LVwG-600333/4/MZ/SA
Linz, 25.06.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde des x, geb. x, vertreten durch die x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 11.4.2014, GZ VerkR96-42303-2012, betreffend die Zustellung eines Straferkenntnisses
zu Recht e r k a n n t :
I. Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, als der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben wird.
Der verfahrenseinleitende Antrag auf Neuzustellung des Straferkenntnisses vom 27.11.2012, GZ VerkR96-42303-2012, wird als unzulässig zurückgewiesen. Ebenso wird der Antrag, der Behörde die Neuzustellung des genannten Straferkenntnisses aufzutragen, als unzulässig zurückgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. a) Mit (mündlich verkündetem) Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 27.11.2012, GZ VerkR96-42303-2012, wurde dem Beschwerdeführer (in Folge: Bf) zur Last gelegt, am 17.11.2012 um 02.59 Uhr anlässlich einer Verkehrsunfallaufnahme auf der Dienststelle der Polizeiinspektion Bad Ischl gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht die Durchführung der Atemluftprobe verweigert zu haben, obwohl er verdächtig gewesen sei, unmittelbar vorher das Motorfahrrad mit dem amtlichen Kennzeichen x auf der L546 in St. Wolfgang auf Höhe Strkm 11.300 in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben.
Er habe dadurch § 5 Abs 2 StVO 1960 verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 1.600,- Euro verhängt wurde.
Der Bf begehrte darauf hin eine schriftliche Ausfertigung des Straferkenntisses und gab einen Rechtsmittelverzicht ab.
b) Mit Schreiben vom 18.12.2013 beantragte Frau x als nunmehrige Sachwalterin des Bf im Umgang mit Behörden und Gerichten die Neuzustellung des ggst Straferkenntisses.
Den Antrag begründend führt Frau x in diesem Schreiben sowie in folgenden Eingaben unter Beilegung von Kopien diverser Urkunden aus, dass der Bf mittlerweile aufgrund einer leichten Intelligenzminderung mit Gedächtnis-, Merkfähigkeits- und Konzentrationsstörungen und einer leichtgradigen Herabsetzung der intellektuellen Merkfähigkeit und Verhaltensstörungen besachwaltert worden sei. Der Bf sei auch im Zeitpunkt der Zustellung des Straferkenntnisses (sprich: im Zeitpunkt der mündlichen Verkündung) bereits nicht prozessfähig gewesen und die Zustellung (gemeint wohl: die Bescheiderlassung) rechtsunwirksam.
c) Mit dem nun hier verfahrensgegenständlichen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 11.4.2014, GZ VerkR96-42303-2012, wurde der Antrag des Bf auf Neuzustellung des Straferkenntnisses vom 27.11.2012 abgewiesen.
d) Gegen die unter Punkt c) dargestellte abweisende Erledigung erhob der Bf rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde.
Er beantragt, den Bescheid der belangten Behörde vom 11.4.2014 ersatzlos zu beheben, dem Antrag auf Neuzustellung stattzugeben und der erstinstanzlichen Behörde die Neuzustellung des Strafbescheides vom 27.11.2012 aufzutragen.
II. a) Die belangte Behörde hat die Beschwerde samt Verfahrensakt mit Schreiben vom 13.5.2014 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.
b) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt. Gemäß § 44 Abs 2 VwGVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der Antrag des Bf zurückzuweisen ist.
c) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem in Punkt I. dargestellten, unstrittigen Sachverhalt aus.
III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
a) Der Bf bringt vor, zum Zeitpunkt der Verkündung des diesem Verfahren zugrundeliegenden Straferkenntnisses nicht prozessfähig gewesen zu sein.
Trifft dieses Vorbringen – wofür der Aktenlage nach einiges spricht, da die Umstände, die zwischenzeitig zur Besachwalterung des Bf im Umgang mit Behörden und Gerichten geführt haben, seit seiner Geburt vorliegen dürften – zu, hat dies zur Folge, dass das Straferkenntnis nie existent geworden ist. Ein Anspruch des Bf, dass über ihn ein Straferkenntnis gefällt wird, ist in der Rechtsordnung jedoch nicht vorgesehen. Vielmehr hat der Gesetzgeber verschiedene Verjährungsbestimmungen geschaffen, welche die Dauer eines Verwaltungsstrafverfahrens begrenzen. Ein Antrag auf Zustellung eines Straferkenntnisses ist daher grundsätzlich (dh im Einparteienverfahren) nicht inhaltlich zu behandeln, sondern wäre von der belangten Behörde zurückzuweisen gewesen.
b) Nichts anderes kann für den Fall gelten, dass der Bf – entgegen seinem Vorbringen – zum Zeitpunkt der Verkündung des diesem Verfahren zugrundeliegendem Straferkenntnisses doch prozessfähig gewesen ist: Diesfalls ist das Straferkenntnis (durch die Abgabe eines Rechtsmittelverzichts unmittelbar nach Verkündung) in Rechtskraft erwachsen. Ein Anspruch auf neuerliche Zustellung des Straferkenntnisses ist jedoch in der Rechtsordnung ebenfalls nicht vorgesehen bzw würde selbst eine dennoch vorgenommene neuerliche Zustellung keine Rechtswirkungen zeitigen.
c) Egal ob man von der Prozessfähigkeit des Bf im Zeitpunkt der Verkündung des diesem Verfahren zugrundeliegendem Straferkenntnisses ausgeht oder diese verneint, wäre der Antrag des Bf daher von der belangten Behörde als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hatte vor diesem Hintergrund den angefochtenen Bescheid zu beheben und in der Sache durch Zurückweisung zu entscheiden.
Aufgrund der dargelegten Überlegungen war zudem der Antrag, der Behörde die Neuzustellung des in Rede stehenden Straferkenntnisses aufzutragen, zurückzuweisen.
d) Abschließend wird angemerkt, dass der Bf, sollte er weiterhin die Ansicht vertreten, bereits am 27.11.2012 nicht prozessfähig gewesen zu sein, in einem allfälligen Exekutionsverfahren einwenden kann, dass ein vollstreckbarer Titel nicht vorliegt.
Sollte die belangte Behörde jedoch ihre bisherige Rechtsauffassung überdenken, und den Bf als am 27.11.2012 nicht prozessfähig gewesen ansehen, wäre eine (nicht neuerliche sondern erstmalige) Zustellung an den Bf (im Wege seiner Sachwalterin) vorzunehmen.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Markus Zeinhofer
Beachte:
Das Erkenntnis wurde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
VwGH vom 6. Juli 2015, Zl. Ra 2014/02/0095-5