LVwG-050024/3/Gf/UD/Rt

Linz, 12.06.2014

B E S C H L U S S

 

 

 

Geschäftszeichen:                                                                                                                                                                                                                                                 Datum:

LVwG-050024/3/Gf/UD/Rt                                                                  Linz, 12. Juni 2014

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Einzelrichter Dr. Alfred Grof aus Anlass der Beschwerden des Dr. E und der Dr. S, beide vertreten durch RA Mag. T, gegen den wegen eines Antrages auf Zulassung einer Gruppenpraxis nach dem Zahnärztegesetz ergangenen Zurückweisungsbescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 25. März 2014, Zl. Ges-0650/6-2014,

 

b e s c h l o s s e n:

 

I.          Den Beschwerden wird gemäß § 28 Abs. 3 zweiter und dritter Satz VwGVG insoweit stattgegeben,  als der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Rechtssache dem Landeshauptmann von Oberösterreich zur Erlassung eines neuen Bescheides zurückverwiesen wird.

 

II.         Gegen diesen Beschluss ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

 

 

 

 

 

B e g r ü n d u n g:

 

I.

 

1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 25. März 2014, Zl. Ges-0650/6-2014, wurde der Antrag der Beschwerdeführer auf Zulassung einer zahnärztlichen Gruppenpraxis zurückgewiesen.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die beiden Rechtsmittelwerber über keine Kassenverträge verfügen und demgemäß die Gründung einer Wahlarzt-Gruppenpraxis intendieren würden. Diesbezüglich ergebe sich jedoch aus § 26a i.V.m. § 26b und i.V.m. § 71a des Zahnärztegesetzes, dass die Zulassung von zahnärztlichen Gruppenpraxen erst bei Vorliegen eines Gesamtvertrages für solche mit der örtlich zuständigen Gebietskrankenkasse möglich sei. Weil aber nach entsprechenden Mitteilungen der Österreichischen Zahnärztekammer und der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse ein solcher Gesamtvertrag bis dato noch nicht abgeschlossen worden sei und auch keine wechselseitige schriftliche Zusage über den Abschluss eines Sonder-Einzelvertrages mit Gruppenpraxen vorliege, sei der gegenständliche Antrag sohin mangels Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen von vornherein als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

 

2. Gegen diesen ihnen jeweils am 31. März 2014 zugestellten Bescheid richten sich die vorliegenden, am 28. April 2014 – und damit rechtzeitig – per Telefax eingebrachte Beschwerden.

 

Darin wird eingewendet, dass nach dem Zahnärztegesetz die Gründung einer Wahlarzt-Gruppenpraxis erst dann möglich sei, wenn ein Gesamtvertrag für Gruppenpraxen mit der Gebietskrankenkasse vorliege – was aber von den Interessenten in keiner Weise beeinflussbar sei –, während dem gegenüber für Einzelordinationen und für die nicht als Wahlarzt-Gruppenpraxis geführten Gruppenpraxen die Möglichkeit des Abschlusses entsprechender Einzelverträge bestehe. Dies stelle eine sachlich nicht gerechtfertigte Gleichheitswidrigkeit bzw. einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Erwerbsfreiheit dar.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

 

 

II.

 

1. Gemäß Art. 131 Abs. 1 B-VG i.V.m. Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennen über wegen Rechtswidrigkeit erhobene Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde (sofern nicht ein Fall des Art. 132 Abs. 6 B-VG – nämlich eine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde – vorliegt, was jedoch gegenständlich nicht zutrifft) die Verwaltungsgerichte der Länder.

 

Da hier die Bestimmungen des Art. 131 Abs. 2 bis 4 B-VG über von diesem Grundsatz abweichende Anordnungen nicht zum Tragen kommen, ist nach der Generalklausel des Art. 131 Abs. 1 B-VG die funktionelle und örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich gegeben.

 

2. Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Amtes der Oö. Landesregierung zu Zl. Ges-0650/6-2014; da mit den gegenständlichen Beschwerden ausschließlich die Klärung von Rechtsfragen angestrebt wird und sich der hierfür entscheidungswesentliche – und zudem zwischen den Verfahrensparteien in keiner Weise strittige – Sachverhalt bereits auf Grund des Akteninhalts klären ließ, konnte im Übrigen von der von den Rechtsmittelwerbern (ersichtlich bloß leerformelhaft, nämlich ohne nähere Angaben von Gründen) beantragten Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

III.

 

Über die vorliegende Beschwerde hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

1.1. Gemäß § 26a Abs. 1 des Zahnärztegesetzes, BGBl.Nr. I 126/2005 i.d.g.F. BGBl.Nr. I 32/2014 (im Folgenden: ZahnÄG), setzt die Gründung einer Gruppenpraxis grundsätzlich eine vorhergehende Zulassung durch den Landeshauptmann nach § 26b ZahnÄG voraus. Ausnahmen bestehen nur insoweit, als (1.) entweder jeder Gesellschafter bereits einen Einzelvertrag mit der örtlich zuständigen Gebietskrankenkasse hat oder die zu gründende Gruppenpraxis bereits im Stellenplan vorgesehen ist und zudem die Voraussetzungen des § 26a Abs. 2 ZahnÄG einschließlich der nachweislichen Befassung der Landesgesundheitsplattform im Rahmen eines Ausschusses vorliegen oder (2.) die Gruppenpraxis ausschließlich sozialversicherungsrechtlich nicht erstattungsfähige Leistungen zu erbringen beabsichtigt.

 

Nach § 26a Abs. 3 ZahnÄG darf die Gruppenpraxis ihre zahnärztliche Tätigkeit nur nach Eintragung in die Zahnärzteliste, die i.d.R. erst nach einer Zulassung gemäß § 26b ZahnÄG erfolgen darf, aufnehmen.

 

1.2. Nach § 26b Abs. 1 ZahnÄG hat der Landeshauptmann auf Antrag einer Gesellschaft oder Vorgesellschaft, die die Gründung einer Gruppenpraxis gemäß § 26a ZahnÄG beabsichtigt, zur Wahrung der Zielsetzung der Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen ambulanten Gesundheitsversorgung sowie zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit diese als Gruppenpraxis zur Leistungserbringung im Rahmen der ambulanten öffentlichen Gesundheitsversorgung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 26b Abs. 2 ZahnÄG mit Bescheid zuzulassen. Dabei ist im Rahmen des Antrags durch Auflagen der Versorgungsauftrag der Gruppenpraxis hinsichtlich des Leistungsangebots (Leistungsvolumen einschließlich Personalausstattung, Leistungsspektrum und Öffnungszeiten unter Berücksichtigung von Tagesrand- und Nachtzeiten, Samstagen, Sonntagen und Feiertagen sowie erforderlichenfalls Bereitschaftszeiten) zu bestimmen.

 

Nach § 26b Abs. 2 ZahnÄG ist eine Gesellschaft oder Vorgesellschaft als Gruppenpraxis zuzulassen, wenn unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Planungen des jeweiligen „Regionalen Strukturplanes Gesundheit“ (im Folgenden: RSG) hinsichtlich der örtlichen Verhältnisse (regionale rurale oder urbane Bevölkerungsstruktur und Besiedlungsdichte) und der für die ambulante öffentliche Gesundheitsversorgung bedeutsamen Verkehrsverbindungen, des Inanspruchnahmeverhaltens und der Auslastung von bestehenden, sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringenden Anbietern durch Patienten, der durchschnittlichen Belastung bestehender Leistungsanbieter sowie der Entwicklungstendenzen in der Zahnmedizin eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann.

 

Im Rahmen des Zulassungsverfahrens hat der Landeshauptmann nach § 26b Abs. 3 ZahnÄG ein Gutachten der Gesundheit Österreich GmbH oder eines vergleichbaren Planungsinstituts einzuholen sowie eine begründete Stellungnahme der jeweiligen Landesgesundheitsplattform über das Vorliegen der Kriterien gemäß § 26b Abs. 2 ZahnÄG zu Grunde zu legen.

 

1.3. Zufolge der Übergangsbestimmung des § 71a Abs. 1 ZahnÄG sind jedoch Anträge auf Durchführung eines Zulassungsverfahrens gemäß § 26b ZahnÄG dann, wenn ein nach dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl.Nr. I 61/2010 abgeschlossener Gesamtvertrag für Gruppenpraxen mit der örtlich zuständigen Gebietskrankenkasse nicht vorliegt, von vornherein zurückzuweisen, es sei denn, dass die Gesellschaft oder Vorgesellschaft, die die Gründung einer Gruppenpraxis beabsichtigt, bereits über eine wechselseitige schriftliche Zusage über den Abschluss eines Gruppenpraxis-Einzelvertrags gemäß § 342a Abs. 5 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl.Nr. 189/1955 i.d.g.F. BGBl.Nr. I 32/2014 (im Folgenden: ASVG), mit der örtlich zuständigen Gebietskrankenkasse verfügt: Diesfalls kann ein Zulassungsverfahren gemäß § 26b ZahnÄG auch ohne Vorliegen eines Gesamtvertrages für Gruppenpraxen durchgeführt werden.

 

2.1. Im hier gegebenen Zusammenhang steht zum einen jeweils allseits unbestritten fest, dass beide Rechtsmittelwerber über keinen Einzelvertrag mit der örtlich zuständigen Gebietskrankenkasse verfügen – und sohin als sog. „Wahlärzte“ anzusehen sind –, dass ihre zu gründen intendierte Gruppenpraxis im Stellenplan nicht vorgesehen ist sowie, dass von den Beschwerdeführern auch nicht beabsichtigt ist, ausschließlich sozialversicherungsrechtlich nicht erstattungsfähige Leistungen zu erbringen.

 

Da somit hier keine der in § 26a Abs. 1 Z. 2 ZahnÄG normierten Alternativvoraussetzungen vorliegt, bedarf die von den Beschwerdeführern beabsichtigte Gründung einer Wahlarzt-Gruppenpraxis der Zulassung gemäß § 26b ZahnÄG.   

 

2.2. Andererseits wurde bislang noch kein Gesamtvertrag für zahnärztliche Gruppenpraxen i.S.d. § 342a ASVG abgeschlossen. Auch eine wechselseitige schriftliche Zusage über einen Abschluss eines Gruppen-Einzelvertrags liegt nicht vor. Daher sind die Voraussetzungen des § 71a Abs. 2 ZahnÄG nicht gegeben, weshalb der Antrag auf Durchführung eines Zulassungsverfahrens von der Behörde gemäß § 26b ZahnÄG grundsätzlich ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen gewesen wäre.

 

2.3. Als Ergebnis resultiert sohin insgesamt, dass die am 19. August 2010 mit BGBl.Nr. I 61/2010 in Kraft getretene Übergangsbestimmung des § 71a ZahnÄG seit nunmehr nahezu vier Jahren die Gründung von Wahlarzt-Gruppenpraxen für Zahnärzte verunmöglicht.

 

Da aber die Einrichtung solcher Praxen nach der erkennbaren Absicht des Gesetzgebers durchaus zulässig sein soll, dieser jedoch selbst aber weder auf die Erfüllung der von ihm normierten Bedingung – nämlich den Abschluss eines Gesamtvertrages oder von Gruppen-Einzelverträgen zwischen interessierten Anbietern und den Sozialversicherungsträgern – einen Einfluss nehmen kann noch eine zeitliche Befristung für die Geltung dieser keineswegs als Dauerlösung, sondern eben bloß als Übergangsregelung intendierten Vorschrift vorgesehen hat, stellt sich somit die Frage, ob mit der in Rede stehenden Novelle BGBl.Nr. I 61/2010 auch tatsächlich in zureichender Weise den Anforderungen des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH), die dieser in seinem Urteil vom 10. März 2009, C‑169/07 (ECLI:EU:C:2009:141 – „Hartlauer“), aufgestellt hat, Rechnung getragen wurde.

 

2.3.1. In diesem Urteil hat der EuGH nämlich ausgesprochen, dass Art. 43 EGV (nunmehr: Art. 49 AEUV) i.V.m. Art. 48 EGV (nunmehr: Art. 54 AEUV) solchen nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, nach denen für die Errichtung einer privaten Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums für Zahnheilkunde eine Bewilligung erforderlich ist, diese Bewilligung aber zu versagen ist, wenn angesichts des bereits bestehenden Versorgungsangebots durch Kassenvertragsärzte kein die Errichtung einer solchen Anstalt rechtfertigender Bedarf besteht; anderes würde nur dann gelten, wenn die nationalen Rechtsvorschriften auch Gruppenpraxen einem solchen Zulassungssystem unterwerfen und dieses zudem auf einer Bedingung beruht, die geeignet ist, der Ausübung des Ermessens durch die nationalen Behörden hinreichende Grenzen zu setzen.

 

Begründend hat der EuGH dazu u.a. ausgeführt, dass aus seiner Rechtsprechung und aus Art. 152 Abs. 5 EGV (nunmehr: Art. 168 AEUV) hervorgeht, dass das Gemeinschaftsrecht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit, insbesondere für den Erlass von Vorschriften zur Organisation und Erbringung von Dienstleistungen im Gesundheitswesen und der medizinischen Versorgung, grundsätzlich unberührt lässt. Allerdings müssen die Mitgliedstaaten bei der Ausübung dieser Zuständigkeit das Gemeinschaftsrecht und insbesondere die Bestimmungen des EGV (nunmehr: AEUV) über die Verkehrsfreiheiten einschließlich der Niederlassungsfreiheit beachten. Diese Bestimmungen untersagen es ihnen nämlich, ungerechtfertigte Beschränkungen der Ausübung dieser Freiheiten im Bereich der Gesundheitsversorgung einzuführen oder beizubehalten (RN 29). In diesem Sinne ist bei der Prüfung, ob dieses Gebot beachtet worden ist, zu berücksichtigen, dass ein Mitgliedstaat zwar bestimmen kann, auf welchem Niveau er den Schutz der öffentlichen Gesundheit gewährleisten will und wie dieses Niveau erreicht werden soll; da sich dieses Niveau aber von einem Mitgliedstaat zum anderen unterscheiden kann, ist ihnen jeweils ein entsprechender Wertungsspielraum zuzuerkennen (RN 30). Eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit, die ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, kann daher durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, sofern sie geeignet ist, die Erreichung des mit ihr verfolgten Zwecks zu gewährleisten, und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich ist (RN 44). Aus der Rechtsprechung des EuGH geht in diesem Zusammenhang hervor, dass insbesondere zwei Ziele unter diese Ausnahme fallen können, wenn sie zur Erreichung eines hohen Niveaus des Gesundheitsschutzes beitragen, nämlich zum einen das Ziel der Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen ärztlichen oder klinischen Versorgung und zum anderen das Ziel der Vermeidung einer erheblichen Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit (RN 47); dabei kann sich eine Planung, die eine vorherige Genehmigung für die Niederlassung von neuen Anbietern für medizinische Leistungen vorsieht, als unerlässlich erweisen, um eventuelle Lücken im Zugang zu ambulanter Versorgung zu schließen und um die Einrichtung von Strukturen einer Doppelversorgung zu vermeiden, sodass eine medizinische Versorgung gewährleistet ist, die den Bedürfnissen der Bevölkerung angepasst ist, das gesamte Staatsgebiet abdeckt und geografisch isolierte oder auf andere Weise benachteiligte Regionen berücksichtigt (RN 52). Eine nationale Regelung ist jedoch nur dann geeignet, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (RN 55). Davon ausgehend, dass die räumliche und apparatemäßige Ausstattung von Gruppenpraxen einerseits und von Zahnambulatorien andererseits ähnliche Merkmale aufweisen können und daher ein Patient in vielen Fällen keinen Unterschied zwischen diesen Einrichtungen erkennen wird; dass die Gruppenpraxen im Allgemeinen die gleichen medizinischen Leistungen wie Zahnambulatorien anbieten und auch denselben Marktbedingungen unterliegen; und dass in Gruppenpraxen und in Zahnambulatorien auch etwa gleich viele Ärzte beschäftigt sein können (wenngleich derart, dass die Ärzte, die medizinische Leistungen in einer Gruppenpraxis erbringen, die Stellung eines persönlich haftenden Gesellschafters haben und befugt sind, die Zahnheilkunde selbständig auszuüben, während jene Ärzte, die ihre Tätigkeit in einem Ambulatorium ausüben, die Stellung eines Arbeitnehmers haben, wobei sich jedoch nicht ergibt, dass dies eine sichere Auswirkung auf die Natur und den Umfang der erbrachten Leistungen hat), können diese beiden Kategorien von Anbietern auf dem betreffenden Markt für medizinische Leistungen eine ähnliche Bedeutung haben und daher die wirtschaftliche Situation der Vertragsärzte in bestimmten geografischen Gebieten und mithin die Erreichung der von den zuständigen Behörden verfolgten Planungsziele in gleicher Weise berühren (RN 57 bis 60). Die vor einem derartigen Hintergrund sohin darin, dass nach innerstaatlichem Recht nur für die Errichtung von Zahnambulatorien, nicht jedoch auch für Gruppenpraxen eine Bedarfsprüfung vorgesehen ist, liegende Inkohärenz beeinträchtigt in der Folge aber auch die Erreichung des Ziels, eine erhebliche Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit zu vermeiden: Denn selbst wenn man unterstellt, dass die unkontrollierte Ansiedelung selbständiger Zahnambulatorien zu einem erheblichen Anstieg des Umfangs medizinischer Leistungen bei konstanten Preisen zu Lasten dieses Systems führen kann, hat die österreichische Regierung nichts dargetan, was erklären könnte, warum nur die Ansiedelung von Ambulatorien, nicht aber auch eine solche von Gruppenpraxen eine derartige Wirkung haben soll. Im Übrigen kann sich die zahnmedizinische Versorgung in selbständigen Ambulatorien als rationeller erweisen, wenn man ihre Organisationsweise, die Vielzahl der Ärzte und die Bündelung medizinischer Apparate und Ausstattung berücksichtigt, die es ihnen erlaubt, die Betriebskosten zu senken. Sie können daher insbesondere im Vergleich zu Vertragsärzten, die nicht über solche Möglichkeiten verfügen, medizinische Leistungen zu weniger kostenintensiven Bedingungen erbringen. Die Erbringung von Versorgungsleistungen durch Zahnambulatorien kann daher auch zu einer effizienteren Verwendung der dem gesetzlichen Krankenversicherungssystem zugewiesenen öffentlichen Mittel führen. Unter solchen Umständen ist daher festzustellen, dass die österreichische Regelung die geltend gemachten Ziele nicht kohärent und systematisch verfolgt, da sie die Errichtung von Gruppenpraxen − im Gegensatz zu dem, was für neue Zahnambulatorien gilt − nicht in gleicher Weise einem System der vorherigen Genehmigung unterwirft (RN 61 bis 65). Davon abgesehen kann ein System der vorherigen behördlichen Genehmigung auch keine solche Ermessensausübung der nationalen Behörden rechtfertigen, die geeignet ist, den Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts, insbesondere wenn sie eine Grundfreiheit wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende betreffen (nämlich die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 49 und Art. 54 AEUV), ihre praktische Wirksamkeit zu nehmen. Damit ein System der vorherigen behördlichen Genehmigung trotz des Eingriffs in eine solche Grundfreiheit gerechtfertigt ist, muss es daher auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruhen, damit der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden hinreichende Grenzen gesetzt werden (RN 64). In den Ausgangsrechtsstreitigkeiten machen die betreffenden Regelungen die Erteilung der Bewilligung für die Schaffung eines neuen Zahnambulatoriums nur von einer einzigen Bedingung abhängig, nämlich dem Bestehen eines Bedarfs an den von dieser neuen Einrichtung angebotenen Leistungen, wobei allerdings  diese Bedingung in der Praxis nicht anhand einheitlicher Kriterien geprüft wird: Denn einerseits erfolgt die Bedarfsprüfung anhand der Zahl der Patienten pro Zahnarzt im Versorgungsgebiet, wobei die fragliche Patientenzahl weder festgesetzt ist noch den Betroffenen vorher in irgendeiner Weise bekannt gegeben wird; andererseits wird diese auf die Länge der Wartezeit für einen Termin bei einem Zahnarzt gestützt, die aber anhand der Antworten jener Zahnärzte, die im Einzugsgebiet des selbständigen Zahnambulatoriums, dessen Errichtung künftig geplant ist, praktizieren, ermittelt wird, obwohl jene Zahnärzte potenzielle Konkurrenten dieser Einrichtung sind, sodass eine solche Methode durchaus geeignet ist, die Objektivität und Unparteilichkeit der Entscheidung über den betreffenden Bewilligungsantrags zu beeinträchtigen. Insgesamt ist daher zudem festzustellen, dass auch das im Ausgangsverfahren in Rede stehende System einer vorherigen behördlichen Genehmigung nicht auf einer Bedingung beruht, die geeignet ist, der Ausübung des Ermessens durch die nationalen Behörden hinreichende Grenzen zu setzen (RN 65 bis 70).

 

2.3.2. Vor dem Hintergrund der sonach einerseits in der Ungleichbehandlung von Ambulatorien und Gruppenpraxen im Hinblick auf eine erforderliche Bedarfsprüfung und andererseits in der faktischen Schrankenlosigkeit des behördlichen Ermessens im Zuge der Genehmigungserteilung liegenden Unionsrechtswidrigkeit der früheren Regelung des Krankenanstaltengesetzes (KAG, BGBl.Nr. 1/1957 i.d.F. BGBl.Nr. 5/2001) hat der Gesetzgeber anlässlich der Neuregelung (u.a.) des mit einer identen Problemlage behafteten (Ärztegesetzes und) ZahnÄG in den Materialien ausgeführt (vgl. 779 BlgNR, 24. GP, S. 7 ff):

 

„Europarecht:

Während das Krankenanstaltenrecht für die Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums eine positive Bedarfsprüfung voraussetzt, ist dies im niedergelassenen Bereich der Ärzte bzw. im Bereich der zahnärztlichen Versorgung nicht der Fall. Ärzte (Angehörige des zahnärztliches Berufes) können sich nicht nur als einzeln Berufsausübende, sondern auch in der Form einer Gruppenpraxis ohne eine Bedarfsprüfung niederlassen und damit die Form einer kassenrechtlichen Erstattung ihrer Leistungen im System des Wahlarztes erreichen (Patient übernimmt zunächst die Honorarzahlung, der gesetzliche Krankenversicherungsträger ersetzt sodann grundsätzlich 80% des Betrages, den dieser für die erbrachte Leistung bei einem Vertragsarzt [Vertragszahnarzt bzw. -dentist] hätte zahlen müssen). Dieses System der Bedarfsprüfung von selbständigen Ambulatorien wurde im Jahr 2009 vom EuGH (Urteil des EuGH vom 10. März 2009 in der Rechtssache C-169/07, Fall „Hartlauer HandelsgesmbH“) als europarechtswidrig erkannt, da bei gleichem oder ähnlichen Leistungsangebot zahnärztliche Gruppenpraxen ohne weitere Schwelle ihre Tätigkeit aufnehmen können und damit den Status einer Wahlarzteinrichtung erreichen, hingegen selbständige Ambulatorien (für Zahnheilkunde) einer strengen Bedarfsprüfung unterliegen (EuGH 10.3.2009, C-169/07, RdM 2009/85). Wenngleich diese Entscheidung den Bereich der Zahnheilkunde betraf, so kommt den Aussagen des EuGH auch für den Sektor der ambulanten ärztlichen Versorgung gleiches Gewicht zu. Der EuGH brachte zwar zum Ausdruck, dass es in einem System öffentlicher Daseinsvorsorge (durch die öffentliche Hand gewährleistetes System medizinischer Versorgung für jeden) zum Schutz dieses Systems in angemessener Weise Marktregulierung auf Anbieterseite geben dürfe, doch müsse dies in gleicher Weise für alle gelten, die gleiche Leistungen anbieten (wollen). Daraus folgt, dass eine Planung des Marktzugangs europarechtskonform insgesamt für die Infrastrukturen ambulanter Versorgung (sowohl Ordinationsstätten von Ärzten bzw. Angehörigen des zahnärztlichen Berufs als auch selbständige Ambulatorien) zu gelten hat. Dies ist mit der österreichischen Bedarfsprüfung nur für selbständige Ambulatorien gegenüber Gruppenpraxen allerdings nicht der Fall.

 

Legislativer Handlungsbedarf:

Eine Ersatzregelung ist dringend geboten, da andernfalls auf Grund des Anwendungsvorrangs des EU-Rechts Antragsteller für selbständige Ambulatorien aus dem EU-Ausland ohne Bedarfsprüfung ungehindert selbständige Ambulatorien in Österreich verwirklichen könnten und damit bei angebotsinduzierter Nachfrage die Ausgaben im Rahmen der Kostenerstattung der gesetzlichen Krankenversicherung steigern. Überdies stellt diese Situation eine Diskriminierung von Inländern dar. Zugleich ist es aber auch gesundheitspolitisch unstrittig und ebenso im Regierungsprogramm vorgesehen, dass zur Entlastung des Spitalssektors (Ambulanzfrequenzen) eine Stärkung des niedergelassenen Bereichs erfolgt. An dieser Stelle trifft sich der legislative Handlungsbedarf nach der Entscheidung des EuGH in der Causa ‚Hartlauer‘ mit dem Wunsch der Österreichischen Ärztekammer nach Schaffung von ‚Ärzte-GmbHs‘ und dem Ziel des Regierungsprogramms. Verfassungsrechtliche und europarechtliche Rahmenbedingungen sind allerdings zu beachten. In diesem Sinn kann der zunächst seitens der Österreichischen Ärztekammer vertretenen Ansicht, nach ihrem Verständnis schließe die Ausübung des Arztberufs als ‚freier Beruf‘ für die freiberufliche Ausübung des Arztberufs in der Form einer Gruppenpraxis als GmbH eine Marktzugangsregelung aus, auch dann nicht gefolgt werden, wenn die Gesellschafter ausschließlich Ärzte sind und keine Anstellung von Ärzten durch Ärzte erfolgt. Im Sinn der Rechtsprechung des EuGH müsste dies auch selbständigen Ambulatorien eingeräumt werden, wenn das von einer ärztlichen Gruppenpraxis in der Rechtsform einer GmbH und das von einem selbständigen Ambulatorium angebotene Leistungsvolumen und ‑spektrum vergleichbar ist. Dieser Schritt kann aber aus Gründen der finanziellen Absicherung der gesetzlichen Krankenversicherung (angebotsinduzierte Nachfrage) und der daraus erfließenden Notwendigkeit einer Planung der Angebotsseite nicht gesetzt werden. Selbstredend sind von diesem zu schaffenden Mechanismus einer Regelung des Marktzugangs jene Bereiche auszuschließen, in denen ärztliche und zahnärztliche Leistungen außerhalb des Erstattungsbereichs der gesetzlichen Krankenversicherung liegen (zB IVF und plastische Schönheitschirurgie). Erleichterungen im Regime eines geordneten Marktzugangs sind allerdings dann möglich, wenn die zur Zusammenarbeit entschlossenen Ärzte (Angehörige des zahnärztlichen Berufs) ohnehin bereits Vertragsärzte mit entsprechenden Planstellen sind (dabei wird davon ausgegangen, dass die zwischen jeweiliger Landesärztekammer und Gebietskrankenkasse ausverhandelten Stellenpläne ohnehin ein Instrument eines geordneten Marktzugangs sind). Von maßgeblicher Bedeutung wird auch die regionale Versorgungsplanung durch den jeweiligen regionalen Gesundheitsstrukturplan (RSG) sein. Im Sinn der Rechtsprechung des EuGH hat dies freilich sowohl für eine ärztliche (zahnärztliche) Zusammenarbeit im Rahmen einer Gruppenpraxis als GmbH auf der Grundlage des Ärztegesetzes 1998 bzw. auch Zahnärztegesetzes als auch für entsprechende selbständige Ambulatorien zu gelten. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch die rechtlich verbindliche Vorgabe von Leistungsspektrum und Versorgungsangebot. Dies deshalb, da Sinn der Schaffung neuer Formen ambulanter Versorgung die Entlastung des Spitalsambulanzsektors ist, der vor allem an Wochenenden, an Feiertagen und in den sog. Randzeiten (Abendstunden, Nachmittage vor Wochenenden oder Feiertagen) eine wesentliche Versorgungsfunktion trägt (siehe eben auch Regierungsprogramm). Es bedarf daher einer der Rechtswirksamkeit zugänglichen Festlegung von Leistungsangebot, Öffnungszeiten und Versorgungsvolumen, um dieses Ziel zu erreichen. Dies ist in der österreichischen Rechtsordnung im System des Verwaltungsrechts mit dem Rechtsinstrument der Bescheiderlassung der Fall, im Vertragspartnerrecht der gesetzlichen Krankenversicherung tritt die vertragliche Verpflichtung des Leistungserbringers hinzu. Im Hinblick auf die Vollzugskompetenz der Länder auf dem Gebiet der Heil- und Pflegeanstalten (Bescheiderlassung für selbständige Ambulatorien durch die Landesregierung) bietet sich für Gruppenpraxen in der Rechtsform einer GmbH im Rahmen des Ärztegesetzes 1998 bzw. des Zahnärztegesetzes auf der Grundlage des Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG der Landeshauptmann an. Dieser ist nicht nur das verfassungsmäßig vorgesehene Vollzugsorgan auf der Landesebene im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung, durch die Kompetenz der Länder auf dem Gebiet der Heil- und Pflegeanstalten sowie durch die Mitwirkung der Länder bei der regionalen Versorgungsplanung (siehe oben RSG sowie überdies auch die Gesundheitsplattform des jeweiligen Bundeslandes nach Art. 19 der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, BGBl I 2008/105) würde durch den sowohl der Landesregierung als auch dem Landeshauptmann zur Verfügung stehenden Behördenapparat (Amt der Landesregierung) eine Abstimmung der Sektoren spitalsambulanter Versorgung und selbständiger Ambulatorien (Art. 12 Abs. 1 Z 1 B-VG) einerseits versus Gruppenpraxen in der Rechtsform einer GmbH (Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG) andererseits, möglich sein. Die Interessenlage der Betroffenen (jeweiliger Antragsteller, aber auch Krankenversicherung und berufliche Interessenvertretungen) kann durch Parteistellung und Legitimation zur Erhebung von Beschwerden an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts voll gewahrt bleiben.

 

Festzuhalten ist somit, dass

 – ein unregulierter Zugang von Anbietern ärztlicher (zahnärztlicher) Leistungen für die gesetzliche Krankenversicherung im Kostenerstattungsbereich zu nicht abschätzbaren Mehrausgaben führen würde, und

 

– die Rechtsprechung von EuGH und VfGH es gebietet, vergleichbare Anbieter einem gleichen Regime des Marktzugangs zu unterwerfen.“

 

2.3.3. Angesichts des Umstandes, dass bis dato weder ein Gesamtvertrag für zahnärztliche Gruppenpraxen i.S.d. § 342a ASVG abgeschlossen wurde noch eine wechselseitige schriftliche Zusage über den Abschluss eines Gruppen-Einzelvertrags vorliegt und sohin die Zielvorgaben der seinerzeitigen Novelle de facto generell nicht umgesetzt wurden, verunmöglicht aber im Besonderen die am 19. August 2010 mit BGBl.Nr. I 61/2010 in Kraft getretene Übergangsbestimmung des § 71a ZahnÄG nicht nur seit nunmehr nahezu vier Jahren in sachlich nicht (mehr) zu rechtfertigender Weise die Gründung von Wahlarzt-Gruppenpraxen für Zahnärzte; vielmehr erweist sich diese Regelung im Lichte des Urteils des EuGH vom 10. März 2009, C‑169/07 (ECLI:EU:C:2009:141 – „Hartlauer“), auch deshalb als offensichtlich unionsrechtswidrig, weil danach einerseits eine Zulassung für Wahlarzt-Gruppenpraxen ohne Gesamtvertrag oder Gruppen-Einzelvertrag – im Unterschied zu Ambulatorien und sonstigen Gruppenpraxen – nicht möglich, diese Differenzierung aber zumindest nach Ablauf von nunmehr vier Jahren insgesamt besehen unverhältnismäßig ist und andererseits weder dem Gesetzgeber selbst noch den potenziellen Interessenten eine Möglichkeit zukommt, auf die Erfüllung dieser Bedingung in irgendeiner Form Einfluss nehmen zu können.

 

3. Widerspricht aber eine nationale gesetzliche Regelung – wie § 71a ZahnÄG – offenkundig dem Unionsrecht, so ist diese auf Grund des unbedingten Vorranges des Unionsrechts von sämtlichen innerstaatlichen Vollzugsorganen unangewendet zu lassen (vgl. z.B. [jeweils m.w.N.] W. Berka, Verfassungsrecht, 5. Aufl., Wien 2014, RN 339 f; Th. Öhlinger, Verfassungsrecht, 10. Aufl., Wien 2014, RN 193; Ch. Grabenwarter, in: A. Reinisch (Hrsg.), Österreichisches Handbuch des Völkerrechts, Bd. I, 5. Aufl., Wien 2013, RN 565 f; A. Hauer, Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts, 2. Aufl., Linz 2013, RN 977; M. Frischhut – Ch. Ranacher, in: A. Larcher (Hrsg.), Handbuch Verwaltungsgerichte, Wien 2013, 84).

 

4. Davon ausgehend war daher der vorliegenden Beschwerde gemäß § 28 Abs. 3 zweiter und dritter Satz VwGVG insoweit stattzugeben, als der angefochtene Bescheid aufzuheben und die Rechtssache dem Landeshauptmann von Oberösterreich zur Erlassung eines neuen Bescheides zurückzuverweisen war.

 

Diese Vorgangsweise ist war im gegenständlichen Fall vornehmlich schon deshalb geboten, weil Gegenstand (Sache) des vorliegenden Beschwerdeverfahrens lediglich der (rein verfahrensrechtliche) Zurückweisungsbescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 25. März 2014, Zl. Ges-060450/6-2014-Hi, war; schon aus diesem Grund konnte daher (ganz abgesehen davon, dass diese Bestimmung nach hg. Auffassung ohnehin generell unter dem unausgesprochenen Vorbehalt steht, dass eine Sachentscheidung – unabhängig von der Frage der Raschheit und Kostenersparnis in Bezug auf die Sachverhaltsfeststellung durch das Verwaltungsgericht selbst; denn insoweit kann es sich ersichtlich bloß um ergänzende Sachverhaltsfeststellungen handeln – schon grundsätzlich überhaupt nur in jenen Fällen zulässig ist, in denen die belangte Behörde zuvor selbst ein vollumfängliches Ermittlungsverfahren i.S.d. §§ 37 ff AVG durchgeführt hat) vom Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich keine Sachentscheidung gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG getroffen werden.

 

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang schließlich auch darauf, dass der Landeshauptmann von Oberösterreich im fortgesetzten Verfahren an die oben unter Pkt. 2.1. bis Pkt. 3. geäußerte Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich gebunden ist und daher im Zuge der Durchführung des Genehmigungsverfahrens nach den §§ 26a und 26b ZahnÄG die Übergangsbestimmung des § 71a ZahnÄG als unionsrechtswidrig außer Acht zu lassen haben wird.

 

 

IV.

Eine ordentliche Revision ist zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG insofern grundsätzliche Bedeutung zukommt, als die Unionsrechtswidrigkeit des § 71a ZahnÄG nach hg. Auffassung zwar offenkundig ist, bislang aber dennoch eine entsprechende explizite Feststellung des Verfassungsgerichtshofes und/oder des Verwaltungsgerichtshofes fehlt.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag seiner Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine ordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof hingegen beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision muss durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

Hinweis:

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 14,30 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich

Dr.  G r o f

 

 

 

LVwG-050024/2/Gf/UD/Rt vom 12. Juni 2014

 

Beschluss

 

Rechtssatz

 

AEUV Art49

AEUV Art54

ZahnÄG §26a

ZahnÄG §26b

ZahnÄG §71a

ASVG §342a

VwGVG §28

AVG §37

 

* Angesichts des Umstandes, dass bis dato weder ein Gesamtvertrag für zahnärztliche Gruppenpraxen i.S.d. § 342a ASVG abgeschlossen wurde noch eine wechselseitige schriftliche Zusage über den Abschluss eines Gruppen-Einzelvertrags vorliegt und sohin die Zielvorgaben der seinerzeitigen Novelle de facto generell nicht umgesetzt wurden, verunmöglicht aber im Besonderen die am 19. August 2010 mit BGBl.Nr. I 61/2010 in Kraft getretene Übergangsbestimmung des § 71a ZahnÄG nicht nur seit nunmehr nahezu vier Jahren in sachlich nicht (mehr) zu rechtfertigender Weise die Gründung von Wahlarzt-Gruppenpraxen für Zahnärzte; vielmehr erweist sich diese Regelung im Lichte des Urteils des EuGH vom 10. März 2009, C 169/07 (Hartlauer), auch deshalb als offensichtlich unionsrechtswidrig, weil danach einerseits eine Zulassung für Wahlarzt-Gruppenpraxen ohne Gesamtvertrag oder Gruppen-Einzelvertrag – im Unterschied zu Ambulatorien und sonstigen Gruppenpraxen – nicht möglich, diese Differenzierung aber zumindest nach Ablauf von nunmehr vier Jahren insgesamt besehen unverhältnismäßig ist und andererseits weder dem Gesetzgeber selbst noch den potenziellen Interessenten eine Möglichkeit zukommt, auf die Erfüllung dieser Bedingung in irgendeiner Form Einfluss nehmen zu können.

 

* Widerspricht aber eine nationale gesetzliche Regelung – wie § 71a ZahnÄG – offenkundig dem Unionsrecht, so ist diese auf Grund des unbedingten Vorranges des Unionsrechts von sämtlichen innerstaatlichen Vollzugsorganen unangewendet zu lassen (vgl. z.B. [jeweils m.w.N.] W. Berka, Verfassungsrecht, 5. Aufl., Wien 2014, RN 339 f; Th. Öhlinger, Verfassungsrecht, 10. Aufl., Wien 2014, RN 193; Ch. Grabenwarter, in: A. Reinisch (Hrsg.), Österreichisches Handbuch des Völkerrechts, Bd. I, 5. Aufl., Wien 2013, RN 565 f; A. Hauer, Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts, 2. Aufl., Linz 2013, RN 977; M. Frischhut – Ch. Ranacher, in: A. Larcher (Hrsg.), Handbuch Verwaltungsgerichte, Wien 2013, 84).

 

* Davon ausgehend war daher der vorliegenden Beschwerde gemäß § 28 Abs. 3 zweiter und dritter Satz VwGVG insoweit stattzugeben, als der angefochtene Bescheid aufzuheben und die Rechtssache dem LH von OÖ zur Erlassung eines neuen Bescheides zurückzuverweisen war. Diese Vorgangsweise ist war im gegenständlichen Fall vornehmlich schon deshalb geboten, weil Gegenstand (Sache) des vorliegenden Beschwerdeverfahrens lediglich der (rein verfahrensrechtliche) Zurückweisungsbescheid des LH von OÖ vom 25. März 2014 war; schon aus diesem Grund konnte daher (ganz abgesehen davon, dass diese Bestimmung nach hg. Auffassung ohnehin generell unter dem unausgesprochenen Vorbehalt steht, dass eine Sachentscheidung – unabhängig von der Frage der Raschheit und Kostenersparnis in Bezug auf die Sachverhaltsfeststellung durch das Verwaltungsgericht selbst; denn insoweit kann es sich ersichtlich bloß um ergänzende Sachverhaltsfeststellungen handeln – schon grundsätzlich überhaupt nur in jenen Fällen zulässig ist, in denen die belangte Behörde zuvor selbst ein vollumfängliches Ermittlungsverfahren i.S.d. §§ 37 ff AVG durchgeführt hat) vom LVwG keine Sachentscheidung gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG getroffen werden. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang schließlich auch darauf, dass der LH von im fortgesetzten Verfahren an die in dieser Entscheidung geäußerte Rechtsansicht des LVwG gebunden ist und daher im Zuge der Durchführung des Genehmigungsverfahrens nach den §§ 26a und 26b ZahnÄG die Übergangsbestimmung des § 71a ZahnÄG als unionsrechtswidrig außer Acht zu lassen haben wird.

 

Schlagworte:

 

Niederlassungsfreiheit; Dienstleistungsfreiheit; ZahnÄG: Bedarfsprüfung für Gruppenpraxen und Ambulatorien; Wahlarzt-Gruppenpraxis; Übergangsregelung; Gesamtvertrag; Einzelvertrag; Anwendungsvorrang des Unionsrechts