LVwG-300340/2/Kü/SH
Linz, 22.05.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde des Herrn x, x vom 28. April 2014 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 16. April 2014, SV96-43-2011, wegen Übertretung des Arbeitsver-tragsrechts-Anpassungs-gesetzes (AVRAG)
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 38 VwGVG iVm. § 45 Abs. 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) eingestellt.
II. Der Beschwerdeführer hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde (§ 66 Abs. 1 VStG) noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landes-verwaltungsgericht Oberösterreich (§ 52 Abs. 9 VwGVG) zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 16. April 2014, SV96-43-2011, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wegen Übertretung des § 7d Abs. 1 iVm § 7i Abs. 1 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) eine Geldstrafe in Höhe von € 500,- im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitstrafe von 34 Stunden verhängt.
Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:
„Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer, somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ und gemäß § 9 Abs 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Person der Firma "x" mit Sitz x, x, zu verantworten, dass die genannte Firma als Beschäftiger im Sinne des § 7d Abs 2 AVRAG den deutschen Arbeitnehmer x, geb. x, für den in Österreich keine Sozial-versicherungspflicht besteht, zur Erbringung einer fortgesetzten Arbeitsleistung nach Österreich entsandt, am 08.06.2011 um 09:40 Uhr in x, (Baustelle x) beschäftigt hat und jene Unterlagen, die zur Überprüfung der Arbeitnehmer nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts erforderlich sind (Lohnunterlagen), in deutscher Sprache für die Dauer der Beschäftigung der Arbeitnehmer/innen am Arbeits(Einsatz)ort nicht bereitgehalten hat, obwohl Arbeitgeber/innen im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 jene Unterlagen, die zur Überprüfung des dem/der Arbeitnehmer/in nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts erforderlich sind (Lohnunterlagen), in deutscher Sprache für die Dauer der Beschäftigung der Arbeitnehmer/innen am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten haben. Die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort war zumutbar.“
2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, in der die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt wird.
Begründend wurde ausgeführt, dass Herr x ab 9.5.2011 bei der Firma x als Betonierer eingesetzt gewesen sei und bei der Überprüfung der Finanzpolizei am 8.6.2011 seine Lohnunterlagen nicht bei sich gehabt habe, obwohl ihm sowohl von der Firma x als auch von der Firma x aufgetragen worden sei, diese ständig bei sich zu haben. Der Bf sei daher der Meinung, falls ein Strafverschulden überhaupt festgestellt werden könne, dass dieses ausschließlich Herrn x treffe und nicht ihn.
Außerdem sei Herr x bei der Firma x in Deutschland angemeldet gewesen, die auch für die Erstellung der Lohnunterlagen zuständig gewesen sei. Der Bf hätte ihm daher auch keine Lohnunterlagen zur Verfügung stellen können.
Aus beiliegender E-Mail-Bestätigung sei zu ersehen, dass sämtliche Lohnunterlagen sofort nach der Überprüfung an die Firma x gefaxt und diese dann an die Finanzpolizei ausgehändigt worden seien. Dabei sei auch festgestellt worden, dass es keinerlei Verstöße gegen das Lohndumpinggesetz gegeben habe.
3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat mit Schreiben vom 13. Mai 2014, eingelangt am 19. Mai 2014, die Beschwerde dem Landes-verwaltungsgericht Oö. zur Entscheidungsfindung vorgelegt.
II. Das Landesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß § 44 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 44 Abs. 6 VwGVG sind die Parteien so rechtzeitig zur Verhandlung zu laden, dass ihnen von der Zustellung der Ladung an mindestens 2 Wochen zur Vorbereitung zur Verfügung stehen.
Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.
Gemäß § 31 Abs.2 leg.cit. erlischt die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt in dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt. In die Verjährungsfrist werden nicht eingerechnet:
1. die Zeit, während deren nach einer gesetzlichen Vorschrift die Verfolgung nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden kann;
2. die Zeit, während deren wegen der Tat gegen den Täter ein Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft, beim Gericht oder bei einer anderen Verwaltungsbehörde geführt wird;
3. die Zeit, während deren das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage ausgesetzt ist;
4. die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union.
Im gegenständlichen Straferkenntnis wird dem Bf angelastet, anlässlich der Beschäftigung eines deutschen Arbeitnehmers in Österreich die erforderlichen Lohnunterlagen bei der Kontrolle am 8.6.2011 nicht bereitgehalten zu haben.
Aufgrund des Zeitpunktes der Kontrolle tritt die Strafbarkeitsverjährung gemäß § 31 Abs. 2 VStG, da keine Verfahrenszeiten, die nicht in die Verjährungsfrist einzurechnen sind, vorliegen, mit 8.6.2014 ein. Der Bf bestreitet in seiner Beschwerde die angelastete Verwaltungsübertretung und führt aus, dass der Arbeiter bei einer deutschen Firma angemeldet gewesen ist, welche für die Erstellung der Lohnunterlagen zuständig gewesen sei und ihm derartige Unterlagen nicht zur Verfügung gestanden sind. Bei der gegebenen Sachlage ist das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich daher gehalten, zur Erhebung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes eine mündliche Verhandlung gemäß § 44 Abs. 1 VwGVG durchzuführen.
Die gegenständliche Beschwerde wurde dem Landesverwaltungsgericht Oö. von der belangten Behörde am 19. Mai 2014 vorgelegt.
Im Hinblick auf das Erfordernis, in der gegenständlichen Verwaltungssache eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, ist es dem Landesverwaltungsgericht Oö. nicht möglich, vor Eintritt der Strafbarkeitsverjährung am 8.6.2014 unter Einhaltung der erforderlichen Vorbereitungsfrist für die Parteien das erforderliche Beweisverfahren zu einem Abschluss zu bringen.
Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat aber die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Thomas Kühberger