LVwG-750055/3/MB/Ga

Linz, 04.06.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des X, geb. X, StA Bosnien und Herzegowina, vertreten durch RAe X, Rechtsanwälte, X, X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Gmunden vom 12. November 2013, GZ: Sich40-36661, den

 

 

B E S C H L U S S

 

 

gefasst:

 

 

I.          Der Bescheid der belangten Behörde wird behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

 

II.         Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.

 

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Gmunden vom
12. November 2013, GZ: Sich40-36661 wurde der Antrag des Beschwerdeführers (im Folgenden: Bf) auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ gem. §§ 8 Abs. 1 Z 2 iVm 11 Abs. 1 Z 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG 2005) idgF abgewiesen. Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Bf Staatsbürger von Bosnien und Herzegowina sei und am 26. März 2013 den verfahrensgegenständlichen Antrag gestellt habe. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass der Bf am 29. April 2011 vom LG München I rechtskräftig zu einer Haftstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden sein und daher auch mit Bescheid vom
25. August 2011 – rk 4. Oktober 2011 – ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot im gesamten Schengener Gebiet gegen ihn verhängt wurde. Insofern sei ein absoluter Versagungsgrund gem. § 11 Abs. 1 Z 2 NAG gegeben. Eine Prüfung des Art 8 EMRK sei in diesem Zusammenhang iSd Rsp. des Verwaltungsgerichtshofes nicht vorzunehmen.

 

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf rechtzeitig und umfassend das Rechtsmittel der Berufung. Er stellt darin die Anträge, den Bescheid der belangten Behörde ersatzlos zu beheben bzw. den Bescheid der belangten Behörde zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung einer neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

 

Begründend führt der Bf im Wesentlichen aus, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, den Konsultationsmechanismus im Rahmen des SDÜ ordnungsgemäß durchzuführen und sei insofern ein entscheidungsrelevanter Verfahrensmangel gegeben. Dies v.a. dadurch, als die deutschen Behörde mit 13. November 2013 die Löschung der Ausschreibung des verfahrensgegenständlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes veranlassten und daher kein absoluter Versagungsgrund mehr gegeben sei. Zudem sei das Verbot für den gesamten Schengen Raum von der unzuständigen Behörde erlassen worden. Zudem sei sowohl der Unterhalt als auch die Unterkunft des Bf gesichert und sprächen auch sonstige – aus Art 8 EMRK erfließende – Umstände für die Erteilung des Aufenthaltstitels.

 

Im Anhang fügt der Bf eine Mitteilung der Stadt München, Kreisverwaltungsreferates bei, woraus sich ergibt, dass die den Bf betreffende Ausschreibung im Schengener Informationssystem gelöscht wurde.

 

3. Mit Schreiben vom 23. Jänner 2014 legte das BMI den verfahrensgegenständlichen Akt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.

 

 

II.

 

Gem. § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG konnte von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Das Landesverwaltungsgericht geht vielmehr von dem unter Punkt I. dargelegten entscheidungswesentlichen und sich aus dem Akt friktionsfrei und nicht strittigen Sachverhalt aus. Zudem hat das Landesverwaltungsgericht mit 20. Mai 2014 eine Abfrage des SIS durchgeführt, woraus sich ergibt, dass betreffend dem Bf keine schengenweite Ausschreibung existent ist.

 

 

III.

 

1. Gem. § 81 Abs. 26 NAG, BGBl I 100/2005 idF BGBl I 144/2013 sind alle bis zum 31. Dezember 2013 beim Bundesminister für Inneres anhängigen Berufungsverfahren nach dem NAG ab dem 1. Jänner 2014 vom jeweils zuständigen Landesverwaltungsgericht nach dem Bestimmungen des NAG idF vor dem BGBl I 87/2012 zu Ende zu führen.

 

2. Gem. § 3 VwGbk-ÜG gilt die Berufung des Bf als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG.

 

3. § 11 Abs. 1 Z 2 NAG normiert, dass Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden dürfen, wenn gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht.

 

Entsprechend der Rsp. des Verwaltungsgerichtshofes ist im Zuge dieser Bestimmung lediglich zu prüfen, ob eine derartige Entscheidung existiert. Ob diese Entscheidung dem Grunde nach rechtmäßig war ist hier nicht entscheidungsrelevant (VwGH 13.10.2011, Zl. 2011/22/0145; VwGH 29.4.2010, Zl. 2007/21/0314). Lediglich die Effektuierbarkeit kann im Rahmen des § 11 Abs. 1 Z 2 NAG von Relevanz sein (s VwGH 28.3.2012, Zl. 2010/22/0027).

 

§ 11 Abs. 1 Z 2 NAG wurde in der zum Entscheidungszeitpunkt anzuwendenden Fassung erlassen, um den Neuerungen des FPG und der RückführungsRL Rechnung zu tragen (RV BGBl. I 38/2011) und orientiert sich an der Diktion der RückführungsRL. Als Rückführungsentscheidung sind im Sinne der allgemeinen Begriffsbestimmung mitgliedsstaatliche Entscheidungen zu verstehen, welche ein Rückkehr iSd Art. 3 der RückführungsRL (ABl L 2008/348, 98; vgl. Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht II, 9) bewirken. Wird seitens der Landeshauptstadt München die SIS Ausschreibung in eine bloß im nationalen Wirkungsbereich stehende INPOL-Ausschreibung umgewandelt, so verliert die fremde mitgliedsstaatliche Entscheidung die in § 11 Abs. 1 Z 2 NAG geforderte Wirkung und besteht die der RückführungsRL innewohnende Gegenseitigkeit nicht mehr.

 

4. Aufgrund der (zum damaligen Zeitpunkt zu Recht vorgenommenen) Stützung auf den absoluten Versagungsgrund fehlen darüber hinaus jegliche Feststellungen seitens der belangten Behörde und war daher gem. § 28 Abs. 1 1. HS VwGVG vorzugehen.

 

IV.

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen diesen Beschluss besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Beschlusses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. einer bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Dr. Markus  Brandstetter