LVwG-150147/5/AL/WP

Linz, 27.05.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Astrid Lukas über die Beschwerden 1. des x und 2. der x, beide wohnhaft in x, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Julbach vom 25. Oktober 2013, GZ: 810-3/49-2013-Ber.Abw., betreffend Anschlusszwang, den

B E S C H L U S S

gefasst:

I.         Der Beschwerde wird stattgegeben. Der Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Julbach vom 25. Oktober 2013 wird aufgehoben und die Angelegenheit wird gemäß § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG an den Gemeinderat der Gemeinde Julbach zurückverwiesen.

 

II.       Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

 

1. Die Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) sind jeweils Hälfteeigentümer der x, Grundstücksnummer x, EZ x, KG x. Mit (Ersatz-)Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 7. März 1963 wurde für die verfahrensgegenständliche Liegenschaft (damals mit der Adresse Julbach Nr x) „[g]emäß § 5 des Gemeinde-Wasserversorgungsgesetzes vom 28.6.1956 LGBl.Nr.38/1956, in Verbindung mit § 99 des WRG.1959, BGBl.Nr.215/1959, [...] festgestellt, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für den Anschlußzwang der Objekte Julbach Nr.x (x) [...] unter der Voraussetzung n i c h t gegeben sind, daß die Privatwasserversorgungsanlage für die genannten Objekte zusätzlich noch durch die Festsetzung eines Schutzgebietes saniert wird“. In der Begründung ging der Landeshauptmann von Oberösterreich auf die Sanierung der (privaten) Wasserversorgungsanlage und den Schutz des Quellwassers durch ein Schutzgebiet näher ein. Abschließend führte der Landeshauptmann von Oberösterreich aus: „Da somit eine Sanierung mit verhältnismäßig geringen Kosten durchgeführt werden kann, ist die Auflassung der gegenständlichen Privatwasserversorgungsanlage im Sinne des § 2 Abs. 3 des Gemeinde-Wasserversorgungsgesetzes nicht mehr gerechtfertigt. Daher war spruchgemäß zu entscheiden“. Dieser Bescheid wurde – laut Zustellverfügung –  J und M G zugestellt.

 

2. Mit Schreiben der Gemeinde Julbach vom 14. November 2012 wurden die Bf vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens betreffend den Wasseranschluss ihrer Liegenschaft informiert. Ihnen wurde ua mitgeteilt, dass für das Objekt Anschlusspflicht bestehe und beabsichtigt sei, die Anschlusspflicht an die öffentliche Anlage gem § 5 Oö. Wasserversorgungsgesetz festzustellen. Abschließend wurde den Bf die Gelegenheit eingeräumt, binnen 10 Tagen schriftlich eine Stellungnahme dazu abzugeben. Soweit aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ersichtlich, wurde von den Bf keine schriftliche Stellungnahme abgegeben.

 

3. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Julbach vom 10. April 2013, GZ: 810-3/49-2013, wurde festgestellt, „dass für ihr angeführtes Objekt Anschlusspflicht gem. § 1 Oö. Wasserversorgungsgesetz besteht“ und den Bf aufgetragen, innerhalb von 3 Monaten ab Rechtskraft des Bescheides an die Wasserversorgungs­anlage anzuschließen. Begründend führte der Bürgermeister – ohne den rechtlich relevanten Sachverhalt umfassend darzustellen – aus: „Da sich Ihr[e] Gebäude im Versorgungsbereich befindet[n] und auch die weiteren Voraussetzungen vorliegen, musste die Anschlussherstellung aufgetragen werden, da Sie dieser Verpflichtung nicht freiwillig nachgekommen sind“. Der Bescheid des Bürgermeisters wurde den Bf jeweils gesondert zugestellt. Die Zustellung erfolgte jeweils am 22. April 2013.

 

4. Gegen diesen Bescheid erhoben die Bf mit Schriftsatz vom 2. Mai 2013, beim Gemeindeamt der Gemeinde Julbach am 6. Mai 2013 eingelangt, Berufung. In der Sache brachten die Bf im Wesentlichen vor, das Objekt x sei von den Bf im Jahr 1974 bereits mit bestehender Wasserversorgungsanlage erworben worden. „Mit Bescheid Wa-1093/1-1963/Br vom 7. März 1963 wurde festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anschlußzwang lt. Bescheid Zl. 46.297-I/1/61 vom 28. April 1961 nicht gegeben sind und wurde daher abgelehnt“. Zudem sei die Anlage im Herbst 2012 mit großem Aufwand erneuert worden und sei den Bf seitens der Gemeinde versichert worden, es gebe keinen Anschlusszwang.

 

5. Mit Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde Julbach vom 27. Juni 2013 wurde den Bf eine Bestätigung des Projektanten (Fa. Dipl. Ing x & Partner Ziviltechniker GmbH, 4020 Linz, x) über die ausreichende Kapazität der verfahrensgegenständlichen Wasserversorgungsanlage übermittelt.

 

6. Mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Julbach (im Folgenden: belangte Behörde) vom 25. Oktober 2013 wurde die Berufung der Bf als unbegründet abgewiesen und der Bescheid des Bürgermeisters bestätigt. Begründend führte die belangte Behörde – ohne den rechtlich relevanten Sachverhalt umfassend darzustellen – aus: „Es besteht Anschlusspflicht bei Vorliegen der Voraussetzungen des oben angeführten § 1 Abs. 3 Oö. WVG. Diese Voraussetzungen liegen beim konkreten, anschlusspflichtigen Objekt vor. Diese Tatsache wurde weder im durchgeführten Ermittlungsverfahren noch im Berufungsverfahren bestritten bzw. in Zweifel gezogen. Ad 1.: Das Vorhandensein einer privaten Wasserversorgungsanlage beim Erwerb des Objektes X schließt nach den Bestimmungen des Oö. WVG 1997 die gesetzliche Anschlusspflicht nicht aus. Ad 2.: Die nach der früheren Rechtslage erteilte Ausnahmegenehmigung wurde durch die Erlassung des Wasserversorgungsgesetzes 1997 obsolet, zumal keine Übergangsbestimmung vorgesehen worden ist, sodass die Rechtslage nach dem Oö. WVG 1997 generell anzuwenden ist“. Es folgen Ausführungen zu den – von den Bf in der Berufung kritisierten – Anschlusskosten und der Behauptung der Bf, die Gemeinde hätte zugesichert, dass keine Anschlusspflicht bestehe. Nach der Rechtsmittelbelehrung findet sich ein Hinweis über die Möglichkeit der Erhebung einer Vorstellung an die Aufsichtsbehörde. Die dafür vorgesehene Frist wurde von der belangten Behörde mit 2 Monaten festgesetzt. Der Berufungsbescheid wurde den Bf jeweils gesondert zugestellt. Die Zustellung erfolgte jeweils am 6. November 2013.

 

7. Gegen diesen Bescheid erhoben die Bf mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2013, am Gemeindeamt der Gemeinde Julbach am 30. Dezember 2013 eingelangt, Vorstellung. Im Wesentlichen wiederholen die Bf darin ihre Ausführungen aus der Berufung.

 

8. Mit Schreiben vom 3. Februar 2014 legte die belangte Behörde die Vorstellung der Bf samt Verfahrens­akt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor. Das Vorlageschreiben langte am 6. Februar 2014 beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich ein. In einem weiteren Schreiben vom 3. Februar 2014 nahm die belangte Behörde zur Vorstellung der Bf Stellung und führte zur Behauptung der Bf, seitens der Gemeinde sei versichert worden, dass kein Anschlusszwang bestehe, aus: „Dazu möchten wir definitiv festhalten, dass der Wahrheitsgehalt dieser Behauptung stark bezweifelt werden kann. Sicher ist jedenfalls, dass eine solche Aussage mit Sicherheit nicht von einem Bediensteten der Gemeindeverwaltung gemacht wurde. Allenfalls könnte es sich um Politikeraussage ohne rechtliche Grundlage handeln“.

 

9. Mit Schreiben vom 17. Februar 2014, beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am selben Tag eingelangt, bestätigte die belangte Behörde, die Vorstellung der Bf sei am 30. Dezember 2013 von der Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden: Zweit-Bf) persönlich beim Gemeindeamt Julbach abgegeben worden.

 

 

II.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Behörde (einschließlich der Schriftsätze der Bf) und die vorgelegten Ergänzungsschreiben. Der unter I. dargelegte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Akt und den Ergänzungsschreiben der belangten Behörde.

 

Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits nach der Aktenlage hinreichend geklärt war, konnte gem § 24 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

III.

 

1. Gem § 7 Bundes-Gemeindeaufsichtsgesetz, BGBl 1967/123 kann, wer durch den Bescheid eines Gemeindeorganes in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges innerhalb von 2 Wochen dagegen Vorstellung erheben. Gem Abs 2 leg cit ist die Vorstellung bei der Gemeinde einzubringen. Entgegen dieser Bestimmung wurde die Frist zur Erhebung der Vorstellung von der belangten Behörde im Berufungsbescheid mit 2 Monaten festgelegt. Gem § 61 Abs 3 AVG gilt das innerhalb der angegebenen Frist eingebrachte Rechtsmittel als rechtzeitig, wenn in dem Bescheid eine längere als die gesetzliche Frist angegeben wurde. Der Bescheid der belangten Behörde wurde den Bf am 6. November 2013 zugestellt. Diese erhoben mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2013 Vorstellung beim Gemeindeamt der Gemeinde Julbach, wo diese am 30. Dezember 2013 von der Zweit-Bf persönlich eingebracht wurde.

 

Die Vorstellung war daher rechtzeitig.

 

2. Gem Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG geht die Zuständigkeit zur Weiterführung der Verfahren über Vorstellungen auf die (mit 1. Jänner 2014 neu geschaffenen) Verwaltungsgerichte über. Die verfahrens­gegenständliche Vorstellung war somit vom Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich als Beschwerde gem Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm dem VwGVG zu werten.

 

Die Beschwerde ist daher auch zulässig.

 

3. Gem §§ 5 iVm 1 Oö. Wasserversorgungsgesetz LGBl 1997/24 idF LGBl 2013/90 hat die Gemeinde im Zweifelsfall festzustellen, ob Anschlusszwang besteht. Die maßgeblichen Rechtsvorschriften lauten auszugsweise:

 

„§ 1

(1) Im Versorgungsbereich einer gemeindeeigenen gemeinnützigen öffentlichen Wasserversorgungsanlage, im folgenden kurz öffentliche Wasserversorgungsanlage genannt, besteht nach Maßgabe dieses Landesgesetzes für Gebäude und Anlagen einschließlich der jeweils dazugehörigen Grundstücke, in denen Wasser verbraucht wird, im folgenden kurz Objekte genannt, Anschlußzwang.

 

(2) Eine Wasserversorgungsanlage ist gemeinnützig, wenn die Gebühren und Entgelte für die Benützung den Aufwand für die Erhaltung der Anlage sowie für die Verzinsung und Tilgung der Errichtungskosten das doppelte Jahreserfordernis (§ 15 Abs. 3 Z. 5 des Finanzausgleichsgesetzes 1993) nicht übersteigt. Eine Wasserversorgungsanlage ist öffentlich, wenn der Anschluß innerhalb ihres Versorgungsbereiches und im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit allgemein offen steht.

 

(3) Zum Versorgungsbereich zählt jede Liegenschaft,

1. deren zu erwartender Wasserbedarf von der öffentlichen Wasserversorgungsanlage voll befriedigt werden kann, und

 

2. deren kürzeste Entfernung zu einer Versorgungsleitung der öffentlichen Wasserversorgungsanlage nicht mehr als 50 m beträgt.

 

(4) Als gemeindeeigen im Sinn dieses Landesgesetzes gilt eine Wasserversorgungsanlage, deren sich die Gemeinde zur Erfüllung der ihr obliegenden öffentlichen Aufgaben bedient, auch dann, wenn die Anlage nicht oder nicht zur Gänze im Eigentum der Gemeinde steht.

 

 

§ 5

 

Die Gemeinde hat im Zweifelsfall festzustellen, ob und inwieweit die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verpflichtungen und Verbote nach diesem Landesgesetz, insbesondere gemäß § 1 und § 2 Abs. 1 und 3 gegeben sind. Ferner hat die Gemeinde festzustellen, welche Vorkehrungen zu treffen sind, damit der Wasserberechtigte bzw. der Eigentümer der Wasserversorgungsanlage die Verpflichtung des § 2 Abs. 4 erfüllt.

 

§ 7

(1) [...]

 

(2) Die in diesem Landesgesetz geregelten Aufgaben der Gemeinde sind solche des eigenen Wirkungsbereiches.“

 

 

IV.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat im Rahmen des durch §§ 27 und 9 Abs 1 Z 3 und Z 4 VwGVG normierten Prüfungsumfangs durch seine gem § 2 VwGVG zuständige Einzelrichterin erwogen:

 

1. Gem § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde die notwendigen Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

 

2. Die Bf bringen in ihrer Beschwerde vor, „[m]it Bescheid Wa-1093/1-1963/Br vom 7. März 1963 wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen für einen Anschlusszwang [...] nicht gegeben sind“. Damit behaupten die Bf offenkundig, einer neuerlichen Entscheidung durch die belangte Behörde in der verfahrensgegenständlichen Angelegenheit stünde die Einrede der entschiedenen Sache (res iudicata) entgegen. Die Legitimation zur Erhebung dieser Einrede kommt allerdings nur jenen Personen zu, auf die sich die Rechtswirkungen des (vorangegangen) Bescheides erstrecken. Der – von den Bf zitierte – Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich wurde hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft gegenüber J und M G erlassen. Die Rechtswirkungen dieses Bescheides beziehen sich daher grundsätzlich auf die genannten Bescheidadressaten. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes kommt Bescheiden allerdings dingliche Wirkung zu, „wenn (infolge ihrer Projekt- bzw. Sachbezogenheit) die durch den Bescheid begründeten Rechte und Pflichten an der Sache haften und durch den Wechsel der Person des Eigentümers nicht berührt wird. Von dinglicher Wirkung eines Bescheides kann dann gesprochen werden, wenn dieser jedem gegenüber wirkt, der entsprechende Rechte an der ‚betroffenen‘ Sache hat; dingliche Wirkung eines Bescheides bedeutet daher regelmäßig die Erstreckung der Bescheidwirkungen auf die Rechtsnachfolger“ (VwGH vom 15.09.2011, 2009/04/0112). Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht aufgrund der ausschließlichen Sachbezogenheit des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich von dessen dinglicher Wirkung aus. Die Rechtswirkungen beziehen sich also auf die aktuellen Eigentümer der betroffenen Liegenschaft. Die Bf sind demzufolge zur Erhebung der Einrede der entschiedenen Sache dem Grunde nach legitimiert.

 

3. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 7. März 1963 wurde rechtskräftig festgestellt, für die verfahrensgegenständliche Liegenschaft bestehe KEIN ANSCHLUSSZWANG. Diese normative Feststellung steht allerdings bemerkenswerter Weise unter der (aufschiebenden) Bedingung der Festsetzung eines Schutzgebietes. Die Bescheidwirkungen (konkret: kein Anschlusszwang) sind daher vom Eintritt dieser Bedingung abhängig. Dem vorgelegten Verwaltungsakt kann nicht entnommen werden, ob ein solches Schutzgebiet zur Reinhaltung des Quellwassers der Privatwasserversorgungsanlage der Bf in Entsprechung des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich tatsächlich festgesetzt wurde. Es wäre daher an der belangten Behörde gelegen, Feststellungen hinsichtlich des (Nicht-)Vorliegens dieses Schutzgebietes zu treffen.

 

4. „Für die Verwaltungsbehörde ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides maßgeblich. Auf diese Sach- und Rechtslage beziehen sich auch die Bescheidwirkungen (VwGH 12.10.1993, 90/07/0039, 93/07/0129). Ändert sich der dem Bescheid zugrunde liegende Sachverhalt oder die von der Behörde angewendete Rechtsvorschrift, liegt nicht ‚dieselbe Sache‘ vor, die einer neuen Entscheidung entgegenstünde“ (Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5 [2014] Rz 561).

 

Zur Beurteilung des Vorliegens einer "res iudicata" sind daher zwei Aspekte zu berücksichtigen: Eine Änderung des dem Bescheid zugrunde liegenden Sachverhalts oder eine Änderung der von der Behörde angewendeten Rechtsvorschrift. Im Falle des Bestehens eines Schutzgebietes (vgl Punkt 3) hätte die belangte Behörde zur Beurteilung der Stichhaltigkeit der Einrede der entschiedenen Sache in einem ersten Schritt zu prüfen gehabt, ob ein identer Sachverhalt vorliegt, also (keine) Änderungen im Tatsächlichen eingetreten sind. Diesbezügliche Ermittlungsschritte können dem vorgelegten Verwaltungsakt nicht entnommen werden. Es wäre aber an der belangten Behörde gelegen, den – dem Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich zugrunde liegenden – Sachverhalt durch Einsicht in den damaligen Verwaltungsakt (beispielsweise wird in diesem Bescheid auf einen Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, auf einen Lokalaugenschein am 15. Oktober 1962 und eine Begehung am 6. Dezember 1960 verwiesen) zu ermitteln und den nunmehrigen Gegebenheiten gegenüberzustellen. Inwieweit relevante Änderungen der örtlichen Verhältnisse erfolgt sind, hätte die belangte Behörde dabei durch Einsicht in den betreffenden baubehördlichen Akt oder beispielsweise durch Befragung der Eigentümer zu erforschen gehabt.

 

5. Hinsichtlich des Vorliegens einer identen Rechtslage führt die belangte Behörde in ihrer Begründung lapidar aus, „[d]ie nach der früheren Rechtslage erteilte Ausnahmegenehmigung wurde durch die Erlassung des Wasserversorgungsgesetzes 1997 obsolet, zumal keine Übergangsbestimmung vorgesehen worden ist, sodass die Rechtslage nach dem Oö. WVG 1997 generell anzuwenden ist“. Damit begibt sich die belangte Behörde allerdings in Widerspruch zur herrschenden Lehre und ständigen Rspr des Verwaltungsgerichtshofes: „Die Behörde hat von dem im Vorbescheid angenommenen Sachverhalt im Lichte der darauf angewendeten Rechtsvorschriften auszugehen und zu beurteilen, ob dieser Sachverhalt nach der neuen Rechtslage zu einem anderen Ergebnis in der Sache, zu einem anderen Norminhalt des Bescheides, führen würde. Von einer geänderten Rechtslage kann nur dann gesprochen werden, wenn sich die gesetzlichen Vorschriften, die tragend für die Entscheidung waren, nachträglich so geändert haben, dass sie, wären sie schon vorher existent gewesen, eine andere Entscheidung aufgetragen oder ermöglicht hätten“ (Hengstschläger/Leeb, AVG [2. Ausgabe 2014] § 68 Rz 32 [Stand 1.4.2009] mit Verweis auf die Rspr des Verwaltungsgerichtshofes). Dabei ist allerdings die – wohl auch auf diese Fallkonstellation übertragbare – einschlägige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen: „[D]ie Frage, ob entschiedene Sache wegen 'Identität der Rechtslage' vorliegt, [ist] [...] nicht anhand der einschlägigen materiellen Rechtsvorschriften, sondern ausschließlich auf Grund jener Rechtslage zu beurteilen, die im angefochtenen Bescheid ‚rechtskräftig angenommen worden war‘ (VfSlg 12.811/1991 [...]). Daher kommt es beispielsweise auch bei einer materiell rechtswidrigen, jedoch in Rechtskraft erwachsenen Entscheidung nicht auf die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung tatsächlich gegebene, sondern auf die von der Behörde rechtsirrig angenommene Rechtslage an, auf die sie bei der Erledigung eines Begehrens auf neuerliche Sachentscheidung nach Art eines Tatbestandsmerkmals Bedacht zu nehmen hat (VfSlg 7999/1977; 12.811/1991)“ (Hengstschläger/Leeb, AVG [2. Ausgabe 2014] § 68 Rz 34 [Stand 1.4.2009]).

Für den Fall, dass der Sachverhalt – wie unter Punkt 4. dargelegt – unverändert geblieben ist, hätte die belangte Behörde daher diesen – dem Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 7. März 1963 zugrunde liegenden unveränderten – Sachverhalt anhand der aktuellen Rechtslage und unter Berücksichtigung der vom Landeshauptmann von Oberösterreich angenommenen Rechtslage zu beurteilen gehabt. Würde das Ergebnis dieser Prüfung der belangten Behörde eine andere Entscheidung auftragen oder ermöglichen, läge eine – im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – geänderte Rechtslage vor, die das Vorliegen der entschiedenen Sache (res iudicata) ebenfalls ausschließen würde.

 

6. Für den Fall, dass das Vorliegen einer "res iudicata" im gegenständlichen Fall zu verneinen ist, hat die belangte Behörde weiters hinreichend nachvollziehbare Feststellungen hinsichtlich des zu erwartenden Wasserbedarfs zu treffen. Wie die belangte Behörde in der Begründung des in Beschwerde gezogenen Berufungsbescheides zutreffend ausführt, zählt gem § 1 Abs 3 Z 1 Oö.  Wasserversorgungsgesetz zum Versorgungsgebiet einer öffentlichen Wasser­versorgungsanlage jede Liegenschaft „deren zu erwartender Wasserbedarf von der öffentlichen Wasserversorgungsanlage voll befriedigt werden kann“. Weder finden sich in der Bescheidbegründung Ausführungen zum Tatbestandsmerkmal des zu erwartenden Wasserbedarfs, noch können dem vorgelegten Verwaltungsakt diesbezügliche Ermittlungsschritte entnommen werden. Das Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich geht deshalb davon aus, dass die belangte Behörde keine Feststellungen zum erwarteten Wasser­bedarf der betroffenen Liegenschaft getroffen hat.

 

7. Im Sinne des § 28 Abs 2 Z 1 VwGVG ist somit davon auszugehen, dass der für eine inhaltliche Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aus den dargelegten Gründen nicht feststeht. Fraglich ist für eine Anwendung des Abs 3 Satz 2 leg cit daher lediglich, ob die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

Würde man betreffend des Kriteriums der Raschheit auf die mögliche Dauer der Erzielung einer endgültigen Sachentscheidung abstellen, blieben letztlich kaum Fälle für die kassatorische Einschränkung in § 28 Abs 2 Z VwGVG ausgespart und der Bestimmung käme (nahezu) keine praktische Bedeutung zu. Es ist daher davon auszugehen, dass eine Behebung des angefochtenen Bescheides und eine Zurückverweisung an die Behörde zur neuerlichen Entscheidung zulässig ist, wenn die Behörde danach ihr neuerliches Ermittlungsverfahren voraussichtlich mindestens zum gleichen Datum abschließen kann wie es das Verwaltungsgericht könnte. Davon ist im vorliegenden Fall unstrittig auszugehen, müsste das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Feststellung der Sachlage im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 7. März 1963 und den bisher eingetretenen Änderungen die Beischaffung aller – bei der belangten Behörde wohl ohnehin vorhandenen – einschlägigen Akten veranlassen. Überdies verfügt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht über – mit jenen der belangten Behörde vergleichbare – Kenntnisse der örtlichen Gegebenheiten, die eine rasche Feststellung des relevanten Sachverhaltes erleichtern. Es ist daher schon deshalb nicht davon auszugehen, dass die belangte Behörde ihr Ermittlungsverfahren erst zu einem späteren Zeitpunkt abschließen wird können, als das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ein von ihm geführtes Verfahren abschließen könnte.

 

Bezüglich des Kriteriums der Kosten des Verfahrens ist eine Zurückverweisung zulässig, wenn dadurch höchstens etwas höhere Kosten entstünden, als wenn das Verwaltungsgericht sein Ermittlungsverfahren durchführt (vgl zur wortgleichen Bestimmung in Art 130 Abs 4 Z 2 B-VG Leeb, Das Verfahrensrecht der [allgemeinen] Verwaltungsgerichte unter besonderer Berücksichtigung ihrer Kognitionsbefugnis, in Janko/Leeb [Hrsg], Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz [2013] 85 [99f]; ebenso Fischer, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte I. Instanz [VwGVG], in Österreichische Juristenkommission [Hrsg] Justizstaat: Chance oder Risiko? [2014] 311 [316ff]).

 

Im gegenständlichen Fall ist für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht ersichtlich, dass die eigene Sachverhaltsermittlung eine Kostenersparnis in welche Richtung auch immer (konkrete Amtshandlung/Gesamtverfahren) bewirken könnte.

 

8. Zusammenfassend wird die belangte Behörde bei der neuerlichen Entscheidung über die Berufung der Bf folgende Punkte zu berücksichtigen haben: Dem Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 7. März 1963 kommt dingliche Wirkung zu. Damit treten die Rechtswirkungen dieses Bescheides grundsätzlich bei den Bf als aktuelle Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft ein. In weiterer Folge wird allerdings zu prüfen sein, ob das im Spruch des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich als Voraussetzung für den Eintritt der Rechtswirkungen näher bezeichnete Schutzgebiet tatsächlich festgelegt wurde und ob dieses nach wie vor besteht. Für den Fall, dass ein solches Schutzgebiet tatsächlich nicht besteht, kann schon mangels eingetretener Rechtswirkungen des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich keine entschiedene Sache angenommen werden. Im Falle des Bestehens eines entsprechenden Schutzgebietes aber wird die belangte Behörde insbesondere zu prüfen haben, ob sich der dem Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich zugrunde gelegte Sachverhalt (insbesondere die örtlichen Verhältnisse) – bzw allenfalls auch die Rechtslage -  in einer Weise verändert hat, dass nicht mehr von der „selben Sache“ gesprochen werden kann.

 

6. Im Ergebnis hat die belangte Behörde in maßgeblichen Punkten nachvollziehbar dargelegte Ermittlungsschritte unterlassen, die zur Beurteilung der Frage des Vorliegens des Anschlusszwangs iSd § 1 Abs 1 Oö. Wasserversorgungsgesetz notwendig sind.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

 

 

V.

 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Astrid Lukas