LVwG-300303/2/Py/Gru/PP

Linz, 18.06.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr.in Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn X, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 11.3.2014, Ge96‑167-2013, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Arbeitnehmer­Innenschutzgesetz (ASchG),

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG  wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als das bekämpfte Straferkenntnis behoben wird.

 

II.       Gemäß § 52 Abs. 8 und 9 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

 

1. Im angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 130 Abs. 1 Z. 15 ASchG iVm § 23 Abs. 1 Bundes-Arbeitsstättenverordnung (B-AStV) (Faktum 1), § 130 Abs. 1 Z. 15 ASchG iVm § 35 Abs. 1 AStV (Faktum 2) und § 130 Abs. 1 Z. 15 ASchG iVm. § 11 Flüssiggas-Verordnung iVm. § 7 Z. 5 ASchG (Faktum 3)  zu Faktum 1 eine Geldstrafe von 1.000,‑‑ € (Ersatzfreiheitsstrafe 40 Stunden) zu Faktum 2 eine Geldstrafe von 500,-- € (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Stunden) und zu Faktum 3 eine Geldstrafe von 2.000,-- € (Ersatzfreiheitsstrafe von 80 Stunden) verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 350,-- € vorge­schrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

Sie haben es gemäß § 370 GewO 1994 als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Fa. X GmbH mit Sitz in X strafrechtlich zu ver­antworten, dass im Zuge einer am 21.10.2013 vom Arbeitsinspektorat Vöcklabruck durchge­führten Überprüfung am Standort der Betriebsstätte X, X, Folgendes festgestellt wurde:

 

1) Die Raumhöhe im X beträgt nur 2,53 m und in diesem Arbeits­raum werden Grillhendl gegrillt und es kommt zu erschwerenden Bedingungen, wie z.B.: erhöhte Wärmeeinwirkung und Belastung der Raumluft durch gefährliche Abfallstoffe des Grillprozes­ses, obwohl als Arbeitsräume nur Räume mit einer lichten Höhe von mindestens 3,0 m verwendet werden dürfen.

 

2) Es wurden für die beiden Arbeitnehmer keine versperrbaren Kleiderkästen vorgefunden, obwohl für jede/n Arbeitnehmer/in ein Kleiderkasten zur Verfügung zu stellen ist, der ausreichend groß, luftig, versperrbar und geeignet ist, Kleidung und sonstige persönliche Gegenstände gegen Wegnahme zu sichern und vor Einwirkungen wie Nässe, Staub, Rauch, Dämpfe oder Gerüche zu schützen.

 

3) Der gasbetriebene Hendlgriller, welcher einen Anschlusswert von 3,0 bis 3,5 kg/h aufweist, wurde mit einer 33 kg Propangasflasche betrieben, obwohl Arbeitergeber bei der Gestaltung der Arbeitsstätten, Arbeitsplätze und Arbeitsvorgänge, bei der Auswahl und Verwendung von Arbeitsmitteln und Arbeitsstoffen, beim Einsatz der Arbeitnehmer, sowie bei allen Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer unter anderem den Stand der Tech­nik zu berücksichtigen. Als Regeln der Technik gelten die einschlägigen aus Wissenschaft oder Erfahrung auf technischem Gebiet gewonnenen Grundsätze, wie sie beispielsweise in ÖVGW-Richtlinien oder in ÖNORMEN enthalten sind. Die ÖVGW-Richtlinien werden von der X, X, und die ÖNORMEN werden vom X,X, heraus­gegeben.

 

In der Begründung führt die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass der im Spruch sowie in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 19.12.2013 angeführte Sachverhalt von Organen des Arbeitsinspektorates für den 18. Aufsichtsbezirk festgestellt und mit Eingabe vom 26.11.2013 der Bezirks­hauptmannschaft Gmunden als örtlich und sachlich zuständige Behörde angezeigt wurde. Als gewerberechtlicher Geschäftsführer der X GmbH ist der Bf als das zur Vertretung nach außen berufene Organ gem. § 9 Abs. 1 VStG für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften straf­rechtlich verantwortlich.

 

Abschließend führt die belangte Behörde ihre für die Strafbemessung heran­gezogenen Gründe aus.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bf im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Beschwerde, in der zusammengefasst ausgeführt wird, dass die belangte Behörde entgegen dem Parteienantrag die namhaft gemachten Zeugen nicht einvernommen hat und die objektive Tatseite nicht ausreichend ermittelt wurde. Zudem sei die rechtliche Beurteilung zur Raumhöhe unzu­treffend.

Hinsichtlich des Tatvorwurfes des nicht Vorliegens versperrbarer Kleiderkästen wird vorgebracht, dass aufgrund von Grundsatzvereinbarungen Umkleideräume inkl. Arbeitsspinde, Aufenthaltsräume und Toiletten der angeführten Marktketten durch die Arbeitnehmer der X GmbH mitbenützt werden können. Hinsichtlich des Tatvorwurfes, dass der gasbetriebene Hendlgriller nicht dem Stand der Technik entsprochen habe, wird mangelndes Verschulden vorgebracht. Abschließend wendet sich der Bf gegen die von der belangten Behörde ausgeführten Höhen der verhängten Strafen.

 

3. Mit Schreiben vom 15.4.2014 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Landesverwaltungsgericht Oö. zur Entscheidung vor, das gem. § 2 VwGVG durch seine nach der Geschäfts­verteilung zuständige Einzelrichterin zur Entscheidung berufen ist.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid zu beheben ist, konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gem. § 24 Abs. 2 VwGVG entfallen.

 

 

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat erwogen:

 

Im angefochtenen Straferkenntnis wird dem Bf als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Fa. X GmbH mit Sitz in X, die Übertretung von ArbeitnehmerInnenschutz­bestimmungen in der Betriebsstätte X, X zur Last gelegt.

 

Gem. § 27 Abs. 1 VStG ist örtlich die Behörde zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es für den Bereich des Verwaltungsstrafgesetzes auch in Sachen, die sich auf den Betrieb einer Unternehmung etc. beziehen - und dies trifft auch auf in Filialen gegliederte Unternehmungen zu -, für die örtliche Zuständigkeit der einschreitenden Strafbehörden grundsätzlich nicht auf den Ort, an dem das Unternehmen betrieben wird (also insbesondere nicht auf den Ort des Filialbetriebes), an. Vielmehr ist gem. § 27 Abs. 1 VStG örtlich die Behörde zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist. Als der Ort, an dem die im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz gebotenen Vorsorge­handlungen unterlassen wurden, ist der Sitz der Unternehmensleitung anzusehen. Wird ein zur Vertretung einer juristischen Person nach außen befugtes Organ gem. § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zur Verant­wortung gezogen - das ist im vorliegenden Fall im Übrigen der Bf als handelsrechtlicher und nicht als gewerberechtlicher Geschäftsführer - so ist im Bereich des Arbeitnehmerschutzrechtes Tatort der Verwaltungsübertretung der Sitz der Unternehmensleitung, weil an diesem Ort die Dispositionen und Anordnungen zur Verhinderung der Verstöße gegen Arbeitnehmer­schutzbestimmungen zu treffen  gewesen wären (vgl. VwGH v. 12.7.2012, Zl. 2011/02/0029 ua.). Tatort ist somit der im angefochtenen Bescheid angegebene Ort, an dem das Unternehmen, deren Organ im Sinn des § 9
Abs. 1 VStG der Bf ist, ihren Sitz hat. Dieser Ort liegt nicht in Oberösterreich und war daher die belangte Behörde zur Entscheidung nicht zuständig.

 

Das Landesverwaltungsgericht hatte die fehlende örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde amtswegig wahrzunehmen. Dies führt zur Behebung des bekämpften Straferkenntnisses. Die Entscheidung, ob das Verwaltungs­strafverfahren fortgeführt oder eingestellt wird, ist nicht vom Verwaltungsgericht, sondern von der örtlich zuständigen Bezirks­verwaltungsbehörde zu treffen.

 

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

II. Der Kostenausspruch ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.in Andrea Panny