstätigkeit nach und kann daher nicht als beruflich integriert angesehen werden. Der Bf hat in Europa keine Familienangehörigen, jedoch einen der Aufenthaltsdauer angemessenen Freundes- und Bekanntenkreis. Nach eigenen Angaben hat der Bf Deutschkurse bis zum Niveau „B“ absolviert, die diesbezüglichen Zertifikate habe er der Caritas Rechtsberatung Flüchtlingshilfe übergeben. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte festgestellt werden, dass der Bf über der Dauer des Aufenthalts entsprechende Deutschkenntnisse verfügt, jedoch für die Befragung der anwesende Dolmetscher unverzichtbar war.
Der Bf ist in keinem Verein engagiert.
Mittlerweile hat der Bf auch keine Familienangehörigen mehr im Herkunftsstaat, was er ua als Grund dafür nennt, in Österreich bleiben zu wollen.
Besonders ungünstig in der Interessensabwägung ist seine gerichtliche Verurteilung wegen versuchter Körperverletzung, Sachbeschädigung und Verleumdung zu gewichten, die kein gutes Bild auf die Person des Bf wirft.
Eine den Behörden zuzurechnende überlange Verfahrensdauer kann schon allein aufgrund der relativ kurzen Aufenthaltsdauer des Bf, während der bereits zwei Asylverfahren zum Abschluss gebracht wurden, keinesfalls festgestellt werden.
Zusammengefasst ist daher festzuhalten, dass der Bf nicht das Maß an Integration erreicht hat, das das Vorliegen der objektiven Tatseite ausschließen könnte.
2.3. Die objektive Tatseite des § 120 Abs 1a FPG ist sohin als erfüllt anzusehen.
2.4. Das FPG enthält keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens, weshalb § 5 Abs 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).
2.5. Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung gemäß § 120 Abs 1a FPG stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Beschuldigter initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.
2.6. Der Bf wendet nun ein, dass er seit dem rechtskräftig negativen Abschluss des ersten Asylverfahrens samt Ausweisung vom 13. April 2013 (wie auch schon zuvor) kein Reisedokument seines Heimatstaates besessen habe.
Allerdings hat der Bf durch seinen Vater eine eidesstattliche Erklärung erwirkt, aus der hervorgeht, dass er der Sohn eines pakistanischen Staatsangehörigen ist. Er hat allerdings nicht versucht, damit ein Reisedokument oder einen Identitätsnachweis zu erhalten.
2.7. Bereits mit Schreiben vom 7. August 2012 ersuchte die Fremdenbehörde die pakistanische Botschaft um Ausstellung eines Heimreisezertifikats. Mit Schreiben vom 4. Dezember 2013 wurde der Fremdenbehörde die Identifikation des Bf als X mitgeteilt.
Der Bf hat zwar eine eidesstattliche Erklärung einer pakistanischen Regionalbehörde betreffend seine Staatsangehörigkeit und den Identitätsausweis seines Vaters in Kopie eingeholt. Diese Erklärung hat der Bf – wie er im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung erklärte – etwa zwei Wochen nach dem Ausstellungsdatum (22. Mai 2013) erhalten, er hat dieses aber weder im Verwaltungsstrafverfahren vorgelegt, noch hat er einen Versuch unternommen, damit ein Reisedokument zu erhalten. In seiner Beschwerde gibt der Bf an, das Dokument erst im Asylverfahren, das mit Antrag vom 30. Oktober 2013 eingeleitet wurde, dem Bundesasylamt vorgelegt zu haben. Der Bf hat daher nicht an der Feststellung seiner Identität mitgewirkt. Vielmehr gab der Bf im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung mehrfach an, nicht zu beabsichtigen, in seinen Herkunftsstaat zurück zu kehren, sondern in Österreich bleiben zu wollen.
Aus diesen Aussagen des Bf ist abzuleiten, dass er seinen rechtswidrigen Aufenthalt bewusst nicht beendet hat und auch nichts unternommen hat, um ein Reisedokument zu erhalten. Daraus ist zu schließen, dass das Verschulden keinesfalls als gering anzusehen ist.
2.8. Im Ergebnis bedeutet dies, dass sich der Bf hinsichtlich des Vorliegens der subjektiven Tatseite des § 120 Abs 1a FPG nicht erfolgreich entschuldigen kann, weshalb ihm die Tat subjektiv auch vorgeworfen werden muss.
Die Anwendung der Bestimmung des § 45 Abs 1 Z 4 VStG (Absehen von der Fortführung des Strafverfahrens/Erteilung einer Ermahnung) setzt voraus, dass die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Diese Voraussetzungen haben kumulativ vorzuliegen. Da jedoch das Verschulden des Bf nicht als gering anzusehen ist, war eine Anwendung des § 45 Abs 1 Z 4 VStG ausgeschlossen.
2.9. Zur Strafbemessung ist Folgendes festzuhalten:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Bei der Strafzumessung handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (statt vieler VwGH 28.11.1966, 1846/65) innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl ua VwSlg 8134 A/1971). § 19 Abs 1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafzumessung sind, egal ob sie durch Organmandat, Strafverfügung oder im ordentlichen Verfahren (§§ 40 – 46 VStG) erfolgt.
Darüber hinaus normiert Abs 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer zu berücksichtigender subjektiver Umstände. Neben den explizit Genannten, wie insbes. Verschulden und Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, findet sich hinsichtlich der Erschwerungs- bzw Milderungsgründe ein Verweis auf die §§ 32 bis 35 StGB.
Gemäß § 32 Abs 2 StGB hat das Gericht bei der Bemessung der Strafe die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen können. Nach Abs 3 leg. cit. ist maßgeblich, wie intensiv ein Täter durch seine Handlung Pflichten verletzt hat, wie reiflich er seine Tat überlegt hat, wie sorgfältig er sie vorbereitet oder wie rücksichtslos er sie ausgeführt hat. Besondere Milderungsgründe liegen ua im Fall eines reumütigen Geständnisses, eines bisherigen ordentlichen Lebenswandels bzw bisheriger Unbescholtenheit, achtenswerter Beweggründe, bloßer Unbesonnenheit, einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung, wenn die Tat unter einem Umstand, der einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommt, begangen wurde, oder wenn die Tat nach Vollendung des achtzehnten, jedoch vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres begangen wurde, vor (vgl § 34 StGB).
Über den Bf wurde seitens der belangten Behörde hinsichtlich Spruchpunkt 1 die Mindeststrafe verhängt, wobei sie davon ausgeht, dass von der außerordentlichen Strafmilderung gemäß § 20 VStG kein Gebrauch gemacht werden könne.
Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.
Der Bf war im Zeitpunkt der Tat 19 Jahre alt. Wie oben dargelegt, liegt ein besonderer Milderungsgrund gemäß § 34 Abs 1 StGB darin, wenn die Tat nach Vollendung des achtzehnten, jedoch vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres begangen wurde.
Weiters liegen besondere Milderungsgründe ua im Fall eines reumütigen Geständnisses und bisheriger Unbescholtenheit vor.
Dass der Bf zum Tatzeitpunkt unbescholten war, ergibt sich nicht zuletzt aus der von der belangten Behörde verhängten Mindeststrafe von 500 Euro.
Der Bf hat im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung seinen unrechtmäßigen Aufenthalt eingestanden, wobei er erklärt hat, diesen ua deshalb nicht beendet zu haben, da er keine Verwandten mehr im Herkunftsland habe. Zwar kann aus seinen Aussagen kein reumütiges Geständnis abgeleitet werden, jedoch hat der Bf damit zur Wahrheitsfindung beigetragen.
Erschwerungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
Im Ergebnis überwiegen im gegenständlichen Verfahren demnach die Milderungsgründe beträchtlich. Aus diesem Grund war die Mindeststrafe gemäß § 20 VStG um die Hälfte zu reduzieren.
2.10. Im Ergebnis war somit der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt 1 insofern stattzugeben, als die Strafe um die Hälfte zu reduzieren war. Ansonsten war das Straferkenntnis hinsichtlich Spruchpunkt 1 zu bestätigen und die Beschwerde abzuweisen.
3. Gemäß § 121 Abs 3 Z 2 FPG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 50 Euro bis zu 250 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu einer Woche zu bestrafen, wer sein Reisedokument nicht mit sich führt oder gemäß § 32 Abs 2 verwahrt.
Gemäß § 32 Abs 2 FPG sind Fremde verpflichtet, ihr Reisedokument mit sich zu führen oder in einer solchen Entfernung von ihrem jeweiligen Aufenthaltsort zu verwahren, dass seine Einholung ohne unverhältnismäßige Verzögerung erfolgen kann. Die Verzögerung ist noch verhältnismäßig, wenn
1. das Reisedokument innerhalb des Sprengels der Fremdenpolizeibehörde erster Instanz seines Aufenthaltes verwahrt wird oder
2. die Einholung des Reisepasses voraussichtlich nicht länger als eine Stunde in Anspruch nehmen würde.
3.1. Bei streng grammatikalischer Interpretation beider Bestimmungen wird ersichtlich, dass der Gesetzgeber – anders als von der belangten Behörde angenommen – für die Verwirklichung des Delikts nach § 121 Abs 3 Z 2 FPG zunächst voraussetzt, dass ein Fremder grundsätzlich über sein Reisedokument verfügt, dieses jedoch nicht entsprechend mit sich führt oder verwahrt. Das Possesivpronomen "sein" weist nämlich eindeutig auf den bestehenden Besitz eines Reisedokumentes hin.
Diese Überlegungen werden auch im Grunde durch die Gesetzesmaterialien zu beiden Rechtsnormen gestützt, die keinerlei Hinweis auf Fallkonstellationen wie von der belangten Behörde dargestellt Bezug nehmen.
Das vorgeworfene Verhalten des Bw, der zum Tatzeitpunkt kein Reisedokument zur Vorlage bringen konnte, da er über ein solches nach seinen von der Behörde unwidersprochenen Angaben von ihm selbst nicht verfügte, kann aus den obigen Überlegungen nicht unter den § 121 Abs 3 Z. 2 FPG subsumiert werden, weshalb es schon an der objektiven Tatbestandsmäßigkeit des vorgeworfenen Verhaltens mangelt.
4. Im Ergebnis war das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Tatvorwurfs, eine Übertretung nach § 121 Abs 3 Z 2 FPG begangen zu haben (Spruchpunkt 2), aufzuheben und diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
Hinsichtlich des Tatvorwurfs, eine Übertretung nach § 120 Abs 1a FPG begangen zu haben, war der Beschwerde insofern stattzugeben, als die Strafhöhe aufgrund des beträchtlichen Überwiegens von Milderungsgründen um die Hälfte zu reduzieren war. Ansonsten war das Straferkenntnis zu bestätigen und die Beschwerde abzuweisen.
Gemäß § 52 Abs 8 VwGVG sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben wird.
In diesem Sinn war dem Bf kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht aufzuerlegen. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz war gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG mit 10 % der Geldstrafe – sohin 25,- Euro – festzusetzen.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. R e i t t e r