LVwG-300116/10/Py/TO/TK

Linz, 09.05.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Dr.in Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn x, x, vom 24. Juni 2013, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 14. Mai 2013 GZ: 0005836/2012, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialver-sicherungsgesetzes (ASVG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 2. April 2014

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Der Beschwerde wird gemäß § 38 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) i.V.m. § 45 Abs.1 Z 4 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) insofern Folge gegeben, als von einer Bestrafung abgesehen und dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung erteilt wird.

 

II.       Gemäß § 52 Abs. 8 und 9 VwGVG hat der Beschwerdeführer keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.             1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 14. Mai 2013, GZ: 0005836/2012, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma x, x nach § 33 Abs.1 iVm § 111 ASVG wegen Übertretung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht hinsichtlich der Dienstnehmerin  Frau x, geb. x eine Geldstrafe in der Höhe von 730 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 112 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 73 Euro vorgeschrieben.

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass der dargestellte Sachverhalt bei einer Kontrolle durch Organe des Finanzamtes Linz festgestellt wurde.

In der Stellungnahme zur Rechtfertigung habe der Bf vorgebracht, dass er im Zeitraum x 2011 bis x 2014 zu Dienstzwecken auf Reisen gewesen sei. Aufgrund dieser Reisetätigkeiten und dem Faktum, dass es keine weiteren Angestellten in der Firma des Bf gegeben habe, habe Frau x unentgeltlich nur die dringlichsten Angelegenheiten (Sichten der Korrespondenz, Weitergabe von dringenden Angelegenheiten) erledigt. Es sei jedoch in keinster Weise beabsichtigt gewesen, Frau x nicht korrekt zu beschäftigen.

 

Für die erkennende Behörde sei der dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Beweisverfahrens erwiesen. Es sei von einer entgeltlichen Beschäftigung auszugehen, da Unentgeltlichkeit nicht ausdrücklich vereinbart worden sei. Zudem würde es der allgemeinen Lebenserfahrung widersprechen, wenn Frau x für die geleisteten Tätigkeiten keine Gegenleistung erwartet habe.

 

2. Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde vom 24. Juni 2013, in der der Bf festhält, dass er die Aufhebung des Bescheides beantrage, da zwischen der Abmeldung der Vollbeschäftigung am x.x.2011 und der Anmeldung am x.x.2012 kein Dienstverhältnis mit Frau x bestanden habe.

 

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat mit Schreiben vom 24. Juni 2013 den Aktenvorgang dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes zur Entscheidung vorgelegt.

 

Mit 1.1.2014 trat das Landesverwaltungsgericht (LVwG) an die Stelle des Unabhängigen Verwaltungssenates. Das LVwG entscheidet gemäß § 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) durch einen Einzelrichter. Die Berufung gilt gemäß § 3 Abs.1 letzter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) als Beschwerde iSd Art 130 Abs.1 Z 1 B-VG. Die Zuständigkeit der erkennenden Richterin ergibt sich aus § 3 Abs.7 VwGbk-ÜG.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 2. April 2014, an der der Bf selbst und sowohl ein Vertreter des Magistrat Linz als auch des Finanzamtes Linz teilgenommen haben. Als Zeugin wurden Frau x einver-nommen.

 

Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage schränkte der Bf seine Berufung auf die Höhe der verhängten Strafe ein. Der Vertreter der Organpartei teilte mit, dass im fraglichen Zeitraum keine Umsatzsteuervoranmeldungen seitens des Unternehmens des Bf abgegeben worden seien und deshalb der Erteilung einer Ermahnung keine Bedenken entgegenstehen würden. Diesen Ausführungen schloss sich auch der Vertreter der belangten Behörde an.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

5.1. Da sich die Beschwerde nunmehr ausschließlich gegen das Strafausmaß des Straferkenntnisses richtet, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Landesverwaltungsgericht verwehrt, sich inhaltlich mit der Entscheidung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz auseinander zu setzen.

 

5.2. Gemäß § 33 Abs.1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit  die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs.2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar 

mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in der Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetztes 1991 kann die Bezirks-verwaltungsbehörde bei erstmaligem Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG, der gemäß § 38 VwGVG auch im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht anzuwenden ist, ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu  nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs-strafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienver-hältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

5.3. Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Zunächst ist hinsichtlich der Strafbemessung zu berücksichtigen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für das Vorliegen eines Gefälligkeits- oder Freundschaftsdienstes, welcher keine Anmeldung zur Sozialversicherung zur Folge hätte, ein persönliches Naheverhältnis zwischen dem Leistungsempfänger und dem Erbringer der Leistung, eine relative Kürze der Arbeitstätigkeit, Freiwilligkeit und Unentgeltlichkeit erforderlich sind (VwGH vom 29.11.2007, 2007/09/0230). Gefälligkeitsdienste erfordern zwar keine besonderen familiären oder vergleichbaren Nahebeziehungen der Beteiligten, jedoch müsse eine spezifische Bindung vorhanden sein. Diese spezifischen Bindungen treten meist an die Stelle einer persönlichen oder wirtschaftlichen Fremdbestimmtheit. Dieser unscharfe Begriff sei als eine aus den im Laufe des Lebens gemeinsam gemachten Erfahrungen bzw. gemeinsam erlebten Umständen und einer daraus herrührenden nicht nur kurzfristigen und vorübergehenden engeren Bekanntschaft zu sehen.

 

Dem Bf ist es – auch im Hinblick auf die diesbezüglich schlüssigen Angaben der einvernommenen Zeugin - in der mündlichen Verhandlung gelungen glaubwürdig darzustellen, dass es sich aufgrund der besonderen Umstände im vorliegenden Fall tatsächlich um unentgeltliche Hilfeleistung in Form der wöchentlichen Sortierung des Posteingangs gehandelt hat. Jedoch ist das für das Vorliegen eines Gefälligkeitsdienstes erforderliche Kriterium der Kurzfristigkeit der Leistung zwar hinsichtlich des jeweils aufgewendeten Zeitpensums, nicht jedoch hinsichtlich der Gesamtdauer der Tätigkeit zu verneinen. Es kann daher im vorliegenden Fall zwar von keinem Gefälligkeitsdienst iSd ständigen Rechtsprechung ausgegangen werden, jedoch liegen im Ergebnis im Hinblick auf die Intensität der Beeinträchtigung des geschützten Rechtsgutes durch die Tat und die Geringfügigkeit des Verschuldens des Bf die Voraussetzungen für die Anwendung des § 45 Abs.1 Z4 VStG vor. Gleichzeitig wird der Bf jedoch auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens hingewiesen und ihm gemäß § 45 Abs.1 Z 4 VStG iVm § 38 VwGVG eine Ermahnung erteilt, da die erkennende Richterin zur Auffassung gelangt, dass dieses Vorgehen geboten erscheint, um dem Bf die Unrechtmäßigkeit seines Verhaltens vor Augen zu führen und ihn künftig zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuhalten.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

II.            Die Entscheidung über die Verfahrenskosten ist in den zitierten Gesetzesstellen begründet.

 

III.           Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.in Andrea Panny