LVwG-400017/12/ER/HUE/JW

Linz, 15.05.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Reitter über die Beschwerde des x, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 18. Dezember 2013, Zl. BZ-BauR-12083-2013, wegen einer Übertretung des Bundestraßen-Mautgesetzes 2002

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als die Strafe mit 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 15 Stunden) festgesetzt wird. Ansonsten wird die Beschwerde abgewiesen und der bekämpfte Bescheid bestätigt.

 

II.       Gemäß § 52 Abs 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten. Der Beschwerdeführer hat
15 Euro (10% der Geldstrafe) als Beitrag zu den Kosten des behördlichen Strafverfahrens zu leisten.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels (im Folgenden: belangte Behörde) vom 18. Dezember 2013, Zl BZ-BauR-12083-2013, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs 2 BStMG, welche mit Strafverfügung vom 16. Oktober 2013 eingeleitet wurde, eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von
30 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Kfz mit dem behördlichen Kennzeichen x am 30. Mai 2013, ca. 15.38 Uhr, die A25, Mautabschnitt Wels-Nord – ÖBB Terminal Wels, bis zu km 14.580 benützt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Ein für die elektronische Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut zwingend vorge-schriebenes Fahrzeuggerät sei nicht ordnungsgemäß angebracht gewesen.

 

Begründend führte die belangte Behörde dazu Folgendes aus:

"Mit Strafverfügung vom 16.10.2013 wurde über Sie eine Geldstrafe von € 300,-
(30 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß Bundesstraßenmautgesetz 2002 i.d.g.F. verhängt, weil Ihnen folgendes zur Last gelegt wurde:

'Sie haben am 30.05.2013 gegen 15:38 Uhr das Kfz über 3,5 t, Intern. Kennzeichen x, x, im Gemeindegebiet Wels, Bezirk Wels Stadt auf der A 25, Mautabschnitt Wels Nord - ÖBB Terminal Wels, bis zu km 14.580, gelenkt, ohne dass die für die Benützung von Autobahnen vorgeschriebene fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet wurde. Dies wurde von den automatischen Kontrolleinrichtungen des Mautsystems Österreich unter der Deliktsnummer 5133434 festgestellt. (Es wurde festgestellt, dass ein für die elektronische Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut zwingend vorgeschriebenes Fahrzeuggerät nicht ordnungsgemäß angebracht war und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet wurde.)'

Aufgrund Ihres Einspruches vom 24.10.2013 gegen die Strafverfügung vom 16.10.2013 wird nunmehr ein ordentliches Verfahren eingeleitet. In Ihrem Einspruch geben Sie unter anderem folgendes an:

'gegen Ihre oben angeführte Strafverfügung erhebe ich Einspruch. Das Mautgerät wurde, nach Zahlung der Mautgebühr am Grenzübergang bei Passau, an der Frontscheibe des LKW angebracht und da belassen bis Grenzübertritt zurück nach Deutschland. Die Maut für die Fahr nach Wien und zurück wurde ordnungsgemäß entrichtet. Die Quittung dafür kann vorgelegt werden. Ich habe mich absolut korrekt verhalten und kann Ihre Strafverfügung daher nicht akzeptieren.'

 

Dazu wurde seitens der Behörde mit Schreiben vom 28.10.2013 eine Stellungnahme der ASFINAG eingeholt. In dieser Stellungnahme vom 05.11.2013 wird unter anderem folgendes festgehalten:

'Eine nicht korrekte Anbringung der GO-Box kann dazu führen, dass keine Mautab-buchung vorgenommen werden kann. Dies war auch bei der gegenständlichen Übertretung der Fall. Die Go-Box war nicht der Mautordnung entsprechend montiert. Die Go-Box lag verkehrt auf dem Armaturenbrett.

Die in der Mautordnung statuierte Verpflichtung zur korrekten GO-Box-Montage hat erhebliche Auswirkungen auf die ordnungsgemäße Entrichtung der fahrleistungs-abhängigen Maut und wurde auch deshalb in dieser präzise formuliert.

1.       Für die Montage / Bedienung der Go-Box sowie für die ordnungsgemäße Entrichtung der Maut ist der Fahrzeuglenker verantwortlich.

2.       Die Go-Box ist nicht der Mautordnung entsprechend montiert. Die Go-Box liegt verkehrt auf dem Armaturenbrett. Aufgrund dieser Falschmontage konnte für den gegenständlichen Mautabschnitt keine Maut abgebucht werden.

3.       Aufgrund der Aufzeichnungen aus dem Mautsystem kann ein Defekt oder eine Störung gänzlich ausgeschlossen werden.

Da keine Nachzahlung gemäß der zum Tatzeitpunkt geltenden Mautordnung durch den Beschuldigten erfolgte, kam es wie in der Mautordnung festgelegt zu einem Delikt.'

 

Die Behörde hat darüber wie folgt erwogen:

Gemäß § 8 Abs. 2 des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 i.d.g.F. haben Sie sich bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern.

Die Tat ist Ihnen in objektiver und auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Das Verhalten ist als sorgfaltswidrig einzustufen, da es Ihnen oblegen war, unter anderem für eine ordnungsgemäße Entrichtung der Maut zu sorgen und die Funktionsfähigkeit der GO-Box zu überprüfen.

 

Es wird seitens der Behörde darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Betrag von € 300,- um die Mindeststrafe lt. Bundesstraßenmautgesetz 2002 i.d.g.F. handelt. Der Straf-rahmen beträgt lt. dem zitierten Gesetz € 300,- bis € 3.000,--.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

 

I.2. Gegen diesen, am 3. Jänner 2014 zugestellten Bescheid, richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Bf vom 13. Jänner 2014, in welcher er vorbringt, dass er nachweislich keine Straftat begangen und sich absolut korrekt verhalten hätte. Abschließend findet sich in der Beschwerde der Satz: "Wen andere Mautstellen keinen Einspruch für meine damalige Fahrt nach Wien einlegen, (was nicht erfolgt ist) ist es nicht mein Verschulden, wenn die Stadt Wels die Maut, die entrichtet war, nicht abgebucht hat."

 

I.3. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den mit Schreiben vom 23. Jänner 2014 unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerde übermittelten Verfahrensakt.

 

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 3 Z 3 VwGVG abgesehen werden, zumal im angefochtenen Bescheid keine
500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durch-führung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat.

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen.

 

I.4. Vom Oö. Landesverwaltungsgericht wurden von der ASFINAG die Beweisfotos in digitaler Originalqualität sowie eine Leistungsinformation zur gegenständlichen Fahrt beigeschafft und ein Gutachten zu der Frage nach der konkreten Anbringungsart der GO-Box, deren Einfluss sowie den Einfluss der Stellung eines gegebenenfalls eingeschalteten Scheibenwischers auf das Ab-buchungsverhalten der Maut eingeholt.

 

Der verkehrstechnische Amtssachverständige gab mit Schreiben vom 7. März 2014, Zl Verk-210002/650-2014-Hag, folgendes Gutachten ab:

 

"Die gegenständliche Fahrt des LKW mit dem deutschen Kennzeichen x fand am 30.05.2013 auf der A 25 statt.

Zu diesem Zeitpunkt war die Mautordnung in der Version 34 anzuwenden.

Lt. Mautordnung ist die GO-Box mit den mitgelieferten Klettbändern direkt an der Windschutzscheibe anzubringen, in dem Bereich der Windschutzscheibe die, die nachstehende Skizze wiedergibt

 

Die Go-Box ist dabei so zu montieren, das die Bedienungstasten zum Lenker schauen und er über die Bedienungstasten die Achsanzahl des Fahrzeuges einstellen und die eingestellte Achsanzahl über eine mit Leuchtdioden unterlegte Anzeige augenscheinlich überprüfen kann.

 

[…]

 

Wie der vergrößerte Bildausschnitt des gegenständlichen Kontrollfotos zeigt wurde die GO-Box im gegenständlichen Fall nicht an der Windschutzscheibe montiert, sondern mit dem Tastenbereich nach oben auf das Armaturenbrett gelegt.

Auf Grund der nicht vorgesehenen Platzierung der GO-Box am Armaturenbrett statt der Montage an der Windschutzscheibe und der um 180 Grad verdrehten Lage der Go-Box    (mit der Bedienungsseite Richtung Windschutzscheibe ) ist eine korrekte Mautabbuchung auf Grund der falsch platzierten GO-Box nicht garantiert.

 

Eine korrekte Abbuchung des fälligen Mautbetrages durch die Überkopf-Mautportale der Autobahn ist nur garantiert wenn die GO-Box entsprechend den Vorgaben der Maut-ordnung angebracht ist.

Jeder GO-Box liegt eine Beschreibung bei auf der mehrsprachig und mit Hilfe von Piktogrammen die korrekte Anbringung der GO-Box dargestellt ist.

 

Die Aktivierung der Scheibenwischer, die dazu führt, das die Wischer nur kurzzeitig die Go-Box verdecken bzw. überstreichen hat keinen Einfluss auf die Mautabbuchung. Bei korrekt montierter GO-Box beeinflusst der Betrieb der Scheibenwischer, auf Grund der nur sehr kurzen Überdeckungszeit, die Mautabbuchung nicht in unzulässiger Art und Weise. Diverse Praxistests belegen die korrekte Mautabbuchung auch bei verwendeten Scheibenwischer, unabhängig von der verwendeten Wischerstufe bzw. Wischge-schwindigkeit."

 

Dem Bf wurde mit Schreiben vom 17. März 2014 die Möglichkeit gegeben, zu diesem Gutachten und den Beweismitteln (Beweisfoto, Leistungsverzeichnis) innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung eine Stellungnahme abzugeben. Eine Stellungnahme ist beim Oö. Landesverwaltungsgericht nicht eingelangt, am 28. April 2014 wurde das Schreiben ungeöffnet an das
Oö. Landesverwaltungsgericht retourniert.

 

Mit E-Mail vom 29. April 2014 wurde dem Bf das Gutachten samt den oa Beweismitteln übermittelt und erneut eine Stellungnahmefrist von zwei Wochen eingeräumt. Daraufhin brachte der Bf per E-Mail vom 1. Mai 2014 im Wesentlichen vor, dass er in den vergangenen Jahren häufig österreichische Mautstrecken befahren habe, und dabei sei die GO-Box nie anders angebracht gewesen als bei der gegenständlichen Fahrt. Die GO-Box sei vom Bf bewusst nicht auf der Windschutzscheibe angebracht worden, um Sichtbehinderungen zu vermeiden. Bis zum gegenständlichen Vorfall habe es auch nie Probleme mit der Abbuchung der Maut gegeben. Aus dem Leistungsverzeichnis sei ersichtlich, dass bei den darauf angeführten 16 Stationen elfmal problemlos abgebucht worden sei. Dass es bei den restlichen Mautbalken nicht funktioniert habe, sei sicher nicht Verschulden des Bf, da ansonsten bei keiner Mautstation abgebucht worden wäre.

 

I.4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem   S a c h v e r h a l t   aus:

 

Der Bf hat am 30. Mai 2013 gegen 15.38 Uhr auf dem mautpflichtigen Straßennetz, nämlich der A25, Mautabschnitt Wels Nord – ÖBB Terminal Wels, bis zu km 14.580, das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen x gelenkt, ohne die GO-Box ordnungsgemäß auf der Windschutzscheibe des Kfz angebracht zu haben. Die GO-Box war mit dem Tastenbereich nach oben auf dem Armaturen-brett abgelegt. Als Zahlungsmodus wurde das Pre-Pay-Verfahren gewählt und die GO-Box mit einem entsprechenden Guthaben aufgeladen.

An den Stationen „Staatsgrenze Suben – Schärding Suben“, „Wels Nord-ÖBB Terminal Wels“, „KN Linz- Asten St. Florian“, „Enns West – Enns Steyr“, „Enns Steyr – St. Valentin“ und „Oed – Amstetten West“ wurde die Maut nicht abgebucht.

Dies wurde durch die automatische Kontrolleinrichtung des Mautsystems erkannt.

 

Der Zulassungsbesitzer wurde von der ASFINAG am 27. Juni 2013 schriftlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert. Dieser Aufforderung ist nicht entsprochen worden.

 

 

II. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorge-legten Verwaltungsakt, dem vorliegenden Beweisfoto, dem Leistungsverzeichnis der gegenständlichen Fahrt und dem Gutachten des verkehrstechnischen Amts-sachverständigen vom 7. März 2014.

Darüber hinaus bestreitet der Bf selbst die vorgeworfene Anbringung der GO-Box nicht. Vielmehr teilte er der belangten Behörde im Verwaltungsverfahren mehr-fach (25. November 2013, 28. November 2013 und in der Mail vom 1. Mai 2014) mit, dass das Gerät bei der gesamten Fahrt nicht anders angebracht gewesen sei.

 

 

III. Gemäß § 6 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG) unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungs-abhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit diesen Geräten ausstatten können.

 

Gemäß § 8 Abs 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, ihr Fahrzeug vor der Benützung von Mautstrecken mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Punkt 8.1 der Mautordnung besagt, dass die GO-Box ausschließlich in dem mit dem angemeldeten Kraftfahrzeugkennzeichen zugelassenen mautpflichtigen Kraftfahrzeug dauerhaft an der Innenseite der Windschutzscheibe zwischen Fahrzeugmitte und Lenkradmitte zu montieren ist. Die Anbringung hat in jenem Bereich der Windschutzscheibe, der vom Scheibenwischer gereinigt wird, derart zu erfolgen, dass die Bedientaste der GO-Box in das Fahrzeuginnere gerichtet ist. Die GO-Box ist mindestens 10 cm oberhalb des Scheibenwischers in Ruhe­­­­­-stellung und mindestens 30 cm unterhalb der Windschutzscheibenoberkante zu montieren. Durch die Montage der GO-Box darf keine Einschränkung des Sichtfeldes während der Fahrt erfolgen. Ferner ist der Montagebereich der GO-Box auf der Windschutzscheibe von Gegenständen und Fahrzeugaufbauten (zB Sonnenblenden) im Umkreis von 10 cm freizuhalten. Die Montage der GO-Box darf auch nicht im Tönungsstreifen erfolgen. Der Kraftfahrzeuglenker hat über-dies von der GO-Box alle Gegenstände fern zu halten, die zu einer Beeinflussung der Bedientasten führen könnten.

 

Gemäß § 20 Abs 2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungs-gemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 zu keiner Betretung, so ist die ASFINAG ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs 2 und 3 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs 4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs 6).

 

 

IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV.1. Wie unter Punkt I.4. festgestellt, war die GO-Box zur vorgeworfenen Tatzeit am vorgeworfenen Tatort entgegen den Bestimmungen von Punkt 8.1 der Mautordnung nicht an der Windschutzscheibe montiert, sondern mit dem Tasten-bereich nach oben auf dem Armaturenbrett abgelegt, was auf dem eingeholten Beweisfoto deutlich erkennbar ist, vom beauftragten Sachverständigen und vom Bf schlussendlich auch ausdrücklich bestätigt wurde.

 

Diese Art der Anbringung hatte zur Folge, dass die Maut am vorgeworfenen Tatort nicht abgebucht werden konnte, zumal – wie sich aus dem Sach-verständigengutachten ergibt – eine korrekte Abbuchung des fälligen Maut-betrags durch die Überkopf-Mautportale der Autobahn nur dann garantiert werden kann, wenn die GO-Box entsprechend den Vorgaben der Mautordnung angebracht ist. Aufgrund der nicht vorgesehenen Platzierung der GO-Box am Armaturenbrett statt der Montage an der Windschutzscheibe und der um
180 Grad verdrehten Lage der GO-Box (mit der Bedienungsseite Richtung Windschutzscheibe) konnte die Maut am vorgeworfenen Tatort zum vorge-worfenen Tatzeitpunkt nicht korrekt entrichtet werden.

 

Der Bf hat somit das ihm vorgeworfene Delikt in objektiver Hinsicht verwirklicht.

 

IV.2.1. Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Ver-waltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

§ 5 Abs 1 S 2 VStG ordnet der Sache nach an, dass bei fahrlässigen Ungehorsamsdelikten der Verstoß gegen den entsprechenden verwaltungs-strafrechtlichen Rechtsbefehl grundsätzlich Fahrlässigkeit indiziert; der Täter muss diesfalls glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Ver-waltungsvorschrift „kein Verschulden trifft“ (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 5 Rz 5).

 

Bei der Bestimmung des § 20 Abs 1 BStMG handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG.

 

Zur Entkräftung der gesetzlichen Vermutung seines fahrlässigen Handelns hätte der Bf im Sinne der stRsp des Verwaltungsgerichtshofs initiativ alles darzulegen gehabt, was für seine Entlastung spricht. Der Bf gab in seiner Beschwerde lediglich an, sich korrekt verhalten und dass "andere Mautstellen keinen Ein-spruch eingelegt" haben. Der Bf teilte mehrfach mit, dass während der gesamten Fahrt die GO-Box auf die am eingeholten Beweisfoto ersichtliche Weise angebracht gewesen sei und er damit ohne Beanstandung durch unzählige Mautstellen gefahren sei. Durch Tonsignale habe er wahrgenommen, dass die Maut regelmäßig abgebucht worden sei. Darüber hinaus habe er bereits am Grenzübergang die GO-Box aufladen lassen, dem österreichischen Staat sei somit keine Maut verloren gegangen.

Damit ist dem Bf aber nicht gelungen, iSd § 5 Abs 1 VStG glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Der Bf hat zwar eine – am Grenzübergang aufgeladene – GO-Box mitgeführt, sich aber offensichtlich nicht mit den Vorschriften über deren korrekte Anbringung vertraut gemacht, was dazu führte, dass die Maut nicht korrekt abgebucht werden konnte.

Der Bf hat vielmehr die GO-Box bewusst auf die festgestellte Weise angebracht, wie seiner E-Mail vom 1. Mai 2014 zu entnehmen ist.

 

IV.2. Da es der Bf verbsäumt hat, die GO-Box vor Benützung einer Mautstrecke entsprechend den Bestimmungen von Punkt 8.1 der Mautordnung zu montieren bzw er sich nicht über die Anbringungsvorschriften für die GO-Box ausreichend in Kenntnis gesetzt und entsprechend gehandelt hat und keine Entschuldi-gungsgründe vorliegen, ist von Fahrlässigkeit auszugehen. Aus den Aus-führungen des Bf, das Gerät bewusst nicht an der Windschutzscheibe angebracht zu haben, ist zu schließen, dass ihm die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens bewusst war, sodass ihm sogar bewusst fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen ist, weshalb das Verschulden nicht als gering zu werten ist.

 

Die Anwendung der Bestimmung des § 45 Abs 1 Z 4 VStG (Absehen von der Fortführung des Strafverfahrens/Erteilung einer Ermahnung) setzt voraus, dass die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Diese Voraussetzungen haben kumulativ vorzuliegen. Da jedoch das Verschulden des Bf nicht als gering anzusehen ist, war eine Anwendung des § 45 Abs 1 Z4 VStG ausgeschlossen.

 

IV.3.1. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Ver-mögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Bei der Strafzumessung handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des Ver-waltungsgerichtshofes (statt vieler VwGH 28.11.1966, 1846/65) innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechts-verfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl ua VwSlg 8134 A/1971). § 19 Abs 1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafzumessung sind, egal ob sie durch Organmandat, Strafverfügung oder im ordentlichen Verfahren (§§ 40 – 46 VStG) erfolgt.

Darüber hinaus normiert Abs 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer zu berücksichtigender subjektiver Umstände. Neben den explizit Genannten, wie insbes. Verschulden und Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie all-fällige Sorgepflichten, findet sich hinsichtlich der Erschwerungs- bzw Milderungs-gründe ein Verweis auf die §§ 32 bis 35 StGB.

 

Gemäß § 32 Abs 2 StGB hat das Gericht bei der Bemessung der Strafe die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Straf-drohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist vor allem zu berück-sichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen können. Nach Abs 3 leg. cit. ist maßgeblich, wie intensiv ein Täter durch seine Handlung Pflichten verletzt hat, wie reiflich er seine Tat überlegt hat, wie sorgfältig er sie vorbereitet oder wie rücksichtslos er sie ausgeführt hat. Besondere Milderungsgründe liegen ua im Fall eines reumütigen Geständnisses, eines bisherigen ordentlichen Lebenswandels bzw bisheriger Unbescholtenheit, achtenswerter Beweggründe, bloßer Unbesonnenheit, einer allgemein begreif­lichen heftigen Gemütsbewegung, oder wenn die Tat unter einem Umstand, der einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommt, begangen wurde, vor (vgl § 34 StGB).

 

Im angefochtenen Straferkenntnis wurde die gesetzliche Mindeststrafe verhängt. Der Bf ist verwaltungsstrafrechtlich unbescholten, Straferschwerungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

 

IV.3.2. Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, so kann gemäß § 20 VStG die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.

 

Der Bf hat zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt eine Go-Box mit sich geführt, auf die er im Vorhinein am Grenzübergang die Maut aufgebucht hat. Wie oben dargestellt, hat der Bf sowohl objektiv als auch subjektiv zu verantworten, dass die GO-Box nicht korrekt an der Windschutzscheibe sondern auf dem Armaturenbrett platziert war, was dazu führte, dass die Maut während der gegenständlichen Fahrt nicht zur Gänze abgebucht werden konnte.

Da der Bf die GO-Box am Grenzübergang nachweislich aufgeladen und offenbar in dem Glauben, dadurch die Abbuchung nicht zu beeinträchtigen, am Armaturenbrett abgelegt hat, um Sichtbehinderungen zu vermeiden, ist davon auszugehen, dass der Bf grundsätzlich beabsichtigt hatte, die Maut ordnungsgemäß zu entrichten.

Dieser Umstand der Tatbegehung kommt einer Pflichtenkollision nahe. Darüber hinaus ist der Bf verwaltungsstrafrechtlich unbescholten.

 

Erschwerungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

 

Im Ergebnis überwiegen im gegenständlichen Verfahren demnach die Milderungsgründe beträchtlich. Dies wirkt sich so weit strafmildernd aus, dass dadurch die Herabsetzung der gesetzlichen Mindeststrafe von 300 Euro auf die Hälfte gerechtfertigt ist.

 

 

V. Im Ergebnis war der bekämpfte Bescheid zu bestätigen, da dem Bf die Tat sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen und die Anwendung des § 45 Abs 1 Z 4 VStG ausgeschlossen war. Aufgrund des beträchtlichen Überwiegens von Strafmilderungsgründen war die Mindeststrafe auf die Hälfte herabzusetzen. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bf kein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vorzuschreiben. Der Verfahrens-kostenbeitrag erster Instanz war gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG mit 10% der Geldstrafe – sohin 15 Euro – festzusetzen.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der aktuellen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.



 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Dr. R e i t t e r