LVwG-300269/5/Kl/TK
Linz, 19.05.2014
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des x, x, gegen den Einstellungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 6. März 2014, Ge96-62-2013, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Bauarbeitenkoordinationsgesetz
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist kein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Entscheidungsgründe:
1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 6. März 2014,
Ge96-62-2013, wurde das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten Ing. x wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 5
Abs. 1 Zif. 2 Bauarbeitenkoordinationsgesetz – BauKG eingestellt. Es wurde ihm zur Last gelegt, dass er als unbeschränkt haftender Gesellschafter der x, x, als Baustellenkoordinatorin zu verantworten habe, dass wie im Zuge einer Baustellenüberprüfung auf der Baustelle der x in x, am 19.8.2013 durch ein Organ des Arbeitsinspektorates Wels festgestellt wurde, auf dem 5° geneigten Dach bei einer Absturzhöhe von ca. 10,00 m drei Arbeitnehmer der x (richtig wohl: x), x in x, mit der Herstellung der Dachisolierung beschäftigt waren, wobei fallweise keine Absturzsicherungen vorhanden waren. An der Stirnseite des Gebäudes betrug die Parapethöhe der Paneele lediglich ca. 30 cm und so bestand an dieser Seite des Gebäudes drohende Absturzgefahr. An der Stirnseite wurden keine zusätzlichen Absperrungen errichtet. Dies stellt eine Übertretung nach § 87 Abs. 2 Bauarbeiterschutzverordnung dar und hat es die Baustellenkoordinatorin daher unterlassen, die Umsetzung der für die betreffende Baustelle geltenden Bestimmungen für die Sicherheit und Gesundheit zu koordinieren.
2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung (richtig: Beschwerde) eingebracht und die Aufhebung des Bescheides und die Bestrafung der Beschuldigten beantragt. Im Wesentlichen wurde dies damit begründet, dass Arbeitsinspektor x bei einer Baustellenüberprüfung am 19.8.2013 auf der Baustelle der x in x auf dem 5° geneigten Dach bei einer Absturzhöhe von ca. 10,00 m drei namentlich genannte Arbeitnehmer der x, mit der Herstellung der Dachisolierung beschäftigt vorge-funden hätte, wobei fallweise keine Absturzsicherungen oder Schutzein-richtungen vorhanden waren. An der Stirnseite des Gebäudes betrage die Parapethöhe der Paneele lediglich ca. 30 cm und so bestand an dieser Seite des Gebäudes drohende Absturzgefahr. An der Stirnseite wurden keine zusätzlichen Absperrungen errichtet. Es wurde § 5 Abs. 1 Zif. 2 BauKG übertreten, wonach der Baustellenkoordinator die Umsetzung der für die betreffende Baustelle geltenden Bestimmungen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu koordinieren hat. Die Übertretung wurde nicht bestritten und ist somit als erwiesen anzusehen. Insbesondere hat der Baukoordinator ein Maßnahmen- und Kontrollsystem einzurichten, das unter den vorhersehbaren Umständen die Einhaltung der ArbeitnehmerInnenschutzbestimmungen gewährleistet. Dieses Kontrollsystem hat keinesfalls ordnungsgemäß funktioniert, da die obig genannten Verfehlungen eingetreten sind. Der Umkehrschluss lässt die Aussage zu, dass bei ordnungsgemäßem Kontrollsystem es auch keine Übertretungen gibt, wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung auch immer wieder aussagt. Durch gegenständliche Übertretung ist jedenfalls festzuhalten, dass das Kontroll- und Überwachungssystem nicht funktioniert hat. Im angefochtenen Bescheid bestätigt die Behörde, dass sowohl das Unternehmen als auch der Bauleiter über die durchzuführenden Sicherheitsvorkehrungen und die Sicherheitsmängel Bescheid wussten. Der beschuldigte Baukoordinator hat sowohl am 14.8.2013 als auch am 29.8.2013 festgestellt, dass die notwendigen Absturzsicherungen fehlten und somit herrschte drohende Gefahr für das Leben und die Gesundheit der Arbeitnehmer. Entgegen der Rechtsansicht der Behörde ist auch der Baukoordinator für die Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen gemäß SIGE-Plan verantwortlich und nicht nur die Firma x. Dies ist eine wesentliche Aufgabe des Baukoordinators. Laut den Protokollen war der beschuldigte Baustellenkoordinator am 14.8.2013 und am 29.8.2013 auf der betreffenden Baustelle. Obwohl schwerwiegende Mängel festgestellt wurden, war der Besichtigungszeitraum des Koordinators länger als 2 Wochen. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung wiederholt festgestellt, dass diese Kontrollzeiträume des Koordinators jedenfalls zu lange sind. Vielmehr hätte der Beschuldigte bei erfolgloser Beseitigung seiner festgestellten Mängel beispielsweise das Arbeitsinspektorat verständigen müssen und kurzfristige bis zu mehr als tägliche Kontrollen auf der Baustelle durchführen müssen. Der Baukoordinator duldete wochenlang die Arbeiten am Dach ohne Sicherung. Es herrscht extremer Erklärungsbedarf, warum der Baukoordinator in dieser entscheidenden Bauphase nur in 2-3 Wochenzeiträumen seine Kontrollen durchführte. Auch wenn eine laufende Kontrolle rund um die Uhr nicht vom Baustellenkoordinator zu verlangen ist, hat er nicht einmal versucht, eine Sicherung der absturzgefährdenden Arbeiten zu erreichen. Die bloße Feststellung und das bloße Schreiben an die betreffende Firma reicht sicherlich nicht aus, sondern muss der Baustellenkoordinator in derartig regelmäßigen Intervallen seine Baustellenkontrollen festlegen, dass er auch jene Tätigkeiten entdeckt, die ihm trotz ausdrücklicher Anordnung nicht gemeldet wurden.
3. Die Bezirkshauptmannschaft Perg als belangte Behörde hat die Berufung (Beschwerde) samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landes-verwaltungsgericht vorgelegt.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat den Beschuldigten am Beschwerdeverfahren beteiligt. In einer Stellungnahme vom 11. April 2014 wurde vom Beschuldigten ausgeführt, dass es vom Baustellenkoordinator nicht verlangt werden könne, dass er täglich - und hier vielleicht mehrmals - die Einhaltung sicherheitstechnischer Vorschriften kontrolliert, insbesondere dann nicht, wenn es bisher - wie auch im gegenständlichen Fall - bei der Umsetzung keinerlei Probleme gegeben habe. § 5 Abs. 1 Zif. 2 BauKG besage, dass der Baustellenkoordinator die Umsetzung der geltenden Bestimmungen über Sicher-heit und Gesundheitsschutz zu „koordinieren“ habe. Wie im angefochtenen Bescheid ausgeführt wird, leitet sich das Wort „koordinieren“ vom Lateinischen ab und bedeutet in der deutschen Sprache „ordnen“. Es wurde daher die Herstellung der Absturzsicherung der Firma x zugeordnet und festgehalten, dass ohne Absturzsicherung keine Dacharbeiten zulässig seien und könne daher dem Beschuldigten kein Verstoß gegen die genannte Gesetzesbestimmung angelastet werden, weil er nicht am 19.8.2013 bei Arbeitsbeginn auf der Baustelle anwesend war, um zu kontrollieren, ob seine Koordination auch beachtet wird. Wenn das Arbeitsinspektorat erstmals in seiner Berufung vermeint, dass es nicht ausreiche, dass der Baukoordinator seine Kontrollen nur in 2-3 Wochenabständen durchführt, so sei darauf hinzuweisen, dass der konkrete Strafantrag sich nur auf die verwaltungsstrafrechtliche Übertretung vom 19.8.2013 bezieht. Die letzte Kontrolle vor der festgestellten Übertretung habe einen Arbeitstag zuvor stattgefunden. Dass eine Koordinierungstätigkeit über einen längeren Zeitraum nicht erfolgt sei, sei erstmals in der Berufung vorgebracht und im gesamten bisherigen Verfahren nicht behauptet worden. Werde jedoch vermeint, dass der Baustellenkoordinator auch darauf zu achten habe, dass der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan angewendet bzw. die festgestellten Sicherheitsmängel tatsächlich beseitigt werden, so hätten entsprechende Ermittlungstätigkeiten in diese Richtung gesetzt werden müssen. Wäre ein diesbezüglicher Verstoß festgestellt worden, so hätte aber nicht das Strafverfahren wegen § 5 Abs. 1 Z. 2 BauKG, sondern aufgrund einer anderen Verwaltungsübertretung geführt werden müssen. Der Beschuldigte habe daher die ihm vorgeworfene Übertretung am 19.8.2013 nicht begangen.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Der maßgebliche Sachverhalt ist durch die Schriftsätze und Stellungnahmen ausreichend geklärt. Im Übrigen wird der Sachverhalt nicht bestritten. Darüber hinaus macht die Beschwerde eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend. Eine mündliche Verhandlung wurde von keiner Partei beantragt. Es konnte daher eine mündliche Verhandlung gemäß § 44 Abs. 3 Z.1 VwGVG entfallen.
4.1. Folgender Sachverhalt wird als erwiesen zugrundegelegt:
Der Beschwerdeführer ist unbeschränkt haftender Gesellschafter der x, welche zur Baustellenkoordinatorin gemäß x für die Baustelle x bestellt ist. Am 19.8.2013 wurde festgestellt, dass drei namentlich genannte Arbeitnehmer der x auf dem 5° geneigten Dach bei einer Absturzhöhe von ca. 10 m mit der Herstellung der Dachisolierung beschäftigt waren, wobei fallweise keine Absturz-sicherungen vorhanden waren. An der Stirnseite des Gebäudes betrug die Parapethöhe der Paneele lediglich 30 cm und es bestand an dieser Seite des Gebäudes drohende Absturzgefahr. An der Stirnseite wurden keine zusätzlichen Absperrungen errichtet.
Durch Baustellenprotokoll belegt führte die Baustellenkoordinatorin eine Baustellenbesichtigung am 14.8.2013 um 12:20 Uhr durch und stellte dabei fest, dass die Rohbauarbeiten weitgehend fertig gestellt sind und die Dach- und Spenglerarbeiten noch fertig gestellt werden müssen. Es wurde daher für die Dacharbeiten gemäß SIGE-Plan die Herstellung von Absturzsicherungen durch die Firma x gefordert und vermerkt, dass ohne Absturzsicherungen keine Dacharbeiten zulässig sind. Festzustellen ist, dass der 14.8.2013 ein Mittwoch war, an diesem Tage nicht gearbeitet wurde und niemand auf der Baustelle anwesend war, am 15. 8. 2013 Feiertag und anschließend ein verlängertes Wochenende war, sodass erst wieder am Montag den 19.8.2013 auf der Baustelle zu arbeiten begonnen wurde. Die nächste Baustellenbesichtigung (laut Baustellenprotokoll) durch die Baustellenkoordinatorin fand am 29.8.2013 um 15:05 Uhr statt und wurde festgestellt, dass bei Dacharbeiten die Absturzsicherungen fehlen und ohne Absturzsicherungen in diesem Bereich keine Arbeiten zulässig sind. Zu diesem Zeitpunkt wurden Dacharbeiten durchgeführt. Beide Baustellenprotokolle wurden dem Bauherrn, dem Planungskoordinator und der Firma x übermittelt.
4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf die im Akt befindlichen Fotos und Baustellenprotokolle sowie die Stellungnahmen der Verfahrensparteien.
5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:
5.1. Gemäß § 5 Abs. 1 BauKG (in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung) hat der Baustellenkoordinator zu koordinieren:
1. die Umsetzung der allgemeinen Grundsätze der Gefahrenverhütung gemäß § 7 ASchG bei der technischen und organisatorischen Planung, bei der Einteilung der Arbeiten, die gleichzeitig oder nacheinander durchgeführt werden, bei der Abschätzung der voraussichtlichen Dauer für die Durchführung dieser Arbeiten sowie bei der Durchführung der Arbeiten,
2. die Umsetzung der für die betreffende Baustelle geltenden Bestimmungen über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit,
3. die Überwachung der ordnungsgemäßen Anwendung der Arbeitsverfahren.
Gemäß § 5 Abs. 2 BauKG hat der Baustellenkoordinator darauf zu achten, dass
1. die Arbeitgeber den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan anwenden,
2. die Arbeitgeber die allgemeinen Grundsätze der Gefahrenverhütung gemäß
§ 7 ASchG anwenden,
3. die auf der Baustelle tätigen Selbstständigen den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan und die allgemeinen Grundsätze der Gefahrenverhütung gemäß § 7 ASchG anwenden, wenn dies zum Schutz der Arbeitnehmer erforderlich ist.
Gemäß § 5 Abs. 3 BauKG hat der Baustellenkoordinator
1. die Zusammenarbeit und die Koordination der Tätigkeiten zum Schutz der Arbeitnehmer und zur Verhütung von Unfällen und berufsbedingten Gesund-heitsgefährdungen zwischen den Arbeitgebern zu organisieren und dabei auch auf der Baustelle tätige Selbstständige einzubeziehen,
2. für die gegenseitige Information der Arbeitgeber und der auf der Baustelle tätigen Selbstständigen zu sorgen,
3. den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan und die Unterlage unter Berücksichtigung des Fortschritts der Arbeiten und eingetretener Änderungen anzupassen oder anpassen zu lassen,
4. die erforderlichen Maßnahmen zu veranlassen, damit nur befugte Personen die Baustelle betreten.
Gemäß § 5 Abs. 4 BauKG hat der Baustellenkoordinator, stellt er bei Besichti-gungen der Baustelle Gefahren für Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer fest, unverzüglich den Bauherren oder den Projektleiter sowie die Arbeitgeber und die allenfalls auf der Baustelle tätigen Selbstständigen zu informieren. Der Baustellenkoordinator hat das Recht, sich an das Arbeitsinspektorat zu wenden, wenn er der Auffassung ist, dass die getroffenen Maßnahmen und bereitge-stellten Mittel nicht ausreichen, um die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz sicherzustellen, nachdem er erfolglos eine Beseitigung dieser Miss-stände verlangt hat.
Bereits den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1462 der Beilagen zu den stenografischen Protokollen des Nationalrates XX. GP) zu § 5 BauKG ist zu entnehmen, dass die Organisation der Zusammenarbeit und der Information der Arbeitgeber und der Selbstständigen sowie die Koordination der Tätigkeiten zum Schutz der Arbeitnehmer zu den wesentlichen Aufgaben des Koordinators in der Ausführungsphase zählt. Weiters wird darauf hingewiesen, dass Absatz 4 „die Verpflichtung des Koordinators enthält, den Bauherrn - oder den Projektleiter, wenn einer bestellt ist - über Gefahren zu informieren. Der Koordinator hat in der Regel keine Anordnungsbefugnis gegenüber den auf der Baustelle tätigen Unternehmen und kein Durchgriffsrecht. Die Einschaltung des Bauherrn oder des Projektleiters wird daher häufig die einzige Möglichkeit sein, Abhilfe zu schaffen. Weiters sieht Abs. 4 ein dem § 86 Abs. 3 ASchG nachgebildetes Recht des Koordinators vor, sich an die zuständige Arbeitnehmerschutzbehörde zu wenden, nachdem er erfolglos bei den zuständigen Personen eine Beseitigung von Miss-ständen verlangt hat.“ Auch die Materialien zum Arbeitnehmerschutz-Reformgesetz (RV 802 AB 898 der XXI. GP) weisen darauf hin, dass „dem Koordinator keine unmittelbare Anordnungsbefugnis zusteht, was durch die Formulierung “Maßnahmen zu veranlassen“ besser zum Ausdruck kommt als durch die geltende Formulierung “Maßnahmen zu treffen“. Im geltenden § 5
Abs. 4 wird der Koordinator dazu verpflichtet, von Gefahren für Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer auf der Baustelle unverzüglich den Bauherrn oder den Projektleiter zu informieren. Weder dem Bauherrn noch dem Projektleiter kommt jedoch eine direkte Anordnungsbefugnis zur Beseitigung dieser Mängel zu, weil Normadressat der Arbeitnehmerschutzvorschriften - und dafür auch verantwortlich - die Arbeitgeber bleiben. Zweckmäßigerweise sollte daher die Hinweispflicht der Koordinatoren auch gegenüber den betroffenen Arbeitgebern - ebenso wie gegenüber den allenfalls auf der Baustelle tätigen Selbstständigen - in das Gesetz aufgenommen werden.“
5.2. Der erwiesene und unbestrittene Sachverhalt wurde dem objektiven Tatbestand nach § 5 Abs.1 Z. 2 BauKG zugeordnet und zur Anzeige gebracht, nämlich dass die beschuldigte Baustellenkoordinatorin die Koordinierung der Umsetzung der für die betreffende Baustelle geltenden Bestimmungen für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer unterlassen hat. Dieser Tatbestand wurde offenkundig nicht erfüllt und wurde daher das diesbezüglich angezeigte und eingeleitete Strafverfahren zu Recht eingestellt, weil die Beschuldigte diese vorgeworfene Tat nicht begangen hat. Wie sich nämlich aus dem Sachverhalt eindeutig ergibt, fand die Kontrolle des Arbeitsinspektorates am Montag den 19.8.2013 statt, an welchem Verstöße gegen § 87 Abs. 2 BauV festgestellt wurden. Die davor gelegenen Tage waren jedoch Wochenende und Feiertag, also arbeitsfreie Tage (15. bis 18.8.2013). Diesen Tagen vorgelagert, also am 14.8.2013 fand eine Baustellenbesichtigung durch die Beschuldigte statt. Am 14.8.2013 fanden jedoch ebenfalls keine Arbeiten auf der Baustelle statt (siehe Protokoll vom 14.8.2013). Es bemerkte die Beschuldigte aber rechtskonform, dass die Absturzsicherungen gemäß SIGE-Plan herzustellen sind und ohne Absturzsicherungen keine Dacharbeiten zulässig sind. Dieses Baustellenprotokoll wurde auch dem Bauherrn, dem Baumeister und der zuständigen Dachdeckerfirma übermittelt. Es bestand aber - weil am 14.8.2013 nicht gearbeitet wurde - für die Beschuldigte weder eine Veranlassung zu irgendwelchen unmittelbaren Maßnahmen, noch zu einer Kontrolle am nächstfolgenden Arbeitstag, nämlich am 19.8.2013. Vielmehr konnte sie nach der Lebenserfahrung davon ausgehen, dass bei Arbeitsbeginn am 19.8.2013 -gemäß dem übermittelten Baustellenprotokoll - die Absturzsicherungen herge-stellt werden. Vielmehr hat sie ihrer Koordinierungspflicht zur Umsetzung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes durch Übermittlung des Baustellen-protokolls Rechnung getragen.
Es hat daher die Beschuldigte den vorgeworfenen und verfolgten objektiven Tatbestand gemäß § 5 Abs. 1 Z. 2 BauKG am Tattag (19.8.2013) nicht erfüllt.
Wenn hingegen das beschwerdeführende Arbeitsinspektorat in seiner Beschwerde vermeint, die Beschuldigte wäre ihrer Pflicht, auf die Anwendung der Bestimmungen über Sicherheit und Gesundheitsschutz sowie des Sicherheits -und Gesundheitsschutzplanes durch die Arbeitgeber zu achten, nicht nachge-kommen, so würde dies eine Pflicht des Baustellenkoordinators gemäß § 5 Abs.2 Z. 1 und Z. 2 BauKG darstellen. Eine solche Pflichtverletzung wurde aber im durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren nicht vorgeworfen.
Darüber hinaus war aber zu berücksichtigen, dass am Arbeitstag vor dem 19.8.2013, an dem die Baustellenkontrolle durch die Baustellenkoordinatorin stattgefunden hat, nicht gearbeitet wurde. Es bestand daher für sie keine Veranlassung zur Annahme, dass die Anwendung der Bestimmungen nicht erfolgt. Es war ihr daher auch nicht anzulasten, dass sie nicht am darauf folgenden Arbeitstag wieder auf die Baustelle zur Kontrolle gekommen ist.
Wenn in der Beschwerde weiters darauf verwiesen wird, dass das Intervall zwischen der Baustellenkontrolle am 14.8.2013 und der nächstfolgenden Baustellenkontrolle am 29.8.2013 zu groß sei, und daraus eine Pflichtverletzung abgeleitet wird, so ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, dass ein derartiges rechtswidriges Verhalten (mangels Anführung in der Anzeige) zu keinem Zeitpunkt im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren der Beschuldigten vorgeworfen wurde. Ein derartiges Verhalten ist daher nicht Gegenstand des anhängigen Strafverfahrens und bedarf daher eines anderen Tatvorwurfes.
Hingegen wird vom Beschuldigten zu Recht darauf hingewiesen, dass die Baustellenkoordinatorin kein unmittelbares Anordnungsrecht und Durchgriffs-recht gegenüber den zuständigen Arbeitgebern besitzt. Dies ist auch eindeutig den oben angeführten Materialien zum BauKG zu entnehmen. Der Verpflichtung des Hinweises an den Bauherrn und die Arbeitgeber ist die Baukoordinatorin hingegen nachweislich nachgekommen. Da zum Besuchstermin auf der Baustelle nicht gearbeitet wurde, war hingegen keine Notwendigkeit, dass die Baustellen-koordinatorin beim zuständigen Arbeitsinspektorat einschreitet.
Aus all den angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid zu bestätigen und die Beschwerde des Arbeitsinspektorates abzuweisen.
6. Weil die Beschwerde nicht vom Beschuldigten eingebracht wurde, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht nicht fest-zulegen.
7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Ilse Klempt