LVwG-150118/2/MK

Linz, 30.05.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Markus Kitzberger  über die Beschwerde des Herrn x, gegen den Bescheid des Gemeindesrates der Stadtgemeinde Ansfelden vom 24.06.2013, GZ: Bau 1202377 Fe,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Ansuchen vom 25.06.2012, eingelangt beim Stadtamt Ansfelden am 28.06.2012, beantragten DI F und A L, x, x, vertreten durch Dr.  x, x, x, (in der Folge: Bw), die Errichtung einer Lagerhalle auf Gst.Nr. x. Diesem Ansuchen waren die erforderlichen Unterlagen beigeschlossen.

 

Das vom gegenständlichen Bauvorhaben betroffene Areal befindet sich laut rechtsverbindlichem Flächenwidmungsplan im Grünland. Da diese Fläche bis ins Jahr 2005 als Bauland gewidmet war, existiert auch ein Bebauungsplan (Nr. x „Betriebsbaugebiet x“).

 

I.2. Auf der Grundlage einer durchgeführten raumordnungsrechtlichen Vorbeurteilung wurde das Bauvorhaben insbesondere infolge einer forstfachlichen Stellungnahme in seiner Ausdehnung reduziert. Es ist nunmehr beabsichtigt, eine auf Streifenfundamente gegründete Stahlstiehl- bzw. Holzriegelkonstruktion in Form einer rechteckigen, auf der südöstlichen Seite auf einer Länge von 30 m weitgehend offenen Halle im Ausmaß von 20 × 42 m zu errichten. Das Gebäude soll mit einem längsorientierten 15° geneigten Satteldach aus Stahl – Leimholzrahmen mit dunkelgrauer Welleterniteindeckung überspannt werden. Die Gestaltung der Außenwandflächen erfolgt durch Holz- bzw. Spaceboardverkleidungen.

 

Die Halle soll der Lagerung von Holzhackgut dienen (die Aufstellung von Maschinen oder Holzbearbeitungsgeräten im Gebäudeinneren ist nicht geplant) und ist lt. forsttechnischem Gutachten vom 19.07.2012 in dieser Größe für die beabsichtigte land- und forstwirtschaftliche Bewirtschaftung nötig iSd § 30 Abs.5 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 (Oö. ROG 1994).

 

I.3. Im Zuge der fachlichen Beurteilungen und Stellungnahmen der Parteien im Ermittlungsverfahren, in dem am 29.11.2012 auch eine mündliche Verhandlung durchgeführt wurde, wurden folgende Themenbereiche abgehandelt:

 

Bautechnik:

 

·                    Basierend auf dem rechtswirksamen Bebauungsplan sei aufgrund des darin entlang der südwestlich vorbeiführenden Straßengrenze verordneten Zu- und Ausfahrtsverbotes eine geeignete Zufahrt nachzuweisen und planlich darzustellen.

·                    Ebenfalls im Bebauungsplan vorgesehen sei entlang der südwestlichen Straßengrundgrenze ein 15 m breiter Erdwall, wobei auch die Baufluchtlinie den Mindestabstand von 15 m zur Straßengrundgrenze vorsehe. Durch die Situierung des Gebäudes in einem Abstand von 3 bis 5,8 m könne der erforderliche Mindestabstand nicht eingehalten werden.

·                    Durch die beabsichtigte Bebauung würden die Baufluchtlinien des Bebauungsplans nordwest- als auch nordostseitig ebenso deutlich überschritten wie die maximal zulässige Traufenhöhe von 6,5 m.

·                    Von der Baubehörde sei zu klären, ob der Bebauungsplan forderte Lärmschutz in Form eines Erdballs zu errichten sei.

·                    Eine geeignete Zufahrtsmöglichkeit für Einsatzkräfte sei festzulegen.

 

Im Zuge einer Stellungnahme führten die Bw aus, dass der Erdwall nicht zu errichten sein werde, da diese Vorschreibung noch aus der Zeit stamme, in der das Grundstück als Betriebsbaugebiet gewidmet gewesen sei. Zudem würde die Lagerung von Hackgut keine Lärmbelästigungen verursachen.

Die Feuerwehrzufahrt könne über eine bereits bewilligte Aufschließungsstraße erfolgen. Die Löschwasserversorgung sei durch den nördlichen vorbeiführenden Mühlbach gegeben.

 

Lärmschutz:

 

Auf der Grundlage der von den BW angegebenen Fahrfrequenzen von 4 bis 5 Lkw-Bewegungen im Monat für den Antransport des zugekauften Hackgutes (ca. 700 Schüttraummeter) über die X und in weiterer Folge über die private Zufahrtsstraße bis zur Lagerhalle in der Zeit zwischen 08:00 Uhr und 17:00 Uhr und des hauptsächlich in der kalten Jahreszeit in der Zeit zwischen 06:00 Uhr bis 19:00 Uhr für die Anlieferung des eigenen Hackgutes (ca. 500 Schüttraummeter) eingesetzten Traktors mit Anhänger, der über die im Eigentum der Bw stehenden Wegparzelle Nr. x, KG x, ohne Benützung öffentlicher Verkehrsflächen zufahren würde, ergäben sich im nächstgelegenen Immissionspunkt (Wohngebiet entlang der Schwallstraße in einer Entfernung von 30 m) im Falle der Anlieferung mittels LKW ein Beurteilungsschallpegel LA,r von etwa 52 dB, im Fall der Traktoranlieferung einer von ca. 49 dB.

Bei allen weiter entfernt gelegenen Objekten würde ein geringerer Schalldruckpegel angenommen werden können. Diese Beurteilung, in die keine weiteren Lärmschutzmaßnahmen eingerechnet worden wären, beruhe auf den bekanntgegebenen bzw. aus der einschlägigen Messerfahrung bekannten Schallpegelwerten für Traktoren, Lader und LKW. Im Zusammenhang mit dem Traktor sei davon ausgegangen worden, dass dieser das Hallengelände während einer Anlieferkampagne etwa einmal pro Stunde befahren würde, da er in der Zwischenzeit wieder in den Wald fahren müsse, um befüllt zu werden.

Der gemäß ÖMORM 5021 zulässige Planungsrichtwert LA,eq für Immissionen für Wohngebiete zur Tageszeit von 55 dB würde bei allen Betriebsszenarien unterschritten, weshalb aus schalltechnischer Sicht keine Einwände gegen das geplante Projekt bestünden.

I.4. In einem zum Thema der Anwendbarkeit eines rechtsverbindlichen Bebauungsplanes auf ein in Grünland rückgewidmetes Areal eingeholten Rechtsgutachten führte das Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Inneres und Kommunales, aus, dass durch die betreffende Änderung des Flächenwidmungsplans den Bebauungsplan materiell derogiert hätten und dieser, obwohl formal aufrecht, daher nicht anzuwenden sei.

 

I.5. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Ansfelden vom 05.03.2013, GZ: Bau 1202377 Fe, wurde den Bw die beantragte Baubewilligung nach Maßgabe des durchgeführten Ermittlungsverfahrens sowie nach Maßgabe von Nebenbestimmungen (Bedingungen, Befristungen und Auflagen) in projekts- und befundgemäßer Form erteilt.

 

Begründend wurde – neben der zusammenfassenden Wiedergabe des Ermittlungsergebnisses –  im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der erhobene Sachverhalt auf der Grundlage der eingeholten, schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten für die Behörde entscheidungsreif dargestellt habe, wobei auf die Möglichkeit der Vorschreibung ergänzender Auflagen und Bedingungen für den Fall hingewiesen würde, dass trotz Einhaltung dieses Bewilligungsbescheides eine Gefährdung des Lebens oder der körperlichen Sicherheit von Menschen oder eine unzumutbare Belästigung der Nachbarschaft ergeben sollte.

Den Nachbarn im Bauverfahren (Parteien) stehe nach stRsp des VwGH kein subjektiv-öffentliches Recht auf  Veränderung der Verkehrsverhältnisse auf einer öffentlichen Straße zu, auch wenn der Verkehr durch ein Bauvorhaben zunehmen sollte. Die in der mündlichen Verhandlung erhobenen Einwendungen würden der Erteilung der beantragten Bewilligung nicht entgegenstehen.

 

I.6. Das naturschutzbehördliche Feststellungsverfahren wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 13.09.2012 rechtskräftig abgeschlossen.

 

I.7. Gegen den oben angeführten Baubewilligungsbescheid brachte Herr x (in der Folge: Bf), innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Berufung ein und begründete dies im Wesentlichen wie folgt:

 

Die Vorgaben des Bebauungsplans würden, da dieser formal nicht außer Kraft gesetzt worden wäre, nach wie vor gelten. Die beabsichtigte Bebauung würde diesen Bestimmungen mehrfach widersprechen.

Das im Zuge der mündlichen Verhandlung seitens der Baubehörde angekündigte Gutachten aus dem Fachbereich Luftreinhaltung (Staubbelästigung) sei noch nicht vorgelegt worden. Dazu sei zu bemerken, dass Belästigungen nicht nur im Zusammenhang mit den An- und Abtransport des Hackgutes entstehen würden, sondern auch im Zuge von Manipulationen vor der Halle, weshalb diesbezüglich eine konkretisierte Darstellung der geplanten Arbeitsabläufe vorliegen müssten.

 

Darüber hinaus würde die schalltechnische Beurteilung auf nicht nachvollziehbare Weise davon ausgehen, dass eine Anlieferung per Traktor nur mit einer Maschine und in Interwallen von etwa einer Stunde erfolgen würde. Angaben dazu würden sich aus den (ergänzten) Projektsunterlagen nämlich nicht entnehmen lassen, weshalb eine Überarbeitung dieses Gutachtens auf einer fundierteren Grundlage erforderlich sei. 

 

I.8. In einem daraufhin eingeholten luftreinhaltetechnischen Gutachten wurde zusammengefasst Folgendes ausgeführt:

 

Auf der Grundlage des in den Projektsunterlagen dargestellten Betriebsszenarios, insbesondere der zu erwartenden Fahrbewegungen im Zusammenhang mit den beabsichtigten Lagermengen, könne jedenfalls davon ausgegangen werden, dass allenfalls auftretende Staubimmissionen durch die Manipulation (Abladevorgang) hinsichtlich des zeitlichen Ausmaßes jedenfalls als geringfügig einzustufen seien. 1.200 Schüttraummeter würden bei einem angenommenen durchschnittlichen Transportvolumen von 15 m³ überschlagsmäßig etwa 80 Anlieferungen pro Jahr ergeben.  Grenzwertnäherungen, bedingt durch die Anlieferungsvorgänge und Manipulation, wären daher nicht zu erwarten, insbesondere auch deshalb, weil der Immissionsgrenzwert für Staub (PM10) gemäß IG-L als Tagesmittelwert definiert sei.

 

I.9. Mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Ansfelden vom 24.06.2013, GZ: Bau 1202377 Fe, wurde der Berufung des Bf keine Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid vollinhaltlich bestätigt. In der Begründung wurde im Wesentlichen neben der detaillierten Darstellung der Rechtslage das (ergänzte) Ermittlungsverfahren wiedergegeben und im Ergebnis als schlüssige und nachvollziehbare Entscheidungsgrundlage beweisgewürdigt.

 

Insbesondere sei der Rechtsansicht des Amtes der Oö Landesregierung im Zusammenhang mit der materiellen Unbeachtlichkeit der Bestimmungen des Bebauungsplans zu folgen.

 

Es sei darüber hinaus festzuhalten, dass es im Grünland grundsätzlich keinen Immissionsschutz und daher auch kein darauf basierendes subjektiv-öffentliches Nachbarinteresse gebe. Emissionen aus widmungsgemäßer Nutzung seien von den Nachbarn hinzunehmen. Zwar habe die Behörde auf der Grundlage des § 3 Z4 iVm § 2 Z36 Oö. Bautechnikgesetz [Anm.: zwischenzeitlich veraltete Rechtslage] eigenständig zu prüfen, ob von einem Gebäude bzw. dessen Bestand und Benützung schädliche Umwelteinwirkungen ausgehen würden, es handle sich dabei aber um eine allgemeine Anforderung und nicht um eine Bestimmung des individuellen Rechtsschutzes, die ein nachbarrechtliches Interesse begründen könnte.

 

Zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens sei aus Sicht des objektiven Rechtsschutzes zusammengefasst festzuhalten, dass durch die projekts- und befundgemäße Umsetzung des Bauvorhabens schädliche Umwelteinwirkungen iSd obzitierten seinerzeitigen gesetzlichen Bestimmung [Zit.: „Einwirkungen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und im Besonderen für die Benutzer der baulichen Anlagen und die Nachbarschaft herbeizuführen, wie durch Luftverunreinigung, Lärm oder Erschütterungen“] ausgeschlossen werden könnten.

 

I.10. Mit Schriftsatz vom 09.07.2013 brachte der Bf das Rechtsmittel der Vorstellung [nunmehr: Beschwerde] ein. In der Begründung wurde im Wesentlichen das Berufungsvorbringen wiederholt und insbesondere ausgeführt, dass in der Berufungsinstanz das schalttechnische Gutachten nicht ergänzt worden sei. Die Annahme des Gutachters, dass im Fall der Traktoranlieferung mit einer Fahrbewegung pro Stunde zu rechnen sei, könne nicht nachvollzogen werden. Beim Einsatz mehrerer Traktoren würde sich die Lärmbelastung vergrößern. Zudem sei in der Stellungnahme des forsttechnischen Dienstes ausgeführt, dass auf den Grundstücken x bzw. x die Errichtung eines Blockheizkraftwerkes geplant sei. Auf den Einreichunterlagen sei auf dieser Fläche aber eine Zufahrt samt Umkehrschleife eingezeichnet.

 

Es würde die Aufhebung des Bescheides beantragt.

 

 

II. Das Verwaltungsgericht hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Auf dessen Grundlage konnten weitere Ermittlungsschritte – insbesondere die Durchführung einer mündlichen Verhandlung – unterbleiben, da keine weitere Klärung des Sachverhaltes zu erwarten war. Es waren ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen.

 

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest.

 

 

III. Für die Beurteilung der hier relevanten Rechtsfragen sind insbesondere nachstehende Bestimmungen zu berücksichtigen:

 

III.1. In der Sache:

 

Gemäß § 30 Abs.5 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 (Oö. ROG 1994) dürfen im Grünland nur Bauten und Anlagen errichtet werden, die nötig sind, um dieses bestimmungsgemäß zu nutzen (Abs.2 bis 4). […]

 

§ 31 Oö. BauO 1994 normiert betreffend Einwendungen der Nachbarn Folgendes:

 

 

Abs.1: Nachbarn sind

1. bei Wohngebäuden einschließlich der zugehörigen Stellplätze für Kraftfahrzeuge sowie der allenfalls vorgeschriebenen Neben- und Gemeinschaftsanlagen: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens zehn Meter entfernt sind;

2. bei allen anderen Bauvorhaben sowie für die Nachbarrechte im Sinn des Abs. 5: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens 50 Meter entfernt sind.

Die Stellung als Nachbar besteht jedoch jeweils nur unter der Voraussetzung, dass diese Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind Grundeigentümern oder Grundeigentümerinnen gleichgestellt.

[...]

 

Abs.3: Nachbarn können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, dass sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.

 

Abs.4: Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. Ein Schutz gegen Immissionen besteht jedoch insoweit nicht, als die Nachbargrundstücke oder die darauf allenfalls errichteten Bauwerke nicht für einen längeren Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind und die Errichtung solcher Bauwerke auf Grund faktischer oder rechtlicher Umstände auch in Hinkunft nicht zu erwarten ist. Als längerer Aufenthalt gilt dabei jedenfalls nicht ein wenn auch mehrmaliger oder öfterer, jeweils aber nur kurzzeitiger vorübergehender Aufenthalt von Menschen. Überdies kann der Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen nicht dazu führen, dass die Baubewilligung für ein Bauvorhaben, das nach der für das Baugrundstück geltenden Flächenwidmung zulässig ist, grundsätzlich versagt wird.

[...]“

 

Nach § 3 Abs.3 Oö. Bautechnikgesetz 2013 (Oö. BauTG 2013) müssen […] Bauwerke und alle ihre Teile so geplant und ausgeführt sein, dass

[…]

2. durch ihren Bestand und ihre Benützung schädliche Umwelteinwirkungen möglichst vermieden werden;

[…]

 

III.2. Verfahren vor dem Verwaltungsgericht:

 

Gemäß § 24 Abs.4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I. 33/2013, kann das Verwaltungsgericht, sofern durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrages von der Durchführung einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art.6 Abs.1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

 

Nach § 28 Abs.1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

 

IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV.1. Die zentralen Aspekte in der hier vorliegenden Konstellation stellen das Bestehen und der Umfang von Nachbarrechten iSv subjektiv-öffentlichen Interessen auf der Grundlage des Interessenskataloges des anzuwendenden Materiengesetzes bzw. Regelungsregimes im weiteren Sinn dar. Nur in diesem Umfang kommt den Nachbarn im Baubewilligungsverfahren Parteistellung zu. Diese ist also – wie die belangte Behörde in ihrer Entscheidung zutreffend ausführt – grundsätzlich beschränkt.

 

Darüber hinaus ist auf der Grundlage der stRsp des VwGH davon auszugehen, dass Nachbarn im Zusammenhang mit widmungsgemäß errichteten Bauten und Anlagen im „Grünland“ kein subjektiver Immissionsschutz zukommt. Immissionen, die sich im Rahmen des in einer Widmungskategorie üblichen Ausmaßes halten, sind von den Nachbarn hinzunehmen.

 

Dazu ist festzuhalten, dass die Lagerung von Holzhackgut für den Betrieb eines geplanten Biomassekraftwerkes per se eine zulässige Verwendung iSv Bewirtschaftung bzw. Nutzung im Grünland darstellt, und im geplanten Ausmaß – verglichen mit anderen (intensiven) Bewirtschaftungsvarianten – ganz allgemein als eher emissionsarm einzustufen ist. Im vorliegenden Projekt sind keine Maßnahmen oder Tätigkeiten enthalten, welche über die „normale“ Errichtung eines Lagergebäudes und die übliche Art und Weise der Einlagerung von Holzhackgut hinausgehen. Das Vorhaben und die damit verbundenen Emissionen bzw. Immissionen sind daher grundsätzlich als widmungskonform zu bewerten.

 

Der (objektive) Interessensschutz beschränkt sich auf die behördliche Prüfung der möglichsten Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen iSd oben wiedergegebenen allgemeinen bautechnischen Anforderungen. Eben dies wurde von der belangten Behörde aber in ausreichendem Umfang bewerkstelligt. Auf der Grundlage der vorliegenden fachlichen Beurteilungen, die auf der Basis einer plausiblen und schlüssigen Abwicklungsvariante erfolgte, kann – da auch der Beurteilungsrahmen ein sehr allgemein formulierter ist – eindeutig gesagt werden, dass, da es zu keinen Grenzwertannäherungen kommt, schädliche Umwelteinwirkungen praktisch auszuschließen sind, jedenfalls aber möglichst (!) vermieden werden. Daran ändern unter Hinweis auf die nachstehenden Überlegungen auch Detailvarianten bei der Traktoranlieferung nichts.

 

Anders ausgedrückt: die Anlieferung von 500 Schüttraummetern Hackgut pro Jahr verursacht keine schädlichen Umwelteinwirkung, auch wenn sie unter Einsatz von 2 oder 3 oder mehreren Traktoren durchgeführt wird, die aber dann jeweils weniger oft zum Einsatz gelangen. Auch der zeitlich und örtlich parallele Einsatz von landwirtschaftlichen Arbeitsmaschinen im Grünland ist möglich und zulässig, wenn seine Grenzen im Zusammenhang mit Dauer und Intensität – wie hier – abschätzbar bzw. definitiv begrenzt sind.

 

IV.2. Da es sich bei einem Bauverfahren um ein sog. „Projektverfahren“ handelt, sind alle über das eingereichte Vorhaben hinausgehende Überlegungen strikt zu unterlassen bzw. darauf beruhende Vorbringen unzulässig. Alle weiteren Planungen, Erweiterungen, etc., sind erst zum gegebenen Zeitpunkt in speziellen Projekten abzuhandeln. Dies deshalb, da erst mit der Antragstellung ein konkretes und daher beurteilbares Vorhaben vorliegt. Alle vorher bewilligten Projekte (wie u.a. das gegenständliche) bilden dann sozusagen den Iststand für die Beurteilung eines neuen Projektes. Das Risiko für die Machbarkeit solch eines weiterführenden Projektes trägt der zukünftige Antragsteller.

 

Umgelegt auf den konkreten Fall bedeutet dies, dass sich die emissions- und immissionstechnische Beurteilung auf die Anlieferung und Lagerung von 2.400 Schüttraummeter Hackgut beschränkt, was einem prognostizierten 2-Jahresbedarf des geplanten Biomassenkraftwerks entspricht (welches aber nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist). Da mit jährlichen Produktionskampagnen zur Auffüllung des Lagerstandes gerechnet werden kann, ist im Ergebnis (nur) die Anlieferung von 1.200 Schüttraummetern Hackgut pro Jahr zu beurteilen, da auch eine allfällige Ablieferung oder Abholung (oder jede andere technische Möglichkeit des Transportes) erst im Verfahren betreffend das Biomassekraftwerk spruchreif wird. Über die Anlieferung und Lagerung hinausgehende Behandlungs- oder Manipulationsschritte wurden nicht eingereicht und daher von dieser Bewilligung auch nicht umfasst.

 

IV.3. Einer besonderen Erläuterung bedarf die Rechtslage im Zusammenhang mit der Anwendbarkeit des Bebauungsplans. Dazu ist Folgendes auszuführen:

 

Das Oö. ROG 1994 regelt in seinem III. Abschnitt unter dem Titel „Örtliche Raumplanung“ die koordinierte, lokale, vorausschauende und planmäßige Gestaltung sowie die bestmögliche Nutzung und Sicherung des Lebensraumes im Interesse des Gemeinwohls.

 

In diesem Zusammenhang wird der Planungsraum in Nutzungskategorien unterteilt, von denen eine das „Bauland“ darstellt. In dieser Widmungskategorie, die eben eine geordnete und zweckmäßige Bebauung gewährleisten soll, werden u.a. auch die Regeln für Art, Ausmaß und Intensität von baulichen Nutzungen festgelegt. Neben der Sonderwidmung von bestimmten Baulandtypen wie Wohngebiet, Dorfgebiet, Kerngebiet, etc. (vgl. § 21 Abs.2 Oö. ROG 1994) werden in Form der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne auch generell-abstrakte Normen (Verordnungen) zum Zweck der regional individualisierenden Flächennutzung geschaffen. Mit anderen Worten: Flächenwidmungs- und Bebauungspläne konkretisieren die Baulandnutzung auf kommunaler Ebene in abstrakter, d.h. allgemein verbindlicher Weise, ehe im Wege von Bewilligungsverfahren im Einzelfall beabsichtigte Maßnahmen konkret und im Detail abgehandelt werden. Wesentlich dabei ist, dass die jeweils konkretere Norm (letztlich die Baubewilligung) in der jeweils abstrakteren Bestimmung (Bebauungsplan, Flächenwidmungsplan) iSe umgekehrten „Filtertrichters“ Deckung finden muss.

 

Im Grünland hingegen ist eine Bebauung grundsätzlich nicht vorgesehen. Nur ausnahmsweise dürfen Bauten und Anlagen errichtet werden, die für die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Nutzung nötig sind (vgl. § 30 Abs.5 Oö. ROG 1994). Es geht daher in dieser Widmungskategorie nicht nur nicht um die Schaffung von Rahmenbedingungen für eine (an sich untersagte) Bebauung, sondern im Zusammenhang mit potenziell dennoch zulässigen Bauten ausschließlich um deren Zweckmäßigkeit und Funktionalität auf der Grundlage tendenziell minimalistischer Überlegungen, insbesondere vor dem Hintergrund der Zielvorgabe der schonenden Inanspruchnahme von Nutzflächen.

 

In den Ausführungen der forstfachlichen Beurteilung wird z.B. die Minimierung der für Zwecke der Hackgutlagerung in Anspruch genommenen Fläche im Grünland (und zwar zwangsläufig zu Lasten der Höhe des Bauwerks) als Beurteilungsmaßstab angeführt, während die Regeln des Bebauungsplans auf Basis der seinerzeit vorliegenden Widmung „Betriebsbaugebiet“ und aufgrund der dort zu erwartenden Belastungen etwa die Inanspruchnahme von Grundflächen für Lärmschutzmaßnahmen schlichtweg angeordnet hat.

 

Vor dem Hintergrund dieser größtenteils diametral auseinandergesetzten Interessenslage wird ersichtlich, dass die Bestimmungen eines Bebauungsplanes im Grünland keine Anwendung finden (können), da sie völlig anderen Interessen dienen und auch systematisch nicht in den spezifischen Regelungsbereich der Ordnung des Baulandes passen.

 

Aus eben diesen Gründen tritt bei der Beurteilung von Baumaßnahmen im Grünland die (Einräumung und) Berücksichtigung von Nachbarinteressen iSv Schutzzielen (subjektiver Interessensschutz) in den Hintergrund, da es auf der Grundlage der gesetzgeberischen Überlegungen diesen Nachbarn im Grünland im Normalfall gar nicht gibt. Um (zulässige) Baumaßnahmen im Grünland aber trotzdem in der Interessenssphäre des Baurechts zu erfassen und deren Rahmen abzustecken (wenn es einen Nachbarn eben ausnahmsweise doch gibt), ordnet das Oö. Bautechnikgesetz 2013 allgemein an, dass die möglichste Vermeidung von schädlichen Umwelteinwirkungen die Grenze der Machbarkeit eines solchen Bauvorhabens sein soll. Darüber hinaus sind die allgemein zwingenden Regeln der Oö. BauO 1994, etwa im Zusammenhang mit Mindestabständen, maßgeblich. Diese Prüfung ist aber der Durchsetzungssphäre der Nachbarn entzogen und von Amts wegen von der Behörde zu prüfen (objektiver Interessensschutz).

 

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der Bebauungsplan (als Norm an sich) zwar existiert, aber nicht anwendbar ist, da die Grundlage seiner Verbindlichkeit (Baulandwidmung) für das betreffende Areal nicht gegeben ist.

 

 

V. Im Ergebnis bedeutet dies, dass durch das eingereichte Vorhaben die allgemeinen bautechnischen Anforderungen im Zusammenhang mit der Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen sowie die zwingenden Bestimmungen des Baurechts erfüllt werden. Die Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Bewilligung liegen daher vor.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Markus Kitzberger